Intermate ist einer der führender Player für smarte Social-Media- und Influencer-Marketing Campaigns im DACH-Raum. Zusammen mit der Produktionsfirma Truemates konzipiert Intermate Kampagnen für alle sozialen Plattformen und setzt sie in Zusammenarbeit mit Content Creatorn um. Die besondere Stärke der Agentur liegt im Aufbau von Markenkanälen und Kampagnen auf TikTok. Intermate verfügt nicht nur über eigene Content Studios und leistungsstarke Influencer-Technologie, sondern stellt sein Können auch auf dem eigenen TikTok-Kanal DAILY PIE zur Schau.
In unserem Podcast haben sich Alexander Hoffmann, Senior Social Konzepter und Maurice van gen Hassend, Gen Z Experte von Intermate, mit Christoph Steger über die TikTok Taskforce von Intermate und Truemates, neue Features, die Zielgruppenzusammensetzung auf TikTok und Tipps und Tricks für die Zusammenarbeit mit Influencer:innen gesprochen.
Christoph : Cool, dass ihr beim OMKB-Podcast am Start seid. Würdet ihr mir als Hintergrundinformation zum Start erklären, wie ihr eure Leidenschaft für das TikTok Marketing entdeckt habt und was euch schlussendlich zu Intermate gebracht hat?
Hoffi: Ich hatte letzte Woche mein zweijähriges Jubiläum bei Intermate. Das Unternehmen war schon vorher als Experte für TikTok bekannt, wollte seine Expertise aber weiter ausbauen. Ich habe also meine ersten TikTok-Kampagnen, Konzepte und Strategien verfasst und dabei habe ich gemerkt, dass mir TikTok viel mehr liegt als beispielsweise Instagram. Das liegt an der Architektur der Plattform und den Möglichkeiten hinsichtlich der Werbung und des Auftretens für Marken. Zu dieser Struktur und der Sprache der Plattform passt meine Art des kreativen Denkens besonders gut und so habe ich mich zum TikTok-Experten und -Strategen bei Intermate entwickelt. Mittlerweile bin ich fast ausschließlich mit TikTok beschäftigt.
Vorher war ich bei einer anderen Influencer-Marketing-Agentur, ich hatte aber schon lange einen Blick auf Intermate als einen Top-Player im Creator-Bereich geworfen und bin dann schließlich hier gelandet.
Der Podcast mit Hoffi und Maurice von INTERMATE Group
Christoph : Dann bist du ja bei deiner Wunschagentur gelandet, Glückwunsch. Maurice, wie war es bei dir?
Maurice : Ich hab mit einem Schülerpraktikum bei Intermate angefangen und anschließend neben dem Abitur als Aushilfe weitergearbeitet. Seit letztem Oktober bin ich dualer Student in der Kreation und schreibe Konzepte, erkläre unseren Kund:innen die Generation Z oder führe Trend-Updates hinsichtlich TikTok und anderer Social-Media-Plattformen durch.
Christoph : Und was für einen dualen Studiengang hast du dir ausgesucht?
Maurice : Ich studiere Marketing-Management.
Christoph : Und bedeutet das, dass du zwei oder drei Tage bei Intermate und die restliche Zeit in der Uni bist?
Maurice : Genau so ist es. Ich bin für den Podcast sogar extra aus der Uni ins Büro gekommen.
Die besten Kanäle auf TikTok
Christoph : Prima. Bevor wir wirklich inhaltlich einsteigen, wüsste ich gerne, was eure persönlichen Lieblingsinhalte auf TikTok sind? Was würde euer Feed ausspucken, wenn ihr die App jetzt öffnen würdet?
Hoffi: Ich habe drei Lieblingskanäle, deren Inhalte ich immer wieder konsumiere. Ich bin eigentlich kein Fußball-Fan, aber der erste Kanal ist der SV Darmstadt 98 (@sv1898). Die haben eine tolle, selbstironische Art, Inhalte wie Spielgeschehnisse witzig darzustellen und mit den verschiedenen TikTok-Mechaniken zu kombinieren. Der Verein nutzt sowohl CapCut-Vorlagen als auch Sounds, Stiches und Duetts. Wenn zum Beispiel ein:e Spieler:in eine Rote Karte kassiert, legen die einen TikTok Sound drüber und nehmen sich damit selbst nicht zu ernst. Diese Art der Kommunikation auf TikTok greifen mittlerweile immer mehr Sportvereine auf. Auch sonst konsumiere ich viele Sportinhalte, weil ich früher selbst viel Sport getrieben habe.
Der zweite Lieblingskanal ist der von BAUHAUS, den wir kürzlich gelauncht haben. Wenn man noch neu auf TikTok ist und auf den BAUHAUS-Kanal geht, versteht man die Funktionsweise eines solchen Markenkanals ziemlich schnell. Dort schaffen wir es nämlich, die BAUHAUS-Produkte mit bildenden Inhalten und TikTok-Mechaniken zu verbinden. Die Formate, die wir dort entwickelt haben, schaue ich mir auch privat gerne an. Der Kanal ist noch neu in unserem Portfolio, aber ich bin schon sehr auf dessen weitere Entwicklung gespannt.
Mein letzter Tipp ist die Hellman Retail Group – eine US-amerikanische Marke für Herrenbekleidung, die primär hochwertige Anzüge herstellt. Die haben das TikTok Game einfach durchgespielt und zeigen sehr gut, dass man auf TikTok auf einen wiedererkennbaren Charakter angewiesen ist, den man immer wieder bedienen muss.
Christoph : Gut zu wissen, dass der SV Darmstadt 98 zwar nicht erstklassig im Fußball ist, dafür aber im TikTok Game. Die schaue ich mir im Anschluss direkt an. Und was würden wir in deinem Feed finden, Maurice?
Maurice : Ich folge ziemlich vielen Marken auf TikTok, von denen sind allerdings die wenigsten deutschsprachig. Die nicht deutschsprachigen trauen sich einfach mehr als die Player im DACH-Raum. Mir gefallen auch eine große Portion Selbstironie und Marken, die sich selbst nicht zu ernst nehmen. Gute Beispiele dafür sind Duolingo, die Automarke Lotus, Ryanair und Wendy’s.
Bei Bose gefällt mir besonders, dass die rund um ihre bestehenden Produkte – wie Lautsprecher und Kopfhörer – immer wieder abgefahrene neue Produkte vorstellen. THE ROPE etwa ist ein Seil, das man an sich selbst und einem Lautsprecher befestigt, damit man nie zu weit vom Lautsprecher entfernt ist. Das kommt in der TikTok Community hervorragend an.
Christoph : Folgst du diesen Marken schon mit dem beruflichen Kontext im Hinterkopf, um über die neusten Trends auf dem Laufenden zu bleiben?
Hoffi: Er ist schon ein kleiner Streber (lacht).
Christoph : Sehr gut. Ich bin einige Jahre älter als ihr und als ich mit Social Advertising angefangen habe, habe ich auch alle möglichen Markenkanäle abonniert, um mich mit Inspiration für meine Kund:innen zu versorgen. Und noch heute schaue ich mir gerne Werbung an und überlege mir dabei, wie ich selbst an die Kampagne herangehen würde. Geht euch das ähnlich?
Hoffi: Ja, wir schicken uns auch viel hin und her. Bei den meisten Marken arbeiten wir mit mehreren Creatives, denn es ist wichtig für uns, einen Austausch zwischen mehreren kreativen Köpfen zu haben. Und wenn man dann privat unterwegs ist und interessante Inhalte sieht, postet man die manchmal auch um 23 Uhr noch in den jeweiligen Slack-Channel. Am nächsten Morgen macht sich das Team dann Gedanken dazu, wie man das auf die Marke anwenden könnte.
Intermates TikTok Taskforce – geballtes Wissen aus zwei Unternehmen
Christoph : Hoffi, du hast in unserer vorherigen Session schon von der TikTok Taskforce erzählt. Kannst du uns noch einmal einen kurzen Überblick darüber geben und ist das auch ein Rahmen, in welchem ihr diese gesammelten Links auswertet?
Hoffi: Intermate bildet zusammen mit der Produktionsfirma Truemates die Intermate Group. Irgendwann haben wir festgestellt, dass wir das TikTok-Wissen der beiden Firmen gerne in Form einer Taskforce zusammenführen würden. Dafür haben wir eine Gruppe TikTok-verrückter Creatives und Expert:innen aus der Produktion zusammengestellt, um unsere komplette Dienstleistungskette anhand von TikTok zu fokussieren. Inzwischen treffen wir uns wöchentlich und jede:r bringt wenigstens einen Link oder einen interessanten Inhalt aus dem TikTok-Kosmos mit. Das können sowohl inspirierende als auch verbesserungswürdige Inhalte sein, denn man kann auch aus Fehlern anderer lernen. Auch neue Funktionen können dabei sein, die Maurice dann ins Trend-Update aufnimmt, damit alle auf dem neuesten Stand sind.
Christoph : Das Jahr ist noch recht jung, aber TikTok hat schon jetzt beeindruckende Zahlen geschrieben. Keine andere Plattform kann hinsichtlich Benutzer:innenwachstum, Downloads und Co. solche Zahlen aufweisen, deshalb beschäftigen sich schon viele Unternehmen mit dem Werbepotenzial von TikTok. Welche Entwicklungen aus dem letzten Jahr erachtet ihr als besonders wichtig und wie schätzt ihr die weitere Entwicklung von TikTok ein?
Hoffi: TikTok als Werbeplattform ist ein Thema, das unmittelbar bevorsteht und woran TikTok meiner Meinung nach auf ein großes Interesse hat. Allerdings glaube ich, dass das anders aussehen wird als auf anderen Plattformen. Gleichzeitig wird TikTok weiterhin Unternehmen gnadenlos abstrafen, welche die TikTok-Sprache nicht beherrschen.
