TikTok: Der Ort für Selbstdarstellung und Entertainment schlechthin. Auch 2021 war ein Spitzenjahr für die populäre Social Media App, die in seiner Branche aktuell die führende Position am Markt inne hat. TikTok hat nach 15 Jahren sogar Google als besucherstärkste Online-Plattform entthront und die schillernde Marke von mehr als eine Milliarde monatlich aktive Nutzer erreicht.
Stetige Innovationen treiben hier das Nutzungserlebnis an und das nicht nur für private User, sondern auch für Unternehmen. Was kommt als nächstes und warum sollten Brands unbedingt auf die von der chinesischen Tech-Firma ByteDance entwickelte App setzen? Das berichtet Thomas Wlazik, General Manager DACH/NL bei TikTok.
Thomas ist seit 2020 im Team der Global Business Solutions mit TikTok aktiv. Sein Projektschwerpunkt sind die Partnerschaften mit starken Marken und Playern, die für die Attraktivität der Videoplattform sorgen sollen. Zuvor war er satte 12 Jahre bei Google aktiv und das in ganz unterschiedlichen Funktionen mit Fokus auf die Werbevermarktung.
Podcast mit Thomas Wlazik von TikTok
Ist das Plateau mit 1 Mrd. Nutzern bei TikTok erreicht?
Schahab Hosseiny: Hallo Thomas. Schön, dass du bei uns bist und dir heute die Zeit nimmst, mit uns über TikTok zu sprechen. Thomas, ich würde direkt mit einer Statistik von Cloudflare aus dem Jahr 2021 einsteigen: TikTok habe nach 15 Jahren Google entthront, was das Traffic-Volumen angeht. Darüber hinaus sei TikTok die einzige mobile Applikation neben Meta, die den Meilenstein von über drei Milliarden Downloads erreicht hat.
Wir sprechen also über wahnsinnig große Zahlen in einer wahnsinnig kurzen Zeit und das führt mich auch zu der ersten Frage: Mit Blick auf diesen Erfolg, was sind die Ambitionen für die Zukunft und ist das Plateau bereits erreicht? Vielleicht kannst du uns erzählen, wie TikTok selbst dieses extrem schnelle Wachstum erlebt hat.
Thomas Wlazik: Ich würde vielleicht noch eine Zahl ergänzen und das ist die eigentliche Zahl, auf die wir jetzt besonders stolz sind:
„Wir haben tatsächlich weltweit eine Milliarde monatlich aktive Nutzer in 150 Ländern.“
Die Frage ist jetzt natürlich, was uns erfolgreich gemacht hat und ich würde drei Faktoren besonders hervorheben:
- Der erste ist sicherlich unsere Community, also unsere Nutzer.
- Der zweite sind unsere Creator.
- Und der dritte sind jetzt tatsächlich auch Marken und Unternehmen, die mittlerweile auch ein absolut fester Teil von TikTok und der eigentlichen Community sind.
Und die Frage, die wir uns jetzt stellen lautet: Wie können wir für diese drei Zielgruppen noch besser werden? Das Ganze ist natürlich ein Blumenstrauß an Initiativen und Themen, die wir vorantreiben. Das sind Themen, wie unsere Inhalte weiter zu diversifizieren, noch stärker lokal zu denken und zu handeln. Also, auf diesen Gebieten noch relevanter zu werden und natürlich unsere Produkte weiterzuentwickeln. Und das gilt in alle Richtungen:
Wir wollen sowohl für die Creator noch mehr Tools und Produkte zur Verfügung stellen als auch den Nutzern eine immer bessere User-Experience bieten und natürlich auch ganz gezielt für Unternehmen noch relevanter werden. Letzteren wollen wir noch mehr verschiedene Werbelösungen bereitstellen und die Messbarkeit von Ads optimieren.
Schahab Hosseiny: Wenn du über lokal sprichst, meinst du damit auf der übergeordneten Ebene lokal auf Länderebene oder geht es schon in die Richtung der Hyperlokalität?
Thomas Wlazik: Was meinst du mit Hyperlokalität, sozusagen innerhalb von Deutschland?
Schahab Hosseiny: Genau, beispielsweise, ja.
Thomas Wlazik: Es ist mittlerweile tatsächlich so, dass wir auch schon in Deutschland verschiedene Standorte haben, um einfach nah an Partnern und Kunden zu sein. Also insofern, wenn du darauf hinauswillst, sicherlich ja. Aber natürlich, wenn wir jetzt grundsätzlich erstmal über die Produktinnovation bzw. auch über die Inhalte sprechen, die wir auf der Plattform ausbauen wollen, dann natürlich eher erstmal auf nationaler Ebene.
Ich denke, es sind zwei gute Themen, die ich hervorheben würde:
- Das eine ist, dass wir auch in den Ländern, für die ich jetzt verantwortlich bin, also Deutschland, Österreich, Schweiz und Niederlande, tatsächlich nächste Woche offiziell im Bereich Business, also TikTok for Business, Launch-Events haben. Für diejenigen, die in den Ländern aktiv sind oder vielleicht aus der Schweiz kommen, folgt uns gerne auf Linkedin und wohnt unserem Launch Event bei. Also das ist das eine, was auch nochmal verdeutlicht, dass wir in allen Ländern wirklich auch lokaler und stärker verankert sein wollen.
- Was auch noch interessant ist, ist die inhaltliche Diversifizierung. Letztes Jahr 2021 haben wir zum Beispiel die Fußball-Europameisterschaft als ein Zeichen unseres Engagements im Bereich Sport gesponsert. Das ist aber nur ein Beispiel von vielen. Solche Themen wollen wir lokal stärker weiter vorantreiben, also beispielsweise verschiedenen Bundesliga Vereinen, einzelnen Bundesliga Stars und Fußballstars helfen, erfolgreich auf TikTok zu sein. Das ist so ein Beispiel für lokales Handeln.
