Andreas Arntzen führt seit 2016 als Geschäftsführer des Wort und Bild Verlages das allseits bekannte Gesundheitsmagazin Apotheken-Umschau in die digitale Zukunft. Bekannt als „Arntzi“ ist er zudem erfolgreicher ehemaliger Hockey Bundesliga- und Nationalspieler, hat als Torwart u.a. an Weltmeisterschaften teilgenommen und ist Europapokal- und Pokalsieger, sowie deutscher Meister.
Ab 1998 war er in der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck tätig, wo er unter anderem die ersten Online-Stellenmärkte gegründet hat inklusive Börsengang. Im selben Jahr beteiligte er sich auch an der Gründung der Online-Partnervermittlung Parship. Danach war er bis 2004 Geschäftsführer der Zeit Verlagsgruppe und der Verlagsgruppe Handelsblatt. Und von 2006 bis 2009 war er als Konzerngeschäftsführer der Madsack-Verlagsgruppe für die elektronischen Medien und Zeitungen zuständig. Später im Jahr 2014 übernahm er bei der NZZ Medien AG Zürich die Geschäftsleitung für die Bereiche Business-Medien, Strategie und alle M&A Aktivitäten. Darüber hinaus ist er Gründer und Gesellschafter mehrerer Digitalunternehmen wie Apploft, radio.de, wesound und einige weitere Internetfirmen.
Video mit Andreas Arntzen
Er beschäftigt sich nicht nur mit dem Verlagsgeschäft, sondern auch mit digitalen Geschäftsmodellen und das insbesondere seit 2016 in der Rolle als CEO bei Wort und Bild. Der Wort und Bild Verlag mit seinen 130 Mitarbeitern ist unter anderem der Herausgeber der Apotheken Umschau, die mit einer Auflage von über acht Millionen verbreiteten Exemplaren und 90min durchschnittlicher Lesedauer pro Monat das führende Medium im Gesundheitssegment ist. Zum Wort und Bild Verlag gehören neben der Apotheken Umschau weitere Formate, wie der Senioren Ratgeber oder die bei Kindern beliebte Medizini.
Podcast mit Andreas Arntzen
Der Verlag schaut speziell darauf, wie man diverse Zielgruppen im Customer Lifetime Value bedienen kann. Familien mit Kindern, Kinder selbst, oder auch die Senioren. Andreas Arntzen ist verantwortlich für die Neuausrichtung des Verlages und investiert in etablierte, aber insbesondere auch neue Geschäftsfelder. Im OMKB Talk mit Moderator Schahab Hosseiny gibt er sehr spannende Einblicke in seine Welt:
Schahab Hosseiny: Andreas, wo bist du denn gerade? Ich sehe einen weißen Hintergrund. Das kann zuhause sein oder im Büro?
Andreas Arntzen: Wunderbar, ich bin zuhause in Hamburg im Home-Office.
Schahab Hosseiny: Okay, du bist in Hamburg im Home-Office. Klasse. Wir haben heute das Vergnügen circa eine Stunde miteinander in Sparring gehen zu dürfen. Ich freue mich ganz besonders, weil ich persönlich auch eine gewisse Verlagsnähe habe. Deshalb sprechen wir auch später noch über das Thema. Ich möchte gern direkt mit einem etwas schwerfälligem Thema starten. Du hast bei dir auf LinkedIn und anderen sozialen Kanälen das Thema um Google in den letzten Wochen und Monaten intensiv gepostet. Für diejenigen, die hier noch nicht darüber informiert sind. Der Burda Verlag hat gegen Google und die Bundesrepublik geklagt. Auch ihr seid hier rechtlich vorgegangen. dahingehend würde ich dich gerne einmal ein bisschen interviewen. Warum habt ihr damit ein Problem, wenn es doch konkret um die Reduktion von Fake News vor allem in Zeiten der Pandemie geht.
Verlage klagen gegen Kooperation zwischen Spahn und Google
Andreas Arntzen: Das ist eine wunderbare Einstiegsfrage. Du legst gleich voll los. Das finde ich sehr sympathisch. Es ist ein sehr interessantes Thema mit Google und dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Dazu muss ich etwas weiter vorne anfangen. Der Gesundheitsminister hat in einer Pressekonferenz mit Phillip Justus von Google zusammen bekannt gegeben, dass er ein Missstand in Deutschland sieht. Das es angeblich keine evidenzbasierten, seriösen, verlässlichen gesundheitsrelevanten Informationen gibt. Und das ist nicht richtig. Denn wir erreichen mit der Apotheken Umschau 22 Millionen Leser und 10 Millionen User. Überschneidungen gibt es nur zu fünf Prozent. Ergo 30 Millionen Menschen pro Monat konsumieren unsere Informationen. Diese sind komplett neutral, komplett evidenzbasiert und von einer Redaktion mit fast 100 Mitarbeiter erstellt mit wissenschaftlichen Berichten von Ärzten, Apothekern und so weiter.
Denn es ist eine absolute Pflicht für ein CEO sich vor die Belegschaft zu stellen und dem Gesundheitsminister darüber aufzuklären, dass es solche Angebote bereits in Deutschland gibt. Ich glaub nicht, dass wir in Zeiten einer Pandemie, 10 Millionen Euro ausgeben müssen, um ein weiteres Gesundheitsportal zu platzieren. Der Fokus sollte aktuell auf ganz anderen Themen liegen. Ich stehe im engen Austausch mit dem Gesundheitsministerium. Dazu gehört aber auch, dass man mal Dissens hat bei bestimmten Themen. Ich habe dort auch mal nachgefragt, was ist denn die Zielsetzung? Ist die Zielsetzung wirklich ein weiteres Gesundheitsportal? Denn das ist eigentlich nur die Strategie. Die Umsetzung, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das Ziel des Gesundheitsministeriums ist es, dass wir Fake News inflationieren. Gesundheitsinformationen verdienen eine null Fehler Toleranz. Das heißt wir müssen uns darum kümmern, dass schlechte, falsche, gefährliche Inhalte schlechter gerankt sind als die, die seriös und evidenzbasiert sind.