Christoph : Das stimmt, viele Unternehmen warten auf die Monetarisierung auf TikTok. Aber du scheinst nicht davon auszugehen, dass TikTok zum Instagram 2.0 wird. Die Plattform wird auch für kleinere Advertiser zunehmend beliebt, die sich Agenturen wie euch nicht leisten können und dementsprechend Werbung schalten möchten, die vielleicht nicht optimal zu TikTok passt. Entsteht mit der zunehmenden Popularität die Gefahr, dass die aktuellen nativen, unterhaltsamen Ads verschwinden und durch Stopper Ads ersetzt werden?
Maurice : Man sieht schon jetzt immer häufiger, dass auch kleinere Unternehmen Werbung auf TikTok schalten. Wenn Werbung nicht TikTok-nativ ist, wird sie allerdings auch nicht besonders gut funktionieren. Gleichzeitig kann man auch mit einem geringen Budget gute TikTok-Werbung herstellen – das zeigen uns die vielen Creator, die ihre Videos in ihrem Kinderzimmer drehen und Produkte darin einbinden. Man kann also mit wenigen Materialien einen beachtlichen Output generieren und das können sich auch kleinere Unternehmen zunutze machen.
Christoph : Obliegt es also Plattformen wie TikTok, die Kleinunternehmen in dieser Hinsicht zu instruieren?
Maurice : Ja, und das macht TikTok bereits. Die haben zahlreiche Instruktionen für einen gelungenen Start auf TikTok – sowohl für Advertiser als auch Creator. Dadurch haben auch kleinere Unternehmen eine echte Chance, schnell auf TikTok zu wachsen.
Auto Scroll und Paywalls – neue Features auf TikTok?
Christoph : Vor einigen Tagen habe ich gelesen, dass es eine Auto-Scroll-Funktion auf TikTok getestet wird und nun frage ich mich, wie ich mir das genau vorstellen kann. Habt ihr schon Erfahrungen damit gesammelt und welche Vorteile könnte das für Marken bedeuten?
Hoffi: Wir haben auch davon gelesen und uns damit beschäftigt. Dieser Button wird noch nicht allen Nutzenden angezeigt – mir zum Beispiel noch nicht –, sondern nur einer Testkohorte. Die Funktion kann man sich so vorstellen, dass das Programm automatisch die Videos nacheinander abspielt, was natürlich ein tolles Feature für die richtig faulen Nutzenden ist. Durch die Auto-Scroll-Funktion kann es dazu kommen, dass die Interaktion mit einzelnen Inhalten und dementsprechend die messbare Performance abgeschwächt wird. Denn wenn man den Daumen nicht mehr zum Scrollen verwendet, verwendet man ihn im Zweifel auch nicht zum Kommentieren, Liken oder Teilen. Aktuell wird daran die Performance gemessen, was durch den Auto-Scroll erschwert werden würde.
Maurice : Lange war es der USP von TikTok, dass sich die Nutzenden durch das Scrollen aktiv mit dem Content beschäftigen. Wenn man dagegen Content auf YouTube konsumiert, kann man nebenbei auch die Spülmaschine ausräumen oder einen Online-Shop durchstöbern.
Christoph : Vorerst wird das Feature nur getestet – wer weiß, ob es tatsächlich zum Roll-out kommt. Ich finde es aber schon interessant, dass das überhaupt getestet wird. Ich lasse mich zum Beispiel gerne von Inhalten catchen und schaue die dann viermal hintereinander an, was TikTok und den Creatorn natürlich einen wichtigen Aufschluss über den Impact eines Videos gibt.
Als ich mein Google-News-Abo durchgegangen bin, habe ich außerdem gelesen, dass TikTok eventuell eine Paywall für ausgewählte Videos einführen könnte. Das Konzept ist schon von OnlyFans und ähnlichen Apps bekannt. Habt ihr Hintergrundwissen zu dem Plan, der dahinterstecken könnte und wie würdet ihr einer solchen Funktion gegenüberstehen?
Hoffi: Es scheint so zu sein, dass die Zahl der Nutzenden auf dem US-Markt aktuell stagniert und dass TikTok dem mit einem monetären Anreiz zum Vorteil der Creator entgegenwirken möchte. Ich bin davon nicht begeistert, weil dieser exklusive Charakter meiner Meinung nach nicht zu TikTok passt. TikTok ist eigentlich sehr divers und bietet Content und Dialog zu allen denkbaren Themen und für alle möglichen Zielgruppen. Wenn man nun bestimmte Inhalte nur einem zahlungskräftigen Publikum zur Verfügung stellt, widerspricht das meiner Meinung nach der Idee von TikTok.
Aus der kreativen Perspektive stelle ich mir zudem die Frage, wie sich die Architektur der Plattform durch dieses Feature ändern wird und wie man die Nutzenden dazu bringt, Geld für exklusive Inhalte auszugeben. Ich glaube nicht, dass sich das durchsetzen wird.
Maurice : Mir geht es ähnlich und ich glaube ebenfalls, dass sich dieses Feature nicht durchsetzen wird. Mit der jungen Zielgruppe im Blick würde ich sagen, dass die eher nicht bereit ist, Geld für exklusive Inhalte auszugeben. Das sehen wir etwa bei Online-Zeitschriften, die bestimmte Artikel hinter Paywalls verstecken, welche die junge Zielgruppe dann einfach nicht liest. Insbesondere die jungen Nutzenden haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass TikTok, Instagram und Co. durch die Werbefinanzierung kostenlos sind.
Was TikTok für die Gen Z so reizvoll macht
Christoph : TikTok ist durch die Gen Z, die du eben angesprochen hast, Maurice, groß geworden – wobei die anderen Altersgruppen TikTok auch vermehrt nutzen. Ich habe kürzlich gelesen, dass 40 Prozent der jungen Menschen ihre Suche nach Produkten oder Dienstleistungen über TikTok und ähnliche Netzwerke statt über Google oder Amazon beginnen. Was macht TikTok so attraktiv für die Gen Z? Es gibt schließlich auch Netzwerke wie Snapchat, die den Nerv der jungen Generation nicht annähernd so gut getroffen haben.
Maurice : TikTok hat ein enormes Suchtpotenzial, weil man mindestens bei jedem zweiten Video unterhalten wird und dadurch regelmäßige Dopaminschübe ausgelöst werden. Als Agentur entwickeln wir deshalb gerade Konzepte für die SEO. Als ich beispielsweise letztes Jahr mein Abitur geschrieben habe, habe ich auf TikTok schon viele Lernvideos gefunden. Und erst, wenn ich auf TikTok keine Inhalte (mehr) gefunden habe, habe ich auf YouTube oder Google gesucht. Das veranschaulicht das Bedürfnis nach schnellen, komprimierten Inhalten, wie ungeduldig wir geworden sind und wie sich dadurch unsere Aufmerksamkeitsspanne verkürzt hat. Das hat sich bei mir jedenfalls in den vergangenen zwei Jahren drastisch verschlimmert und genau darauf können Marken einzahlen.
Wenn man als Marke etwa Educational Content produziert, könnte man sich die Lehrpläne der einzelnen Bundesländer anschauen, zur Marke passende Inhalte daraus extrahieren und dazu Formate gestalten. Dann hat man eine bessere Chance, dass die Nutzenden aktiv nach den eigenen Inhalten suchen.
Als junge Zielgruppe sind wir zwar mit Google aufgewachsen, wir lassen uns aber auf TikTok inspirieren. Dort suchen wir nach Reisezielen und Food Spots, weil wir innerhalb von 30 Sekunden mit Bewegtbild und Ton alles zu einem Restaurant oder einer anderen Location herausfinden können. Deshalb ist SEO ein richtig spannendes Thema für die kommenden Monate, wenn nicht sogar Jahre, das man als Marke nicht außer Acht lassen sollte.
Christoph : Habt ihr schon Tipps in Bezug auf SEO auf TikTok, die ihr mit unserer Audience teilen könnt?
Maurice : Ein Augenmerk sollte man auf die Captions – also die Bildunterschrift – legen, in welchen man Keywords mit bis zu 2.000 Zeichen unterbringen kann. Ein zweiter Aspekt sind die Text Layovers, die man etwa als Untertitel in den Videos sieht und ein dritter der tatsächlich gesprochene Text, der auch von TikTok analysiert und kategorisiert wird.
Hoffi: Auf anderen Plattformen wie Instagram spielen Captions eine große Rolle, bei TikTok schaue zumindest ich aber mehr auf das Visuelle. Wie Maurice eben gesagt hat, kann man sich aber im SEO Game mit den richtigen Keywords eine gute Positionierung sichern, um als Marke relevant zu werden.
Christoph : Ich habe Snapchat schon kurz angesprochen und will gar nicht zu intensiv darauf eingehen, aber die Plattform hat immerhin kürzlich eine kleine Renaissance erlebt. Ist Snapchat eine Plattform, die ihr als Agentur bedient?
Hoffi: Meiner Meinung nach adressiert Snapchat eine noch jüngere Zielgruppe, während TikTok auch bei den älteren Nutzenden immer beliebter wird. Mit unseren Technologien schauen wir uns unter anderem an, welche Inhalte TikTok-Creator auf Instagram teilen und wie oft sie auf TikTok verweisen. Diese Hinweise auf TikTok bleiben in etwa konstant und dementsprechend können wir davon ausgehen, dass bei einer gleichbleibenden Beliebtheit der Inhalte auf Instagram auch immer mehr Menschen zu TikTok migrieren und das Durchschnittsalter auf TikTok dadurch immer weiter steigt, ohne dass die junge Zielgruppe wegbrechen würde.
Bei Snapchat hingegen wird der Fokus meiner Ansicht nach weiterhin auf der jungen Zielgruppe liegen. Aufgrund dieser Beobachtungen würde ich Marken nur raten, auf Snapchat aktiv zu sein, sofern sie eine sehr junge Zielgruppe ansprechen. Wenn das nicht der Fall ist, sollte man sich hingegen auf TikTok konzentrieren.
Zu welchem Unternehmensprofil passt TikTok?
Christoph : Ist TikTok eurer Ansicht nach denn für Brands jeder Größe ein geeigneter Marketing-Kanal?
