In diesem spannenden OMKB-Podcast taucht Artur Wagner, Chief Digital Officer (CDO) von Braun Büffel, in die Welt eines traditionsreichen Familienunternehmens ein, das bereits seit 137 Jahren in der Lederwarenindustrie aktiv ist. Braun Büffel steht für Handwerkskunst, Qualität und Langlebigkeit – Werte, die trotz der Herausforderungen des digitalen Zeitalters fest verankert bleiben. Artur Wagner spricht darüber, wie das Unternehmen den Balanceakt zwischen Tradition und digitaler Transformation meistert.
Ein zentrales Thema des Gesprächs ist der Ausbau des Direct-to-Consumer (D2C)-Geschäfts und die Rolle von E-Commerce in der Unternehmensstrategie. Wagner erklärt, wie der Relaunch des Online-Shops die Conversion-Rate und den durchschnittlichen Warenkorbwert signifikant gesteigert hat. Dabei legt er großen Wert auf eine hohe Servicequalität und ein starkes Community-Building, um die Marke zu einer „Love Brand“ zu entwickeln. Er teilt zudem interessante Einblicke in den Fachhandel und den B2B-Bereich, in dem Braun Büffel exklusive Produkte für Geschäftspartner herstellt.
Ein besonderes Highlight ist die Anekdote über den erfolgreichen Launch von Lederhandschuhen, inspiriert durch Kundenanfragen und Suchdaten – ein Paradebeispiel für die datengetriebene Produktentwicklung des Unternehmens.
Artur Wagner gewährt in diesem Podcast tiefe Einblicke in die Strategie und Zukunftsvisionen von Braun Büffel und zeigt auf, wie das Unternehmen Handwerk, Digitalisierung und eine kundenorientierte Markenphilosophie verbindet.
Nachfolgend findest du das vollständige Transkript des Interviews:
Mario Rose: Hallo und herzlich willkommen, liebe OMKB-Community. Ich freue mich, dass ihr heute wieder bei uns dabei seid, denn wir haben, wie ich finde, zumindest einen wirklich spannenden Podcast-Gast für unseren heutigen OMKB-Podcast eingeladen. Und zwar ist unser Gast, den ich euch einmal kurz vorstellen möchte, der liebe Artur Wagner. Artur ist seit gut einem Jahr CDO bei dem Lederwarenhersteller BRAUN BÜFFEL.
Herzlich willkommen, lieber Artur. Schön, dass du da bist.
Artur Wagner: Servus. Vielen Dank. Ich freue mich, heute hier zu sein. Danke schön.
Mario Rose: Jetzt fragt ihr euch vielleicht, Lederwarenhersteller und das auch noch aus Deutschland? BRAUN BÜFFEL ist ein Familienunternehmen mit großer Tradition und wenn ich meine Tradition, dann ist es hier in dem Fall keine Worthülse. Das Unternehmen, das mittlerweile, ich konnte es kaum glauben, den 137. Geburtstag gefeiert hat, also seit 1887 existiert und in Deutschland gegründet worden ist. Und tatsächlich auch als einer der ganz wenigen Lederwarenhersteller sogar noch Produktionsstandorte in Deutschland hat und entsprechend auch hier aktiv ist.
Und das ist natürlich ein spannendes Unternehmen, Artur, dem du dich seit gut einem Jahr angeschlossen hast. Du bist aber schon deutlich mehr als 10 Jahre im E-Commerce-Bereich unterwegs, mit verschiedenen Stationen als Berater auf Agenturseite, aber auch auf Unternehmensseite. Und das finde ich, ist für heute eine total spannende Mischung.
E-Commerce-Spezialist und Digitalspezialist, der sich einer doch sehr herausfordernden Industrie zugewendet hat – Lederwaren, Fashion, all das sind natürlich Themen, die komplex sind, die auch unter Druck geraten sind in den vergangenen Jahren, und deswegen freue ich mich, dass du heute hier bist. Uns, mir und der OMKB-Community, allen, die zuhören, uns ein bisschen erzählen kannst, wie dein Werdegang so gewesen ist. Was bei BRAUN BÜFFEL gerade passiert, was ihr gemeinsam anschiebt und was man daraus lernen kann. Insofern, Artur, wenn du nichts dagegen hast, schlage ich vor, wir steigen direkt ein. Ist das in Ordnung für dich?
Artur Wagner: Liebend gerne.
Mario Rose: Wunderbar. Dann erzähl doch mal. Fangen wir mal von vorn an. Erzähl gerne was zu dir als Person. Wie ist es denn bei dir dazu gekommen, dass du in E-Commerce gestartet bist? Was war da ausschlaggebend für dich?
Artur Wagner: Sehr gute Frage. Tatsächlich ist das schon ewig her. Es hat eigentlich mit meiner Ausbildung begonnen. Ich habe eine Ausbildung zum Informatikkaufmann gemacht bei der BASF, damals in Ludwigshafen. Und damals gab es das Wort E-Commerce eigentlich noch gar nicht. Sondern es hat irgendwie damit begonnen, dass ich wirklich in meinem ersten Ausbildungsjahr verantwortlich dafür war, dass eine ganz spezifische Seite des Intranets eine Funktion hatte, in der man sich innerhalb der BASF-Standortes Druckerpatronen hin- und herschicken konnte, oder bestellen konnte von der IT, damit nicht immer das Telefon klingelt. Dann konnte man im Intranet auf eine Seite gehen, sagen, was für einen Drucker man hat und die Patronen wurden dann praktisch eine Stunde später zugestellt.
Und ich fand das total abgefahren zu der Zeit, denn bei mir hat es angefangen zu rattern. Okay, wenn das in einem Unternehmen funktioniert, funktioniert das ja irgendwie auch draußen. Und dann ging das langsam los. Dann kamen irgendwann die größeren Händler, Amazon kam ums Eck und so was wurde auch im deutschen Markt bekannt.
Und ich fand das immer schon spannend und habe dann auch gemerkt, nach 3 Jahren Ausbildung, ich liebe Codes, ich liebe Programmieren, aber ich hasse es, es selbst zu tun. Ich würde viel lieber darüber reden und das lesen und analysieren. Dann kam der Kaufmann mehr in mir durch. Ich habe viel Potenzial gesehen und mir war nach der Ausbildung gleich klar, ich werde kein Programmierer, aber ich möchte das Wissen, was ich in der IT und „Commerce“ habe, gerne kaufmännisch nutzen. So hat eigentlich alles begonnen.
Mario Rose: Gib uns mal so eine kleine Einordnung. Wann war das ungefähr zeitlich?
Artur Wagner: 2005 habe ich tatsächlich angefangen.
Mario Rose: Wie ist es dann für dich weitergegangen? Welche Stationen haben dich begleitet und auch geprägt, bis du dann seit gut einem Jahr bei BRAUN BÜFFEL eingestiegen bist?
Artur Wagner: Ich bin da ein bisschen rumgekommen, denn für mich war lange Zeit nicht klar, was genau ich haben möchte. Und ich glaube, das geht vielen so. Nicht jeder hat ein Forbes 30 unter 30 LinkedIn-Profil. „Ich habe immer schon den Traum gehabt … und in der Bettwäsche von, keine Ahnung, geschlafen“. Sondern für mich hat es wirklich damit angefangen, dass ich viel durch die Familie geprägt war.
Meine Eltern waren immer Bauunternehmer. Klassische „Immobilienfamilie“. Und auch da hat das irgendwann mal mit ImmoScout24 begonnen. Und ich habe relativ schnell verstanden und auch relativ viel versucht zu helfen. Wie präsentiere ich eigentlich Immobilien digital? Wie kann ich so ein schwer verkäufliches Produkt, was ich ja nicht in den Warenkorb lege, aber wie kann ich da zumindest Touchpoint mit dem Kunden generieren?
Ich war auf einer Agenturseite, bin damals nach Braunschweig gezogen. Ich habe bei der Internetagentur Löwenstark angefangen. Dort war ich ganz klassisch im Vertrieb. Und bin von dort eigentlich das erste Mal auf Händlerseite gewesen. Als ich dann dort fertig war, habe ich mich einem kleinen, feinen Unternehmen angeschlossen. Das waren die Gartenfreunde. Die haben praktisch Zäune, Gartenmöbel, Gartenhäuser, alles was du irgendwie für einen Garten haben kannst, wirklich nur im Online-Vertrieb. Es gab kein stationäres Geschäft. Da habe ich als Head auf E-Commerce angefangen. Es war ein kleines, feines Team. Und ich habe sehr viel gelernt und sehr viele Fehler gemacht und aus denen dann wieder weiter gelernt.
Lustigerweise, zu der Zeit hatte ich dann Kontakt mit einem wundervollen Menschen, Markus Kehrer, Grüße gehen raus, der hat mir damals eine Software verkauft. Diese Software hieß FactFinder. Das war eine Onlinesuche oder On-Site-Suche. Und ich fand das total faszinierend, was da alles geht. Die Conversion Rates sind durch die Decke und das hat alles toll funktioniert.
Irgendwann habe ich dann tatsächlich auch wieder ein bisschen mehr dieses Familienthema mit aufgegriffen. Ich habe eine kleine Immobilienfirma gegründet, die es jetzt seit 10 Jahren gibt. Ich habe ein paar Projekte gemacht, habe mich sehr stark auf das Vertriebliche, Digitale fokussiert. Und wie der Zufall so wollte, nach ein paar Jahren wollte ich einfach unbedingt wieder E-Commerce im Fokus machen und nicht nur so am Rande.
Und lustigerweise hat FactFinder da Leute gesucht. Und Markus Kehrer ging mit mir in Kontakt und hat gesagt: „Hast du nicht Bock, bei mir zu arbeiten?“ Der war dort damals Vertriebsleiter. Dann sagte ich: „Ja, das machen wir, aber ich will keinen Vertrieb machen, sondern ich will beraten.“ Und so kam einst zum anderen.