Um das zu erzielen, muss ich aber nicht ein weiteres Portal erstellen. Sondern muss in den Austausch mit denen gehen, die seriöse Inhalte haben und solche Inhalte entsprechend verbreiten, wie beispielsweise Google. Das ist etwas, was nicht nur im Gesundheitsbereich tangiert, sondern in alle Lebensbereiche. Wir haben ein Grundgesetz in dem die Pressefreiheit entsprechend verankert ist. Es geht einfach nicht, dass ein Ministerium Informationen in Kooperation mit Google an die erste Stelle rankt. Dazu ein Beispiel. Du gibst auf deinem Smart Device das Thema impfen oder AstraZeneca ein. Dann ist es nicht gut, wenn die erste Information, die du siehst, von dem Ministerium kommt. Erwartest du denn wirklich, dass das Ministerium 100 Prozent neutral jetzt über impfen und AstraZeneca schreibt. Während sie wollen, dass die Quote hochgeht. Das ist der Sinn der Pressefreiheit, dass man kritisch mit Informationen umgeht und den Bürger vernünftig informiert. Und das betrifft eben nicht nur den Gesundheitsbereich, sondern genauso die Wirtschaft, die Politik und ähnliche Bereiche. Und deshalb gehen wir da entsprechend gegen vor.
Schahab Hosseiny: Danke für die ausführliche Antwort. Ist das in deinen Augen ein generelles Problem? Das gesamte Thema Zero Click ist bei Google in den letzten Jahren von der Popularität her der Nutzer stark gewachsen? Zero Click Searches sind die Suchanfragen, die Google direkt beantwortet, bevor überhaupt der Traffic abgeleitet werden kann auf die Publisher Plattformen. Jetzt bist du durch deine Historie mit vielen Verlagen auch immer wieder mit dem Themenkomplex Google konfrontiert worden. Wie stehst du dazu? Ist es ein generelles Problem, dass wir hier einen Suchmaschinen Riesen haben, der sich immer stärker in diesem Bereich positioniert und Inhalte direkt auf seiner eigenen Plattform ausliefert.
„Das was du beschreibst, ist die Macht, die Google als Monopolist hat. Und eine solche Alleinstellung birgt immer Gefahren in sich.„
Andreas Arntzen: Das was du beschreibst, ist die Macht, die Google als Monopolist hat. Und eine solche Alleinstellung birgt immer Gefahren in sich. Zur Neutralität gehört auch, dass man vielfältige Informationsquellen hat. Und man sich die seriösen und besten aussuchen kann. Ob das Google mit seinem Algorithmus für alle Menschen gleich gut bewerkstelligen kann, wage ich stark zu bezweifeln. Ich wiederhole nochmal, im Bereich von Gesundheit haben wir eine Null Fehler Toleranz. Daher ist es extrem wichtig, dass die Menschen gute Informationen bekommen. Es gibt viele Situationen in der Medizin, bei der Ärzte, den Patienten empfehlen, nicht zu googlen. Weil man dort viele Negativbotschaften über bestimmte Symptome erfährt, dass diese schon alleine davon krank werden beziehungsweise der Heilungsprozess negativ beeinflusst wird.
Das heißt, wir brauchen die seriösen Informationen. Wir sollten uns mit Google zusammensetzen und besprechen, wie wir solche Informationen von den vielen Quellen so kennzeichnen, dass aus dem Dickgicht über Informationen eine Orientierung wird, für den Endverbraucher und User. Und ich glaube das kriegt man besser hin als mit One Click Informationen.
Schahab Hosseiny: Du tendierst zu einer Validierungsmechanik, um seriöse Quellen im Vorfeld selektiv zu deklarieren. Sonst würde ich die Hypothese in den Raum werfen. Derjenige der das SEO-Game gut beherrscht rankt natürlich bei Google entsprechend oben. Ob der jetzt seriöse Quellen oder unseriöse Quellen verbreitet, ist in dem Moment schwer zu prüfen. Das heißt, du schlägst ein selektiven Validierungsprozess vor, besonders für diese sensiblen Informationen?
Andreas Arntzen: Das ist richtig. Es gibt mehr Kriterien, aber Zero Optimierung macht viel aus. Und dieses Mittel verstehen seriöse als auch nicht seriöse Quellen entsprechend zu nutzen. Ein Grund mehr, dass es weitere Kriterien gibt, die dort für eine Differenzierung und Qualifizierung sorgen. Ich glaube, dass es Möglichkeiten gibt. Und das Entscheidende ist, dass wir ein Ziel definieren können. Nämlich verlässlichere Informationen sichtbarer zu machen. Und die Frage, wie wir das Erreichen, ist extrem wertvoll. Weil die Frage auch den Appell beinhaltet, mit den richtigen Personen zusammen nach Lösungen zu suchen.
Schahab Hosseiny: Verstehe. Andreas, eine abschließende Frage in diesem Kontext. Ihr seid gemeinsam jetzt rechtlich gegen Google und das Gesundheitsministerium vorgegangen. Hattet ihr Erfolg? Es erfolgt keine Priorisierung der Rankings mehr. Ist das korrekt?
Andreas Arntzen: Wir haben verschiedene Verfahren am Laufen. So wie wir auch verschiedene Themen angesprochen haben. Der Themenkomplex des Rankings bei Google, ist in einem Verfahren zwischen Burda und dem BMG und Google entsprechend entschieden worden. Das Gesundheitsministerium hat das so zur Kenntnis genommen und würde auch nicht weiter dagegen angehen. Es geht bei dieser Frage aber nicht um Sieg oder Niederlage. Es geht auch nicht um Rechthaberei. Es geht darum, dass wir eine vernünftige Konstellation für den End-User und Patienten, für die Menschen in Deutschland haben. Und ich glaube, da ist uns ein erster Schritt geglückt.
Transformation & Schmerzen als Beschleuniger der Digitalisierung
Schahab Hosseiny: Vielen Dank für die ausführlichen Antworten zu diesem sehr komplexen Themenbereich. Musstest du intern eine Transformation der Redaktion durchführen? Stichwort höhere Quantität gegenüber Qualität oder wurde die Transformation mehr oder weniger durch Corona ohnehin in das Unternehmen getrieben? Also meine Frage zielt darauf, wie stark hast du Schmerzen ausgelöst in der Organisation? Denn ich habe gelernt, Veränderung geht häufig einher mit Schmerz. Oder kam der Schmerz von extern und ihr musstet euch anpassen?