Hoffi: Ja. Ich habe vorhin in meiner Speaker Session schon angedeutet, dass es einen Social Graph und einen Content Graph gibt. Der Social Graph greift etwa bei Instagram stark und achtet unter anderem auf die Anzahl der Follower, die Zusammensetzung einer Community und das Like-Verhalten. Bei TikTok steht dagegen der Content Graph im Vordergrund, bei dem es primär um die Inhalte geht, die man präsentiert. Das liegt unter anderem daran, dass sich TikTok nicht als soziales Medium und viel mehr als Unterhaltungsplattform versteht.
Aufgrund dessen gehen regelmäßig Videos von unbekannten Creatorn auf TikTok viral und gerade deshalb ist TikTok die Plattform für kleinere Marken, um auf sich aufmerksam zu machen. Wenn Inhalte die Sprache von TikTok sprechen und in den Content Graph treffen, bekommt man einen Push vom Algorithmus.
Christoph : Bei unseren vergangenen Sessions ist von der Audience immer wieder die Frage aufgekommen, ob Marken auch dann Werbung auf TikTok machen sollten, wenn die Gen Z überhaupt nicht ihre Kernzielgruppe ist. Die Antwort hast du eben schon vorweggenommen, als wir über den Unterschied zwischen Snapchat und TikTok gesprochen haben, aber viele verbinden TikTok nach wie vor mit der Gen Z. Vielleicht können wir deshalb noch etwas näher auf die Altersentwicklung auf TikTok eingehen.
Hoffi: Die Zahlen ändern sich natürlich kontinuierlich, aber etwa ein Drittel der Nutzenden ist über 34 Jahre alt. Gen Z sind dagegen alle, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden. Ein Großteil der Nutzenden ist weiterhin unter 30 Jahre alt. Genauere Zahlen kann ich leider aus dem Stegreif nicht nennen. Trotzdem sollte man TikTok auch in Hinblick auf ältere Zielgruppen mitdenken, weil man dermaßen schnell viral gehen kann und weil die älteren Zielgruppen dort durchaus anzutreffen sind.
Christoph : Neben der Zielgruppe ist auch das Unternehmensziel entscheidend. Ist TikTok für alle Unternehmensziele geeignet beziehungsweise gibt es Unternehmensziele, für die TikTok prädestiniert ist?
Maurice : Meiner Ansicht nach sollte TikTok hauptsächlich als Awareness-Kanal verwendet werden, mit dem man initial Aufmerksamkeit für eine Marke generiert. Sales Content dagegen wird insbesondere von den jungen Menschen abgestraft. Stattdessen produzieren wir unterhaltsamen Content, in welchen die Produkte immer wieder nativ eingebunden werden. Dadurch bringen wir die Marke ins Gespräch, verschaffen ihr einen Platz auf der Plattform, generieren die Aufmerksamkeit der jeweiligen Zielgruppe und können dadurch langfristig ein Markenbewusstsein aufbauen, welches schlussendlich zu Kaufabschlüssen führt. Man muss dementsprechend langfristig auf TikTok denken und kann schlussendlich auch Sales durch ein cooles Branding generieren.
Christoph : Eine Frage aus unserer Audience bezieht sich auf Unternehmen, die schon früh ein Profil auf TikTok angelegt, einige erfolgreiche Videos veröffentlicht haben und den Kanal dann haben brach liegen lassen. Wenn ein solches Unternehmen jetzt intensiver ins TikTok Game einsteigen möchte, sollte es diesen Kanal wiederbeleben oder sollte es ein neues Profil aufsetzen?
Hoffi: Weil TikTok den Fokus auf den Content Graph legt, muss man nicht extra ein neues Profil einrichten. Dementsprechend muss man Asset-zentriert denken und jedes Asset individuell betrachten, denn der Content ist das ausschlaggebende Kriterium. Deswegen ist es egal, wenn man einen Kanal über einen längeren Zeitraum brach liegen lässt. Wenn man wieder anfängt und eine gute Performance erzielen möchte, sollte man allerdings regelmäßig Inhalte posten.
Die perfekten Posts – wann und wie oft sollten Unternehmen auf TikTok posten?
Christoph : Für manche Netzwerke gibt es Faustformeln, wie oft man Inhalte posten sollte, um relevant zu bleiben. Gibt es die auch bei TikTok?
Hoffi: Diese Frage haben wir uns natürlich auch gestellt und deshalb die erfolgreichsten Markenkanäle auf TikTok mit unserem Tool untersucht. Diese Analyse hat ergeben, dass die erfolgreichsten Kanäle auf TikTok viel und häufig posten. Als Faustformel hat sich daraus ergeben, dass man idealerweise täglich posten sollte.
TikTok ist eine dynamische und schnelllebige Plattform. Wenn man als Marke nicht sichtbar ist, kann man auch nicht relevant sein. Die meisten Nutzenden schauen sich zudem nur Inhalte auf der For You Page an, auf der man innerhalb kürzester Zeit eine große Menge an Inhalten konsumiert. Je öfter eine Marke auf der For You Page oder der Follow Page zu sehen ist, desto relevanter wird sie für die gesamte Plattform. Dementsprechend ist das Credo: Je häufiger man postet, desto wahrscheinlicher geht Content vira.l Wenn man so häufig postet, muss man natürlich gleichzeitig darauf achten, die Qualität nicht zu vernachlässigen.
Christoph : Bei der letzten Session ist eine interessante Frage einer Kollegin reingekommen. Das infrage stehende Unternehmen postet nicht besonders häufig und setzt stattdessen auf aufwendig produzierte Inhalte. Nun ist einer dieser für TikTok produzierten Inhalte nicht viral gegangen, obwohl sich die gesamte Marketing-Abteilung sicher ist, dass der einwandfrei hätte funktionieren müssen. Die Vermutung ist nun, dass der Post einfach zum falschen Zeitpunkt veröffentlicht wurde. Wie kann man nun mit solchen Inhalten umgehen? Kann man die recyceln oder würdet ihr davon eher abraten?
Maurice : Wenn ein Asset auf TikTok nicht funktioniert, sollte man sich selbst hinterfragen und herausfinden, woran es gelegen hat. Man kann sich etwa die Beibehaltungsrate anschauen – die gibt Auskunft darüber, an welcher Stelle die Nutzenden abgeschaltet haben. Das kann daran liegen, dass etwas Bestimmtes gesagt wurde oder dass zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts gesagt wurde und die Nutzenden nicht wissen, worum es geht. Auf TikTok muss man in den ersten drei Sekunden erklären, worum es geht, um die Aufmerksamkeit der Nutzenden zu halten. Deswegen bedeutet eine aufwendige Produktion nicht automatische eine gute Performance auf TikTok. Eine gute Performance auf TikTok kann man erwarten, wenn der Content lustig, inspirierend oder informativ ist. Das ist der Grund, warum Creator aus ihrem Kinderzimmer Millionen von Nutzenden erreichen können, obwohl sie ihre Videos mit einem Smartphone statt einer Hochglanz-Produktionsmaschinerie drehen.
Hoffi: Wir haben die Videos natürlich nicht gesehen, aber wenn ich höre, dass die „aufwendig produziert“ wurden, stelle ich mir eine Ästhetik vor, die wir primär aus der Fernsehwerbung kennen. Genau das möchte die Community auf TikTok aber nicht sehen, deshalb würde ich diese werbliche Ästhetik vermeiden.
Ich würde aber nicht grundsätzlich den Inhalt oder das Narrativ verwerfen, denn das wird die Kollegin oder das Unternehmen aus einem triftigen Grund ausgewählt haben. Stattdessen würde ich mir Gedanken dazu machen, wie man das Asset in die TikTok-Sprache übersetzen kann und es dementsprechend noch einmal drehen. Dann kann man die Performance der Inhalte vergleichen und falls es weiterhin nicht funktioniert, muss man sich eine vollkommen andere Strategie überlegen.
Christoph : Bei anderen Plattformen wird immer wieder darüber diskutiert, ob es den richtigen Zeitpunkt für Uploads gibt – die richtige Tageszeit oder den richtigen Wochentag etwa. Gibt es einen solchen perfekten Zeitpunkt auch auf TikTok?
Hoffi: Da bin ich offen gestanden überfragt, weil wir in der Kreation nicht viel mit den Content-Plänen und den Upload-Zeitpunkten zu tun haben. Unser Social-Media-Team hätte bestimmt spannende Insights zu dieser Frage, aber ich kann keine valide Äußerung dazu tätigen.
Maurice : Ich bemerke immer wieder, dass Videos nicht unmittelbar, sondern einige Tage nach dem Upload viral gehen und dass das unabhängig vom Upload-Zeitpunkt ist. Dementsprechend würde ich sagen, dass man auch nachts Videos posten kann. Der TikTok-Algorithmus ist ziemlich rätselhaft, aber man kann trotzdem damit umgehen.
Christoph : Als Marketeers und Advertiser wissen wir schon von anderen Plattformen, dass Reichweiten teilweise bewusst beschnitten werden. Das ist zuerst auf Facebook aufgefallen, wo User sich organisch eine Community von hunderttausenden Follower:innen aufgebaut hatten und plötzlich feststellen mussten, dass ihre Post immer weniger Leuten angezeigt werden, wenn sie nicht für Reichweite bezahlen. Ist das auf TikTok auch so? Sollte man als Marke kontinuierlich die eigene Performance mit Paid pushen?
Hoffi: Wenn ein Inhalt einwandfrei funktioniert und die Sprache der Community spricht, kann man ihm durchaus einen kleinen, bezahlten Push geben. Das wäre eine gute Investition, weil man dadurch tatsächlich mehr Reichweite generieren kann.
Wenn Inhalte dagegen nicht auf TikTok funktionieren, würde ich aber davon abraten, sie mit Paid pushen zu wollen. Das kann den Eindruck erwecken, man wolle sich der Community aufdrängen und dementsprechend könnten die Kommentare unter dem Video ausfallen.
Christoph : Das beantwortet auch meine nächste Frage danach, wie man als neues Unternehmen am besten TikTok testet: Zunächst organisch ein Gefühl für die Inhalte bekommen, statt sofort mit einem großen Paid-Budget einzusteigen.
Hoffi: Genau.