Mit TikTok Live-Events neue Zielgruppen erschließen
Schahab Hosseiny: Wenn wir gerade schon über Local Business sprechen, wo (geographisch) und in welchen Zielgruppen möchte TikTok in naher Zukunft noch wachsen? Oder auch anders gefragt: Gibt es aktuell blinde Flecken, bei denen ihr sagt, da ist in naher Zukunft mit einer höheren Präsenz von TikTok zu rechnen?
Thomas Wlazik: Für den Bereich, für den ich gut sprechen kann, nicht wirklich. Ich denke, wenn es um die Attraktivität für Nutzer geht, da kann man natürlich immer etwas verbessern. Da haben wir sicherlich auch noch Potential, neue Zielgruppen zu erschließen. Ich denke, dass uns Innovationen innerhalb der App auch die Möglichkeit geben, Nutzern neue Erlebnisse zu bieten und neue Nutzer anzusprechen.
Ein großes Thema, was wir stärker vorantreiben wollen, ist beispielsweise TikTok Live. Wir haben letztes Jahr gesehen, dass wir eine doppelt so starke Nutzung hatten, also sowohl was Konsum als auch was Schaltung von Live TikToks angeht. Und das ist sicherlich ein Bereich, den wir noch stärker ausbauen werden und in dem Zuge natürlich auch Live-Events.
Als Live-Event hatten wir zum Beispiel das Konzert von Ed Sheeran im Rahmen der Euro 2020 aus dem Wembley-Stadion übertragen. Das hatte 5,5 Millionen Zuschauer. Und solche Events helfen uns natürlich auch ganz klar dabei, neue Zielgruppen zu erschließen. Was interessant ist und was viele vielleicht gar nicht wissen, ist, wie divers die Zielgruppe von TikTok auch heute schon ist.
Man kann das auch anhand der Creator ganz gut ableiten. vikykid beispielsweise ist eine 21-jährige Feministin, die ganz toll ihre entsprechenden Themen auf TikTok voranbringt. Aber wir haben genauso gut erikarischko. Das ist eine 82-jährige Creatorin, die Fitness-Videos macht. Wir merken, dass die blinden Flecken doch sehr, sehr viel weniger werden und die App wird sehr schnell erwachsen.
Innovationen bei TikTok
Schahab Hosseiny: Du hast gerade schon ein stück weit über das Thema Diversifikation gesprochen und auch erwähnt, dass das über innovative Features innerhalb der App neue Zielgruppen erreicht werden. Gibt es darüber hinaus weitere Diversifikationsfelder, die aus der Perspektive von TikTok spannend sein könnten? Die vielleicht heute noch gar nicht wirklich so akut spannend sind, aber womit ihr euch in naher Zukunft mit Sicherheit beschäftigen werdet?
Thomas Wlazik: Ich würde vielleicht nochmal auf den B2B-Bereich schwenken. Die OMKB ist ja eine Konferenz, auf der auch viele Marketeers zuschauen. Ein Bereich, den wir wirklich noch viel stärker ausbauen wollen, ist KMU oder SMB. Wir haben letztes Jahr den KMU Hub gelauncht. Wir haben dafür ein Team, das wir in Dublin ausbauen, und wir wollen natürlich entsprechende Kooperationen eingehen und unsere Produkte in diesem Bereich weiterentwickeln.
Auch für jemanden, der ein kleines Unternehmen hat, ist es sehr einfach, TikTok zu nutzen. Und das erschließt ja auch wieder neue Zielgruppen im Bereich B2B. Ein gutes Beispiel ist sicherlich die Shopify-Integration. Die ist sehr, sehr wichtig für Händler. Sie können nun aus der Shopify App heraus direkt TikTok-Kampagnen erstellen und auch managen. Das ist sicherlich eine wichtige Innovation. Ein weiteres Fokus-Thema für dieses Jahr ist Community Commerce.
„Wir haben die Hypothese, dass die Bereiche Community und Entertainment zusammen mit Commerce eine sehr sehr mächtige Schnittstelle darstellen.“
Wir haben das gemeinsam mit Publicis und dem World Advertising Research Center untersucht und haben herausgefunden, dass tatsächlich 70 Prozent der Befragten über TikTok zu Kaufentscheidungen verleitet wurden, obwohl sie überhaupt nicht auf der Suche nach Produkten waren.
Dementsprechend wollen wir natürlich in diesem Bereich viel mehr Produktinnovationen vorantreiben. Also spezielle Werbelösungen und -produkte, mit denen unsere User auch Commerce gezielt betreiben können. Wir haben zum Beispiel zwei Produkte, die wir schon gelauncht und bei TikTok World auch vorgestellt haben:
- Das ist einmal das Thema Collection Ads. Hier kann ich in meinen In-Feed-Videoanzeigen, die ich selbst schalte, kleine benutzerdefinierte Cards einbauen und meine Produkte entsprechend bewerben. Das führt dann zum In-App-Katalog über die Webseite. Und über die Webseite kann ich dementsprechend Abschlüsse erzielen. Das funktioniert auch sehr gut.
- Wir haben Dynamic Showcase Ads, bei denen man den ganzen Katalog von Produkten hochladen kann, und auf Basis von Vorlagen spielt das System die Anzeigen automatisch an Nutzer aus, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie daran interessiert sind. Auch das funktioniert.
Und was es jetzt aktuell in Deutschland und Österreich noch nicht gibt, was wir aber in manchen Ländern schon testen, ist die First Party Integration. Sprich, du kannst dann deinen ganzen Produktkatalog direkt bei TikTok integrieren und du kannst Nutzern letztendlich ein komplettes Kauferlebnis in der App bieten, also über Abschluss und Versand.
Jeder, der sich mit E-Commerce auseinandersetzt, kann sich vorstellen, was für einen Effekt das hat und welches Potential da schlummert. Da gibt es also noch eine ganze Menge, beispielsweise Third Party-Integration – Shopify hatte ich ja bereits genannt. Da wird mit weiteren Kooperationspartnern noch eine ganze Menge kommen.