Andreas Arntzen: Ich glaube, dass ich der Organisation ab meinem ersten Tag Schmerzen beigefügt habe. Das hat nichts mit Corona zu tun. Es hat mit meiner inneren Einstellung zu tun und den Leistungssport, den ich mal getrieben habe. Ich versuche jeden Tag die Produkte, den Service und die Leistungen zu hinterfragen und besser zu machen. Und diesen Anspruch erwarte ich von jedem einzelnen Mitarbeiter im Haus. In dem Punkt kann ich schon extrem penetrant und einfordernd sein. Ich sage immer zu unseren Mitarbeitern, wenn ihr wollt, dass es so herrlich bleibt, wie es gerade ist, dann müssen wir uns verändern. Denn auch die Welt dreht sich schnell und verändert sich. Dementsprechend müssen wir uns auch transformieren.
Diesen Prozess haben wir eingeleitet. Ich habe vor 5 Jahren bei dem Wort und Bild Verlag angefangen. Wir haben dort große Schritte gemacht. Aber selbstverständlich ist es so, dass Corona diesen Prozess nochmal deutlich beschleunigt hat in der Sensibilität und dem Verständnis für Digitalisierung bei vielen Mitarbeitern. Und das war bei Corona extrem wichtig. Das man versteht, dass die Mixtur aus analog und digital so smart zu verbinden sind, dass die einen Mehrwert für den User, Leser und Patienten darstellen.
„Ich habe meiner Organisation ab dem ersten Tag Schmerzen beigefügt.“
Schahab Hosseiny: Jetzt hast du häufig schon, dass das Wort digital verwendet. Ihr habt hier mittlerweile auch einen eigenen Ratgeber gestartet. Vielleicht kannst du uns und dem Publikum noch einmal die Strategie erklären, wieso ihr jetzt anfangt?
Andreas Arntzen: Unser Verleger hat sich vor 65 Jahren auf die Fahne geschrieben, komplexe gesundheitsrelevante Informationen leicht verständlich wiederzugeben. Das hat Rolf Becker im Print perfekt hinbekommen. Und wenn er jetzt neu starten würde, würde er seine Information sicherlich nicht nur auf Papier drucken, sondern auch in digitaler Form anbieten. Und genau den Anspruch gehen wir auch nach und müssen unsere Redaktion umerziehen und unterstützen, um diese Transformation auch entsprechend hinzubekommen. In Bezug auf deine Frage mit dem digitalen Ratgeber. Wir haben den Anspruch, Produkte und Services besser zu machen. Das funktioniert nicht im Keller. Wir müssen draußen sein und schauen wie sich die Welt verändert. Wir müssen schauen, wie die Menschen leben und was für Symptome es gibt. Die Welt hat sich verändert. Früher waren wir krank und sind zum Arzt gegangen.
Jetzt bedeutet Gesundheit, dass du gesund bist und gesund bleiben willst. Prävention, Ernährung, Bewegung und Sport haben in dem Bezug auf Gesundheit eine ganz andere Relevanz bekommen. Und dem müssen wir gerecht werden im Print sowie mit digitalen Angeboten. Die Motivation des digitalen Ratgebers war aber nochmal eine ganz andere. Uns ging es darum, dass das Thema Digitalisierung im Gesundheitsbereich zu 80 bis 90 Prozent in den Medien immer negativ dargestellt wurde. Das ist ein deutsches Phänomen. Alles was neu ist wird erstmal hinterfragt und wird kritisiert. Man versucht unbedingt das schlechte irgendwie rauszupicken um darüber zu referieren. Mich hat mal ein bekannter Chirurg gefragt, was ist die häufigste Todesursache? Daraufhin kam die Antwort, Datenschutzgrundverordnung.
Wenn wir all die Information hätten, die wir haben könnten, dann würden wir halt viel mehr Menschenleben retten können. Und das sagt viel aus. Die Redaktion des digitalen Ratgebers hat von mir nur eine wirkliche Aufgabe bekommen. Jeder Text muss einladen zum Lesen, muss positiv anfangen und enden, und soll trotzdem kritische Stellen beleuchten. Aber der Grundtenor soll sein, dass der Nutzen von Digitalisierung im Gesundheitswesen herausgestellt wird, neugierig macht und dazu animiert in dieser Welt selber einzusteigen. Damit war es ein Titel nicht nur für Patienten und Kunden, sondern auch für Ärzte und Apotheker. Weil auch für viele von denen die Digitalisierung noch Neuland bedeutet.
Schahab Hosseiny: Das heißt gewissermaßen, es ist unser Auftrag, das Wort noch einmal positiv aufzuladen. Denn du hast dargestellt, dass dieser Begriff sehr negativ aufgeladen ist, vor allem hier in Deutschland.
Andreas Arntzen: Absolut. Du hattest auch nach dem Konzept gefragt. Wir haben kein Konzept erstellt. Wir haben uns noch keine Gedanken gemacht zu dem Zeitpunkt. Wie sieht es mit einer Nummer zwei oder drei aus? Wie werden wir das ganze diversifizieren? Es war unser Ziel überhaupt erst einmal mit einem Magazin rauszukommen, um zu schauen, wie die Reaktionen sind. Auch das ist vom Ansatz her etwas vollkommen Neues gewesen für uns.
Domain Portfolio des Wort und Bild Verlages
Schahab Hosseiny: Okay. Habe ich verstanden Andreas. Dann machen wir einen kleinen Themenschwenk. Wir haben uns im Vorfeld natürlich auch die digitalen Aktivitäten eures Hauses mal angeschaut. Ganz interessant fand ich, dass ihr auch Domains von Apotheken direkt führt. Verfolgt ihr damit die Strategie größere Marketplaces zu nutzen. Das heißt, kleine Apotheken, die digital kein Präsenz haben, da die Top Level URL zu registrieren, um diese dann zum ranken zu bringen. Oder sind das jetzt nur Spielereien gewesen die uns da aufgefallen sind?