Der Talk mit Hoffi und Maurice von INTERMATE Group in voller Länge als Video ON DEMAND
Mit Musik und Lenses Aufmerksamkeit generieren
Christoph : Eine weitere beliebte Frage in Hinblick auf TikTok dreht sich um die Musikrechte. Für TikTok als Plattform ist Musik essenziell, viele Musiktrends entstehen sogar hier und finden dann ihren Weg in die Charts und das Radio. Was könnt ihr Unternehmen hinsichtlich des Umgangs mit Musikrechten raten? Ihr könnt natürlich keine Rechtsberatung anbieten, aber vielleicht habt ihr Tipps aus dem Alltag.
Hoffi: Grundsätzlich sollten Unternehmen in dieser Hinsicht äußerst vorsichtig sein, denn Marken werden immer wieder in Millionenhöhe verklagt. Gleichzeitig ist die auditive Ebene – ob Musik oder andere Sounds – auf TikTok essenziell. Dementsprechend muss man entweder die entsprechenden Musikrechte bezahlen oder lizenzfreie Musik verwenden. Wenn man die Tonalität der aktuell angesagten Musik versteht, kann man diese in der Regel auch mit lizenzfreier Musik gut treffen und dementsprechend die aktuellen Musik-Trends nutzen.
Von der Musik differenzieren wir Sounds wie Voice Snippets. Diese Sounds kann man oft nachbauen, im Fall der Voice Snippets spricht man die einfach neu ein. Mit diesen Kopien ist man oft ebenso erfolgreich wie mit dem Original-Sound.
Christoph : Zu den Voice Snippets erhalten wir auch immer wieder Fragen, das ist ein guter Tipp.
Hoffi: Wenn man als Marke mit Musik auf TikTok Reichweite generieren möchte, muss man natürlich nicht immer auf den aktuellen Trend aufspringen, man kann auch selbst Trends setzen, indem man eigene Musik produziert. Das ist natürlich eine große Herausforderung, kann aber auf TikTok gut funktionieren.
Christoph : Würdet ihr sagen, dass man sich auf TikTok von der Markenkonsistenz in den jeweiligen Assets verabschieden muss, die man sonst über ähnliche Tag Lines und Farben herstellen würde?
Hoffi: Es gibt auf TikTok verschiedene Lenses – das sind Kreativelemente, die man immer wieder verwendet, um einen Wiedererkennungswert zu generieren. Weil die User innerhalb kurzer Zeit eine solche Content-Masse konsumieren, muss man mit einem einzigartigen Charakter herausstechen. Ein gutes Beispiel dafür ist Ryanair, die immer wieder Memes mit ihrem Flugzeug hochladen.
Unter anderem gibt es die Tonal Lense, bei der es um visuelle Elemente und eine immer gleichbleibende Umgebung geht. Dementsprechend sollte man die Brand-Farben nicht ständig wechseln, sondern als Instrument für die Wiedererkennung verwenden. Ein anderes gutes Beispiel ist Duolingo. Die grüne Eule als Maskottchen hat nicht nur mit ihrer Form, sondern auch mit ihrer Farbe einen starken Wiedererkennungswert und diese grüne Farbe taucht in deren Assets immer wieder auf. Die Verwendung einer Farbe sollte natürlich nicht zu plump wirken, sondern kreativ in die Assets eingebunden werden.
Maurice : Es gibt natürlich noch weitere Lenses, die man sich als Marke zunutze machen kann. Mit der Character Lense etwa kann man einen bestimmten Charakter erschaffen – wie ein:e Ärzt:in, die oder der immer wieder auf dem Kanal einer Krankenkasse erscheint.
Man kann außerdem eine Product Lense aufsetzen. Bei Ryanair beispielsweise ist das Flugzeug das Produkt, das immer wieder Geschichten aus dem Ryanair-Kosmos erzählt. Marken haben so viele Entfaltungsmöglichkeiten, ohne ihre Markenkonsistenz aufgeben zu müssen.
Hoffi: Unter dem Strich sollte man sich nicht von der Markenkonsistenz verabschieden, sondern diese in die verschiedenen TikTok Lenses übersetzen. Wichtig ist außerdem, nicht immer dieselbe Lense bedienen zu wollen, sondern sich mehrere Lenses zunutze zu machen. Meistens steht aber eine Lense im Vordergrund.
Ich habe eingangs schon die Hellman Retail Group erwähnt. Auf deren Kanal kann man sehen, dass die eigentlich jede Lense bedienen; es sind immer wieder Anzüge im selben Setting mit derselben Person zu sehen. Diese Lenses können ein gutes Instrument für Marken sein, um einen kreativen Charakter für den Markenkanal aufzubauen.
Wie wählt Intermate seine Creator aus?
Christoph : Lasst uns einen Sprung in den Creator-Bereich machen. Bei Intermate arbeitet ihr eng mit Creatorn zusammen. Ihr seid selbst kreative Köpfe, was macht also die Arbeit mit diesen Creatorn für euch so besonders?
Hoffi: Wir hatten letztes Jahr eine Kampagne, die mit einer großen Produktion und vielen Creatorn am Set einherging. Unter anderem haben wir Livestreams produziert, bei denen die Creator unsere kreativen Inhalte auf ihre individuelle Weise umsetzen sollten. Ich war schwer beeindruckt, wie locker die ans Set kommen und wie präzise die vor der Kamera performen können. Mir macht es auch großen Spaß, meine eigenen kreativen Gedanken mit einer anderen kreativen Person zu teilen und dann deren Interpretation dessen zu beobachten.
Maurice : Bei mir ist das ähnlich. Mir macht der kreative Austausch mit Creatorn großen Spaß, besonders wenn man am Set mit unterschiedlichen Kameraeinstellungen und Präsentationsarten experimentiert.
Christoph : Wie wählt ihr die Creator aus, mit denen ihr zusammenarbeitet? Das ist natürlich vom Unternehmen abhängig, aber achtet ihr auf bestimmte Skill Sets oder KPIs?
Maurice : Dafür nutzen wir unser eigenes Tool, das wir schon mehrmals erwähnt haben. Wenn ich da reingehe und nach Creatorn suche, staune ich immer wieder, was das Tool schon alles kann. Damit suchen wir jedenfalls Creator aus und überprüfen deren KPIs, ihre Zielgruppe und ob sie zum Content der Marke passen. Wir haben beispielsweise einen Content-Filter, mit dem wir analysieren können, welche Marken die Creator in den vergangenen Monaten erwähnt haben und wie sie über die Marken gesprochen haben. Bei positiven Erwähnungen würde sich eine gemeinsame Kampagne anbieten. So stellen wir sicher, dass die Creator zur Marke passen und nicht beliebig für Kampagnen eingebucht werden.
Christoph : Das Gegenteil beobachte ich in letzter Zeit immer wieder auf Instagram, wo Creator Produkte von Marken präsentieren, zu denen sie eigentlich überhaupt nicht passen.
Hoffi: Es ist für uns total wertvoll, dass wir mit unseren kreativen Ideen an das Projektmanagement und das Social-Media-Team herantreten können und dass die dann die passenden Creators für uns finden. Auf TikTok kann man organisch nämlich auf zwei unterschiedliche Arten stattfinden: mit einem Markenkanal oder durch die Kooperation mit Creatorn. Vor der Zusammenarbeit mit Creatorn schauen wir uns immer deren Kanal an, denn nicht nur die Marke hat einen bestimmten Charakter, sondern auch die Creator. Wir schneiden unsere Ideen individuell auf die Creator zu, damit sie nativ in deren Kanäle eingebunden werden können. Ansonsten kommt es zu einem Bruch im Creator-Charakter und die Community versteht sofort, dass es sich bei dem Inhalt um Werbung handelt und schaltet ab. Weil die Audience auf TikTok fast allergisch auf schlechte Werbung reagiert, ist die Auswahl der Creator und die Produktion nativer Inhalte so wichtig.
Maurice : Dementsprechend verfassen wir oft keine konkreten Ideen für Creator, sondern Playbooks. Die geben einen Kampagnenrahmen vor und welche Informationen vermittelt werden sollen, damit die Kampagne zielgerichtet gestaltet werden kann. Die Creator adaptieren die Informationen dann so, dass sie zu deren Content passen und bringen dadurch ihre eigene Expertise ein.
Hoffi: Genau das haben wir letztes Jahr mit Dr.BEST gemacht und dafür auch den TikTok Award in der Kategorie Greatest TikTok 2022 gewonnen. Wir haben die Tonalität der Brand hergeleitet und dann Creator ausgewählt, die vollkommene Freiheit bei der Umsetzung dieser Tonalität hatten. Unsere Grundidee wurde dadurch mit einer Extra-Portion Kreativität auf das nächste Level gehoben. Es wurden beispielsweise Songs zu der Zahnbürste verfasst, die anscheinend den Nerv der TikTok Community getroffen haben.
Christoph : Muss man als Marke zwangsläufig einen eigenen Kanal aufbauen oder reicht die Zusammenarbeit mit Creatorn aus?
Hoffi: Wir sagen immer, dass das keine Frage des Entweder-oder ist. Um auf TikTok relevant zu sein, sollte man optimalerweise über einen eigenen Kanal und Kooperation mit Creatorn verfügen sowie eine Paid-Strategie implementieren. Natürlich ist uns klar, dass das nicht immer möglich ist. Mit dem eigenen Markenkanal und entsprechenden Community-Management kann man allerdings den eigenen Charakter im Auftreten der Community gegenüber festigen. Wenn man zusätzlich Creator-Kooperationen eingeht, profitiert man von deren Reichweite und kann dadurch schnell Aufmerksamkeit für eine Marke oder ein Produkt generieren. Wie Maurice schon dargestellt hat, funktioniert das aber nur, wenn die Creator zur Marke passen und man ihnen den nötigen kreativen Freiraum lässt.
Influencer Marketing auf Instagram und TikTok – die Regeln sind nicht dieselben
Christoph : Falls ein Unternehmen die Influencer-Kooperationen auf Instagram schon durchgespielt hat und nun zu TikTok wechselt, muss es dann andere Spielregeln beachten?