Man hat klassische Netzwerke aufgebaut. Ich habe viele Jahre bei FactFinder gearbeitet. Ich habe dort als Coach angefangen, also wirklich Schulungen auf das Tool. Und habe dann gemerkt, eigentlich lassen wir als Unternehmen sehr viel Geld liegen. Denn wenn ich 8 Stunden vor Ort bei einem Kunden bin, und das waren wirklich Key-Accounts, FactFinder hatte eine unglaubliche Marktdurchdringung, wenn ich 8 Stunden vor Ort bin und ich mache mit euch Strategien und Konzepte, wie Kunden eigentlich eine geilere Experience haben, warum kann ich daraus kein Upsell generieren? Und mit dem Gedanken bin ich damals zu meinem Vorgesetzten, der hat gesagt: „Geil, machen wir.“ Und so hat sich eigentlich eine Consultingabteilung in FactFinder ausgegründet, wo ich dann praktisch Direktor war. Wir haben die Abteilung weiterentwickelt, von wir verkaufen irgendwie nur Schulungen hinzu wir verkaufen gigantische Consultingpakete, Playbooks, wirklich Strategie-Workshops.
In der Zeit habe ich dann einen anderen wundervollen Menschen kennengelernt, nämlich Patrick Scherr, auch hier Grüße raus. Heute ein sehr enger Freund von mir. Und als ich gemerkt habe, bei FactFinder komme ich nicht mehr weiter, ich habe einfach so ein Karriere-Level erreicht „same customers, same shit everyday“. Gar nicht böse gemeint, sondern ich wollte einfach nochmal ein Level weitergehen.
Wie der Zufall so will, an dem Tag kommt Patrick zu mir und sagt: „Artur, weißt du was? Ich habe da so ein Projekt. Dieses Projekt nennt sich Y1 Digital AG. Da fusionieren jetzt ein paar Agenturen zusammen mit geilem Magento-Fokus und ich brauche da unbedingt jemanden, der Consulting macht. Hast du nicht Bock mit einzusteigen?“ Und so war ich tatsächlich Mitarbeiter Nummer 1 der Y1 Digital AG. Ich war da mehrere Jahre. Habe eine super Zeit gehabt, supergeile Kunden betreut und darunter ein Unternehmen, das BRAUN BÜFFEL heißt. Und so kam das eine zum anderen.
Mario Rose: Ich wollte gerade sagen, dann ist der nächste Schritt naheliegend, was dich wohl zu BRAUN BÜFFEL geführt haben könnte, da war eine Kundendienstleisterbeziehung.
Wie groß ist die Y1 heute? Also, wenn du sagst, du bist als erster Mitarbeiter dort eingestiegen, was habt ihr zusammen für ein Wachstum erzielt?
Artur Wagner: Ich glaube, es sind knapp 200 Leute, plus/minus. Klar, dadurch das Agenturen fusioniert waren, gab es einfach schon Mitarbeiter, also offiziell den ersten Y1-Vertrag oder Neueinstellung gab es nicht.
Mario Rose: Okay. Dann lass uns doch mal über deinen Start bei BRAUN BÜFFEL sprechen. Du bist als CDO zum Unternehmen gekommen vor ca. 14, 15 Monaten. Ist Chief Digital Officer eine Position, die mit dir sozusagen erstmalig besetzt worden ist oder bist du in der Position auf jemanden gefolgt und das Unternehmen hat sich schon wesentlich länger einer Digitalstrategie untergeordnet? Ordne das gern einmal ein für uns.
Artur Wagner: Tatsächlich gab es diese Position vorher nicht. Allgemein gab es lange Zeit kein Digitalteam, das muss man vielleicht auch dazu sagen. Also daher kam auch der Connect. Ich habe während der Y1 Zeit BRAUN BÜFFEL strategisch betreut und dann kam eins zum anderen. Wir haben einen Webshop für sie gebaut. Gott sei Dank sind wir gerade live gegangen mit dem Magento-Webshop, eine Woche nach dem ersten Corona-Lockdown. Das hat mehr oder weniger, muss man einfach offen sagen, BRAUN BÜFFEL gerettet, weil der Fachhandel war zu.
Mario Rose: Gutes Timing. Absolut gutes Timing.
Artur Wagner: Ja. War ein sehr gutes Timing. Und wir haben ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Christiane Brunk, die Inhaberin in vierter Generation, und ich haben ein großes Vertrauensverhältnis gehabt. Wir sind einen Schritt nach dem anderen gegangen. Sie hat mich häufig auch strategisch in Workshops gefragt. Was für Personal brauche ich? Was für Skills brauche ich? Was, wenn ich mehr B2C, mehr Shop haben will?
Ich habe ihr eigentlich geholfen ein Team aufzubauen, weil es dieses Team nicht gab. Es gab damals einen Werkstudenten, der hat E-Commerce gemacht. Und es gab eine Dame, die hat Marketing gemacht und sie musste halt Online-Marketing mitmachen und nebenbei auch noch Mediengestalter sein. Das war hart. Also es war wirklich ganz klein, aber man hat auch wirklich ganz klein angefangen.
Ich glaube, der erste Kontakt den ich mit BRAUN BÜFFEL hatte, da haben wir darüber geredet, dass niedrige vierstellige Beträge im Monat digital verkauft worden. Man hat sich gefreut, wenn man 2.000 € Umsatz über den Webshop gemacht hat. Und das ist natürlich entsprechend skaliert. Und irgendwann kam es zu dem Punkt, dass wir ein kleineres Team aufgebaut hatten und ich externer Head of E-Commerce war, als Interimslösung.
Ich war 2 Tage die Woche bei BRAUN BÜFFEL vor Ort, habe beraten, habe alles mit vorgepusht, ob das Technologie war, Infrastruktur war oder Mitarbeiter. Und dann hat man sich irgendwann sehr gut gekannt, sehr gut verstanden und dann hat Christiane Brunk damals einen sehr schlauen Move gemacht, denn ich wollte eigentlich nicht umziehen. Mir war klar, was sie braucht, ich habe ihr sogar geholfen ein Head of E-Commerce zu suchen. Also, wie waren in Vorstellungsgesprächen mit potenziellen Head of E-Commerce Leuten, die ich dann ausgefragt habe, um ihr Know-How einfach zu testen, weil Christiane Brunk das nicht konnte.
Mario Rose: Valide, absolut.
Artur Wagner: Und da war halt kein Kandidat dabei, der gematcht hat. Entweder menschlich nicht oder fachlich nicht. Und dann kam die BRAUN BÜFFEL Weihnachtsfeier 2022. Wir wurden eingeladen, mit wir meine ich meine Frau und ich, und wir saßen am Tisch mit Christiane und ihrem Mann. Das war für mein Verständnis in der E-Commerce Welt – jeder kennt das, wenn du 3 Jahre in einem Unternehmen im E-Commerce bist, ist das viel. Man wird gewechselt, man bewegt sich, man macht Karriere. Und wir sind auf dieser Weihnachtsfeier und das beginnt damit, dass Christiane Brunk Urkunden für Jubiläen verteilt. 25 Jahre, 30, 35, 40, 45 Jahre Zugehörigkeit. Die meisten in der Produktion haben dort ihre Ausbildung begonnen und gehen dort in Rente. Das war für mich eine ganz andere Welt. Und das war vor allem so wertschätzend, weil sie jeden in den Arm genommen hat, gratuliert hat, sich bedankt hat. Das war so werteorientiert. Und im schnelllebigen E-Commerce Geschäft kennst du das nicht. Muss man einfach ganz ehrlich sagen. Ich kann an einer Hand abzählen, wie viele Leute in der Industrie wirklich wertschätzen zu ihren Mitarbeitern sind.
Und wir laufen von dieser Weihnachtsfeier ins Hotel und meine Frau sagt zu mir: „Du musst dahin. Du musst das tun.“ Und dann war Weihnachten, wir hatten ein paar Tage frei. Ich habe mir das durch den Kopf gehen lassen. Ich habe mehr oder weniger Christiane angerufen und gesagt: „Pass auf, wenn du da immer noch suchst, lass uns vielleicht mal reden. Aber das muss dann anders aufgebaut sein. Dann ist das kein Head of E-Commerce, sondern wir müssen das wirklich an verschiedenen Fronten tackeln.“ Und so haben wir eigentlich gemeinsam erarbeitet, dass sie ein CDO braucht, weil ich nicht nur das Digitalgeschäft bei BRAUN BÜFFEL verantworten will, sondern bei mir liegt irgendwo noch ein bisschen Sales, Key Account Management, Service, Logistik – also ich habe so 4, 5 Teams für die ich die Verantwortung trage. Und so kam das und das mache ich jetzt seit letztem Jahr im Sommer.
Mario Rose: Stark. Und das hatte dich dann auch dazu bewogen, Kontext für alle Zuhörerinnen und Zuhörer, nach Kirn zu ziehen, also ins tiefste Rheinland-Pfalz. Wobei das gar nicht negativ sein muss. Es kann dort auch wunderschön sein. Ich glaube, ihr seid noch eine ganze Ecke von Frankfurt weg verortet. Und du bist ja tatsächlich dann auch dort hingezogen, um vor Ort als CDO natürlich Präsenz zeigen zu können und die Themen voranbringen zu können.
Wenn du mal Rückschau hältst, ist dieser Schritt von dir ins Unternehmen, auch die klare Verantwortungszuordnung, eben keinen Head of E-Commerce einzustellen, sondern ein CDO, dann auch noch mit anderen Bereichen, die du letztendlich verantwortest, ist das so ein bisschen der Startschuss zur echten digitalen Transformation bei BRAUN BÜFFEL? Oder hat das eigentlich schon viel früher angefangen? Mit beispielsweise dem Zeitpunkt, den ihr glücklich getroffen habt, mit dem entsprechenden Magento-Relaunches des E-Commerce-Shops und des Onlinegangs, dann kurz vor Covid. Also wie würdest du es für dich einordnen, auch von der Wichtigkeit her, den Weg, digitale Transformation tatsächlich aus Familienunternehmerperspektive gehen zu wollen?
Artur Wagner: Ich glaube, die PS kriegen wir seit eineinhalb, zwei Jahren gut auf die Straße. Der Gedanke, dass man sich transformieren muss, hat aber vorher schon angefangen. Meine Chefin sagt immer so spaßig, sie hatte irgendwann eine unternehmerische Midlife-Crisis. Weil, wenn du nur den Fachhandel belieferst, 130 Jahre lang, dann diktiert der Fachhandel eigentlich dein Unternehmen. Das muss man mal so ausdrücken. Sie sagen dir, was für Produkte sie brauchen. Sie erzählen dir, welche Kunden es kaufen. Sie setzen eigentlich ein Korsett an.
