Optilyz ist die führende Software für Direct Mails mit Programmatic Print im Customer Relation Management (CRM) in Europa, mithilfe derer Unternehmen Briefe, Postkarten und Selfmailer in ihr Cross-Channel-Marketing integrieren und Kampagnen automatisieren und personalisieren können. Das Unternehmen wurde im Jahr 2015 gegründet und hat inzwischen Büros in Berlin, München, Krakau und Bukarest.
Emarsys ist eine Omnichannel-Customer-Engagement-Plattform mit mehr als 750 Mitarbeiter:innen, 13 Standorten und über 1.500 Kund:innen weltweit. Das Unternehmen wird von SAP unterstützt und ermöglicht seinen Kund:innen, kanalübergreifende Kampagnen zu erstellen, umzusetzen und zu skalieren. Unter anderem arbeitet Emarsys mit Marken wie PUMA, Pizza Hut, Lancaster und Babbel zusammen.
In ihrem Vortrag erklären Martin Twellmeyer, Co-Founder und CEO von optilyz, und Bernd Oltmann, Sales Director DE/CH bei Emarsys, warum Treueprogramme so wichtig sind, wie ein proaktiver Loyalty-Plan mehr Personalisierung ermöglicht und welche Anforderungen er an den Media-Mix stellt, wie eine kund:innenorientierte Incentive-Strategie aussieht und wie man Direct Mail zielgerichtet und personalisiert einsetzt.
Das Video mit Martin Twellmeyer und Bernd Oltmann
Mit sauberen Daten und einer guten CX zum erfolgreichen Treueprogramm
Mario Rose: Herzlichen Dank, Martin und Bernd. Das war ein toller, detaillierter Vortrag zu den Themen Loyalty und Automation. Ich habe ein paar Fragen in Hinblick auf Loyalty-Programme aus der Perspektive der Kund:innen und die Themen E-Commerce, Reisen, Hotels und andere Branchen, die für Loyalty-Programme bekannt sind. Gibt es aktuelle Studien oder Erfahrungswerte, die aufzeigen, wie häufig Kund:innen überhaupt dazu bereit sind, sich in Loyalty-Programmen anzumelden? Tun sie das nur für ihre absoluten Love Brands, weil sie beispielsweise immer Sneaker von PUMA kaufen oder mit der Lufthanse fliegen, oder macht ihr ganz unterschiedliche Erfahrungen?
Bernd Oltmann: Dazu habe ich keine konkreten Zahlen oder Statistiken vorliegen.
“Aber aus der Erfahrung mit unseren Kund:innen kann ich sagen, dass sich die wenigsten Menschen für ein Loyalty-Programm anmelden, ohne vorher bei der Marke Kund:in gewesen zu sein.”
Bernd Oltmann
Deswegen muss man im Vorfeld durch gelungene Käufe, gute Produkte, einen guten Service und personalisierte und relevante Inhalte eine gute Customer Experience kreieren. Anschließend kann man den Kund:innen dann vorschlagen, sich für ein Treueprogramm anzumelden. Anders sieht es natürlich aus, wenn der Incentive besonders hoch und die Einstiegshürde niedrig sind.
Mario Rose: Vielen Dank für die klare Antwort. Ihr habt in einem kurzen Nebensatz erwähnt, dass viele Unternehmen anstelle von sinnvollen Loyalty-Programmen nur einfache Kaufanreize bieten, worüber ich mich persönlich auch häufig ärgere. Laut eurer beeindruckenden Statistik scheitern drei Viertel der Loyalty-Programme innerhalb der ersten zwei Jahre. Als Bestandskund:in wird man außerdem häufig mit Rabatten für Neukund:innen konfrontiert, die man als treue:r Kund:in nicht einlösen kann? Woran liegt das eurer Erfahrung nach? Haben diese Unternehmen ihre Daten nicht im Griff?
Bernd Oltmann: Ja, das ist ein klassisches Datenthema. Natürlich muss man wissen, wer die Kund:innen sind und an welchem Punkt in der User Experience sie aktuell stehen, um relevante und personalisierte Kommunikation möglich zu machen. Es gibt nichts Schlimmeres, als Bestandskund:innen mit Rabatten für Neukund:innen zu verwirren.
“Für ein gutes Treueprogramm ist eine aufgeräumte Datenbasis essenziell und man muss alle relevanten Daten zusammenführen, etwa die Shop-Daten, Retail-Daten, Bewegungsdaten von der Website und Produktkaufdaten.”
Bernd Oltmann
Dann passieren solche Fauxpas nicht.