Hoffi: Man sollte jedenfalls keine Inhalte von Instagram auf TikTok posten, weil das einfach nicht funktioniert. Die Sprache der Community und das Verständnis von Inhalten sind vollkommen anders. Natürlich ist die Versuchung groß, Reels auf TikTok wiederzuverwenden, aber ich würde stark davon abraten.
Christoph : Und wie sieht es umgekehrt aus? Instagram hat damals mit den Storys erfolgreich Snapchat kleingehalten und hat mit den Reels dasselbe in Bezug auf TikTok versucht. Das hat nicht funktioniert, aber die Ähnlichkeit besteht trotzdem. Könnte man also Inhalte von TikTok auf Instagram teilen?
Maurice : Wenn man die Inhalte ohnehin schon hat, kann man das tun. Durch die Analyse mit unserem Tool haben wir allerdings herausgefunden, dass der Diskurs hinsichtlich der Tonalität und Themen auf Instagram ein anderer ist als auf TikTok. Dort sind andere Themen relevant; auf TikTok geht es deutlich um Comedy als auf Instagram
Christoph : Ihr habt schon über verschiedene Lenses gesprochen, mit denen man einen Wiedererkennungseffekt auf dem eigenen Markenkanal erzielt. Wie vereint man die eigene Kommunikation mit der Ästhetik unterschiedlicher Influencer auf TikTok? Wir haben vorhin BAUHAUS angesprochen, deren Logo ist rot und weiß. Sollte diese Farbkombination auch Teil der Influencer-Kampagnen sein?
Hoffi: Wenn man mit Creatorn zusammenarbeitet, weiß man von Anfang an, dass man vermutlich nicht an einem Set mit konsistenter Ästhetik arbeiten wird. Darum benötigt man eine Unique Creative Logic – ein kreatives Dach, das aus unterschiedlichen Kreativelementen besteht und das alle Creator unabhängig vom jeweiligen Kontext umsetzen können.
Diese Kreativelemente können auch in den Creatorn selbst bestehen und die Konsistenz kann man dadurch erzeugen, dass immer wieder dieselben Gesichter aus derselben Kameraperspektive auftauchen. Es gab beispielsweise mal diesen Trend, die Smartphone-Kamera auf Weitwinkel zu stellen und sich dann vor die Stirn zu halten. Das könnte auch ein konsistentes ästhetisches Element sein.
Außerdem muss man im Vorhinein mit dem/der Kund:in Watch Outs definieren. Wir erarbeiten immer ein holistisches Playbook mit den wichtigsten Dos and Don’ts und Regeln für das Community-Management.
Christoph : Besonders bei neuen Kanälen ist auch das Pricing ein wichtiges Thema. Weil schon so viele Unternehmen auf Instagram aktiv sind, ist es vermutlich sinnvoll, das Pricing für Influencer auf TikTok mit dem auf Instagram zu vergleichen. Nicht alle Unternehmen können mit den reichweitenstärksten Influencern auf Instagram zusammenarbeiten, deswegen lohnt sich dort auch ein Blick auf die Micro-Influencer. Ist das auf TikTok auch so und ist das Pricing hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Influencern ähnlich?
Maurice : Es ist kein Geheimnis, dass die Zusammenarbeit mit Creatorn immer teurer wird. Das ist auch logisch, weil die Branche immer professioneller wird und die Creator ein immer besseres Gefühl dafür bekommen, wie viel Geld sie für ihre Dienstleistungen und ihre Reichweite verlangen können. Es gibt aber auch immer Möglichkeiten, an günstigen Creator Content zu gelangen, weil es so viele kleine Creator gibt, die guten Content produzieren.
Hoffi: Man muss auch nicht immer mit den größten Creatorn starten. Wenn Unternehmen eine neue Strategie ausprobieren oder einen ersten Schritt auf TikTok wagen möchten, können wir mit unserem oft erwähnten Tool genau diese Leute finden, die auf TikTok noch keine große Reichweite und keinen etablierten Charakter aufgebaut haben und die dann mit der Brand wachsen können. Das funktioniert besonders gut auf TikTok, weil es dort nicht auf Hochglanz, sondern Kreativität ankommt.
Sind computergenerierte Influencer ein Trend mit Zukunft?
Christoph : Es gibt schon einige computergenerierte Influencer, die entweder mit verschiedenen Marken kooperieren oder von einzelnen Marken kreiert werden. Habt ihr schon Berührungspunkt mit solchen Influencern gehabt und wie steht ihr zu dem Trend?
Maurice : Ich habe mich damit tatsächlich näher beschäftigt, weil virtuelle Charaktere unter anderem durch das Metaverse immer mehr in den Fokus geraten. Die virtuellen Influencer bieten auf jeden Fall Vorteile, nicht zuletzt durch die Kontrolle, die man über sie hat. Das kann aber auch gefährlich sein, wenn diese Kontrolle beispielsweise für politische Propaganda missbraucht wird. Weitere Vorteile der virtuellen Influencer sind der finanzielle Aspekt – die müssen initial erstellt und können anschließend immer wieder verwendet werden – und die Flexibilität. Virtuelle Influencer verpassen keine Calls oder Deadlines.
Ein weiterer Nachteil ist allerdings die mangelnde Authentizität. Wenn man die Marketing-Brille ab- und die User-Brille aufsetzt, sind virtuelle Influencer vermutlich nicht das, was gerade am besten ankommt. Auch die technologische Abhängigkeit ist ein Problem, weil technische Probleme zu Verzögerungen oder Einschnitten bei der Kampagne führen können. Man kann diesen Trend aber natürlich ausprobieren und anschließend analysieren, ob man damit die gewünschten Ergebnisse erzielen kann.
Christoph : Ich folge aktuell noch keinen virtuellen Influencern und wenn ich euch richtig verstehe, werde ich nächstes Jahr zu dieser Zeit vermutlich nicht wesentlich mehr computergenerierten Content in meinem Feed sehen.
Maurice : Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass diese virtuellen Influencer meist absolut makellos sind; die haben keine Akne, schütteres Haar oder schiefe Zähne. Aber man kann sie natürlich auch mit Makeln versehen und dadurch noch spannendere Stories erzählen.
Christoph : Hoffi, wie ist dein Take dazu? Folgst du Lil Miquela?
Hoffi: Nein, in der Hinsicht bin ich ein richtiger Boomer. An TikTok gefallen mir das Menschliche und der Austausch mit richtigen Personen über Kommentare. Im Arbeitskontext pflichte ich Maurice‘ Darstellung aber vollkommen bei, dass die Authentizität ein Problem und die Flexibilität und Kontrolle Vorteile sind.
Christoph : Zum Abschluss würde ich euch gerne noch eine Frage zu den KPIs stellen. Welche KPIs schaut ihr euch alltäglich an beziehungsweise auf welche KPIs sollten Unternehmen achten, die gerade auf TikTok anfangen? Und sollte man dafür die internen Tools von TikTok oder externe Tools verwenden?
Hoffi: Wir setzen einen starken Fokus auf die Engagement-Rate und die View Through Rate, die Aufschluss darüber gibt, wie oft das Video vollständig angeschaut wird. Die Engagement-Rate ist besonders wichtig, wenn wir die Performance von Influencern bewerten.
Mit den Tools haben wir als Creatives tatsächlich nicht besonders viel zu tun. Soweit ich weiß, haben wir aber gar nicht so viele verschiedene Tools, weil wir mittlerweile vieles über unsere interne Technologie abbilden können. Anhand derer können wir Performance-Analysen erstellen, Content filtern und dabei sogar das gesprochene Wort einbeziehen, Social Listenings durchführen und Diskurse zu bestimmten Themen analysieren.
Externe Hilfe – etwa von GWI oder best for planning – nehmen wir etwa für Zielgruppen-Analysen in Anspruch. Aber unter dem Strich würden wir schlicht unser Tool empfehlen.
Christoph : Und wie erhält man Zugriff auf euer Tool?
Hoffi: Wir verwenden das Tool für unsere Kund:innen und erstellen damit Reports für sie. Eine Verwendung durch Externe ist aktuell nicht möglich. Als Kunde bekommt man jedoch Zugriff auf Kampagnen- und Kanaldashboard, Sedcards,Content-Freigaben Benchmarks & Co.
Maurice : Es wird vermutlich auch dabei bleiben, dass wir das Tool nicht zur externen Verwendung freigeben, weil wir dessen zahlreiche Features gerne nur unseren Kund:innen zur Verfügung stellen möchten.
Christoph : Vielen Dank für diesen Talk und dass ihr alle unsere Fragen beantwortet habt. Ich freue mich schon auf das nächste Mal und bin gespannt auf die Entwicklungen, die TikTok für uns bereithält.
Hoffi: Vielen Dank, uns hat es auch großen Spaß gemacht und hoffentlich haben wir nicht zu plump für unser Tool geworben (lacht).
Intermate ist einer der führender Player für smarte Social-Media- und Influencer-Marketing Campaigns im DACH-Raum. Zusammen mit der Produktionsfirma Truemates konzipiert Intermate Kampagnen für alle sozialen Plattformen und setzt sie in Zusammenarbeit mit Content Creatorn um. Die besondere Stärke der Agentur liegt im Aufbau von Markenkanälen und Kampagnen auf TikTok. Intermate verfügt nicht nur über eigene Content Studios und leistungsstarke Influencer-Technologie, sondern stellt sein Können auch auf dem eigenen TikTok-Kanal DAILY PIE zur Schau.
In unserem Podcast haben sich Alexander Hoffmann, Senior Social Konzepter und Maurice van gen Hassend, Gen Z Experte von Intermate, mit Christoph Steger über die TikTok Taskforce von Intermate und Truemates, neue Features, die Zielgruppenzusammensetzung auf TikTok und Tipps und Tricks für die Zusammenarbeit mit Influencer:innen gesprochen.
Christoph : Cool, dass ihr beim OMKB-Podcast am Start seid. Würdet ihr mir als Hintergrundinformation zum Start erklären, wie ihr eure Leidenschaft für das TikTok Marketing entdeckt habt und was euch schlussendlich zu Intermate gebracht hat?