„Wir haben herausgefunden, dass tatsächlich 70 Prozent der Befragten über TikTok zu Kaufentscheidungen verleitet wurden, obwohl sie überhaupt nicht auf der Suche nach Produkten waren.“
Schahab Hosseiny: Das bedeutet – wenn ich das nochmal kurz zusammenfassen darf – über die Discovery-Funktion, zumindest in einem ersten Testballon, sagten 70 Prozent der Konsumenten, dass sie einen Kaufabschluss ohne klaren Search-Intent durchgeführt haben. Das ist eine fantastische Zahl.
Ich finde es total klasse, dass die Discovery bei euch wirklich so stark und gut funktioniert. Eine One-Stop-Lösung, wenn ich das mit eigenen Worten zusammenfassen darf. Dies eignet sich, um auch im Bereich E-Commerce und B2B eine simplere User Experience zu bieten, um auch hier die Zielgruppen im Bereich Small und Medium Business zu erreichen.
Thomas Wlazik: Ja genau.
Welche Rolle spielt die Dauer der TikToks bei Ads?
Schahab Hosseiny: Thomas, das ultimative Ziel von TikTok ist neben der Retention die Nutzer unter anderem auch zu einer etwas längeren Verweildauer zu verführen. Die Länge der Videos ist dabei häufig zwischen 15 bis 30 Sekunden, wobei der Großteil ja eher zu kürzeren Videos tendiert. Wie verhält es sich hier eigentlich mit TikTok Ads oder Werbebotschaften?
Thomas Wlazik: Also, bevor ich die Frage zur Werbebotschaft beantworte, würde ich vielleicht Mal ganz kurz auf das Thema Retention eingehen, was mir auch sehr wichtig ist. Was für ein Nutzererlebnis bieten wir eigentlich unseren Usern? Natürlich wollen wir, dass sie sich wohlfühlen. Natürlich wollen wir ein tolles Nutzungserlebnis bieten, eine tolle User Experience. Ich glaube, das möchte jeder, der eine Plattform betreibt.
Ich glaube das funktioniert dadurch sehr gut, dass die Inhalte toll sind, dass sie kreativ sind, dass es ein tolles Entertainment ist. Entscheidend ist, was macht das mit den Nutzern? Also welchen Effekt hat die Nutzung einer App? Und auch da haben wir eine Studie gemacht, um das ein bisschen zu quantifizieren und einen objektiven Blick zu bekommen. Und diese Studie hat ergeben, dass 73 Prozent der Nutzer glücklicher sind, nachdem sie die App benutzt haben, als vorher. Und das ist für mich entscheidend.
Aufgrund der Kürze der Videos gibt es natürlich viele Nutzungsanlässe, das heißt viele Situationen, in denen man TikTok benutzen kann. Man kann es an der Bushaltestelle benutzen, man kann es auf dem Weg zur Arbeit benutzen. Daraus ergibt sich natürlich auch eine gewisse Nutzungszeit. Aber wie gesagt, wichtig ist, wenn man die App schließe, bin ich danach glücklicher. Für mich zeigt das, dass wir da auf dem richtigen Weg sind. Solange die Studie aber nicht 100 Prozent zeigt, werden wir auch nicht aufhören, die App weiter zu verbessern. Aber ich möchte das sehr positive Nutzungserlebnis auf jeden Fall hervorheben.
„73 Prozent der Nutzer sind glücklicher, nachdem sie die App genutzt haben.“
Bezogen jetzt auf Werbung: Ich glaube, dass man pauschal nicht sagen kann, ob 10 oder 15 oder 20 Sekunden optimal sind. Wir haben eine Statistik, auf die komme ich gleich. Aber grundsätzlich hängt die Länge der Ads einfach davon ab, um welche Marke, welches Produkt, welches Kampagnenkonzept und welche kreative Idee es geht.
Man kann natürlich einen tollen Twist oder einen tollen Moment in wenigen Sekunden ausdrücken und ein Gefühl rüberbringen. Oder man kann eine Emotion oder eine Begeisterung wecken und damit auch viral gehen und damit auch einen tollen Werbeeffekt erzielen. Aber das ist nicht unbedingt zwingend so der Fall.
Wir haben basierend auf Conversion, also wirklich Lower Funnel Metriken, versucht, all diese Faktoren statistisch zu kombinieren und da liegen wir zwischen 21 und 34 Sekunden für TikTok Ads. Das scheint der optimale Rahmen zu sein, der am besten funktioniert.
Schahab Hosseiny: Das hilft, glaube ich, auch unserer Audience, einfach Mal so eine erste Annäherung an das Thema der Laufzeit zu bekommen. Siehst du generell, was die Länge der Videos angeht, einen weiteren Trend noch zu kürzeren, noch komprimierten Videos? Oder sagst du „Nein, das Plateau ist eigentlich erreicht. Wir glauben nicht, dass die Videos noch kürzer, sondern tendenziell eher länger werden“?
Thomas Wlazik: Das wäre dann so eine persönliche Einschätzung. Wir haben mittlerweile ja auch zum Beispiel TikToks in Drei-Minuten-Länge eingeführt. Was ja auch zeigt, dass es da eine Spannbreite gibt. Und da kommt es auf den Inhalt an, ob dieser werblich ist oder nicht. Es gibt gewisse Inhalte oder einfach Memes und Jokes, die funktionieren in fantastischen 10 oder 15 Sekunden. Und dann gibt es solche, wo man vielleicht lieber etwas Längeres erzählen möchte.