Andreas Arntzen: Erst einmal sind es keine Spielereien. Das Schöne an diesem Themenblock ist, dass der Verleger im zarten Alter von 83 Jahren für sich entschieden hat, dass das Internet doch im Sinne der Apotheker zu nutzen sei. Und hat den Kunden der Apotheken Umschau eine Website gratis zur Verfügung gestellt. Der Verleger ist 93 Jahre geworden und lebt jetzt nicht mehr. Das ist der Grund, weshalb wir, historisch bedingt, über 10.000 Apotheken Websites in Betrieb haben und den Apothekern zur Verfügung stellen.
Schahab Hosseiny: Das heißt, ihr seid die Domaininhaber. Aber ihr verfolgt da jetzt kein eigenes Ziel. Sondern schenkt die Domains einfach nur den Apothekern.
Andreas Arntzen: Es geht nicht darum ein hübsch aussehendes und gut verpacktes Geschenk zu übergeben. Sondern um den Inhalt und den Nutzen, für den der beschenkt wurde. Die Apotheke und das Gesundheitswesen befinden sich erst am Anfang der Digitalisierung und man muss schauen, in welche Richtung dieser Weg führt. Da wird jetzt viel kommen, durch das E-Rezept, digitale Patientenakten und ähnliches. Bei den Apotheken selbst ist es so, es gibt viele Apotheken, die drei oder vier Websites haben. Ein bis zwei davon kennen sie selber gar nicht. Und da gehört es sicherlich mal irgendwann aufzuräumen und die für den Apotheker so zu nutzen, dass er auch ein entsprechenden Vorteil hat. Wir werden uns auf jeden Fall nicht auf dieses Business konzentrieren und das irgendwie ausbauen. Sondern wir konzentrieren uns auf unsere DNA. Nämlich das Erstellen von gesundheitsrelevanten Informationen.
Schahab Hosseiny: Ein Marketplace ist nicht im Hintergrund im Gange. Das könnte ja so interpretiert werden. Aber jetzt habe ich auch die Vielzahl an Domainregistrierungen bei euch verstanden. Denn das ist nicht ganz wenig gewesen.
Andreas Arntzen: Wir nutzen das um unsere Inhalte auch entsprechend zu platzieren. In Bezug auf den Marketplace oder eine Plattform ist es so, dass wir diese nicht federführend treiben. Sondern gegebenenfalls nur unterstützen. Wir glauben fest daran, dass die Apotheker eine konstatierte Lösung brauchen, um in diesen Markt überhaupt bestehen zu können. Und um ihre Rolle im Gesundheitssystem auch entsprechend festigen zu können.
Staatshilfen, Profit und Krisenmanagement
Schahab Hosseiny: Ihr seid, soweit ich lesen konnte, eigentlich ganz gut durch die Corona Krise gekommen. Ihr habt bisweilen keine Staatshilfen beantragt und das Thema Kurzarbeit konntet ihr auch auslassen. Ist die Information immer noch aktuell?
Andreas Arntzen: Die Information ist aktuell und darauf sind wir auch sehr stolz. Wir haben ein sehr intensiven Austausch mit der Belegschaft und ein hervorragenden Krisenstab. Dieser ist besetzt mit drei Ärzten und Leitern aus allen Abteilungen bei uns. Den haben wir seit März letzten Jahres. Und konnten dort bis dato erfolgreich agieren und den Virus von unserem Verlag fernhalten. In Bezug auf Kurzarbeit und staatliche Unterstützung habe ich eine persönliche Sichtweise.
„Ich halte überhaupt nichts davon, wenn Unternehmen in der jetzigen Zeit Staatshilfen beantragen und zugleich Milliarden Gewinne schreiben.“
Und die versuche ich in diesem Unternehmen auch umzusetzen. Ich halte überhaupt nichts davon, wenn Unternehmen in der jetzigen Zeit Staatshilfen beantragen und zugleich Milliarden Gewinne schreiben. Ich halte auch nichts davon, wenn wir mit dem Staat Unternehmen unterstützen, die zu 60 bis 70 Prozent ausländischen Fonds gehören oder Privat Equity Gesellschaften. Ich glaube das dort Gelder in die falsche Richtung transferiert werden. Ich würde es lieber sehen, dass der kleine Restaurantbesitzer oder die Eisdiele um die Ecke Hilfe erhalten, die wirklich hier an der Existenz kämpfen. Das die auch entsprechend unterstützt werden. Ich bin der Meinung, da muss einiges noch gerade gerückt werden.
Erstmalige Akquisitionen nach 64 Jahren
Schahab Hosseiny: Chapeau, für dieses sehr klare Linie, die du verfolgst. Ihr seid sehr erfolgreich in das gesamte Thema Podcast eingestiegen. Wir können gleich gerne auch mal über Zahlen, Daten, Fakten sprechen. Auch das Thema Newslettering habt ihr intensiver investiert. Wie möchtest du zukünftig für eine Monetarisierung dieser Channels sorgen? Wenn wir uns das Thema Podcasting oder Newslettering anschauen. Wie gedenkst du in naher Zukunft diese Channels zu finanzieren oder ist die Strategie, dass über das typische klassische Verlagsgeschäft mitzutragen.
Andreas Arntzen: Dazu gibt es verschiedene Ansätze. Erst einmal muss man sagen, dass wir 64 Jahre lang keine einzige Akquisition getätigt haben. Es gab kein anorganisches Wachstum bei uns. Das verändern wir gerade. Ich glaube das es extrem wichtig ist, auch anorganisch zu wachsen. Weil der Markt so schnell und so dynamisch ist, dass man nicht die Zeit hat alle Dinge alleine aufzubauen. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass wir in der heutigen Zeit und in Zukunft noch viel mehr in Partnerschaften gehen müssen. Wir möchten als Wort und Bild Verlag mit zehn Partnerschaften lieber zehn interessante Projekte verfolgen, als das wir 2 Projekte alleine starten. Was die Monetarisierung anbelangt, so denke ich, für alle Märkte und Branchen.