Martin Twellmeyer: Unternehmen sollten zudem eine kohärente Voucher-Strategie dafür haben, wie sie mit ihren Kund:innen umgehen. Deswegen besprechen wir mit unseren Kund:innen immer zuerst, ob sie über individualisierte Voucher Codes verfügen und diese verschicken können. Darin sehe ich eine essenzielle Voraussetzung. Wir hatten Kund:innen, die sich gewundert haben, warum ihre Kampagnen nicht funktionieren. Das hat uns allerdings nicht gewundert, als wir einen Blick auf deren Webseite geworfen haben, denn da tauchte sofort ein Pop-up mit einem Voucher auf, der höher war als das, was sie im Direct Mail eingesetzt haben. Die Kund:innen haben also einen Incentive erhalten, sind auf die Webseite gegangen und sehen da andere Zahlen.
Man muss sich also überlegen, wie man was einsetzt, wenn man Neukund:innen wirbt oder den Bestand adressiert, dem man gegebenenfalls andere Incentives zur Verfügung stellen möchte. Darüber machen sich allerdings die wenigsten Unternehmen Gedanken.
Wie und wo ein Treueprogramm implementiert wird
Mario Rose: Ich kann mir auch vorstellen, dass ihr bei euren Kund:innen im Set-up verschiedener Loyalty-Programme auf ganz unterschiedliche Datenstrukturen stoßt. Mir drängt sich der Eindruck auf, dass die Einstiegsbarriere recht hoch ist, wenn man das wirklich gut machen möchte. Mit welcher Time-to-Market muss man von der ersten Auseinandersetzung mit Loyalty-Programm bis zur Umsetzung erster Maßnahmen mit euch rechnen?
Bernd Oltmann: Das hängt stark vom Set-up ab. Wenn die Datenbasis bereits aufgeräumt und die richtige IT-Infrastruktur vorhanden ist, liegt der Zeitrahmen bei einigen Wochen bis zwei Monaten. Ein weiterer Faktor ist die Komplexität; je komplexer man ein Loyalty-Programm gestaltet, desto länger dauert die Entwicklung und Einführung in den Markt. Deswegen hat Martin vorhin gesagt, dass man anfangs eine einfache Einstiegshürde wählen und die Komplexität erst später integrieren sollte.
Mario Rose: Es gibt viele Unternehmen aus dem Bereich Retail, die über eine sehr diversifizierte Sales-Strategie verfügen. Die haben einen eigenen Online-Shop, gegebenenfalls eine Amazon-Strategie über einen eigenen Brand-Shop oder Reseller und verkaufen in-Store über den Handel und Apps von Drittanbieter:innen. Die Kund:innen haben dementsprechend verschiedene Möglichkeiten, Produkte zu kaufen, – Möglichkeiten, die eventuell Loyalty-Programme sogar aushebeln können, weil die Koordination dieser Transaktionen schwierig ist.
Gibt es Lösungen, mit denen man diese unterschiedlichen Sales Touchpoint integrieren kann? Führen Loyalty-Programme vielleicht sogar dazu, dass man diese diversifizierten Sales Channels dann besser auf den eigenen Brand Store konzentrieren kann, weil gegebenenfalls nur dort die Transaktionen im Loyalty-Programm gewertet werden?
Bernd Oltmann: In dem Zusammenhang stellt sich zunächst die technische Frage, wie man an die Informationen von Amazon und anderen Marktplätzen herankommt, um den jeweiligen Verkauf als Datensatz verfügbar zu haben und gegebenenfalls in ein Treueprogramm einspeisen zu können.
“Als Brand möchte man natürlich Käufe auf der eigenen Plattform incentivieren, weil man da keine Gebühren an Amazon und Co. zahlen muss.”
Bernd Oltmann
Demnach hat man eine höhere Marge. Wenn man also ein Treueprogramm aufsetzen möchte, sollte man das in der Sales-Channel-Strategie auf dem eigenen Hauptkanal einrichten. Wie gesagt besteht der zweite Aspekt darin, die entsprechende Datenstrategie im Hintergrund zu haben. Die Verkäufe auf anderen Plattformen müssen also in Datensätze übersetzt werden.
Mario Rose: Lasst uns die einzelnen Loyalty-Aspekte anschauen. Ihr habt bereits viele Trigger genannt, wie Kund:innenbewertungen, Warenkorbabbrecher und Geburtstage. Wie können Unternehmen angemessene Loyalty Trigger identifizieren? Macht man das über eine A/B-Test-Strategie, gibt es Vorbilder oder Unterstützung durch euch? Oder muss man über Trial-and-Error lernen, welcher Channel bei welchem Loyalty Trigger am besten funktioniert?
Bernd Oltmann: Unsere Kund:innen erhalten vordefinierte Informationen, wenn sie mit unserem Loyalty-Programm anfangen. Danach geht es trotzdem viel um Testing und Ausprobieren. Manchmal funktioniert ein 5-Euro-Gutschein besser als Free Shipping, manchmal kann man auch ein Event ausprobieren.