Ein Beispiel von der Unternehmerseite ist der Account von BMW. Ich empfehle diesen Account sowieso, weil er sehr gut ist. Da wird zum Beispiel sequenzielles Storytelling mit Circular Angles betrieben. Die Verantwortlichen hatten sogar mehrere Episoden mit Creatoren, die aufeinander aufbauen. Und dann gibt es auch wieder sehr mächtige Werbung, die in 10 oder 15 Sekunden ihr Ziel erreicht. Also ich glaube nicht, dass es da so einen generellen Trend gibt, dass fünf Sekunden letztlich das Ziel ist. Ich glaube nicht, dass das in die Richtung geht.
Organic oder Paid Content auf TikTok?
Schahab Hosseiny: 73 Prozent sind glücklicher, wenn sie die Applikation schließen. Auf jeden Fall eine spannende Statistik. Sprechen wir jetzt über die Publisher. Viele sekundieren immer wieder, dass sich die besten Ergebnisse bei TikTok letztendlich mit einer Kombination von programmatischem Werbeeinkauf und organischem Engagement erzielen lassen. Da gibt es ein schönes Zitat: „You go into TikTok, become a creator, become a part of the TikTok Community.“
Ist das generell ein neuer Playground für Advertiser, die aus der Vergangenheit verstärkt auf einen programmatischen Soloeinkauf gesetzt haben? Und wie kann dieser Transfer in das TikTok Werbesystem eigentlich intelligent mit organischem Engagement erfolgen? Ich denke vor allem an den Typus, der in der Vergangenheit ganz klar gesagt hat „Ich mache jetzt irgendwie Search und bei Ads weiß ich wie die Spielbedingungen sind, da muss ich organisch nicht weiter mitspielen“. Wie können solche Werbeprofis diesen Transfer schaffen?
Thomas Wlazik: Da haben wir das Agenturteam, dessen Kernaufgabe es ist, diese Beratungsleistungen zu liefern. Was du sagst, ist absolut richtig. Grundsätzlich erstmal mit der Creator-Denkweise als Unternehmen ranzugehen und zu handeln, ist richtig. Und das versuchen wir auch zu transportieren. Ich würde jedem Unternehmen raten, einen eigenen Handle, einen eigenen Account aufzumachen. Auch organische Inhalte zu erstellen, gerne auch in Zusammenarbeit mit Creatoren.
Wir sagen immer, dass ein Dreiklang aus Organic Beats, ein Kontinuum an regelmäßigen organischen Posts und Paid Ads optimal ist. Insbesondere, wenn es um Kampagnen oder spezifische Themen geht, die man pushen möchte. Zusätzlich ist die Zusammenarbeit mit Creatoren ein Erfolgsfaktor. Auch die Erstellung von organischen Inhalten kostet natürlich Zeit, Ressourcen und letztendlich Geld.
Es ist ja nun Mal so, dass die Funktionsweise von TikTok auf einem Content-Graphen basiert. Was im „For You”-Feed populär wird, hängt stark davon ab, wie es bei den Nutzern ankommt und das kann man nicht immer vorhersagen. Das heißt, wenn du dir einen Creator mit Hunderttausend Followern anschaust, dann hat dieser Videos, die zehntausend oder vielleicht auch nur tausend Views haben. Gleichzeitig wird er auch Videos haben, die über ein paar Millionen Views verfügen.
Und als Marke möchte man natürlich schon sicherstellen, dass der erstellte Content auch eine gewisse Reichweite hat und auch die Zielgruppe erreicht. Deswegen haben wir natürlich Werbelösungen, bei denen du den organischen Post nehmen und sagen kannst „Den möchte ich jetzt an meine Kernzielgruppe, meine strategische Zielgruppe ausspielen“. Und damit gibst du dem Ganzen natürlich auch sehr gezielt einen Push.
Du hast eine gewisse Reichweite und hast dann diesen Burn-Effekt, je nachdem, wie gut das Creative ankommt. Dieser Effekt fällt dann halt größer oder auch etwas kleiner aus. Aber du hast auf jeden Fall diese Reichweite, du kannst es steuern und das funktioniert dann eben auch sehr gut. Das wäre auch mein zusätzlicher Ratschlag zu großen Kampagnen und großen Platzierungen rund um Produkt Launches oder gewisse saisonale Themen.
„Als Unternehmen sollte man mit der Denkweise eines Creators rangehen.“
Was ich auch noch gerne hervorheben möchte, ist eine Besonderheit, die wir sehen, wenn es um unsere Creator geht: Der größte Mehrwert bei der Zusammenarbeit mit einem TikTok Creator ist tatsächlich die kreative Leistung. Weil sie verstehen, wie TikTok funktioniert. Sie schaffen dann oft auch diesen Transfer, den du beschrieben hast. Also von dem, wo die Marke bisher werblich oder kommunikativ unterwegs war, zu dem, was auf TikTok gut funktioniert. Sie können dafür sorgen, dass Markenziele und Kreativität zusammenkommen und die Kampagnen funktionieren.
Dabei ist die Followerzahl, ich nenne es Mal plakativ, Litfaßsäule, weniger relevant. Wenn man also bei jemandem, der über hunderttausend Follower hat, sich die Reichweite mit einkaufen will. Die Followerzahl hat natürlich einen gewissen Effekt, aber gerade aus dem Wirkungsprinzip, den ich gerade beschrieben habe, ist das überhaupt nicht garantiert. Wenn er aber ein fantastisches Creative macht, dann erhöht das die Chance natürlich massiv, dass man durch die Posts und die Kampagnen-Involvierung letztendlich ganz viel Earned Media hat.
Für alle zuhause, die sich Beispiele anschauen wollen, kann ich Porsche sehr empfehlen. Sie machen das tatsächlich genauso. Also, sie arbeiten mit ganz verschiedenen Creatoren zusammen und haben mittlerweile 743 Tausend Follower, 6,2 Millionen Likes und auch ein extrem hohes Engagement auf ihren Videos. Aber sie pushen diese natürlich auch medial. All das greift ineinander und das führt dann zum nachhaltigen Erfolg.