Wer ein Produkt herstellt oder ein Service, der ein Mehrwert für den Endverbraucher darstellt, wird auch in der Lage sein, dieses entsprechend zu finanzieren. Wir sprechen viel zu oft über Monetarisierungsmodelle und vergessen dabei den Anspruch an die wirkliche Leistung. Derjenige der gute Produkte und Service erstellt, wird auch vom Endverbraucher entsprechend honoriert und dann werden sich auch Modelle finden. All die Anbieter im Netz, die erfolgreich sind, sind oft mit gratis Angeboten eingestiegen. Haben dann verformt und eine Relevanz gewonnen, um dann die Preise nach oben zu fahren.
Unternehmenskultur bei der Apotheken-Umschau
Schahab Hosseiny: Da würde ich jetzt noch einmal differenzieren zwischen Technologie Dienstleister und Content Produzent. Aber deine Hypothese ist, wenn wir es schaffen, wirklich einen Podcast oder Newsletter zu produzieren, der Mehrwerte stiftet. Wird der Konsument auch mittelfristig bereit sein, Geld dafür zu bezahlen.
Andreas Arntzen: Da gibt es verschiedene Formen. Es kann sein, dass die Industrie es bezahlt. Das ist ganz klassisch werbefinanziert, und der Endverbraucher kann es gratis nutzen. Da gibt es auch die entsprechenden Freeware Modelle. Da muss man ein bisschen experimentieren. Das ist ein Grund, weshalb wir vielschichtig innerhalb der letzten 365 Tage agiert haben. Und teilweise einfach ins blaue rein agiert haben. Wir haben bei dem Podcast Klartext Corona nicht darüber diskutiert, wo das Geschäftsmodell liegt.
Wir haben auch nicht darüber diskutiert welchen Preis wir dafür nehmen könnten. Wir haben gesagt, wir machen das jetzt. Weil wir glauben, dass der Bedarf da ist. Und das für uns der richtige Zeitpunkt ist, dieses Medium besser zu verstehen und dort zu experimentieren. Und ich glaube, dass ist der Weg zum Erfolg. Weil es auch darum geht, eine Unternehmenskultur zu verändern. Und das kriegt man nur hin, wenn man Trial-and-Error betreibt. Wenn man einfach mal ins kalte Wasser springt. Wenn man auch solche Dinge startet und sie vielleicht auch wieder abschaltet.
„Es geht darum eine Unternehmenskultur zu verändern. Und das kriegt man nur hin, wenn man Trial-and-Error betreibt.
Schahab Hosseiny: Jetzt habt ihr angefangen euren Content etwas diverser zu streuen und etwas stärker zu fragmentieren. Was sind für dich mit Blick nach vorne, die tragenden Säulen im Rahmen eurer Content Marketing Strategie auf digitale Kanäle reduziert? Ist das weiterhin das typische Publishing Geschäft, bei dem du sagst, wir müssen es schaffen wirklich relevanten Content auf unseren Webseiten zur Verfügung stellen. Oder gehst du mit Newslettering und Podcast durchaus andere Wege. Was sind da für dich die wirklich spannenden Channels für die Zukunft im Rahmen eurer Content Marketing Strategie?
Andreas Arntzen: Qualität, Qualität und nochmal Qualität. In 65 Jahren Unternehmensgeschichte wirst du nicht eine einzige Zeile finden, in der ein Farmer, ein Unternehmen oder ein Präparat genannt sind. Wir schreiben über Wirkstoffe. Wir schreiben über Symptome und Verfahren und wie diese entsprechend geheilt werden können. Aber es gibt in dem klassischen Sinne des Content Marketings keine Berührungen oder Angriff auf unsere redaktionelle Hoheit. Wir produzieren 100 Prozent klare evidenzbasierte, seriöse Gesundheitsinformationen. Und wir sollten diese nicht nur in unseren Publikationen kommunizieren, sondern es gibt viele Bereiche, in denen genau solche Inhalte momentan gefragt sind. Und wir tun dem Gesundheitssystem etwas Gutes, wenn wir sicherstellen, dass diese Inhalte entsprechend seriös sind.
Schahab Hosseiny: Geht ihr auch auf neue Channels wie beispielsweise TikTok?
Andreas Arntzen: Wir experimentieren dort. Von Clubhouse über Instagram und Facebook, diese ganzen Geschichten haben wir gemacht. TikTok haben wir noch nicht gemacht. Werden das aber genauso angehen. Wir haben vor 5 Jahren noch keine Social Media Abteilung gehabt. Die haben wir aufgesetzt und die haben einen ziemlichen Freibrief, sich mal auszutoben und Erfahrungen zu sammeln. Und es ist schön zu sehen, was die dort alles erstellen.
Schahab Hosseiny: Wie war eure Experience mit Clubhouse? Du hast durch deine Radio.de Vergangenheit auch eine gewisse Affinität zum Thema Audio. Wie war die Erfahrung? Seid ihr happy mit den Ergebnissen oder ist es für euch erst einmal ein Test gewesen?
„Wir sind eine Marke die 93 Prozent Markenbekanntheit hat und für Seriosität steht. Da kannst du nicht auf jeden Zug springen, der vorbeikommt.“
Andreas Arntzen: Wir sind eine Marke die 93 Prozent Markenbekanntheit hat und für Seriosität steht. Da kannst du nicht auf jeden Zug springen, der vorbeikommt. Du sollst aber schon sehen, welcher Zug dort langfährt und du sollst den beobachten. Um sich ein eigenes Bild zu machen, muss man dort auch einsteigen. Selber mal an einem Talk teilnehmen. Selber mal ein Talk aufsetzen und dann ganz in Ruhe reflektieren, wie man ein solches Medium gegeben falls noch nutzen kann. Ich bin da noch ein Stück indifferent in Bezug auf Clubhouse. Ich finde es als Entwicklung sensationell, weil es das Thema Audio stärker hervorhebt.
Und ich glaube das Audio deutlich an Relevanz gewinnen wird in dieser Welt der Information Inflation und Überflutung. Ich glaube, dass die auch eine steile Lernkurve haben werden und sich dort einzelne Formate durchsetzen werden. Und welche Rolle wir dabei spielen, wird man dann sehen.
