Sechs Milliarden Getränkepackungen in rund 120 Länder verkauft. Capri-Sun behauptet von sich – wohl zu Recht – die größte Kindergetränke-Marke der Welt zu sein. Julia Straschil trägt als Global Brand Director ihren Teil zur Erfolgsgeschichte bei. Mit mehr als 16 Jahren Erfahrung im nationalen wie internationalen Bereich, unter anderem als Head of Marketing Retail bei der Hero Group oder als Marketing Manager bei PepsiCo verfolgt sie ihre Leidenschaften E-Commerce und Nachhaltigkeit.
Mario Rose, Host des OMKB-Talks, unterhielt sich mit Julia über das Konsumverhalten der Gen Z, die Marketingplanung für einzelne Zielgruppen und wie man mit einem Social-Media-Shitstorm umgeht, der durch Rebranding und Papierstrohhalmen ausgelöst wird.
Podcast mit Julia Straschil von Capri Sun
Love Brand Capri Sun auf TikTok?
Mario Rose: Liebe Julia, herzlich Willkommen zu unserem Talk. Vielen Dank, dass Du dabei bist. Steigen wir gleich ein, mit dem Thema TikTok. Kannst Du uns einmal einen kurzen Einblick geben, wie Eure Aktivitäten aktuell auf TikTok aussehen, gerade auch im Roll-out beispielsweise von neuen Produktebenen bei Capri-Sun?
Julia Straschil: Hi Mario. Also, wir sind da grundsätzlich sehr aktiv. Wir waren ja eine der ersten drei Marken in Deutschland, die auf TikTok überhaupt aktiv gewesen sind, schon vor zwei Jahren. Und für uns war es sehr erfolgreich. Das vor dem Hintergrund, dass wir nicht nur Erwachsene ansprechen, die Kinder haben, sondern verstärkt auch Teenager und junge Erwachsene. Teenager suchen ja immer die Abgrenzung zu Erwachsenen.
Deswegen ist ja Facebook für viele Teenager uncool geworden, weil man plötzlich die eigenen Eltern oder Großeltern da sieht. Da möchten die halt woanders aktiv sein, einen eigenen, geschützten Raum haben. Wir hatten von China schon vorab echt fantastische Insights, dass das wirklich eine starke, tolle Plattform sein kann.
Und für uns ist das eben gerade für Single Serve, also für Bubbles und 330ml, – so nennen wir die Produkte, die wir da momentan besonders stark vermarkten – sehr attraktiv, weil wir da eben genau die User ansprechen, die wir auch suchen. Plus, man muss zusätzlich sagen, dass das natürlich von Markt zu Markt unterschiedlich ist.
Irgendwo macht man vielleicht eher Out of Home, in Afrika zum Beispiel. In vielen Märkten ist das der Fall. Und dann gibt es halt Länder, in denen Facebook auch noch total attraktiv ist. Ich glaube, die große Challenge bei TikTok ist, dass der Content, den wir hochladen, ein ganz anderer sein muss als der auf Facebook. Weil die Teenager ja heutzutage eine ganz andere Auffassungsgabe haben, viel schnellere Bilder gewohnt sind und anderen Content haben möchten, nicht so werblich, wie wir das vielleicht im klassischen TV ausspielen würden. Und von daher ist TikTok für uns einfach von der Zielgruppe her attraktiv.
Aber vom Content her würde ich sagen, eher challenging, weil wir da einfach auch intern öfter auch noch mal unsere Führungsebene abholen müssen. Da kommt oft das Feedback, dass es viel zu schnell ist, was wir machen. Und dann müssen wir sagen, nee, für die Kids und Teenager, die das sehen, ist das genau richtig so.
Mario Rose: Setzt du als Profi im Gen Z-Marketing – auch im Hinblick auf euren TikTok Content – auf Co-Creation? Seid Ihr auch in Kooperation mit entsprechenden – ich nenne sie jetzt mal Influencer – Content Creatorn, die Ihr dann mit an Bord holt, um Euren Content noch wesentlich besser zu distribuieren? Oder seid Ihr als Capri-Sun in der Content Creation ohne weitere Co-Creator aktiv?
Julia Straschil: Ich muss sagen, wir sind in einer sehr luxuriösen Position, weil wir eine echte Love Brand sind, gerade was die Gen Z betrifft, und wir deshalb sehr viel User Generated Content nutzen können. Deswegen arbeiten wir sehr wenig direkt mit Influencern zusammen. Wir sind als Marke innerhalb der Zielgruppe einfach so beliebt und so cool, dass die uns quasi von alleine promoten.