Schahab Hosseiny: Das heißt, der Mehrwert bei der Zusammenarbeit mit Creatoren besteht vor allem darin, dass ich mir als Unternehmen eine gewisse Kreativitäts-Leistung und auch ein natives Verständnis vor allem für die Plattform TikTok einkaufe. Das führt mich zum nächsten Punkt:
Wenn ich als Unternehmen vielleicht doch die Entscheidung treffe, dass ich das intern umsetzen und nicht outsourcen will, welcher Kampagnenmanager-Typus funktioniert hier besonders gut? Sehr viel Werbeetat wurde in der Vergangenheit auch immer stärker im digitalen Kanal in Richtung Performance Advertising allokiert. Mit Sicherheit auch durch einen sehr starken Push von Google könnte man denken, dass man hier eher den logisch-kontrollierten Typus Kampagnenmanager vorfindet.
Kann ich meine Hypothese so in der Form auf TikTok reflektieren? Oder brauche ich hier eher den kreativen, intuitiven Typus? Wie würdest du dieses Thema einschätzen? Verändert sich der Kampagnenmanager, falls das überhaupt das richtige Wording ist. Da muss man ja auch darüber sprechen: Ist es überhaupt das richtige Wording?
Video mit TikTok’s General Manager DACH/NL Thomas Wlazik
Thomas Wlazik: Das ist eine gute Frage. Man braucht tatsächlich beides, definitiv. Du brauchst sozusagen ein gewisses analytisches Element. Das fängt mit der Messung an und deswegen haben wir auch ganz viel in das Thema Messbarkeit investiert:
- Von Anfang arbeiten wir mit Partnern wie Adjust oder AppsFlyer im Bereich App,
- aber auch mit eigenen Pixel-Lösungen.
- Es gibt Event APIs.
- Wir bieten schon eine ganze Weile Brand-Lift-Studien an, um das messbar zu machen, um auf Basis von echten Insider oder Real Time Insights dann auch Kampagnen optimieren zu können.
Ich würde das Thema Targeting, Bidding etc. nicht unterschätzen, auch nicht bei TikTok. Das hat einen sehr großen Effekt. Das lohnt sich wirklich auch da zu investieren. Das ist ja eher der logisch-kontrollierte Kampagnenmanager.
Aber es ist auch richtig, dass das Creative vielleicht noch ein bisschen entscheidender ist als bei so manch anderen Kanälen und das macht einen großen Unterschied im Erfolg aus. Letztendlich braucht man tatsächlich so ein bisschen von beidem. Dann muss man schauen, ob man das in einer Person vereinigt bekommt oder ob das bestehende Performance Marketing-Team die Optimierung, Targeting, Bidding und so weiter übernimmt. Aber ja, letztlich braucht man beides.
Ein gutes Beispiel ist gustavogusto, sie sind ganz präsent als neue Pizzamarke. Sie haben Musik als Mittel sehr stark benutzt. Sie haben zum Beispiel Schlagerparodien gemacht, wie „Ein bisschen scharf muss sein“. Man kann sich vorstellen, das war ganz witzig. Wir haben es dann auch gemessen, damit sie nicht das Gefühl haben, wir als Marketing-Team finden das witzig. Die Effie Jury fand das auch gut und sie haben einen goldenen Effie bekommen.
Aber auch objektiv war es gut: Wir haben 21,3 Prozent Uplift in der Werbeerinnerung bei der Zielkontrollgruppe und 9,6 Prozent Steigerung in der Brand Awareness gehabt. Diese Datenpunkte braucht man, um die nächste Kampagne entsprechend besser optimieren zu können.
Tracking bei TikTok – Die besten Case Studies
Schahab Hosseiny: Starke Kennzahlen, definitiv. Dann sprechen wir noch ein bisschen über das Tracking. Wenn wir uns die Implementierung von dem TikTok Conversion Pixel anschauen – das hast du gerade ja schon angesprochen –, sehen wir hier ein sehr schnelles Wachstum. Wir bemühen hierzu gerne BuiltWith und BuiltWith sagt uns, dass sie mittlerweile, was die Implementierung auf Webseiten angeht, ungefähr auf der Höhe von Pinterest mitspielt. Also, was die Integration des Pinterest Pixels angeht und demnächst auch schon auf dem Niveau des Twitter Pixels.
Siehst du hier zunehmend mehr Budgets, die aus dem klassischen Performance Marketing-Mix in Richtung TikTok geshiftet werden?
Thomas Wlazik: Ja, also die kurze Antwort ist, dass wir das definitiv verfolgen. Im Bereich Performance Marketing sehen wir auch den Effekt, den du beschrieben hast. Das macht mich insbesondere vor dem Hintergrund stolz, dass wir jetzt in Deutschland den TikTok Ads Manager haben. Alles, was man mit Performance Marketing machen möchte, macht man mit dem TikTok Ads Manager über die Auktion und die entsprechenden Tools, die ich gerade beschrieben habe. Und den haben wir erst im Sommer 2020 gelauncht.
Insofern bin ich da natürlich besonders stolz, dass wir uns da so schnell auch von der Produktinnovation und den Measurement-Lösungen weiterentwickelt haben. Dass wir jetzt tatsächlich auch ganz viele externe Case Studies über verschiedenste Bereiche hinweg haben. Das kann man auch gerne nachlesen und zwar auf tiktokforbusinesseurope.com.
Dort haben wir unter „Inspiration“ noch ganz viele Beispiele, nicht nur im Branding, sondern mittlerweile eben auch im Performance-Bereich. Und da sind so Sachen wie StudySmarter. Sie hatten 34,4 Prozent Conversion Rate und 44 Prozent niedrigere Conversion-Kosten oder aktive Nutzerkosten als andere Plattformen. Das ist App-basiert.
Dann habe ich sowas wie Grover, sie verleihen Elektrogeräte. Sie haben Unboxing-Videos mit Voiceover gemacht und hatten einen 24 Prozent niedrigeren Cost per Acquisition als andere Plattformen, im Benchmark gesehen.