Dementsprechend haben wir nicht von Anfang an einen starren Loyalty-Plan, den wir stur implementieren, sondern der muss immer wieder angepasst werden.
“Anfangen möchten wir möglichst schnell mit einem einfachen Konzept mit vordefinierten Incentives und später entwickeln wir mit anderen Themen die Komplexität.”
Bernd Oltmann
Mario Rose: Schahab, welche Fragen bringst du aus der Community mit?
Gewohnheitseffekte und Überraschungsmomente
Schahab Hosseiny: Herzlichen Dank erst einmal für den spannenden Vortrag. Ihr habt einige Beispiele dazu genannt, wie Nutzer:innen etwa über Gamification dazu animiert werden können, aktiv auf ein Ziel hinzuarbeiten oder zum Geburtstag mit einem Incentive überrascht werden. Dazu habe ich ein persönliches Beispiel mitgebracht: Vorgestern habe ich ein Print-Mailing der Deutschen Bahn erhalten, mit dem ich die BahnCard 50 mit einem Rabatt von 100 Euro kaufen konnte. Das habe ich sofort gemacht und mich sehr darüber gefreut.
Gamification ist etwas sehr Bewusstes; man arbeitet auf ein bestimmtes Ziel hin. Wir können das gerne auf die Bahn reduzieren, in deren Zusammenhang ihr bereits die verschiedenen Stufen und die Überraschungsmomente angesprochen habt. Wie können Unternehmen das harmonisieren und habt ihr statistische Werte dazu, ob Nutzer:innen die Überraschungsmomente präferieren oder lieber bewusst auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten?
Bernd Oltmann: Zur Bahn kann ich nicht viel sagen, vielleicht weiß Martin dazu mehr. Aber grundsätzlich ist es eine Kombination aus beiden Ansätzen.
“Über Überraschungen freuen sich die meisten Kund:innen, häufig sorgt aber auch Gewöhnung für eine starke Kund:innenbindung.”
Bernd Oltmann
Wenn man weiß, dass man zu einem bestimmten Zeitpunkt Punkte oder andere Belohnungen erhält, bleibt man eher am Ball. Die Gewohnheit nutzt sich allerdings irgendwann ab, deswegen möchte man sporadisch eine Überraschung einstreuen.
Wer sind Bernd Oltmann und Martin Twellmeyer?
Schahab Hosseiny: Wie hoch sollte die Eintrittsbarriere für ein Loyalty-Programm sein? Gestaltet man die möglichst niedrig, um viele Menschen zu erreichen oder hoch, um eine gewisse Exklusivität zu erzielen? Habt ihr dazu Erfahrungen gesammelt? Setzt ihr vielleicht sogar auf eine geringe Eintrittsbarriere, nach der man über mehrere Stufen als Nutzer:in etwas mehr leisten muss, um Teil des exklusiven Loyalty-Programms sein zu können?
Martin Twellmeyer: Die Frage hast du schon selbst beantwortet, genau so machen wir das. Ich habe vorhin gesagt, dass man das einfach halten sollte. Die Eintrittsbarriere sollte so niedrig wie möglich sein und sobald die Kund:innen Teil des Programms geworden sind, möchte man eine höhere Wertigkeit erreichen, indem man verschiedene Stufen einrichtet. In der ersten Stufe muss man allerdings nicht viel bieten. Bei der Bahn musste man ehemals 2.000 Euro im Jahr ausgeben, um den BahnComfort-Status zu erlangen, aber die Eintrittsbarriere für die erste Stufe haben sie kürzlich deutlich abgesenkt.
Im ersten Schritt müssen sich Unternehmen überlegen, welcher Ansatz zu ihnen und ihren Produkten passt.
“Natürlich können große Akteur:innen wie die Lufthansa oder die Bahn einen großen Club mit Bonuspunkten aufmachen, so ein Programm können sich die meisten Unternehmen aber nicht leisten.”
Martin Twellmeyer
Deswegen muss man sich überlegen, was man anbieten kann und möchte, ohne unprofitabel zu werden. Deswegen hat Bernd gesagt, dass man nicht wahllos Gutscheine verschicken, sondern sich eine Strategie überlegen sollte.
Schahab Hosseiny: Ich konnte mich sehr gut in eurem Vortrag wiederfinden, etwa bei dem Bahn-Voucher, der mit der Post kommt. Tatsächlich habe ich meinen Voucher via E-Mail bekommen, aber via Print eingelöst. Das zeigt einmal wieder die hohe Durchschlagskraft des Prints.
Mario Rose: Vielen Dank noch einmal, Martin und Bernd, für den tiefen Einblick in das Thema Loyalty-Programme und dass ihr bei der OMKB dabei seid. Ich habe eine ganze Menge gelernt.
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