Schahab Hosseiny: Ihr seid dann auch am Experimentieren. Andreas, sprechen wir ein Stück weit über den Wettbewerb. Wie gehst du mit dem erhöhten Wettbewerb gegenüber Burda um, die euch frontal angreifen? Im Print Segment und auch mit Blick auf die digitalen Channels? Beispielweise im Vergleich die Apotheken Umschau gegenüber Netdoctor. Die in Summe größer sind und weiter sehr positiv wachsen. Wie siehst du und nimmst du diese Situation wahr?
„Wettbewerb ist etwas Hervorragendes. Wenn man so wie die Apotheken Umschau fast alleine am Markt agiert, dann sind die eigenen Leistungen fast nicht visibel, weil sie nicht messbar sind. Wenn du 100 Meter in elf Sekunden komplett alleine läufst, kannst du dir darauf auch nichts einbilden. Weil du gar nicht weißt, wie schnell andere Menschen laufen. Der Wettbewerb macht ja die Leistung erst visibel.“
Andreas Arntzen: Also erst einmal ist Wettbewerb etwas Hervorragendes. Wenn man so wie die Apotheken Umschau fast alleine am Markt agiert, dann sind die eigenen Leistungen fast nicht visibel, weil sie nicht messbar sind. Wenn du 100 Meter in elf Sekunden komplett alleine läufst, kannst du dir darauf auch nichts einbilden. Weil du gar nicht weißt, wie schnell andere Menschen laufen. Der Wettbewerb macht ja die Leistung erst visibel. Und zum Wettbewerb gehört auch, den Anspruch besser zu werden in einer Organisation entsprechend zu forcieren. Deshalb war ab dem ersten Tag, als ich hörte, dass wir einen neuen Wettbewerber bekommen, erst einmal positive Aufbruchstimmung da und nicht Frustration.
Man muss diese Dinge, die man ohnehin nicht verhindern kann, positiv zu nutzen wissen. Und das haben wir getan und haben unsere Produkte entsprechend verbessert. Wir haben unsere Unternehmenskultur nach vorne gebracht. Wir sind breiter aufgestellt und wir sind mit dieser Strategie erfolgreich. Ich finde es wunderbar, wenn es andere Player am Markt gibt. Egal ob es im analogen oder im digitalen Bereich ist. Burda ist ein hochseriöses, tolles und erfolgreiches Haus, die viel größer sind als wir und über ganz andere Mittel verfügen. Burda ist in dem Bereich anorganisch gewachsen. Und hat sehr smart ein entsprechendes Portfolio zusammengekauft. Wir stehen im engen Austausch auch mit den Geschäftsführern derer Angebote wie Beispielsweise Netdoctor.
Gerade auch im Kontext zu der vorhin geführten Diskussion um Google und das Bundesministerium für Gesundheit. Von daher stört mich das nicht. Unser Anspruch ist es, die klare Nummer Eins zu sein. Da sind wir momentan mal vor denen, mal hinter denen. Wir schauen.
Die Digitalisierungsstrategie des Wort und Bild Verlages
Schahab Hosseiny: Okay, sehr schön. Das heißt, du siehst den Wettbewerb sehr positiv. Das finde ich gut. Wieder ein kleiner Themenwechsel. Im Rahmen eurer Digitalisierungsstrategie, habt ihr euch jüngst an Doctorbox beteiligt. Darüber hinaus habt ihr als Holding mit weiteren Partnern einen Fond in Höhe von 60 Millionen Euro aufgesetzt Ich finde das Zitat sehr schön. Ihr seht euch so ein Stück weit über dem Fond, als die Höhle der Löwen im Gesundheitsmarkt. Erzähl uns doch erst einmal ein bisschen was zu eurer Beteiligung Doctorbox? Stichwort Kontakt Tagebuch, was ganz wichtig ist in Zeiten von Corona. Und wie es in eure Mission und Vision des Verlages passt?
Andreas Arntzen: Also Doctorbox ist ein ganz besonders schönes Thema. Weil alle Begriffe, die du eben gerade genannt hast, sind Tools, Angebote und Projekte der Doctorbox. Diese hatten sie überhaupt nicht auf der Agenda, als wir dort eingestiegen sind. Für uns ist Doctorbox ein junges digitales Unternehmen im Gesundheitssektor, die sich die Patientenakte auf die Fahne geschrieben haben. Die gesundheitsrelevanten Daten, Röntgenbilder, Blutbilder und so weiter befinden sich auf deinem Smart Device. Und das vollkommen sicher, Datenschutzkonform und kompatibel zu allen Systemen. Diese Firma hat ein unglaublich starkes Team. Eine unglaubliche gute Technologie und ein extrem unternehmerischen Spirit.
Das waren für uns die Hauptbeweggründe dort mit einem kleinen Stück vertreten zu sein. Wir wollten lernen und wir wollten helfen als strategischer Investor, deren Projekte auch in die breite Masse zu transportieren. Dann kam auf einmal Corona und das Unternehmen hat unter Beweis gestellt, genau das was ich eben angedeutet habe. Nämlich den Wert eines smarten unternehmerischen denkenden Managements und der hier sehr guten Gesellschafter Konstellation. Hauptgesellschafter und Mitgründer von Doctorbox ist Oliver Miltner, der übrigens Orthopäde ist.
Und so hat Doctorbox sofort reagiert und entsprechende Tools entwickelt, die uns in der Corona Zeit auch entsprechend helfen. Das hat angefangen mit dem Labor Becker, mit unserem Gesellschafter Dr. Marc Becker zusammen auf der Theresienwiese in München. Dort wurden Corona Tests durchgeführt und man hat sich immer gewundert, wieso man eigentlich die Personen anschließend anrufen muss, um sie über das Ergebnis zu informieren. Wir haben dann einfache QR Codes generiert, die wurden eingescannt bei dem Test. Und das Testergebnis wurde dann automatisch übermittelt auf das Smartphone. Damit hat es eigentlich angefangen. Also ganz simple, aber eben schnell.