ExpressSteuer war extrem erfolgreich: Sie haben ihre Customer Acquisition Cost um 20 Prozent gesenkt, also Steuern. Dermanostic ist ein Beispiel, Snocks, Gaming natürlich. Also es sind ganz viele Beispiele aus unterschiedlichsten Bereichen, von E-Commerce über Gaming bis hin zu Learning, die wirklich funktionieren. Snocks zum Beispiel hatte 150 Conversions pro Woche für die Produkte und da sind wir wirklich schon auf einem sehr guten Stand.
Diversifikationsstrategie bei TikTok
Schahab Hosseiny: Das heißt, die Message hier ist, dass die Performance Marketer sich TikTok auf jeden Fall noch ein bisschen näher und genauer anschauen sollten. Thomas, ihr seid seit wenigen Tagen auf Alexa Home Geräten nutzbar. Darüber hinaus wachst ihr auch stark im Smart TV- und Plattform-Segment wie beispielsweise Amazon Fire. Erzähle uns doch Mal ein bisschen über eure Diversifikationsstrategie und die Nutzung von TikTok auf Devices wie Alexa Show und die Adressierung neuer Zielgruppen. Welche Zielgruppen wollt ihr damit auch nochmal explizit ansprechen?
Thomas Wlazik: Ja, das ist eine gute Frage. Da kann ich nicht ganz so detailliert was dazu sagen wie zu den anderen Themen. Aber es ist natürlich richtig:
„Wir wollen TikTok auf noch mehr Bildschirme bringen.“
Das ist so die Grundstrategie, ja. Neben den genannten Beispielen gibt es noch Kooperationen mit Android TV und mit Samsung. Das ist natürlich ein bisschen anders, auch vom Nutzungserlebnis, weil wir ein bisschen mehr vorkuratieren müssen. Das Swipen und das, was du auf dem Mobiltelefon hast, dass funktioniert da natürlich ein bisschen anders.
Aber ich glaube, dass das eine fantastische Möglichkeit ist, das Beste von TikTok zu zeigen und natürlich neue Nutzer anzusprechen. Und da wird es sicherlich noch mehr Innovation von unserem Development-Team geben. Das ist so die grundsätzliche Strategie: Mehr Nutzer erreichen und auf mehr Bildschirmen präsent sein.
Schahab Hosseiny: Meine Mutter freut sich auf jeden Fall, dass sie euch jetzt auf dem großen TV-Bildschirm bei Amazon Fire TV konsumieren kann. Einige Marketer sagen, dass TikTok gegenüber anderen klassischen Digital Marketing-Kanälen den Sales Funnel fundamental verändert hat. Was sagst du zu dieser Hypothese und wie sieht eigentlich so ein Sales Funnel bei so einem sehr stark Discovery-orientierten Produkt wie TikTok eigentlich aus?
Thomas Wlazik: Ja, das ist eine sehr gute Frage und auch da weiß ich nicht, ob man sie so ganz pauschal beantworten kann. Aber es gibt sicherlich diesen Trend und ich glaube, der CMO von L’Oréal UK hat Mal gesagt: „You can go through the whole marketing funnel in one step on TikTok“. Gerade bei Produkten ist es so.
L’Oréal war zum Beispiel auch Teil vom ersten Live Shopping-Event, dass wir in England veranstaltet haben. Das ist in dem Kontext nochmal ein ganz spannendes Thema. Es ist tatsächlich so, dass wir es ganz granular anhand von Hashtag Challenges untersucht haben. Dadurch, dass alle Werte, im Prinzip über dem gesamten Funnel hinweg, überdurchschnittlich sind, beschleunigt das natürlich die Conversion von Nutzern, die noch nie von dem Produkt gehört haben. Und das ist im Prinzip dieser Collapsing Sales Funnel.
Wir sehen aber auch, und das hatten wir ja auch in der Studie zusammen mit Publicis und dem World Advertising Research Center untersucht, dass 70 Prozent der Befragten auch Impulskäufe von Produkten, die sie auf TikTok gesehen haben, getätigt haben.
Das ist das, was ich meine: Es gibt dieses Verkürzen des Funnels. Insbesondere dann, wenn man mit Creatoren zusammenarbeitet, die ein hohes Trust Level, eine hohe Relevanz in dem, wie sie die Produkte rüberbringen, haben, dann ist alles möglich. Wie beispielsweise ein Instantkauf eines Produktes, von dem man noch nie gehört hat. Aber auf jeden Fall ist es eine Verkürzung und es ist nicht mehr der klassische Sales Funnel. Ich glaube, das Thema Live Shopping kann das nochmal das Ganze fundamentaler verändern.
Welche Rolle spielt Musik bei TikToks?
Schahab Hosseiny: Das klingt für mich auf jeden Fall nachvollziehbar und auch logisch. Ein kurzer Themenschwenk in Richtung Musik. TikTok hat mittlerweile Deals mit den größten Major Labels weltweit geschlossen. Welche Rolle spielt die musikalische Untermalung für den Content-Erfolg?
Thomas Wlazik: Natürlich eine große. Jeder, der TikTok nutzt, weiß, dass es eine Sound-On-Plattform ist. Das ist immer ganz witzig, wenn man ein Event hat und den Teilnehmern sagt, sie sollen sich die App herunterladen und starten. Dann führt es halt ein bisschen zu Verwirrungen, dass es direkt mit Sound losgeht. Das ist ja nichts, was ich nebenbei nutze. Wenn ich TikTok nutze, dann nutze ich TikTok und dabei spielt Sound grundsätzlich eine große Rolle und natürlich auch Musik.
Wenn ich jetzt wieder mit Statistiken um mich werfen darf, dann sagen so 80 Prozent der Nutzer, dass TikTok die Nummer-Eins-Plattform ist, auf der sie neue Musik entdecken und nutzen es dann für die Untermalung des eigenen Content, insbesondere wenn sie hauptsächlich mit Schrift arbeiten. Oder, wenn man einfach kein gesprochenes Wort braucht, um die kreative Idee oder die Emotionen zu transportieren. Das schafft Musik eben.