Mario Rose: Wenn ich mal kurz dazwischenfragen darf, Thema Fachhandel. Aus heutiger Perspektive, wie viele Verkaufsstellen von BRAUN BÜFFEL gibt es ungefähr in Deutschland? Was kannst du da so für eine Zahl nennen?
Artur Wagner: Ich würde sagen ungefähr 500 POS.
Mario Rose: Okay, um bisschen Kontext zu geben.
Artur Wagner: Ich meine das auch gar nicht negativ, sondern das war das Geschäftsmodell, man hat einen Fachhandel beliefert. Irgendwann hat man aber verstanden, wenn man die Produkte nicht für den Fachhandel macht, sondern für den Endkonsument, profitieren ja eigentlich beide. Man kann selbst sein Produktsortiment erweitern und der Fachhandel profitiert auch von einer Brand-Anziehungskraft, möchte ich es mal nennen.
Und diese Gedanken haben wahrscheinlich schon vor ein paar Jahren angefangen, innerhalb des Unternehmens, aber wirklich die PS auf die Straße zu bekommen und zu sagen, ja wir gehen diesen Weg jetzt ganz bewusst. Wir unterwerfen uns einer Transformation, die tut weh, die wird Zeit in Anspruch nehmen, sie wird finanzielle Ressourcen in Anspruch nehmen, aber wir gehen diesen Weg und wir müssen ihn gehen, wenn wir überleben wollen. Und genau das ist im Endeffekt passiert. Und das war auch einer der Hauptgründe, warum ich überhaupt diesen Wechsel in Betracht gezogen habe und es auch durchgezogen habe, weil dieses klare Commitment das erste war, worüber wir geredet haben. Ein ganz klares Commitment zu sagen, wir gehen diesen Weg, auch gegen Widerstände. Und das tun wir. Und die Widerstände sind da. Ganz klar, das gehört dazu. Das ist Teil des Spiels.
Mario Rose: Okay. Jetzt bist du seit gut einem Jahr dabei und wenn ich richtig gesehen habe, Artur, wir haben gerade über den Relaunch gesprochen, kurz vor Covid, kommt ihr gerade wieder aus einer ganz spannenden Phase, wenn wir mal deinen Kernfachbereich ein bisschen stärker umkreisen und in den Fokus stellen. Und zwar habt ihr just ein neues E-Commerce-System implementiert und seid kürzlich auch mit einem letztendlich neuen Shop an den Start gegangen.
Erzählt uns doch gerne mal – weil das ist ja etwas, was auch viele Leute, die diesen Podcast hören werden sehr gut aus ihrem Tagesgeschäft kennen. Wo fange ich an? Wie komme ich zum Ziel? Wie nehme ich die Leute mit? Was für Herausforderungen habe ich? Was lerne ich vielleicht auch daraus? Also allein über diesen Prozess kann man ja, wenn man da in die Tiefe einsteigt, viele Stunden sprechen, aber wir versuchen es zu komprimieren.
Ihr seid jetzt mit einem neuen System am Start. Nimm uns doch mal so ein bisschen mit, wie ist der Projektverlauf gewesen, für dich auch persönlich in der Verantwortung stehend, das ganze Thema an den Start zu bringen? Wenn du über den Projektverlauf sprichst, interessieren uns natürlich auch die Dinge, die nicht auf Anhieb funktioniert haben, wo man erst mal schauen musste, na, wie finde ich denn jetzt hier einen Weg und wie kriege ich das Ganze denn gelöst, auch gegen Widerstände, die du gerade angesprochen hast. Also vorneweg, erzähl doch mal, wie ist euer Projekt gelaufen? Online ist es schon mal, das ist ja schon mal gut. Das unterscheidet dieses Projekt von vielen anderen, die ich kennengelernt habe.
Artur Wagner: Wir haben es geschafft, live zu gehen, das stimmt. Und ganz ehrlich, mir wäre irgendein Projekt neu, das entweder in Budget oder in Time ist. Also wir wollten auch schon viel früher live gehen. Wir hatten Verzögerungen das gehört dazu.
Der Prozess war relativ simpel, den Shop sieht man jetzt. In Wahrheit drehen wir eigentlich gerade die IT-Infrastruktur. Das heißt, im Hintergrund passiert auch viel. Ich könnte jetzt ausschweifen, aber wir fassen sehr, sehr viel an, eigentlich alles. Und eine der elementaren Fragen, die wir uns stellen mussten ist, sind wir in der Lage uns selbst zu skalieren und schnell und effizient zu arbeiten mit diesen Systemen? Und die Antwort darauf war nein. Denn es war vorher keine Anforderung. Vorher hatte man ja auch kein Team, man hatte eine Agentur. Und da war Magento eine Superwahl. Fakt ist aber, ich habe keine Devs. Wenn ich etwas ändern will in einem Magento-System, und das ist von mir aus sogar nur eine Kleinigkeit, wie irgendeine neue Funktionalität, dann muss ich meine Agentur fragen. Es sind Tagessätze. Es braucht Zeit. Es muss gemanagt werden.
Wenn ich ein Team aufbaue, möchte ich aus meiner Perspektive, das ist so meine Herangehensweise, vor allem Geschwindigkeit. Ich bin keiner der die 100 % Prozent von seinem Team fordert, aber ich bin dankbar für die 80 %, wenn sie heute noch passieren, weil die restlichen 20 % werden wir nachziehen, aber ich muss laufen. Klassisches MVP-Konzept, nur über alles drüber gestülpt. Da war die Antwort, nein, wir können nichts daran tun. Okay, was brauchen wir? Und daraus haben wir eigentlich eine IT-Landkarte erstellt, die einen Zeithorizont von 5 Jahren hat. Also, wir sind jetzt schon im nächsten Projekt, was jetzt noch mal 2 Jahre gehen wird und es hat mit dem Shop nichts zu tun, wird es aber befeuern, Stichwort EAP.
Und dann stand man halt da und hat gesagt, okay, was ist auf dem Markt? Womit können wir gut arbeiten? Und wir hatten das große Glück, dass unsere Schweizer Tochter, wir haben in der Schweiz praktisch eine eigene Gesellschaft, und die hatten ein noch kleineres Team, und da haben wir uns für Shopify entschieden und haben gemerkt, cool, wir können da richtig schnell Sachen umsetzen. Warum tun wir das nicht auch in Deutschland? Und so sind wir eigentlich auf Shopify Plus gekommen. Haben den Relaunch gemacht. Lief gut durch. Wir haben es konzipiert. Wir haben gesagt, okay, lass uns mal Daten auswerten. Lass uns Customer Journeys auswerten. Wo springen uns die Leute ab? Welche Funktionalitäten sind wichtig, was funktioniert bei unseren Kunden, was funktioniert nicht und was wollen wir ihnen eigentlich geben, um A. uns als Brand besser zu zeigen, aber vor allem B. unser Produkt besser zu erklären?
Klar kannst du eine Haptik nicht an deinem Bildschirm fühlen, du kannst sie aber nahbarer machen durch guten Content. Gute Bilder. Und das meine ich auch, wo wir viel investiert haben. Wir haben ein Fotostudio gebaut dieses Jahr, als simples Beispiel. Und so kam eigentlich den Relaunch zustande. Wir waren gut 7 Monate im Projekt.
Mario Rose: Okay, das ist eher rasch würde ich sagen.
Artur Wagner: Ich hätte es gerne in 4 geschafft, aber es war einfach unrealistisch. Es war zu ambitioniert, da wir einfach auch sehr viel im Hintergrund anfassen mussten. Das System als solches war viel schneller fertig, aber Produktdaten waren einfach nicht gut genug. Bilder waren nicht gut genug. Texte waren nicht gut genug. Irgendwelche Zwischenschnittstellen haben nicht so funktioniert, wie wir wollten, und das sind so die klassischen Kinderkrankheiten, die gehören dazu und die muss man auch durchdenken.
Und du hast ganz schön gesagt, wie nimmt man die Leute auch menschlich mit? Das ist für mich eigentlich die größte Herausforderung, wenn wir bei dieser Transformation im Ganzen sprechen. Es ist keine technologische, es ist vor allem eine psychologische Transformation, draußen im Markt, wie auch intern, wie auch bei Kunden, diesen Prozess zu gehen.
Mario Rose: Wenn wir nochmal auf das Projekt schauen, du hast von über 7 Monaten gesprochen, und das ist sicherlich auch ein Investitionsgrößenordnung, die ganz interessant ist. Kannst du uns eine Range geben, wenn du das Projekt kostenseitig beurteilst, von Magento zu Shopify inklusive, aber auch der additiven Dinge, die ihr intern angestoßen habt, die ja letztendlich einem direkten Zusammenhang mit eurem E-Commerce Einkaufserlebnis haben? Stichwort Fotostudio und Co.
Was ist das für ein Investitionsvolumen, was ihr da beweget, um den Shop entsprechen so darzustellen, wie ihr jetzt seid? Er ist seit ein paar Wochen am Start, oder?
Artur Wagner: Ja, richtig.
Das gebe ich gerne mit. Bei uns würde ich sagen, all in, also wirklich mit internen Mitarbeiterzeiten, mit Zeug drumherum, bis zu einem „Go Live“ wird das knapp eine Viertel Millionen gewesen sein. Wobei aber auf das Shop-Projekt als solches eher 120-150.000 € entfallen dürften. Der Rest ist additiv drumherum. Wichtig ist da aber zu erwähnen, das ist keine Benchmark, sondern es ist hoch individuell. Ich habe auf Agenturseite Shops gesehen für 30.000 € und Shops die haben eine Million gekostet. Es kommt einfach drauf an welche Infrastruktur du hast und wir mussten halt relativ viel in die Prozesse hinten stecken, weil der Shop hilft mir alles nichts, wenn die Bestellung nicht richtig im Lager ankommt und die Logistik nicht richtig arbeiten kann. Und das waren für uns viele additive Kosten, viele Prozesse, die wir auch neugestalten mussten und wo wir einfach nachpflegen und nacharbeiten mussten.
Mario Rose: Jetzt ist so ein Relaunch-Zeitpunkt natürlich auch immer ein Wendepunkt, den man sich ganz genau anschaut. Im Hinblick auf Sichtbarkeitskriterien beispielsweise, aber auch sowas wie Conversion Rate, Time on Site, also Dinge die man so im Blick hat.