Was wir machen, ist, dass wir zum Beispiel bei der letzten 330ml-Kampagne und bei Bubbels auch direkt mit der Gen Z zusammengearbeitet haben – mit verschiedenen Vertretern – weil wir in der Marktforschung, wo wir erst mal klassisch eine Original Kampagne entwickelt haben, festgestellt haben, dass unser Verständnis, ich sage jetzt mal so 35 plus, doch sehr stark von dem abweicht, was die Gen Z attraktiv findet.
“Die Gen Z findet andere Sachen attraktiv. Deshalb mussten wir unser Marketing-Modell anpassen.”
Und da mussten wir dann erst mal wieder über die Bücher gehen und versuchen zu verstehen, was da aktuell ist. Wir haben daraufhin auch unser Marketing-Modell angepasst und arbeiten viel stärker mit der Zielgruppe zusammen.
Mario Rose: Du hast gerade von der Bubble gesprochen, der Gen Z-Bubble, die, klar, bei TikTok zumindest in den letzten anderthalb Jahren für die Jugendlichen oder die jüngere Generation noch einen gewissen, geschützten Raum dargestellt hat. Jetzt kommt die Generation 35 plus – zu der beispielsweise auch ich gehöre – verstärkt auf diese Plattform. Die Wachstumsraten sind prozentual gesehen natürlich in dieser Altersgruppe auch wesentlich größer.
Merkt Ihr schon, dass die jungen Leute beginnen, sich wieder von der Plattform zurückzuziehen? Dass die Nutzungsintensität – zum Beispiel bei Snapchat – gegebenenfalls wieder zunimmt? Oder kannst Du das ganz entspannt für Euch noch als place to be bewerten?
Julia Straschil: Wir sehen das für uns momentan noch als place to be. Man muss sagen, die Mediaplanung für 2022 startet erst. Das heißt, die ganz aktuellen Zahlen muss ich mir nochmal angucken. Aber wir sind in mehr als 120 Ländern aktiv. Das heißt für uns auch, die Mediapläne werden pro Land angepasst und TikTok hat in anderen Ländern, wie zum Beispiel Frankreich, eigentlich erst letztes Jahr wirklich an Relevanz dazu gewonnen.
Für uns heisst das, wir müssen uns das tatsächlich von Markt zu Markt ansehen. Aber ich persönlich glaube daran, dass TikTok noch deutlich weiter wachsen wird. Vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass sie jetzt auch das Thema E-Commerce in den ersten Märkten testen werden. Im Hinblick auf Asien, wenn man sieht, was da auf TikTok im Vergleich zu Westeuropa passiert, ist da noch viel Luft nach oben.
Video Digital Marketing Roundtable mit Julia Straschil
Alles zu Audio, Nachhaltigkeit, First Party Data und Zielgruppen bei Capri Sun
Mario Rose: Julia, im Gen Z-Marketing hattest Du natürlich den großen Vorteil, zumindest im Hinblick auf die Plattform TikTok, Eure Zielgruppe direkt zu adressieren. Wenn wir jetzt auf das Thema First Party Data schauen, also die Sammlung und Nutzung von Kundendaten, insbesondere um an der Loyalität der eigenen Kundschaft zu arbeiten: Du hast gerade erwähnt, Ihr seid eine Love Brand. Wie wichtig ist Euch das Thema First Party Data als Brand, die ja bisher fast ausschließlich über den Handel funktioniert? Wie generiert Ihr Eure Kundendaten und macht Ihr sie bereits nutzbar bei Euch?
Julia Straschil: Tatsächlich ist das noch ein Thema, das wir gerade erst starten, denn wir haben ja die Situation, dass wir vor allen Dingen noch über den klassischen Handel vertrieben werden und auch das Thema E-Commerce zum Beispiel eher über Amazon läuft. Oder wir halt über unsere klassischen Handelspartner Tesco, Edeka, Rewe und so weiter online verfügbar sind.
Aber es wird auf jeden Fall für uns jetzt ein kommendes Thema sein, aufgrund der gegebenen Thematik mit den Cookies und so weiter. Aber andererseits eben einfach auch, weil das Thema E-Commerce, D2C und natürlich auch FMCG früher oder später eine große Rolle spielen wird.
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