Hoffi: Ich hatte letzte Woche mein zweijähriges Jubiläum bei Intermate. Das Unternehmen war schon vorher als Experte für TikTok bekannt, wollte seine Expertise aber weiter ausbauen. Ich habe also meine ersten TikTok-Kampagnen, Konzepte und Strategien verfasst und dabei habe ich gemerkt, dass mir TikTok viel mehr liegt als beispielsweise Instagram. Das liegt an der Architektur der Plattform und den Möglichkeiten hinsichtlich der Werbung und des Auftretens für Marken. Zu dieser Struktur und der Sprache der Plattform passt meine Art des kreativen Denkens besonders gut und so habe ich mich zum TikTok-Experten und -Strategen bei Intermate entwickelt. Mittlerweile bin ich fast ausschließlich mit TikTok beschäftigt.
Vorher war ich bei einer anderen Influencer-Marketing-Agentur, ich hatte aber schon lange einen Blick auf Intermate als einen Top-Player im Creator-Bereich geworfen und bin dann schließlich hier gelandet.
Der Podcast mit Hoffi und Maurice von INTERMATE Group
Christoph : Dann bist du ja bei deiner Wunschagentur gelandet, Glückwunsch. Maurice, wie war es bei dir?
Maurice : Ich hab mit einem Schülerpraktikum bei Intermate angefangen und anschließend neben dem Abitur als Aushilfe weitergearbeitet. Seit letztem Oktober bin ich dualer Student in der Kreation und schreibe Konzepte, erkläre unseren Kund:innen die Generation Z oder führe Trend-Updates hinsichtlich TikTok und anderer Social-Media-Plattformen durch.
Christoph : Und was für einen dualen Studiengang hast du dir ausgesucht?
Maurice : Ich studiere Marketing-Management.
Christoph : Und bedeutet das, dass du zwei oder drei Tage bei Intermate und die restliche Zeit in der Uni bist?
Maurice : Genau so ist es. Ich bin für den Podcast sogar extra aus der Uni ins Büro gekommen.
Die besten Kanäle auf TikTok
Christoph : Prima. Bevor wir wirklich inhaltlich einsteigen, wüsste ich gerne, was eure persönlichen Lieblingsinhalte auf TikTok sind? Was würde euer Feed ausspucken, wenn ihr die App jetzt öffnen würdet?
Hoffi: Ich habe drei Lieblingskanäle, deren Inhalte ich immer wieder konsumiere. Ich bin eigentlich kein Fußball-Fan, aber der erste Kanal ist der SV Darmstadt 98 (@sv1898). Die haben eine tolle, selbstironische Art, Inhalte wie Spielgeschehnisse witzig darzustellen und mit den verschiedenen TikTok-Mechaniken zu kombinieren. Der Verein nutzt sowohl CapCut-Vorlagen als auch Sounds, Stiches und Duetts. Wenn zum Beispiel ein:e Spieler:in eine Rote Karte kassiert, legen die einen TikTok Sound drüber und nehmen sich damit selbst nicht zu ernst. Diese Art der Kommunikation auf TikTok greifen mittlerweile immer mehr Sportvereine auf. Auch sonst konsumiere ich viele Sportinhalte, weil ich früher selbst viel Sport getrieben habe.
Der zweite Lieblingskanal ist der von BAUHAUS, den wir kürzlich gelauncht haben. Wenn man noch neu auf TikTok ist und auf den BAUHAUS-Kanal geht, versteht man die Funktionsweise eines solchen Markenkanals ziemlich schnell. Dort schaffen wir es nämlich, die BAUHAUS-Produkte mit bildenden Inhalten und TikTok-Mechaniken zu verbinden. Die Formate, die wir dort entwickelt haben, schaue ich mir auch privat gerne an. Der Kanal ist noch neu in unserem Portfolio, aber ich bin schon sehr auf dessen weitere Entwicklung gespannt.
Mein letzter Tipp ist die Hellman Retail Group – eine US-amerikanische Marke für Herrenbekleidung, die primär hochwertige Anzüge herstellt. Die haben das TikTok Game einfach durchgespielt und zeigen sehr gut, dass man auf TikTok auf einen wiedererkennbaren Charakter angewiesen ist, den man immer wieder bedienen muss.
Christoph : Gut zu wissen, dass der SV Darmstadt 98 zwar nicht erstklassig im Fußball ist, dafür aber im TikTok Game. Die schaue ich mir im Anschluss direkt an. Und was würden wir in deinem Feed finden, Maurice?
Maurice : Ich folge ziemlich vielen Marken auf TikTok, von denen sind allerdings die wenigsten deutschsprachig. Die nicht deutschsprachigen trauen sich einfach mehr als die Player im DACH-Raum. Mir gefallen auch eine große Portion Selbstironie und Marken, die sich selbst nicht zu ernst nehmen. Gute Beispiele dafür sind Duolingo, die Automarke Lotus, Ryanair und Wendy’s.
Bei Bose gefällt mir besonders, dass die rund um ihre bestehenden Produkte – wie Lautsprecher und Kopfhörer – immer wieder abgefahrene neue Produkte vorstellen. THE ROPE etwa ist ein Seil, das man an sich selbst und einem Lautsprecher befestigt, damit man nie zu weit vom Lautsprecher entfernt ist. Das kommt in der TikTok Community hervorragend an.
Christoph : Folgst du diesen Marken schon mit dem beruflichen Kontext im Hinterkopf, um über die neusten Trends auf dem Laufenden zu bleiben?
Hoffi: Er ist schon ein kleiner Streber (lacht).
Christoph : Sehr gut. Ich bin einige Jahre älter als ihr und als ich mit Social Advertising angefangen habe, habe ich auch alle möglichen Markenkanäle abonniert, um mich mit Inspiration für meine Kund:innen zu versorgen. Und noch heute schaue ich mir gerne Werbung an und überlege mir dabei, wie ich selbst an die Kampagne herangehen würde. Geht euch das ähnlich?
Hoffi: Ja, wir schicken uns auch viel hin und her. Bei den meisten Marken arbeiten wir mit mehreren Creatives, denn es ist wichtig für uns, einen Austausch zwischen mehreren kreativen Köpfen zu haben. Und wenn man dann privat unterwegs ist und interessante Inhalte sieht, postet man die manchmal auch um 23 Uhr noch in den jeweiligen Slack-Channel. Am nächsten Morgen macht sich das Team dann Gedanken dazu, wie man das auf die Marke anwenden könnte.
Intermates TikTok Taskforce – geballtes Wissen aus zwei Unternehmen
Christoph : Hoffi, du hast in unserer vorherigen Session schon von der TikTok Taskforce erzählt. Kannst du uns noch einmal einen kurzen Überblick darüber geben und ist das auch ein Rahmen, in welchem ihr diese gesammelten Links auswertet?
Hoffi: Intermate bildet zusammen mit der Produktionsfirma Truemates die Intermate Group. Irgendwann haben wir festgestellt, dass wir das TikTok-Wissen der beiden Firmen gerne in Form einer Taskforce zusammenführen würden. Dafür haben wir eine Gruppe TikTok-verrückter Creatives und Expert:innen aus der Produktion zusammengestellt, um unsere komplette Dienstleistungskette anhand von TikTok zu fokussieren. Inzwischen treffen wir uns wöchentlich und jede:r bringt wenigstens einen Link oder einen interessanten Inhalt aus dem TikTok-Kosmos mit. Das können sowohl inspirierende als auch verbesserungswürdige Inhalte sein, denn man kann auch aus Fehlern anderer lernen. Auch neue Funktionen können dabei sein, die Maurice dann ins Trend-Update aufnimmt, damit alle auf dem neuesten Stand sind.
Christoph : Das Jahr ist noch recht jung, aber TikTok hat schon jetzt beeindruckende Zahlen geschrieben. Keine andere Plattform kann hinsichtlich Benutzer:innenwachstum, Downloads und Co. solche Zahlen aufweisen, deshalb beschäftigen sich schon viele Unternehmen mit dem Werbepotenzial von TikTok. Welche Entwicklungen aus dem letzten Jahr erachtet ihr als besonders wichtig und wie schätzt ihr die weitere Entwicklung von TikTok ein?
Hoffi: TikTok als Werbeplattform ist ein Thema, das unmittelbar bevorsteht und woran TikTok meiner Meinung nach auf ein großes Interesse hat. Allerdings glaube ich, dass das anders aussehen wird als auf anderen Plattformen. Gleichzeitig wird TikTok weiterhin Unternehmen gnadenlos abstrafen, welche die TikTok-Sprache nicht beherrschen.
Christoph : Das stimmt, viele Unternehmen warten auf die Monetarisierung auf TikTok. Aber du scheinst nicht davon auszugehen, dass TikTok zum Instagram 2.0 wird. Die Plattform wird auch für kleinere Advertiser zunehmend beliebt, die sich Agenturen wie euch nicht leisten können und dementsprechend Werbung schalten möchten, die vielleicht nicht optimal zu TikTok passt. Entsteht mit der zunehmenden Popularität die Gefahr, dass die aktuellen nativen, unterhaltsamen Ads verschwinden und durch Stopper Ads ersetzt werden?
Maurice : Man sieht schon jetzt immer häufiger, dass auch kleinere Unternehmen Werbung auf TikTok schalten. Wenn Werbung nicht TikTok-nativ ist, wird sie allerdings auch nicht besonders gut funktionieren. Gleichzeitig kann man auch mit einem geringen Budget gute TikTok-Werbung herstellen – das zeigen uns die vielen Creator, die ihre Videos in ihrem Kinderzimmer drehen und Produkte darin einbinden. Man kann also mit wenigen Materialien einen beachtlichen Output generieren und das können sich auch kleinere Unternehmen zunutze machen.
Christoph : Obliegt es also Plattformen wie TikTok, die Kleinunternehmen in dieser Hinsicht zu instruieren?