Artur, wie habt ihr euch darauf vorbereitet? Wie schaut ihr auf den neuen Shop? Was sind Dinge, die ihr euch besonders anschaut und was kannst du uns vielleicht auch schon mit auf dem Weg geben, nach wenigen Wochen, die ihr jetzt live seid, was sich für gegebenenfalls schon positive Effekte eingestellt haben oder wo ihr sagt, da hatten wir eigentlich eine höhere Erwartungshaltung, da müssen wir nochmal ran und hinterher?
Artur Wagner: Sichtbarkeit haben wir Im ersten Schritt ein bisschen verloren, die holen wir aber gerade wieder auf, ganz klassische SEO-Geschichten, gehört halt dazu.
Mario Rose: Dafür habt ihr im gesamten letzten Jahr ordentlich dazu gewonnen, das kann aber natürlich auch an dir liegen. Da sieht man eine gewisse Korrelation mit deiner eigenen Sichtbarkeit.
Artur Wagner: Nein, nein. Am Ende des Tages arbeiten da so viele wundervolle Leute, sowohl intern wie auch Dienstleisterseitlich, also es wäre falsch mich mit diesen Federn zu schmücken. Ich habe da vielleicht einen Fokus drauf, aber ich bin kein SEO-Manager.
Grundsätzlich können wir aber sagen, die KPIs haben sich für uns sehr gut entwickelt. Ich bin da eher konservativ im Schätzen gewesen und so haben wir es auch gegengerechnet, also wann kommen wir irgendwann an einen ROI. Und die sind deutlich besser gestiegen als wir dachten. Den größten Impact hatte bei uns eigentlich die Geschwindigkeit, die tatsächliche Website-Performance, Ladungspünktlichkeit, Mobil und so weiter, weil da waren wir schlecht. Punkt. Da war der alte Magento-Shop bei uns schlecht, weil er überladen und zu sehr massakriert wurde und zu viel dran geflanscht wurde, was einfach Ladegeschwindigkeit gekostet hat. Da sind wir jetzt radikal runter und das merkst du natürlich sehr stark im Conversion. Das merkst du sehr schnell im Thema Absprungquote. Und das sind eigentlich so die Haupt-KPIs, die ich täglich checke.
Also, das ist so meine Routine. Jeden Morgen gucke ich mir an, was ist gestern passiert. Wie war eine Absprungquote, wie war unsere Conversion Rate, wie war der durchschnittliche Warenkorb, wie viele Exits hatte ich und warum? Und wenn ich dann in mein Nerd-Tum verfalle, ich lieb’s ja wirklich deep zu diven, wenn ich dafür die Zeit habe, das ist dann meistens abends oder am Wochenende, dann ziehe ich mir halt auch wirklich 300 Videos auf Microsoft Clarity rein. Was haben die Kunden gemacht? Einfach um zu verstehen, wo kann ich Thesen rausholen, um zu sagen, hier verliere ich Geld und hier ist die Experience nicht gut.
Wir konnten unsere Conversion fast verdoppeln, muss man dazu sagen. Das war ziemlich gut. Also wir sind jetzt im, ich will jetzt nicht die finale Zahl sagen, aber wir haben die Conversion fast verdoppelt. Der durchschnittliche Warenkorb ist gut um 25 % gestiegen, was aber damit einhergeht, dass wir auch andere Produkte gerade verkaufen. Wir kommen ja klassisch aus den Kleinlederwaren, Börsen, Gürtel und so weiter haben, haben aber auch viele Taschen. Die waren aber nie gut präsentiert. Da bin ich wieder beim Thema Content. Da haben wir halt sehr viel Zeit reingesteckt und das merken wir jetzt auch, dass der Anteil an größeren Lederwaren bei uns massiv nach oben gegangen ist, wovon wir natürlich profitieren, wovon ein durchschnittlicher Warenkorb natürlich auch profitiert.
Mario Rose: Das ist natürlich beeindruckend, wenn du sagst, die Conversion Rate habt ihr verdoppelt. Jetzt wissen wir nicht, von welcher Basis ihr kommt. Das ist ein bisschen der entscheidende Punkt, aber dennoch ist es für euch natürlich ein deutlicher Schritt nach vorne.
Du hast gerade so ein Sortiment angesprochen. Ich habe ja bisher immer vom Lederwarenhersteller geredet, wobei sich, glaube ich, jeder von euch ein bisschen was darunter vorstellen kann. Also, es geht viel um Rucksäcke, um Taschen, um Portemonnaies, um Gürtel. Du sagtest gerade schon, dass eher die hochpreisigen Taschen jetzt auch letztendlich im Einkaufsvolumen anteilig zulegen, was klar mit der Präsentation zusammenhängt. Das ist sehr gut nachvollziehbar.
Wenn du ein bisschen auf euer Sortiment schaust, im Hinblick auf die Top-Selling-Products, unterscheidet ihr euch da im Hinblick auf den E-Commerce und was sich bei euch eben tatsächlich am besten verkauft vom stationären Handel? Oder gibt es da klare Synergien und du kannst sagen, na ja, das Portemonnaie von BRAUN BÜFFEL im hellbraunen Leder im Querformat für Herren ist der Top-Seller und das ist so und das bleibt auch die nächsten Jahre so?
Artur Wagner: Wir merken, dass es sich langsam unterscheidet. Und dass es für uns tatsächlich eine super Argumentation ist gegenüber einem Fachhandel, sich da vielleicht doch ein bisschen zu erweitern in unserem Produktportfolio. Viele, und das verstehe ich auch, viele Fachhändler sagen natürlich irgendwo, ich weiß was sich gut verkauft und ich gehe wenig Risiko ein, sowohl von der Kapitalbindung als auch vom Lagerthema.
Ich würde sagen, nur ein Viertel unserer Fachhändler beziehen überhaupt wirklich viele größere Produkte. Der eine testet mal einen Rucksack oder testet mal eine Business-Tasche, aber zu sagen, okay, ich habe hier 5 verschiedene Kollektionen, wir haben 8 verschiedene Produkte im Taschenbereich und dann gibt es die auch noch in verschiedenen Farben, das machen wenige. Wir können jetzt aber durch diese Daten, die wir durch den Shop generieren, eigentlich auch super Empfehlungen geben. Das war für mich super spannend.
Wir haben jetzt Anfang September wieder ILM, das ist die größte Lederwarenmesse, auf die man gehen muss. Und als ich letztes Jahr auf der ILM war, ganz frisch, war das wirklich spannend, weil die ersten Händler zu uns kamen, die mit dem Digitalgeschäft nichts am Hut haben, die haben 4, 5 Filialen, die haben nicht mal eine Webseite, das ist mein voller Ernst. Und die kommen dann zu dir und reden mit dir und sagen: „Ja, was verkauft sich denn durch den Shop? Was soll ich denn einkaufen für folgende Saison?“ Und das ist ein elementarer Change, der jetzt gerade für uns stattfindet, als Brand und als Hersteller.
Das heißt, Stand heute, unterscheiden sich die Top-Seller noch massiv. Und ich glaube, das hat auch etwas mit dem Endkunden zu tun. Ich sage immer Spaßes halber, wenn ich irgendwo als Speaker eingeladen bin: „Okay, wer von euch kennt BRAUN BÜFFEL? Und bitte sagt mir nicht, mein Vater hat eine Börse von euch.“ Weil das ist so der Standardsatz, den ich immer höre, „Ja, mein Vater hat eine klassische braune Börse“, hast du selbst gesagt. Ja, dafür sind wir bekannt, da kommen wir her. Aber wir müssen auch da ganz offen reden. Eine Geldbörse hat vielleicht irgendwann auch ein Ende. Stichwort Digitales Bezahlen, Baargeldverbot vielleicht irgendwann, who knows. Wir zahlen immer mehr mit Karte, wir zahlen immer mehr mit NFC. Die klassische Börse mit Münzfach gibt es vielleicht in 30 Jahren nicht mehr.
Und das ist ja auch eine Herausforderung, wo wir uns als Brand irgendwo hinstellen müssen und sagen müssen, okay, wie nutzen wir die Zeit, die wir noch haben, wo wir wissen, der Cashkauf funktioniert, okay, cool, aber wie erweitern wir das Sortiment? Und wir sind ja inzwischen sehr breit gefächert, wo viele gar nicht wissen, dass wir solche Produkte haben. Wir machen Home and Living Kollektionen. Du kannst bei uns Untersetzer und sonstige Waren für einen wunderschönen Esstisch kaufen. Weiß kein Mensch. Hoffentlich finden sie es jetzt heraus über einen besseren Shop, der einfacher darauf hinweist. Aber ja, das sind im Endeffekt Wege, die wir wieder gehen müssen.
Mario Rose: Das heißt, ihr habt in eurem Shop letztendlich die Aufgabe, nicht nur conversionstark zu sein, sondern auch zu inspirieren und das Produktsortiment von BRAUN BÜFFEL gegenüber den verschiedenen Zielgruppen, die ihr habt, bestmöglich darzustellen.
Was ich ganz spannend finde ist, als du von der Messe berichtet hast und den Kollegen aus dem Fachhandel, die sich ja richtigerweise von euch darüber informieren lassen, was sie sich eigentlich für Produkte in ihren Laden holen sollten. Jetzt ist euer D2C-Ansatz, insbesondere der über den eigenen E-Commerce Shop, aber ihr seid ja auch auf Marktplätzen aktiv, darüber können wir gleich noch mal ganz kurz drauf eingehen – jetzt ist euer D2C-Ansatz, den man aus der Fashion-Industrie schon über Jahre von anderen Marken kennt, mal mehr, mal weniger erfolgreich, doch so in der Lederwarenindustrie ein etwas neuere Ansatz, muss man sagen. Und ihr seid bei BRAUN BÜFFEL auch strategisch, im Hinblick auf die Kombination von Verkaufsstellen, Fachhandel und entsprechend dem Direktvertrieb, also den D2C-Aktivitäten, etwas anders unterwegs als der Rest der Branche. Magst du uns so einen kleinen Einblick geben, wie du im Moment die Branche siehst in der Lederindustrie und was euch da wirklich unterscheidet von anderen Marken, die bekannt sind?