Insofern ist Musik ganz wichtig für alle TikTok-Nutzer und auch ganz wichtig, dass es diese freie Library gibt, auf die die Nutzer zugreifen können. Das ist ja einfach Musik, die wir für Privatnutzer rezensiert haben, welche sie nutzen können und das sorgt dann auch gleichzeitig für die Verbreitung.
Schahab Hosseiny: Gleichzeitig wächst natürlich eure Relevanz, wenn der Nutzer sagt, dass ihr die Nummer-Eins-Plattform seid, auf der er auch auf neue musikalische Genüsse stößt. Das macht euch für die Major Label natürlich super spannend, weil diese Discovery-Funktion letztendlich auch die Plattformen wie Spotify und Co. ablöst und plötzlich spielt ihr auch hier eine sehr relevante Rolle.
„80 Prozent der Nutzer sagen, dass TikTok die Nummer Eins Plattform ist, wo sie neue Musik entdecken und nutzen es dann auch für die Untermalung des eigenen Content.“
Thomas Wlazik: Ja, absolut. Es gibt mittlerweile viele Stars, wie Zoe Wees. Sie war auch gerade bei Wetten, dass..? Sie ist alleine über TikTok groß geworden. Es gibt viele Stars, die primär durch TikTok groß geworden sind und auch hierzulande. International gibt sowieso viele Beispiele. Es gibt auch lokale Beispiele, die primär durch ihre TikTok Community und überhaupt durch TikTok als Künstler bekannt geworden sind, was erstmal fantastisch ist.
Aus Sicht der Labels wird es tatsächlich auch noch gezielter genutzt. So zum Beispiel von Künstlern, die es unabhängig von TikTok schon gab. Montez, als Beispiel, hat den Titel „Auf und Ab“ gezielt mit TikTok bekannt gemacht. Erstmal ist er auf Platz Eins der TikTok internen Charts geklettert, noch vor der eigentlichen Veröffentlichung des Songs. Und nach der Veröffentlichung hat es drei Wochen gedauert, bis auch Platz Eins der richtigen Charts und auch in den Spotify Playlisten erreicht war. Das ist massiv durch die Strategie, TikTok gezielt zu nutzen, um Musik bekannt zu machen, gefördert worden.
Ein ganz aktuelles Beispiel ist Pietro Lombardi. Am 28.01. kommt das neue Lied „Vorbei“ raus. Es gibt, glaube ich, 25.000 Videos auf TikTok, die mit seinem neuen Song oder Snippets von diesem neuen Song erstellt wurden. Wir können ja Mal beobachten, wie das dann nach der Veröffentlichung dann wird. Aber ich wage zu behaupten, dass auch das erfolgreich sein wird, weil es eben sehr gezielt auch den Kanal nutzt.
Offline Sales und Live Shopping mit TikTok?
Schahab Hosseiny: Das heißt, du siehst hier ganz klar auch die Implikationen auf den Erfolg von musikalischen Stücken. Spannend. Thomas, wir haben heute schon ganz viel über Statistiken gesprochen. Ich finde, ihr habt eine ganz interessante Studie veröffentlicht, in der der Offline Sales Impact untersucht wird. Wie kann ein stationärer Händler gezielt TikTok einsetzen, um auch Offline Sales zu produzieren? Also unabhängig von E-Commerce?
Thomas Wlazik: Ich glaube, das worauf du dich beziehst, ist unsere Studie, die wir mit CPG-Marken gemacht haben, die ja nun Mal aus nachvollziehbaren Gründen 100 Prozent Offline sind. Gerade der Bereich Food & Beverages hat eine dreimal so hohe Sales Effizienz, also Impact auf den Abverkauf und Vertrieb, im Vergleich zum Durchschnitt aller Social Media-Kanäle. Also sehr mächtig.
Die Frage ist jetzt, wie kann ich es noch gezielter machen? Also bei den großen CPG Brands zielt natürlich alles auf das Treiben von Markenbildung ab und auf das Treiben von Offline-Verkäufen. Wenn ich jetzt ein Händler bin, gibt es bestimmt smartere Wege, das vielleicht nochmal gezielter zu machen, indem ich das in den Creatives unterbringe.
Das beste Beispiel aus dem CPG Bereich, was mir einfällt, welches ich ganz gut präsent habe, ist Funny Frisch zum Beispiel. Sie hatten diese große Kampagne namens „Hashtag Challenge Funny Frisch Moments“. Sie haben auch mit Creatoren zusammengearbeitet.
Da ging es darum, seine Momente, die mit der Marke verbunden werden, zu teilen. Es gab auch einen coolen Song dazu. Die Creator haben es zum Beispiel auch vorgemacht, indem sie in den Laden gegangen sind und Funny Frisch Produkte gekauft haben. Plakativer kann ich es auch nicht machen, aber wir haben gesehen, das ist super angekommen. Es gab auch qualitativ eine super Resonanz auf die Kampagne.
Wir haben auch eine Studie gemacht, die auch wirklich den Impact auf Sales gemessen hat, auch in diesem Einzelbeispiel, und der war signifikant höher als bei anderen Kampagnen. Genau deswegen, weil sie das in der Story beziehungsweise in dem Creative entsprechend noch stärker, noch präsenter dargestellt haben.
Schahab Hosseiny: Thomas, du hast heute schon über das Thema Live gesprochen, dass das bei euch auch ein ganz starkes Wachstumsthema sein wird. Sprechen wir mal über Live Shopping. Also die Kombination zwischen E-Commerce und Live.