Du wirst gelesen haben, was gerade in Tübingen passiert. Dort wird deutlich mehr getestet. Die Getesteten können sich ausweisen. Die Getesteten haben kleine Armbänder auf dem ein QR Code ist. Man kann über ein einfaches Smartphone auslesen, wann wurde diese Person das letzte Mal getestet. Und es führt zu einer deutlichen Lockerung all dieser Corona bedingten Restriktion in Tübingen. Das könnte ein Vorbild für ganz Deutschland sein. Gerade jetzt am Wochenende haben die Berlin Volleys in der Bundesliga ein Spiel gehabt mit 1000 Zuschauern. Da wurden die Zuschauer direkt vor der Halle getestet. und konnten dann mit so einem Bändchen in die Halle rein.
„Sicherlich ist nachher die Idee eigentlich nur noch 20 Prozent und 80 Prozent ist die Umsetzung.“
Schahab Hosseiny: Da hast du vollkommen Recht. Wenn du jetzt nicht unbedingt CEO des Wort und Bild Verlages wärst, wie würdest du versuchen, ein Teil des 60 Millionen Euro Fonds, den ihr aufgesetzt habt, zu bekommen. Was wäre das?
Andreas Arntzen: Das sind erst einmal zwei Dinge. Wer das jetzt mit bekommt und eine gute Idee hat, möchte sich einfach bei uns melden. Wir werden das Gespräch suchen und schauen, inwieweit wir ein solchen Unternehmer unterstützen können bei der Umsetzung seiner Idee. Sicherlich ist nachher die Idee eigentlich nur noch 20 Prozent und 80 Prozent ist die Umsetzung. Aber wir sind eben kein Finanzinvestor. Wir haben ein Digital Health Fond aufgelegt mit sehr sorgfältig ausgesuchten Investoren, die bestimmte Bereiche im Gesundheitswesen abdecken. Um dann als strategische Investoren junge Unternehmen auch entsprechend unterstützen zu können. Wäre ich nicht CEO bei dem Wort und Bild Verlag und die Frage ist an sich schon falsch. Denn ich bin dort CEO, weil ich so ein Startup Business betreiben kann.
Wenn ich diese Unternehmerische Freiheit nicht hätte, würde ich diesen Job nicht machen. Ich bin nicht dort, um Print zu verwalten, sondern um den Gesundheitsbereich mit zu digitalisieren und voran zu bringen. Aber ich würde mir sicherlich etwas suchen im Digital Health Bereich. Weil dieser Markt unglaublich wachsen wird und es dort enorm viel Geld gibt. Deshalb würde ich sicherlich eine oder zwei Ideen weiterentwickeln, mir entsprechende Geldgeber suchen und das neu aufziehen. So wie ich es in der Vergangenheit in anderen Bereichen auch getan habe.
„Wenn man sich anschaut, wie sich dann mobile.de entwickelt hat, muss man natürlich sagen: Schade, Chance verpasst.“
Schahab Hosseiny: Sprechen wir doch gerne über die Vergangenheit. Du hast einmal folgende Situation geschildert. Du hattest demnach die Option damals mobile.de für 70 Millionen Euro gemeinsam mit Verlagen zu erwerben. Du konntest diese jedoch nicht intern umsetzen. Mobile.de ist danach für über 120 Millionen verkauft worden. Das heißt, nochmal 50 Millionen mehr. Vielleicht erzählst du unserer Community noch einmal von dieser sehr sonderbaren Situation Und was du vielleicht noch heute aus diesem Case für dich im Rahmen des Unternehmertums mitgenommen hast.
Andreas Arntzen: Zusammen mit Laurence Mehl, habe ich im Namen von drei großen deutschen Verlagsgruppen die Marktgruppe aufgesetzt. Wir haben versucht die klassischen Classifieds zu digitalisieren. Wir waren im Stellenmarkt, im Immobilienmarkt und im Automarkt unterwegs. Zu dem Zeitpunkt war ich Geschäftsführer von der guten alten Zeit, der Wochenzeitung. Diese gehört zu dem Holtzbrinck Verlag und in dieser Zeit hatte ich einen sehr guten Kontakt zu den Gründern von Mobile.de. Es gab dann die Möglichkeit Mobile.de zu übernehmen. Ich habe dann die Gesellschafter, diese drei Verlagsgruppen angesprochen.
Ihr habt hier die einmalige Chance nochmal im Autosektor richtig die Nummer Eins zu übernehmen und dieses Business entsprechend auszubauen. Und wir hätten die damals für 70 bis 80 Millionen Euro kaufen können. Dann gab es eine sehr interessante Diskussion. Können wir nicht mit Media bezahlen oder mit Besserungsscheine und ähnliches. Naja, es war nicht mein Geld. Ich war nun mal datiert für diese drei Gruppen entsprechend zu verhandeln.
Selbstverständlich ist es dann so gekommen, wie es kommen musste. Die Gründer von Mobile.de haben es einer Beratung gegeben, die das Ganze in einer Organisation gebracht haben. Wir haben uns dann kurze Zeit später, in einer anderen Auktion mit Ebay und anderen großen Playern wieder gefunden. Es war eigentlich klar, dass wir dort das Rennen nicht machen werden. Aber für mich war es eine extrem interessante Zeit. Weil die Verleger, die zuvor bei 70 Millionen überlegt haben, waren zweieinhalb Monate später bereit 100 Millionen cash auf den Tisch zu legen, um diesen Deal doch zu bekommen.
Das heißt die Attraktivität ist eigentlich erst entstanden durch die Organisation und es hat gezeigt, dass wir damals in den klassischen Medien noch nicht in der Lage waren ausreichend zu abstrahieren. Was dort eigentlich für ein Potenzial darin steckt, was für ein Wert dahintersteckt. Und wenn man sich anschaut, wie sich dann mobile.de entwickelt hat, muss man natürlich sagen, Schade, Chance verpasst. Aber solche Situationen gab es häufiger. Die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck hätte studiVZ auch tauschen können gegen vier Prozent der Facebook Anteile. Und hat es nicht gemacht. Das wäre auch kein schlechter Deal gewesen.
Schahab Hosseiny: Rückwirkend betrachtet nicht. Jetzt ist das Thema Media for Equity schon angesprochen. Ist es für euch auch ein Hebel? Ihr habt ja eine wahnsinnige Reichweite?