Artur Wagner: Ich glaube, das ist tatsächlich eine strategische Frage. Du sagst es ganz richtig, wie ist der Ansatz und was ist die Strategie dahinter? Und eine Sache möchte ich ganz klar auch aussprechen. Wir entscheiden uns ja nicht dafür, kein Fachhandel mehr zu machen. Im Gegenteil, der Fachhandel ist immer noch unser größter Umsatztreiber und das wird er wahrscheinlich auch für sehr lange Zeit bleiben. Was wir mit dem D2C-Ansatz versuchen zu tun, ist eigentlich eine Win-Win-Situation zu erschaffen, im besten Fall eine Win-Win-Win-Situation. Damit meine ich Fachhandel, Brand und Endkonsument. Denn, und das ist ja häufig so eine gewisse Sorge von einem Fachhandel, nimmst du mir Umsatz weg? Also auch das sind Gespräche, die ich auf einer Lederwarenmesse führe.
Die einen wollen wissen, was sollen sie kaufen? Die anderen wollen einfach nur schimpfen, warum wir einen Webshop haben. Und dieses Verständnis aufzubauen, zu sagen: „Guck mal, lieber Fachhändler, du profitierst doch davon, wenn eine Brand bekannt wird. Du profitierst doch vielleicht durch geilen Service, den wir liefern.“ Wir werden jetzt in ein paar Wochen, gucken wir mal wann, da werden wir sogar extra einen riesen Bereich auf unserer Webseite dem widmen – „Finde deinen perfekten Fachhändler“. Wo ist der nächste? Geh dahin, der hat das Sortiment. Also, einen Mehrwert für den Kunden schaffen, um diesen Umsatz vielleicht von unserem Shop sogar wegzunehmen hin zu einem Fachhändler. Mir geht es nicht um entweder oder, sondern unsere Strategie muss sein: Wir wollen für den Kunden ein geiles Produkt und wir wollen, dass der Kunde uns als Brand wahrnimmt für das, wofür wir stehen. Und ich glaube, wir haben viele USPs, die wir jetzt noch gar nicht an den Endkonsumenten transportiert bekommen.
Du hast vorhin ganz schön gesagt, „einer der Letzten, die in Deutschland herstellen“. Ja, tun wir tatsächlich, während ganz viele andere unserer Marktbegleiter, die zum Teil größer sind als wir, ihre Produktion eingestellt haben. Wir haben letztes Jahr zwei Azubis von einem unserer größten Konkurrenten übernommen, weil der gesagt hat, „Produktionsstandort Deutschland tot“. Der hatte zwei Azubis, die sind jetzt bei uns und lernen bei uns weiter. Uns ist das wichtig. Wir haben sogar vor zwei Jahren einen neuen Standort aufgebaut in Offenbach, wo wir Taschen produzieren.
Mario Rose: Das könnte einzigartig sein in Deutschland, könnte ich mir fast vorstellen, ohne es zu wissen, aber ich kann es mir vorstellen.
Artur Wagner: Ich glaube aber auch tatsächlich, dass das etwas ist, wenn du diese Geschichte vermittelt bekommst, dann ist das auch etwas, was die Leute schätzen. Ich sehe das immer wieder, wenn bei uns Dienstleister im Haus sind oder irgendwelche, keine Ahnung, Partnerschaften, Kooperation. Die laufen bei uns durch die Produktion. Die kriegen eine kleine Führung und eigentlich sagen alle immer wieder das gleiche. Boah, ist das viel Arbeit. Dass eine Börse oder eine Tasche in so viele Einzelstritten durch pures Handwerk, und zwar simples Handwerk, wie Nähen oder Umklappen von Rändern und so, dass da so viel Liebe und Arbeit drinsteckt, das macht das Produkt wertiger.
Und genau das versuchen wir zu vermitteln. Du kriegst bei uns nicht die 19 Euro Geldbörse, die jetzt zerfleddert, sondern du kriegst bei uns einen Lebensbegleiter. Deswegen haben wir, hast du bestimmt auch gesehen, einen lebenslangen Reparaturservice. Du kannst bei uns ein Produkt nach 50, 60 Jahren einsenden. Wir reparieren dir das, weil wir ein Qualitätsversprechen dazu geben. Und das muss eigentlich die Strategie sein, auch in dieser D2C-Transformation, genau das an den Endkonsumenten zu transportieren. Weil, wenn ich das schaffe, wenn ich diese Message rüberbringen kann, dass er bei uns Qualität bekommt und Handwerk, dann profitiert der Fachhandel genauso wie der Webshop. Und dann haben wir alles richtig gemacht.
Mario Rose: Du hast gesagt, das ist jetzt aber auch nicht groß überraschend, denke ich, dass noch der Fachhandel für euch in Deutschland, aber auch darüber hinaus, der stärkere Absatzkanal ist. Das bestimmt auch noch das ein oder andere Jahr so bleiben dürfte. Wenn wir mal auf den Anteil am Umsatz von euren digitalen Aktivitäten schauen, und da nehme gerne auch eure Marktplatzaktivitäten mit rein, welchen Anteil am Gesamtumsatz habt ihr mittlerweile, wenn wir auf Deutschland schauen, über digitale Kanäle erreicht oder könnt ihr erreichen? In welcher Range seid ihr unterwegs? Seid ihr schon bei mehr als 30 % angekommen?
Artur Wagner: Ja, knapp drüber. Wir sind jetzt gut bei einem Drittel. Wir werden dieses Jahr ein Drittel erreichen. Das ist so meine Prognose. Und das ist tatsächlich schon relativ viel, dafür wo wir herkommen und wie schnell das passiert ist. Und ja, es gibt natürlich eine Wahrscheinlichkeit, dass der D2C-Anteil massiv steigen wird, vor allem wegen dem Thema Europäische Märkte, weil da sind wir halt gar nicht. Wir verkaufen aktuell nur in DACH, mehr oder weniger. Wir sind ein bisschen in Dänemark und es gibt den einen oder anderen Händler, der vielleicht über den Marktplatz irgendwo noch in Italien verkauft, aber faktisch ist unser Kernmarkt DACH. Wir planen eine Expansion. Wir wollen die durchziehen. Wir haben damit auch schon dieses Jahr begonnen, tatsächlich Richtung Nordics, aber wir werden das noch viel größer machen. Und dann gibt es natürlich eine statistische Wahrscheinlichkeit, dass dieser Anteil nochmal wächst und vielleicht über die 50 % geht.
Aber ganz ehrlich, selbst wenn ich bei 80 % D2C wäre, würde ich den Fachhandel nicht ignorieren, weil er wichtig ist. Er ist die allererste Instanz offline, wie meine Brand dargestellt wird und was der Endkunde von uns denkt. Und das muss man pushen. Da muss man unterstützen und das versuchen wir auch.
Mario Rose: Das heißt, du hast in deinem 5-Jahresplan, von dem du gesprochen hast, wahrscheinlich dann irgendwo auch den Spot markiert, wo ihr plant über 50 % D2C-Anteil zu sein, was ein schöner Meilenstein ist. Ich habe verstanden, dass das nicht Mittel zum Zweck ist, sondern das ganzheitliche Markenerlebnis auch über Fachhandel, stationär und Co. entsprechend entscheidend ist.
Klar, seid ihr auf Amazon aktiv mit einem Brandstore. Klar, kann man euch auch auf Otto kaufen, Zalando und Co. Wenn wir da einen ganz kurzen Blick drauf werfen, weil ich das immer ganz spannend finde, wie ist eure Strategie im Hinblick auf den eigenen Shop und die Marktplätze? Ist es die Strategie „serving where the customer is“? Wenn ich Prime-Kunden habe, die bei Amazon noch eine höhere Conversion Rate habe, dann muss ich sie natürlich bedienen, bevor es gegebenenfalls andere mit Markenprodukten tun. Oder ist es schon so, dass ihr darum bemüht seid, möglichst viel digital Geschäft dann auch über den eigenen Store abzuwickeln, in den ihr jetzt ja auch noch mal veritable Summen investiert habt? Wie siehst du die unterschiedlichen Kanäle im Zusammenspiel bzw. in Abgrenzung voneinander?
Artur Wagner: Am Ende gilt für Marktplätze das gleiche wie für den Fachhandel. Mir ist erst mal egal, wo der Kunde das Produkt kauft, weil ich will, dass er einfach eine gute Erfahrung mit dem Produkt hat. Das ist das Wichtigste.
Natürlich lebe ich in einer gewissen Überzeugung, dass ich auf einer eigenen Seite, auf meinem eigenen Webshop das Produkt besser präsentieren kann und mehr Datenhoheit und Contenthoheit habe als auf irgendeinem Marktplatz. Und wir wählen unsere Marktplätze auch sehr genau aus. Das heißt, wir machen hier nicht irgendwie Gießkanne und hoffen mal auf Umsatz, sondern es muss auch zu dem Produkt und zu der Brand passen. Denn wir sind halt nicht die 19 Euro Börse. Ja, wir sind auch kein Louis Vuitton oder Gucci und das wollen und werden wir auch nicht sein. Aber wir stehen trotzdem für eine Hochwertigkeit. Und das passt nicht zu jedem Marktplatz. Wenn ich auf einem Marktplatz unterwegs bin, wo ich mit 70 % locken muss, passt das überhaupt nicht zu der Brand und das werden wir auch nie tun. Da werden wir nicht dabei sein.
Aber ja, am Ende des Tages ist mir erst mal wichtig, dass der Kunde eine geile Erfahrung mit dem Produkt hat. Und ob das jetzt über Amazon kommt, über Zalando oder über den Webshop oder von mir aus per Fax, I don’t care. Hab einfach eine geile Experience, pack ein tolles Produkt aus, erfreue dich daran. Ich wünsche mir aber natürlich, dass ich die Möglichkeit habe, peu à peu die Produkte Content-seitig besser darzustellen. Und da unterscheiden sich manche Marktplätze enorm voneinander.
Mario Rose: Absolut. Einen ganz kleinen Moment bleiben wir vielleicht noch bei dem Thema, Artur.
Wir haben über Premium-Produkt gesprochen im Lederwaren-Bereich, Familienunternehmen in Deutschland. Und dann gibt es natürlich Marktplätze aus dem fernöstlichen Bereich. Schauen wir auf Shein, schauen wir auf Temu, wo du jetzt von deinen bisherigen Ausführungen, natürlich eure Marke eher nicht passend und konform siehst. Das ist klar, eine spannende Entscheidung. Glaubst du denn, deine persönliche Perspektive finde ich da sehr spannend, weil du nun in der Branche seit vielen Jahren aktiv bist, dass wir in Bälde auf den genannten Marktplätzen/Plattformen Markenartikler sehen werden und dass das ein zunehmendes Segment ist und dass sich dann auch irgendwann die Spirale dreht und wir bei Temu und Shein vielleicht nicht nur sehr günstige Waren kaufen können, die ja wirklich… Was kostet ein Portemonnaie da? Du kriegst wahrscheinlich auch für 1,50 € oder 3 € ein Portemonnaie. Wie siehst du es?