Wenn wir in die asiatischen Räume gehen und schauen, sehen wir dort wirklich relevantes Niveau, was Live Shopping angeht. Hier in Europa setzt sich das so langsam durch, aber die Geschwindigkeit der Durchsetzung ist hier noch nicht wirklich hoch. Glaubst du, dass das ein kulturelles Thema ist oder glaubst du, dass Live Shopping sich auch hier in Europa durchsetzen wird? Schließlich gibt es ja auch Teleshopping Kanäle. Da ist das Konzept ja ähnlich.
Und wie können Kunden hier tatsächlich auch smart aktiv werden? Ist jetzt die richtige Zeit gekommen, das zu tun?
Thomas Wlazik: Also zum ersten Teil der Frage: Ich glaube, dass Live Shopping auch in Europa kommen wird. Wenn man sich im digitalen Bereich die Trends anschaut, muss man einfach sagen, dass Asien eine Weile voraus ist, aber dann doch die Themen auch hier irgendwann in ähnlicher Form ankommen. Vielleicht nicht alles eins zu eins, aber ich glaube schon, dass das Thema Live Shopping extrem relevant sein wird.
Wir sehen auch grundsätzlich, dass das Interesse an dem Live-Format da ist. Wir haben ja auch ein erstes, größeres Event über zwei Tage in England veranstaltet, wo verschiedene Marken mit Creatoren zusammen Produkte platziert haben. Das hat sehr gut funktioniert. Das wird sicherlich ein Zukunftsthema sein.
Ich würde mich jetzt schon gedanklich darauf vorbereiten und überlegen, wie man das mit welchen Produkten verbinden könnte. Wir haben jetzt aktuell noch kein kommerzielles Produkt in Deutschland. Wie gesagt, wir testen in verschiedenen Ländern. Wenn es soweit ist, werden wir es sicherlich kundtun. Aber ich denke, das ist definitiv ein Thema für die Zukunft.
Agentur – ja oder nein?
Schahab Hosseiny: Ja, ich glaube Live Shopping plus Discovery und Impuls Shopping kann ein ganz spannendes Thema werden. Noch ein letzter Themenblock und dann sind wir leider auch schon am Ende unserer Zeit angekommen – auch wenn wir zu den einzelnen Themen viel tiefer hätten noch einsteigen können.
Google und Facebook als Werbeökosysteme sind sehr vielen bekannt. Auch viele Agenturen haben ihre Daseinsberechtigung, weil diese Ökosysteme sehr komplex geworden sind. Da bedarf es wirklich expliziter Agency und Experten in der Aussteuerung. Zumindest hier in Europa ist das ja fast Standard.
Wie entwickelt sich die Komplexität der Werbebuchungen beim TikTok Ads Manager und benötige ich hier zwingend eine Agentur? Und der zweite Part: Wie können Partner und Agenturen oder Experten TikTok Partnership am Markt anbieten? Gerade, weil sie eben merken, dass immer mehr Kunden auch Bedarf haben, bei TikTok aktiv zu werden und gegebenenfalls die Expertise hier fehlt.
Thomas Wlazik: Also zum ersten Teil der Frage: Ich würde sagen, man kann auf TikTok sowohl mit wie auch ohne Agenturen grundsätzlich erfolgreich sein. Es hat natürlich viele Vorteile, mit einer Agentur zusammenzuarbeiten. Wir haben nicht ohne Grund ein sehr großes Agentur-Team auch von Anfang an mit aufgebaut. Dieses kümmert sich sowohl um Media-Agenturen, Kreativ-Agenturen als auch um Social Spezial-Agenturen, mit dem Ziel, sie entsprechend up to date zu halten, zu schulen und zu beraten. Natürlich ist es sehr sinnvoll, gerade dann auf TikTok Agenturen erstmal zuzugehen, wenn man den Kanal neu erschließen möchte.
„Wir versuchen schon das Produkt so intuitiv und so einfach, wie möglich zu halten.“
Wenn ich grundsätzlich auch mit Agenturen zusammenarbeite, vielleicht mit den Agenturen, mit denen ich aktuell schon zusammenarbeite, da haben wir auch schon eine TikTok Expertise aufgebaut. Ich muss da wirklich sagen, dass die Agenturen auch wirklich sehr, sehr schnell das Thema aufgenommen haben. Gerade wenn ich jetzt sagen würde, ich möchte jetzt schnell auf TikTok starten, auf ein bestehendes Expertenwissen und Ressourcen zugreifen, würde ich das in jedem Fall empfehlen. Ob das jetzt notwendigerweise nur aufgrund der Komplexität der Plattform ist, dass würde ich heute noch nicht unterschreiben. Ich denke wir halten die Plattform schon so intuitiv, dass es eben auch für jeden nutzbar ist, die vielleicht jetzt keine Agentur haben und sich teilweise vielleicht auch bei kleineren Budgets nicht leisten können oder wollen. Insofern versuchen wir schon das Produkt so intuitiv und so einfach, wie möglich zu halten. Wir versuchen entsprechend, das es auch wirklich ein Self Serve Produkt im Kern ist und bleibt. Aber natürlich, wenn ich es mag, wenn ich komplexe Kampagnen machen möchte und das ganze Thema Kreation, was gerade bei größeren Kampagnen entscheidend ist, dann brauche ich natürlich schon entsprechende Expertise. Ich glaube, es gibt Großunternehmen, gerade große Digitalunternehmen, die sagen, meine Marketingkompetenz möchte ich im Haus haben und dann macht es sicherlich auch Sinn das für TikTok aufzubauen. Aber beides kann sicherlich funktionieren. Für viele ist das eben die Zusammenarbeit mit sehr kompetenten Agenturen und da muss ich ein großes Lob aussprechen, absolut der richtige Weg.
Schahab Hosseiny: Thomas, das war sehr kurzweilig. Herzlichen Dank für deine Transparenz, die Offenheit und dass du dir die Zeit genommen hast, trotz dessen das TikTok gerade einen Hyper Growth hinlegt. Ja, vielen, vielen herzlichen Dank dafür.
Thomas Wlazik: Ja sehr gerne. Vielen Dank für die Einladung.
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