Andreas Arntzen: Wir erreichen 30 Millionen Menschen in Deutschland jeden Monat. Das ist schon eine ziemliche Hausnummer. Und natürlich können wir das auch mit einbringen. Media for Equity hat nur in Deutschland, in den letzten 4 bis 5 Jahren an Image verloren. Weil es teilweise inflationär eingesetzt wurde als Währung für Equity. Ohne immer die Erwartungen zu erfüllen, die man bei dem Deal eingegangen ist. Wir handhaben das etwas anders. Bei uns, als strategischer Partner, steht nicht die Strategie im Vordergrund, sondern die Partnerschaft. Junge Unternehmen nach vorne zu bringen, wenn die sich bei Media for Equity mit uns sehen. Wir machen eigentlich immer eine Mixtur aus Cash und Media.
Dann versuchen wir erst unter Beweis zu stellen, welchen Wert unseren Media hat und verhandeln dann über die entsprechenden Konditionen. Und machen es nicht umgedreht. Weil auch wir nicht bei jedem Produkt, bei jeder Anzeige oder bei jeder Marke sagen können, ob sie entsprechend Anklang findet oder nicht. Ich glaube das diese Form von Ehrlichkeit ganz wichtig ist, um nachhaltig eine Partnerschaft auch mit Leben zu füllen. Und das kam bisher ganz gut an.
Andreas Learnings der letzten Monate oder Jahre
Schahab Hosseiny: Das würde ich absolut unterstreichen. Das Thema des inflationären Nutzens von Media for Equity hat mit Sicherheit viele Dinge stark verwässert. Eine Frage haben wir noch. Ich würde dich gern noch einmal zitieren. Du hast mal gesagt, Fehler zu machen ist enorm wichtig für den Erfolg. Ohne Fehler kein Erfolg. Wenn du jetzt rückwirkend mal die letzten 12 Monate betrachtest. Was war deine größte Niederlage? Und was hast du aus dieser Niederlage für dich wieder abstrahieren können?
Andreas Arntzen: Ich habe eben den Zeitfaktor nicht gehört? Die letzten 12 Jahre oder 12 Monate?
Schahab Hosseiny: 12 Jahre wäre auch gut. Aber wäre eine kuriose Zahl, die ich einfach mal in den Raum werfe. 12 Monate.
„Wir müssen reflektieren, dass wir alle nicht fehlerfrei auf die Welt kommen. Keiner von uns hat laufen gelernt, ohne das er hingefallen ist.“
Andreas Arntzen: Okay, also erst einmal in Bezug auf die Fehler. Wir müssen reflektieren, dass wir alle nicht fehlerfrei auf die Welt kommen. Keiner von uns hat laufen gelernt, ohne das er hingefallen ist. Keiner lernt Skifahren, ohne dass er sich mal wirklich in den Schnee packt. Und je häufiger du das machst, umso besser kannst du abschätzen wo die Grenzen sind. Und das ist eigentlich im Unternehmer Dasein und im Business ganz genauso. Du musst Fehler machen, um die Grenzen zu erkennen. Damit du das Maximum siehst, was du erreichen kannst. Du sollst nur zusehen, dass du ein und denselben Fehler nicht allzu oft wiederholst und die Lernkurve schrittweise nach oben geht. Wenn du über Fehler bei Investment sprichst, es gehört auch dazu, dass man mal ein Flop hat und das man mal deinvestieren muss.
Das auch mal etwas nicht funktioniert. Generell solltest du schon versuchen es irgendwie in positive Seile zu bekommen. Weil du sonst auch zu langsam bist, um neue Dinge anzugehen. Also der Saldo sollte da schon ganz gut sein. In Bezug auf 12 Jahre, ist TinTV, der erste homosexuelle Sender Deutschlands, gefloppt. Den haben wir 2008 aufgebaut, komplett werbefinanziert und voll gegen die Wand gefahren. Weil wir dummerweise nicht wussten, dass es eine Lehmann Krise gibt. Und das Werbefinanzierung so nach unten rauscht, dass hatten wir nicht einkalkuliert. Aber das war ein total spannendes Unterfangen. Und jetzt die letzten 12 Monate? Das ist eine gute Frage. Du beziehst das auf das Unternehmerische?
Schahab Hosseiny: Wenn du privat was erzählen magst, gerne.
Andreas Arntzen: Also privat ist es so, hätte ich gewusst, dass die Corona Krise länger als 12 Monate dauert. Hätte ich noch mehr in Aus- und Weiterbildung investiert. Hätte noch experimenteller versucht ein paar neue Dinge anzugehen. Da habe ich den Drive erst so im zweiten Halbjahr der Corona Pandemie genommen. Was auch wichtig ist, und das versuche ich an alle Mitarbeiter entsprechend weiterzugeben. Ich kann diese Aussagen nicht mehr hören, wenn die Corona Krise vorbei ist, dann mache ich dies oder jenes. Es gibt überhaupt kein Grund, weshalb man nicht heute noch hinterfragen, was wir Neues lernen und machen können. Und das entsprechend angehen. Corona wird uns da nicht hindern.
Und man sollte die Motivation hochhalten, um dann noch besser durch diese Krise zu kommen. Fehler innerhalb der letzten 12 Monate, unternehmerisch, fällt mir jetzt relativ wenig ein. Denn wir sind wirklich ganz gut unterwegs. Ich habe ein tolles Führungsteam und darauf bin ich sehr stolz. Wir sind durch die Krise sehr gut durchgekommen und trotz der Pandemie konnten wir ein Fond aufsetzen. Wir sind insgesamt vier Beteiligungen eingegangen. Ich glaube das wir da in der Gruppe als Team wirklich einen ganz guten Job gemacht haben.
Schahab Hosseiny: Toi toi toi, dass es weiterhin so bleibt. Wir sind leider am Ende unserer Zeit angekommen. Ich hätte tatsächlich noch einige Fragen, aber dafür haben wir jetzt leider keine Zeit mehr. Es war sehr kurzweilig und sehr imponierend. Was für Geschichten du aus der Vergangenheit erzählt hast. Und ich sage herzlichen Dank Andreas, dass du dir die Zeit genommen hast uns bei den verschiedensten Themenkomplexen noch einmal etwas ausführlicher zu erzählen. vielen Dank nochmal.
Andreas Arntzen: Perfekt. Vielen Dank. Ciao und euch noch viel Spaß.
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