Artur Wagner: Kann passieren, tatsächlich. Noch sehe ich es nicht. Und ich glaube auch, dass es eine schwierige Transformation wäre. Warum? Weil du schlicht und ergreifend eine ganz andere Zielgruppe ansprichst und du müsstest auch wieder eine neue Zielgruppe damit erobern.
Ja, ich glaube, es wird mehr als genügend Brands geben, die gerne darauf verkaufen, weil es einfach auch zu ihrer Zielgruppe passt. Ist ja fair enough. Ganz ehrlich, es gibt ja auch einen Unterschied, ob ich, keine Ahnung, „Wegwerfprodukte“ kaufen möchte oder ob ich mir jetzt die TK Pizza von JA für 1,99 € im 3er-Pack hole, oder ob ich zu meinem Lieblingsitaliener gehe und da bereit bin, entsprechenden Preis auszugeben. Das ist eine komplett unterschiedliche Experience. Am Ende haben aber beide eine Pizza gegessen. Und ich glaube, da wird es die Unterscheidung geben, wenn du in diesen Markt rein möchtest, weil dein Produkt matcht mit der Zielgruppe. Du bist in der Preis Range. Du hast die gleichen Customer, die da unterwegs sind. Das ist Teil ihrer Journey. Feel free. Alles gut. Ich verurteile die auch nicht so wie manch andere, weil am Ende ist es eine Business Opportunity. Und gerade wir in Deutschland sollten sehr vorsichtig mit dem Gehetze sein über digitale Brands oder Portale, die von woanders kommen, solange wir hier nicht mal Mobilfunk und Digitalausbau hinbekommen. Das ist noch mal ein Thema für sich.
Aber, nichtsdestotrotz. Ja, es wird diesen Move geben. Ob es dann in den Premium-Bereich geht, das glaube ich nicht. Ich glaube aber, dass es wahrscheinlich eine Schwester dazu geben wird, die nur Premium macht. Dann ist das natürlich noch mal eine andere Diskussion. Wir werden sehen.
Mario Rose: Ja, wir werden sehen, in der Tat. Aber vielen Dank für deinen Einblick und deine Perspektive.
Gehen wir wieder zu eurem Shop, D2C, euer Brandshop, E-Commerce. Einer der großen Vorteile ist natürlich, dass sich über den eigenen Shop wesentlich besser Kundendaten aggregieren lassen. Man Wissen aufbaut, man auch über Loyalty sprechen kann, mit Feedback ganz anders umgehen kann. Ich kann mir vorstellen, dass das ein Themenbereich ist, der ohnehin ja in deiner Verantwortung liegen wird, als CDO bei BRAUN BÜFFEL, der aber sicherlich jetzt noch mal richtig in Schwung kommen dürfte, gerade durch das steigende E-Commerce-Volumen, durch das bessere Einkaufserlebnis, was mehr an Kundendaten generiert werden kann.
Gib uns doch gerne mal einen Einblick, wie ihr aktuell Kundendaten zur Analyse auch jetzt schon nutzt, um gegebenenfalls in bestimmten Clustern besondere Marketingstrategien zu fahren oder aber sogar in anderen Bereichen aktiv zu werden, die gar nichts direkt mit dem Abverkauf zu tun haben. Wie ist so der aktuelle Stand bei BRAUN BÜFFEL in der Datenanalyse? Und was hast du noch vor, was soll noch kommen?
Artur Wagner: Wir fangen damit eigentlich gerade erst an, wirklich spezifisch zu werden, muss man dazu sagen. Das ist jetzt für mich die V1.1. Ja, wir analysieren natürlich Kundendaten. Wir versuchen, simple Cluster zu bauen und die gibt es auch.
Das verheiratet sich für mich auch tatsächlich mit der Frage, wo will ich hin? Denn ich bin nicht der Typ Mensch, der das jetzt total feiert, zu sagen, geil, ich habe 48 E-Mail-Cluster und alle Damen zwischen 30 und 40 kriegen eine andere E-Mail als die zwischen 40 und 50, die am liebsten noch blau hat. Das mögen manche Marketeers anders sehen. Fair enough. Für mich ist das aber erst mal so, das ist die Endausbaustufe. Das ist der Endgegner. Ja, ich mache gerade Hausaufgaben. Wir fangen gerade an, Struktur überhaupt aufzubauen, zu verstehen, was gibt es da draußen? Und wer ist eigentlich unser Kunde? Wie häufig kauft ein Kunde eigentlich bei uns ein? Denn man sollte ja meinen, naheliegende These wäre, ich kaufe mir keine Börse fünfmal im Jahr. Klar, brauche ich vielleicht nicht. Die tatsächliche Analyse zeigt aber, wir haben ganz große Brandfans, die machen bis zu zwölf Bestellungen im Jahr. Und das ist viel Geschenk. Das ist vielleicht gar nicht mal für sie, sondern das sehen wir ja auch. Dann kommt fünfmal die gleiche Börse und auf allen Börsen gibt es dann nochmal Initialienprägung, die unterschiedlich sind. Also es gibt Menschen, die sagen, ich liebe die Produkte, ich muss die verschenken. Und das ist für mich eigentlich eins der Hauptziele, bevor ich nur an Sales denke. Ich bin da nicht der Typ Mensch dafür. Sales kommt, wenn du ein geiles Produkt hast und deine Kunden in den Fokus stellst.
Und wir wollen eigentlich mehr auf so Thema Community Building gehen. Wir wollen mehr zu einer Love Brand werden. Das sind immer so diese schön hochtrabenden Wörter, aber ich meine das auch so. Ich möchte eigentlich an den Punkt kommen, wo ich ganz viele Menschen teil werden lasse von dieser Geschichte, denn wir sind ein kleines Familienunternehmen und wir sind wirklich familiär. Ich möchte, dass diese Menschen Teil dieser Geschichte sind. Ich möchte sie zum Beispiel fragen: „Hey, wir planen hier gerade das nächste Sommerprodukt. Wir haben 17 Farben auf dem Tisch. Wir können nur 5 machen. Wir können uns nicht entscheiden. Was denkt ihr?“ Und dann die Leute mit reinnehmen in den Produktentwicklungsprozess, mit in einen Entscheidungsprozess.
Das sind eigentlich für mich Wünsche, wo ich sage, das sind Kundendaten, die mich interessieren, um genau das zu ermöglichen. Klar, daraus folgend wird automatisch mehr Umsatz, weil die Leute das so geil finden, dass sie eine Loyalty zu deiner Brand aufbauen. Und dann hast du gar nicht mehr dieses Konkurrenzdenken. Oh, kacke, meine Börse muss 5 Euro günstiger sein. Kompletter Crap. Haben wir nie gemacht, werden wir auch nicht machen. Ich möchte, dass wir als Brand wahrgenommen werden von Brandfans. Und da sind wir genau bei meinem Beispiel von vorhin. Ich duele mich nicht mit der TK-Pizza. Ich möchte der Lieblingsitaliener der Leute sein. Und das ist eigentlich so der Wunsch, was wir mit Daten machen wollen.
Mario Rose: Du hast gerade noch als Wunsch skizziert, beispielsweise das Teilhaben am Produktentwicklungsprozess, wo man „Markenfans“ auch einsetzen könnte für solche Zwecke. Gibt es schon konkrete Beispiele bei euch im Unternehmen, wo ihr Kundenfeedback lancierend, ganz bewusst auch über entsprechende Abfragen, beispielsweise zu Zufriedenheit mit euren Produkten oder über Customer Days oder Ähnliches? Wo ihr sagt, da machen wir schon echt ganz coole Sachen eigentlich und davon möchte ich heute gern mal erzählen?
Artur Wagner: Ja, also auch da fangen wir an. Aber tatsächlich gibt es da so ein, zwei gute Anekdoten. Wir haben jetzt in manchen Städten erste Community-Events gemacht, wo wir ganz exklusiv, handverlesen Leute eingeladen haben, mit denen Blindtasting von Leder gemacht haben. Wo wir die eingeführt haben in, wie wird sowas eigentlich verarbeitet. Also, wir haben viel Educational Community Workshopping gemacht. War auch ein voller Erfolg. Hatten auch eine tolle Partnerin mit Laura Kremer, die für uns ein bombastisches Event in Hamburg organisiert hat, mit elf wirklich tollen Frauen. Es hat so viel Spaß gemacht.
Auf der anderen Seite haben wir aber auch tatsächlich diese Datenseite. Fun Fact, ich komme ja ein bisschen aus der Search-Bubble. Ich kenne mich ein bisschen mit On-Site-Search aus. Und ich habe Ewigkeiten Suchbegriffe analysiert im Shop, die kein Ergebnis hatten, also die zu keinem Produkt führen konnten. Und eigentlich ist ja dann der Gedanke, den du dir als Brand stellen musst, wenn ich Kunden habe, die anscheinend die Erwartungshaltung haben, dass meine Brand so ein Produkt fertigt, warum tue ich es nicht? Weil ich weiß jetzt schon durch die Daten, ich werde es verkaufen. Und Nummer eins Suchbegriff über Monate hinweg war Handschuhe. Wir haben nie Handschuhe gemacht, aber die Leute haben gesagt, okay, Leder-Experte macht Lederhandschuhe, will ich haben.
Mario Rose: Macht Sinn. Absolut.