Maurice : Ja, und das macht TikTok bereits. Die haben zahlreiche Instruktionen für einen gelungenen Start auf TikTok – sowohl für Advertiser als auch Creator. Dadurch haben auch kleinere Unternehmen eine echte Chance, schnell auf TikTok zu wachsen.
Auto Scroll und Paywalls – neue Features auf TikTok?
Christoph : Vor einigen Tagen habe ich gelesen, dass es eine Auto-Scroll-Funktion auf TikTok getestet wird und nun frage ich mich, wie ich mir das genau vorstellen kann. Habt ihr schon Erfahrungen damit gesammelt und welche Vorteile könnte das für Marken bedeuten?
Hoffi: Wir haben auch davon gelesen und uns damit beschäftigt. Dieser Button wird noch nicht allen Nutzenden angezeigt – mir zum Beispiel noch nicht –, sondern nur einer Testkohorte. Die Funktion kann man sich so vorstellen, dass das Programm automatisch die Videos nacheinander abspielt, was natürlich ein tolles Feature für die richtig faulen Nutzenden ist. Durch die Auto-Scroll-Funktion kann es dazu kommen, dass die Interaktion mit einzelnen Inhalten und dementsprechend die messbare Performance abgeschwächt wird. Denn wenn man den Daumen nicht mehr zum Scrollen verwendet, verwendet man ihn im Zweifel auch nicht zum Kommentieren, Liken oder Teilen. Aktuell wird daran die Performance gemessen, was durch den Auto-Scroll erschwert werden würde.
Maurice : Lange war es der USP von TikTok, dass sich die Nutzenden durch das Scrollen aktiv mit dem Content beschäftigen. Wenn man dagegen Content auf YouTube konsumiert, kann man nebenbei auch die Spülmaschine ausräumen oder einen Online-Shop durchstöbern.
Christoph : Vorerst wird das Feature nur getestet – wer weiß, ob es tatsächlich zum Roll-out kommt. Ich finde es aber schon interessant, dass das überhaupt getestet wird. Ich lasse mich zum Beispiel gerne von Inhalten catchen und schaue die dann viermal hintereinander an, was TikTok und den Creatorn natürlich einen wichtigen Aufschluss über den Impact eines Videos gibt.
Als ich mein Google-News-Abo durchgegangen bin, habe ich außerdem gelesen, dass TikTok eventuell eine Paywall für ausgewählte Videos einführen könnte. Das Konzept ist schon von OnlyFans und ähnlichen Apps bekannt. Habt ihr Hintergrundwissen zu dem Plan, der dahinterstecken könnte und wie würdet ihr einer solchen Funktion gegenüberstehen?
Hoffi: Es scheint so zu sein, dass die Zahl der Nutzenden auf dem US-Markt aktuell stagniert und dass TikTok dem mit einem monetären Anreiz zum Vorteil der Creator entgegenwirken möchte. Ich bin davon nicht begeistert, weil dieser exklusive Charakter meiner Meinung nach nicht zu TikTok passt. TikTok ist eigentlich sehr divers und bietet Content und Dialog zu allen denkbaren Themen und für alle möglichen Zielgruppen. Wenn man nun bestimmte Inhalte nur einem zahlungskräftigen Publikum zur Verfügung stellt, widerspricht das meiner Meinung nach der Idee von TikTok.
Aus der kreativen Perspektive stelle ich mir zudem die Frage, wie sich die Architektur der Plattform durch dieses Feature ändern wird und wie man die Nutzenden dazu bringt, Geld für exklusive Inhalte auszugeben. Ich glaube nicht, dass sich das durchsetzen wird.
Maurice : Mir geht es ähnlich und ich glaube ebenfalls, dass sich dieses Feature nicht durchsetzen wird. Mit der jungen Zielgruppe im Blick würde ich sagen, dass die eher nicht bereit ist, Geld für exklusive Inhalte auszugeben. Das sehen wir etwa bei Online-Zeitschriften, die bestimmte Artikel hinter Paywalls verstecken, welche die junge Zielgruppe dann einfach nicht liest. Insbesondere die jungen Nutzenden haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass TikTok, Instagram und Co. durch die Werbefinanzierung kostenlos sind.
Was TikTok für die Gen Z so reizvoll macht
Christoph : TikTok ist durch die Gen Z, die du eben angesprochen hast, Maurice, groß geworden – wobei die anderen Altersgruppen TikTok auch vermehrt nutzen. Ich habe kürzlich gelesen, dass 40 Prozent der jungen Menschen ihre Suche nach Produkten oder Dienstleistungen über TikTok und ähnliche Netzwerke statt über Google oder Amazon beginnen. Was macht TikTok so attraktiv für die Gen Z? Es gibt schließlich auch Netzwerke wie Snapchat, die den Nerv der jungen Generation nicht annähernd so gut getroffen haben.
Maurice : TikTok hat ein enormes Suchtpotenzial, weil man mindestens bei jedem zweiten Video unterhalten wird und dadurch regelmäßige Dopaminschübe ausgelöst werden. Als Agentur entwickeln wir deshalb gerade Konzepte für die SEO. Als ich beispielsweise letztes Jahr mein Abitur geschrieben habe, habe ich auf TikTok schon viele Lernvideos gefunden. Und erst, wenn ich auf TikTok keine Inhalte (mehr) gefunden habe, habe ich auf YouTube oder Google gesucht. Das veranschaulicht das Bedürfnis nach schnellen, komprimierten Inhalten, wie ungeduldig wir geworden sind und wie sich dadurch unsere Aufmerksamkeitsspanne verkürzt hat. Das hat sich bei mir jedenfalls in den vergangenen zwei Jahren drastisch verschlimmert und genau darauf können Marken einzahlen.
Wenn man als Marke etwa Educational Content produziert, könnte man sich die Lehrpläne der einzelnen Bundesländer anschauen, zur Marke passende Inhalte daraus extrahieren und dazu Formate gestalten. Dann hat man eine bessere Chance, dass die Nutzenden aktiv nach den eigenen Inhalten suchen.
Als junge Zielgruppe sind wir zwar mit Google aufgewachsen, wir lassen uns aber auf TikTok inspirieren. Dort suchen wir nach Reisezielen und Food Spots, weil wir innerhalb von 30 Sekunden mit Bewegtbild und Ton alles zu einem Restaurant oder einer anderen Location herausfinden können. Deshalb ist SEO ein richtig spannendes Thema für die kommenden Monate, wenn nicht sogar Jahre, das man als Marke nicht außer Acht lassen sollte.
Christoph : Habt ihr schon Tipps in Bezug auf SEO auf TikTok, die ihr mit unserer Audience teilen könnt?
Maurice : Ein Augenmerk sollte man auf die Captions – also die Bildunterschrift – legen, in welchen man Keywords mit bis zu 2.000 Zeichen unterbringen kann. Ein zweiter Aspekt sind die Text Layovers, die man etwa als Untertitel in den Videos sieht und ein dritter der tatsächlich gesprochene Text, der auch von TikTok analysiert und kategorisiert wird.
Hoffi: Auf anderen Plattformen wie Instagram spielen Captions eine große Rolle, bei TikTok schaue zumindest ich aber mehr auf das Visuelle. Wie Maurice eben gesagt hat, kann man sich aber im SEO Game mit den richtigen Keywords eine gute Positionierung sichern, um als Marke relevant zu werden.
Christoph : Ich habe Snapchat schon kurz angesprochen und will gar nicht zu intensiv darauf eingehen, aber die Plattform hat immerhin kürzlich eine kleine Renaissance erlebt. Ist Snapchat eine Plattform, die ihr als Agentur bedient?
Hoffi: Meiner Meinung nach adressiert Snapchat eine noch jüngere Zielgruppe, während TikTok auch bei den älteren Nutzenden immer beliebter wird. Mit unseren Technologien schauen wir uns unter anderem an, welche Inhalte TikTok-Creator auf Instagram teilen und wie oft sie auf TikTok verweisen. Diese Hinweise auf TikTok bleiben in etwa konstant und dementsprechend können wir davon ausgehen, dass bei einer gleichbleibenden Beliebtheit der Inhalte auf Instagram auch immer mehr Menschen zu TikTok migrieren und das Durchschnittsalter auf TikTok dadurch immer weiter steigt, ohne dass die junge Zielgruppe wegbrechen würde.
Bei Snapchat hingegen wird der Fokus meiner Ansicht nach weiterhin auf der jungen Zielgruppe liegen. Aufgrund dieser Beobachtungen würde ich Marken nur raten, auf Snapchat aktiv zu sein, sofern sie eine sehr junge Zielgruppe ansprechen. Wenn das nicht der Fall ist, sollte man sich hingegen auf TikTok konzentrieren.
Zu welchem Unternehmensprofil passt TikTok?
Christoph : Ist TikTok eurer Ansicht nach denn für Brands jeder Größe ein geeigneter Marketing-Kanal?
Hoffi: Ja. Ich habe vorhin in meiner Speaker Session schon angedeutet, dass es einen Social Graph und einen Content Graph gibt. Der Social Graph greift etwa bei Instagram stark und achtet unter anderem auf die Anzahl der Follower, die Zusammensetzung einer Community und das Like-Verhalten. Bei TikTok steht dagegen der Content Graph im Vordergrund, bei dem es primär um die Inhalte geht, die man präsentiert. Das liegt unter anderem daran, dass sich TikTok nicht als soziales Medium und viel mehr als Unterhaltungsplattform versteht.
Aufgrund dessen gehen regelmäßig Videos von unbekannten Creatorn auf TikTok viral und gerade deshalb ist TikTok die Plattform für kleinere Marken, um auf sich aufmerksam zu machen. Wenn Inhalte die Sprache von TikTok sprechen und in den Content Graph treffen, bekommt man einen Push vom Algorithmus.
Christoph : Bei unseren vergangenen Sessions ist von der Audience immer wieder die Frage aufgekommen, ob Marken auch dann Werbung auf TikTok machen sollten, wenn die Gen Z überhaupt nicht ihre Kernzielgruppe ist. Die Antwort hast du eben schon vorweggenommen, als wir über den Unterschied zwischen Snapchat und TikTok gesprochen haben, aber viele verbinden TikTok nach wie vor mit der Gen Z. Vielleicht können wir deshalb noch etwas näher auf die Altersentwicklung auf TikTok eingehen.