Artur Wagner: Was ist passiert? Ich bin meiner wundervollen Head of Product, Friederike Salzmann, monatelang auf den Senkel gegangen und habe gesagt: „Bitte mach Handschuhe, mach Handschuhe zum Wintergeschäft, wir werden sie verkaufen.“ Und eines Morgens, ich weiß immer noch nicht wie sie es geschafft haben, das so lange vor mir geheim zu halten, aber eines Morgens komme ich ins Geschäft und da liegen Handschuhe auf dem Tisch. Und ich denke, geil, gleich anprobiert, boah super, gefällt mir richtig gut. Und dann sag ich: „Wann gehen die live?“ und dann sagt mein Team, „Die sind seit heute live.“ Und noch nie ging ein Produkt an mir vorbei live, ohne dass ich davon wusste, dass ich noch mal kontrolliert habe, wie sind die Bilder, wie sind die Texte usw. Da haben sie es gemacht, es war ein großes Top-Secret Projekt. Warum? Weil die nette Friederike, als Hommage an meine Nervigkeit, tatsächlich diese Handschuhe Artur genannt hat. Dann guckst du halt in den Shop und siehst deinen Namen an dem Produkt, wo du denkst, okay. Also, das hat einfach Spaß gemacht, das war cool.
Mario Rose: Das ist schon eine schöne Geschichte, ehrlicherweise. Ich werde sie mir im Nachgang – ich habe mir auch ein bisschen was angeschaut bei euch im Shop, aber die Handschuhe noch nicht entdeckt, da werde ich noch mal einen ganz besonderen Blick drauf werfen.
Und das spricht auch für die familiäre Kultur, die ihr habt in eurem Unternehmen und das Miteinander. Aber letztendlich smart, von der Suche kommt dann tatsächlich auch ein Produkt an den Start. Klingt so einfach, so simpel, aber ich würde sagen, die wenigsten sind dann tatsächlich so konsequent und nerven und bringen dann auch wirklich was nach vorne. Insofern können das ja die Differenzierungsmerkmale sein, dann tatsächlich auch in die Umsetzung zu kommen. Aber coole Story.
Du hast davon gesprochen, dass ihr teilweise auch Menschen habt, die regelmäßig bei euch bestellen, die dann eine höhere Loyalty haben, natürlich auch einen höheren Customer Lifetime Value. Bei höheren Bestellsummen und Frequenzen denkt man auch gerne direkt ans B2B-Business. Wenn wir mal schauen, abseits des Endkonsumenten, abseits eurer Handelspartner, ist B2B-Business, also Business vielleicht auch gegenüber Unternehmen, die kundenexklusivere Geschenke machen wollen oder Ähnliches, ist das etwas, was ich mir gerade ausdenke, oder sind das Themen an denen ihr auch arbeitet, oder wo ihr vielleicht schon viel mehr Umsatz macht, als ich es jetzt gesehen habe von außen?
Artur Wagner: Letzteres tatsächlich, also B2B-Business gibt es bei uns schon seit Jahrzehnten.
Mario Rose: Seit 137 Jahren vielleicht.
Artur Wagner: Fast.
Ich darf tatsächlich über vieles nicht reden, weil es NDA-geschützt ist, muss man dazu sagen. Lass es mich mal so ausdrücken. Man wäre überrascht, wie viele Marken die jeder kennt, BRAUN BÜFFEL Produkte haben, wo nie ein Büffel drauf ist. Das gibt es. Wir haben natürlich auch…
Mario Rose: Die darfst du uns wahrscheinlich nicht verraten.
Artur Wagner: Nein, die darf ich nicht verraten, tut mir leid. Aber was ich verraten darf ist, wir machen natürlich auch wirklich viel B2B-Geschäft im Sinne einer Produktentwicklung oder Herstellung. Klar, hast du Geschenke für Mitarbeiter, du hast Geschenke für Kunden, das hast du. Das simpelste B2B-Projekt ist eigentlich für uns, du nimmst ein fertiges Produkt von uns, du kriegst dein Logo draufgestempelt oder geprägt. Das ist so der einfache Part. Viel spannender ist eigentlich die gemeinsame Produktentwicklung. Da machen wir relativ viel cooles Zeug, wo wir also wirklich mit einem Kunden, der sagt: „Ich habe eine Idee, ich möchte etwas umsetzen, ich will, dass ihr mir das produziert und wir durch einen kompletten Produktentwicklungszyklus gehen“.
Das aktuellste Beispiel ist AnnLee. Wundervolle Frau haben wir auf der ELM kennengelernt, die gesagt hat: „Ich habe da eine Idee, ich habe die patentieren lassen.“ Und zwar hat sie eine Business-Tasche für Damen und sie sagt, das Schlimmste für sie ist immer, sie hat ein Coffee-to-Go und alle Pappbecher sind doof und dann kannst du das nicht in die Tasche stecken und musst immer hingucken, wo du es hinstellst. Und dann haben wir mit ihr, praktisch patentiert, eine Tasche entworfen mit einem Kaffeebecher voll beledert in einer separaten Tasche, in der Handtasche drin, wo nie was ausgeschüttet wird. Das Ding ist Ausschüttungssicher. Du kannst ihn einfach reinstecken als Frau, losgehen, dein Kaffee wieder rausnehmen, trinken, wie du willst. Die Taschen gehen für 2.500 Euro, glaube ich, über den Tisch. Und wir produzieren da ordentlich. Verkaufen tut es sich. Da ist auch kein Logo von uns drauf, aber ich darf darüber offen reden, weil sie es selbst auch auf LinkedIn getan hat. Von daher ist das, glaube ich, fein. Und solche Cases gibt es für uns immer wieder. Also wir arbeiten mit vielen großen und kleinen Unternehmen zusammen und stellen für die her und produzieren für die. Der B2B-Anteil bei uns ist nicht klein.
Mario Rose: Okay. Ist auch da eine Transformation festzustellen, gerade auch durch die digitalen Aktivitäten, strategische Veränderung, auch deine Arbeit bzw. die Arbeit auch der vielen Kolleginnen und Kollegen mit denen du zusammenarbeitest? Wird das B2B-Geschäft durch eure digitalen Initiativen nochmal im positiven Sinne befeuert? Verändert es sich im Vergleich zu den bisherigen Kunden und Geschäftsbeziehungen, die ihr so aufgebaut habt? Was kannst du da feststellen? Oder habt ihr konkrete Ziele in dem Bereich, die auch mit euren digitalen Aktivitäten zusammenhängen?
Artur Wagner: Wir sehen da drin eine Veränderung, vor allem produktspezifisch. Also da wo wir irgendwie mit Produkten erfolgreich sind, da kommen auch häufige Anfragen dazu. Simples Beispiel, bei uns hat im Juni einer unserer Rucksäcke in der TU-Kollektion den Red Dot Design Award gewonnen. Hat uns tierisch gefreut. Es ist wirklich ein cooler Business Rucksack mit sehr viel Stauraum. Als der den Red Dot Design Award gewonnen hat, haben bei uns tatsächlich Unternehmen angefragt, ob sie den mit ihrem Logo haben können für ihre Mitarbeiter. Das war viel Agency. Das war aber auch viel Wirtschaftsberatungen, Anwaltskanzleien, Sonstiges, die dann einfach sagen: „Hey, cool, passt zu uns. Wir sind auch eine deutsche Firma. Wir schätzen Qualität. Wir haben irgendwie 35 Mitarbeiter, die sind on Tour mit ihrem Laptop. Die brauchen Stauraum. Können wir da was machen?“ Und das sind natürlich Indikatoren, wo wir sagen, mega. Also es freut uns dann einfach, die Reach als solches, als Brand mit dem Produkt, führt automatisch zu den Leads. Und einen besseren Lead kannst du nicht haben. Punkt aus Ende.
Wo sind die Ziele? Ich möchte sehr gerne diesen Bereich noch deutlich steigern. Das funktioniert auch gerade. Da passieren ein paar Sachen. Das, was mir daran eigentlich am meisten weh tut, ist, dass die Projekte in diesem Bereich wirklich cool sind, auf die man stolz ist und wo wir uns selbst intern leise auf die Schulter klopfen können, über die darfst du nicht reden, weil da natürlich ein Interessenkonflikt für die ist, für die wir es herstellen. Aber da haben wir Ziele. Das wollen wir mal grundsätzlich steigern, vor allem aber organisch durch die Anfrage.
Mario Rose: Du hast den Red Dot Design Award gerade angesprochen, für eins eurer Produkte, und dass es euch im B2B-Geschäft auf jeden Fall Schwung verliehen hat. Ist es im endkundenorientierten Geschäft, ich meine, Red Dot Design Award ist fast jedem ein Begriff, würde ich sagen, ist es auch etwas, was euer endkundenorientiertes Business direkt anschiebt, also plakativ? Hast du den Design Award auf der Produktunterseite? Hast du direkt eine doppelt so gute Conversion Rate und auch wesentlich mehr Nachfrage? Oder ist das eher so ein Thema, wo man sich einmal intern auf die Schulter klopft und sagt: „Hey cool, dass wir den jetzt gewonnen haben, aber damit mache ich jetzt nicht wirklich Geschäft.“?
Artur Wagner: Nein, das pusht es schon, das merkt man. Den Rucksack gibt es ja schon länger. Wir haben ja praktisch diesen Rucksack dann hergestellt, angefangen zu verkaufen und dann wurde der dort eingereicht. Und wir sehen es halt – vor Award, nach Award. Wahnsinn, das Ding ist eigentlich so gut wie immer ausverkauft. Also wir müssen jetzt schon produzieren, weil wir wissen, wir sind in ein paar Wochen wieder ausverkauft.
Mario Rose: Okay, krass. Das heißt, Bestellmenge mal XY?
Artur Wagner: Es gibt durchaus Menschen, die bestellen den vier-, fünfmal im Warenkorb. Privat, also kein Unternehmen, die bestellen den. Dann ist das vielleicht ein Geschenk oder Sonstiges. Schwierig nachzuvollziehen, warum man fünfmal den gleichen Rucksack haben möchte. Aber das haben wir.
Mario Rose: Okay. Jetzt biegen wir ganz langsam schon auf die Zielgrade unsere Podcasts ein. Aber einen Themenbereich möchte ich gerne noch mit dir streifen. Und zwar haben wir ja doch viel über Fachhändler, Einzelhandel gesprochen, eure Gesamtstrategie, aber natürlich auch als digitaler Podcast mit Fokus, über euer E-Commerce-Business und eure Aktivitäten dort. Haben aber auch gelernt, dass ihr durchaus im Einzelhandel aktiv seid, euch Konzepte überlegt, wie Ladengeschäfte besser, wirkungsvoller funktionieren können, wie diese dann letztendlich auch wahrscheinlich kundenorientierter eure Produkte platzieren können.
Erzähl doch da gerne noch mal ein bisschen, dass wir eine Idee davon bekommen. Was macht ihr da konkret? Und sagen dann eure Fachhändler, ja schönen Dank, aber es passiert hinterher gar nichts? Oder ist das ein echter Treiber und ihr merkt, dass da auch wirklich was passiert und der Fachhandel euch innovationszugewand gegenübersteht?
Artur Wagner: Es ist ein echter Treiber. Was wir viel gemacht haben in den letzten Jahren, sind klassische Shop-in-Shop-Konzepte bei ausgewählten Händlern von uns. Da gibt es die Geschäftsbeziehung schon, die haben mehrere Brands und wir haben einfach gesagt, okay, wir sind bereit, Geld zu investieren, dafür ist die Fläche größer, dafür prominenter, dafür wird es auch nicht mehr gemischt von den Produkten, sondern es gibt da hinter ein Konzept. Und wann immer wir das gemacht haben, hat sich der Anteil der verkauften BRAUN BÜFFEL Produkte im Vergleich zu anderen Brands bei diesen Fachhändlern gesteigert.
Das Thema ist immer, wo komme ich an ROI? Weil so ein Shop-in-Shop-Konzept kostet halt viel Geld, wir sind da fünfstellig. Und wenn ich dann halt gegenrechne, wie viel verdiene ich eigentlich an einem Produkt im Fachhandel, was natürlich rein vom Deckungsbeitrag viel weniger ist, als ich es in einem D2C-Geschäft generiere, dann braucht das seine Zeit, bis der ROI ist. Trotzdem ist es richtig, das zu tun und wir pushen das auf verschiedenen Ebenen. Das geht bis hin zu, okay, guck mal, wir kümmern uns ums komplett im Mobiliar, wir hauen da eine Wand hin, da ist ein riesengroßer beleuchteter, goldener Büffel, wir pushen das richtig. Wir kommen zu dir in den Fachhandel. Wir machen dort eine Prägeraktion, da ist zwei Tage ein Feintäschner von uns vor Ort und prägt kostenlos ein Produkt nach dem anderen für die Leute. Da investieren wir sehr viel rein und das funktioniert auch sehr gut und da ist der Fachhandel auch sehr dankbar dafür, meiner Erfahrung nach, weil sie daraus auch ein Event stricken können. Was natürlich in ihrer Verantwortung liegt, also da muss man sich schon gut koordinieren, aber wir hatten da tolle Events.
An sehr stark frequentierten Plätzen, ob das in München war, in Frankfurt oder in Berlin, wo du dann wirklich in Top-Lage sagen kannst: „Hey, komm vorbei. Kauf dein Produkt, es wird direkt vor Ort geprägt, dann gibt es noch bisschen Snacks, dann gibt es noch ein bisschen Einführungen in Leder und du kannst ein bisschen touchen und gucken und machen und tun.“ Das funktioniert halt mega, weil es für uns profitabel ist, logisch, aber vor allem für einen Fachhändler profitabel ist, weil er sehr viel Laufkundschaft anzieht, die Leute merken, dass da irgendwas besonders ist, und für ihn ist es eigentlich ein geiles Marketing auf Kosten von uns, wenn wir ehrlich sind. Ist aber trotzdem cool, weil, wie gesagt, wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Fachhändlern und die sind uns auch super, super wichtig, weil sie der erste Touchpoint sind und deswegen sind wir auch bereit, Geld, Zeit und Ideen zu investieren.
Mario Rose: Jetzt haben wir bisher über die Fachhändler so bisschen als anonyme Masse gesprochen. Ist es bei euch eher so, dass ihr mit den inhabergeführten Lederwaren-Spezialisten in Deutschlands Innenstädten zu tun habt oder habt ihr tatsächlich doch auch mehr mit Filialisten zu tun, die 4, 5 oder vielleicht 10, 20 Verkaufsstellen in Deutschland haben? Wie ist so eure Struktur in dem Bereich?
Artur Wagner: Sowohl als auch. Also, von wirklich familiengeführtes, kleines Geschäft mit 50 Quadratmeter in der Fußgängerzone, bis hin zu den Filialisten, die bis zu 10 Filialen haben, bis hin zu Kaufhäusern. Uns gibt es beispielsweise auch in einem KDW oder wir sind bei einem Galeria in 60 Standorten vorhanden. Uns findet man an verschiedensten Stellen und deswegen sage ich auch immer, die Fachhändler, weil es sind so viele Cluster, die ich hier eigentlich zusammennehme, die sich natürlich unterscheiden, aber grundsätzlich ist es erstmal ein Offline-Geschäft, wo man uns finden kann und wo man in Kontakt mit den Produkten und der Marke kommt. Und die unterscheiden sich auch massiv. Also es gibt Händler, die haben von uns zwei Produkte. Es gibt Händler, die haben von uns regaleweise Produkte und Kollektionen in verschiedensten Farben.
Mario Rose: Okay. Artur, hier kommen wir zur finalen Frage bzw. den finalen Gedanken in unserem Podcast. Wie ich finde, eine super kurzweilige Stunde, die so langsam hinter uns liegt. Und wenn du so ein bisschen Fazit ziehen möchtest und auch gleichzeitig in die Zukunft schaust, wir auf die Marke gucken, das was ihr anschieben werdet in den nächsten Jahren, du hast vom 5-Jahresplan gesprochen und wer weiß, was da alles noch kommt und was da für Dynamik drin sein wird. Du hast von der Internationalisierung geredet, hol uns doch gern nochmal mit deinen Abschlussgedanken ab, was können wir in den nächsten Jahren von BRAUN BÜFFEL erwarten? Gerade auch ganzheitlich im Wachstum, aber auch gerne mit Fokus auf das Thema Digital und E-Commerce.
Artur Wagner: Ihr könnt auf jeden Fall von BRAUN BÜFFEL erwarten, dass wir alles daransetzen werden, eine bestmögliche Experience zu machen. Das ist ganz klar der Weg, den wir gehen wollen und uns nahbar zu machen, unsere Geschichte zu erzählen, weil das ist unsere USP. Wir werden nie über den Preis kommen können. Und das ist für mich auch eine der größten Herausforderungen.
Ja, Internationalisierung steht an. Wir werden erst einmal in Europa starten. Wir werden gucken, wir werden schauen, welche Märkte für uns funktionieren. Sich jetzt hinzustellen und zu sagen, da hauen wir Millionen von Umsatz raus, das will ich gar nicht, weil ich es nicht weiß. Es ist für uns Neuland und es wird gewisse Sachen geben, die werden gut funktionieren, gewisse Länder, in denen vielleicht Made in Germany auch geschätzt wird. Und es wird Länder geben, da ist meine These, da verkaufen wir kein einziges Stück. Nimm als Beispiel Italien. Also, warum sollte die Dame aus Mailand bei all den italienischen Marken jetzt einen Büffel kaufen? Vielleicht täusche ich mich. Und wenn ich mich täusche, umso besser.
Mario Rose: Mir würden Ideen und Argumente wahrscheinlich einfallen.
Artur Wagner: Ich werde es testen. Wir werden es auf jeden Fall probieren, logischerweise, aber wir werden es sehen.
Trotzdem, wo wir unseren Fokus setzen, vor allem in dem Thema digital, ist Community Building, Transformation hin zu einer Love Brand, geile Experience, geilen Service. Service ist das A und O. Davon leben wir und das ist wichtig. Ich weiß, viele Unternehmen sehen das als, „Jetzt habe ich da wieder eine Kundenanfrage und eigentlich kostet es nur Geld“. Ich sehe das komplett anders. Hast du einen geilen Service, hast du eine geile Loyalty. Und jeder von uns sollte das kennen, wenn du einmal beschissenen Service hattest, verfluchst du dieses Unternehmen auf ewig. Jeder, der mal eine halbe Stunde bei Vodafone in der Warteschlange hing weiß, was ich meine.
Wenn ich da aber nahbare Menschen habe, die auch genau das transportieren, wir sind kein Konzern mit 50.000 Mitarbeitern. BRAUN BÜFFEL ist klein. Bei uns ist jeder zum Teil seit Jahrzehnten dabei. Also ich bin ja der Frischling vor den Frischlingen mit meinem einen Jahr. Und ich glaube, wenn ich fünf Jahre auf der Kette habe, bin ich immer noch frisch. Soweit wird es auf jeden Fall kommen. Aber das ist das Ziel, dem haben wir uns verschrieben, da ist das Commitment da. Und genau das wollen wir delivern. Und ich glaube, das ist auch, was man von uns erwarten kann, dass wir diesen Weg konsequent gehen und uns dahingehend aufstellen weiterhin das, wofür ein Familienunternehmen auch stehen sollte, weiter zu transportieren.
Mario Rose: Danke für diese sehr schönen Worte. Zum Schluss eine sehr wertschätzende, sehr menschliche Perspektive auf eure Ziele und die nächsten Jahre, bei der man aber auch merkt, wie tief du in die DNA des Familienunternehmens BRAUN BÜFFEL schon eingetaucht bist. Und lieber Artur, ich möchte mich ganz herzlich bei dir bedanken, dass du heute unser Gast warst hier im OMKB-Podcast. Mir hat es echt viel Freude bereitet, dich und die Marke BRAUN BÜFFEL etwas besser kennenzulernen. Und ich wünsche mir ganz stark, dass ihr euren erfolgreichen Weg weiter fortsetzen werdet, dass eine Marke aus Deutschland, die in Deutschland produziert, entsprechende Wertschätzung erfährt, mit ihren wirklich tollen und innovativen Produkten und wir noch ganz viel von euch sehen werden.
Insofern von hier aus Osnabrück die besten Grüße nach Rheinland-Pfalz, Artur. Und ganz herzlichen Dank von mir, aber sicherlich auch von allen Zuhörerinnen und Zuhörern, dass du heute dabei gewesen bist und mit uns Insights geteilt hast, was bei BRAUN BÜFFEL alles so losgeht. Danke schön.
Artur Wagner: Vielen Dank euch, es war mir eine Freude, es hat richtig Spaß gemacht. Danke, danke, danke.
Mario Rose: Damit endet unser Podcast für heute. Wer weiß, der nächste Verkaufsschlager vielleicht aufgrund der Podcasts bei euch dann online, der Handschuh Artur, wir werden sehen. Bleibt alle gesund und bis zum nächsten OMKB-Podcast. Wir sind raus. Ciao, ciao.
Artur Wagner: Ciao, ciao.