Hoffi: Die Zahlen ändern sich natürlich kontinuierlich, aber etwa ein Drittel der Nutzenden ist über 34 Jahre alt. Gen Z sind dagegen alle, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden. Ein Großteil der Nutzenden ist weiterhin unter 30 Jahre alt. Genauere Zahlen kann ich leider aus dem Stegreif nicht nennen. Trotzdem sollte man TikTok auch in Hinblick auf ältere Zielgruppen mitdenken, weil man dermaßen schnell viral gehen kann und weil die älteren Zielgruppen dort durchaus anzutreffen sind.
Christoph : Neben der Zielgruppe ist auch das Unternehmensziel entscheidend. Ist TikTok für alle Unternehmensziele geeignet beziehungsweise gibt es Unternehmensziele, für die TikTok prädestiniert ist?
Maurice : Meiner Ansicht nach sollte TikTok hauptsächlich als Awareness-Kanal verwendet werden, mit dem man initial Aufmerksamkeit für eine Marke generiert. Sales Content dagegen wird insbesondere von den jungen Menschen abgestraft. Stattdessen produzieren wir unterhaltsamen Content, in welchen die Produkte immer wieder nativ eingebunden werden. Dadurch bringen wir die Marke ins Gespräch, verschaffen ihr einen Platz auf der Plattform, generieren die Aufmerksamkeit der jeweiligen Zielgruppe und können dadurch langfristig ein Markenbewusstsein aufbauen, welches schlussendlich zu Kaufabschlüssen führt. Man muss dementsprechend langfristig auf TikTok denken und kann schlussendlich auch Sales durch ein cooles Branding generieren.
Christoph : Eine Frage aus unserer Audience bezieht sich auf Unternehmen, die schon früh ein Profil auf TikTok angelegt, einige erfolgreiche Videos veröffentlicht haben und den Kanal dann haben brach liegen lassen. Wenn ein solches Unternehmen jetzt intensiver ins TikTok Game einsteigen möchte, sollte es diesen Kanal wiederbeleben oder sollte es ein neues Profil aufsetzen?
Hoffi: Weil TikTok den Fokus auf den Content Graph legt, muss man nicht extra ein neues Profil einrichten. Dementsprechend muss man Asset-zentriert denken und jedes Asset individuell betrachten, denn der Content ist das ausschlaggebende Kriterium. Deswegen ist es egal, wenn man einen Kanal über einen längeren Zeitraum brach liegen lässt. Wenn man wieder anfängt und eine gute Performance erzielen möchte, sollte man allerdings regelmäßig Inhalte posten.
Die perfekten Posts – wann und wie oft sollten Unternehmen auf TikTok posten?
Christoph : Für manche Netzwerke gibt es Faustformeln, wie oft man Inhalte posten sollte, um relevant zu bleiben. Gibt es die auch bei TikTok?
Hoffi: Diese Frage haben wir uns natürlich auch gestellt und deshalb die erfolgreichsten Markenkanäle auf TikTok mit unserem Tool untersucht. Diese Analyse hat ergeben, dass die erfolgreichsten Kanäle auf TikTok viel und häufig posten. Als Faustformel hat sich daraus ergeben, dass man idealerweise täglich posten sollte.
TikTok ist eine dynamische und schnelllebige Plattform. Wenn man als Marke nicht sichtbar ist, kann man auch nicht relevant sein. Die meisten Nutzenden schauen sich zudem nur Inhalte auf der For You Page an, auf der man innerhalb kürzester Zeit eine große Menge an Inhalten konsumiert. Je öfter eine Marke auf der For You Page oder der Follow Page zu sehen ist, desto relevanter wird sie für die gesamte Plattform. Dementsprechend ist das Credo: Je häufiger man postet, desto wahrscheinlicher geht Content vira.l Wenn man so häufig postet, muss man natürlich gleichzeitig darauf achten, die Qualität nicht zu vernachlässigen.
Christoph : Bei der letzten Session ist eine interessante Frage einer Kollegin reingekommen. Das infrage stehende Unternehmen postet nicht besonders häufig und setzt stattdessen auf aufwendig produzierte Inhalte. Nun ist einer dieser für TikTok produzierten Inhalte nicht viral gegangen, obwohl sich die gesamte Marketing-Abteilung sicher ist, dass der einwandfrei hätte funktionieren müssen. Die Vermutung ist nun, dass der Post einfach zum falschen Zeitpunkt veröffentlicht wurde. Wie kann man nun mit solchen Inhalten umgehen? Kann man die recyceln oder würdet ihr davon eher abraten?
Maurice : Wenn ein Asset auf TikTok nicht funktioniert, sollte man sich selbst hinterfragen und herausfinden, woran es gelegen hat. Man kann sich etwa die Beibehaltungsrate anschauen – die gibt Auskunft darüber, an welcher Stelle die Nutzenden abgeschaltet haben. Das kann daran liegen, dass etwas Bestimmtes gesagt wurde oder dass zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts gesagt wurde und die Nutzenden nicht wissen, worum es geht. Auf TikTok muss man in den ersten drei Sekunden erklären, worum es geht, um die Aufmerksamkeit der Nutzenden zu halten. Deswegen bedeutet eine aufwendige Produktion nicht automatische eine gute Performance auf TikTok. Eine gute Performance auf TikTok kann man erwarten, wenn der Content lustig, inspirierend oder informativ ist. Das ist der Grund, warum Creator aus ihrem Kinderzimmer Millionen von Nutzenden erreichen können, obwohl sie ihre Videos mit einem Smartphone statt einer Hochglanz-Produktionsmaschinerie drehen.
Hoffi: Wir haben die Videos natürlich nicht gesehen, aber wenn ich höre, dass die „aufwendig produziert“ wurden, stelle ich mir eine Ästhetik vor, die wir primär aus der Fernsehwerbung kennen. Genau das möchte die Community auf TikTok aber nicht sehen, deshalb würde ich diese werbliche Ästhetik vermeiden.
Ich würde aber nicht grundsätzlich den Inhalt oder das Narrativ verwerfen, denn das wird die Kollegin oder das Unternehmen aus einem triftigen Grund ausgewählt haben. Stattdessen würde ich mir Gedanken dazu machen, wie man das Asset in die TikTok-Sprache übersetzen kann und es dementsprechend noch einmal drehen. Dann kann man die Performance der Inhalte vergleichen und falls es weiterhin nicht funktioniert, muss man sich eine vollkommen andere Strategie überlegen.
Christoph : Bei anderen Plattformen wird immer wieder darüber diskutiert, ob es den richtigen Zeitpunkt für Uploads gibt – die richtige Tageszeit oder den richtigen Wochentag etwa. Gibt es einen solchen perfekten Zeitpunkt auch auf TikTok?
Hoffi: Da bin ich offen gestanden überfragt, weil wir in der Kreation nicht viel mit den Content-Plänen und den Upload-Zeitpunkten zu tun haben. Unser Social-Media-Team hätte bestimmt spannende Insights zu dieser Frage, aber ich kann keine valide Äußerung dazu tätigen.
Maurice : Ich bemerke immer wieder, dass Videos nicht unmittelbar, sondern einige Tage nach dem Upload viral gehen und dass das unabhängig vom Upload-Zeitpunkt ist. Dementsprechend würde ich sagen, dass man auch nachts Videos posten kann. Der TikTok-Algorithmus ist ziemlich rätselhaft, aber man kann trotzdem damit umgehen.
Christoph : Als Marketeers und Advertiser wissen wir schon von anderen Plattformen, dass Reichweiten teilweise bewusst beschnitten werden. Das ist zuerst auf Facebook aufgefallen, wo User sich organisch eine Community von hunderttausenden Follower:innen aufgebaut hatten und plötzlich feststellen mussten, dass ihre Post immer weniger Leuten angezeigt werden, wenn sie nicht für Reichweite bezahlen. Ist das auf TikTok auch so? Sollte man als Marke kontinuierlich die eigene Performance mit Paid pushen?
Hoffi: Wenn ein Inhalt einwandfrei funktioniert und die Sprache der Community spricht, kann man ihm durchaus einen kleinen, bezahlten Push geben. Das wäre eine gute Investition, weil man dadurch tatsächlich mehr Reichweite generieren kann.
Wenn Inhalte dagegen nicht auf TikTok funktionieren, würde ich aber davon abraten, sie mit Paid pushen zu wollen. Das kann den Eindruck erwecken, man wolle sich der Community aufdrängen und dementsprechend könnten die Kommentare unter dem Video ausfallen.
Christoph : Das beantwortet auch meine nächste Frage danach, wie man als neues Unternehmen am besten TikTok testet: Zunächst organisch ein Gefühl für die Inhalte bekommen, statt sofort mit einem großen Paid-Budget einzusteigen.
Hoffi: Genau.
Der Talk mit Hoffi und Maurice von INTERMATE Group in voller Länge als Video ON DEMAND
Mit Musik und Lenses Aufmerksamkeit generieren
Christoph : Eine weitere beliebte Frage in Hinblick auf TikTok dreht sich um die Musikrechte. Für TikTok als Plattform ist Musik essenziell, viele Musiktrends entstehen sogar hier und finden dann ihren Weg in die Charts und das Radio. Was könnt ihr Unternehmen hinsichtlich des Umgangs mit Musikrechten raten? Ihr könnt natürlich keine Rechtsberatung anbieten, aber vielleicht habt ihr Tipps aus dem Alltag.
Hoffi: Grundsätzlich sollten Unternehmen in dieser Hinsicht äußerst vorsichtig sein, denn Marken werden immer wieder in Millionenhöhe verklagt. Gleichzeitig ist die auditive Ebene – ob Musik oder andere Sounds – auf TikTok essenziell. Dementsprechend muss man entweder die entsprechenden Musikrechte bezahlen oder lizenzfreie Musik verwenden. Wenn man die Tonalität der aktuell angesagten Musik versteht, kann man diese in der Regel auch mit lizenzfreier Musik gut treffen und dementsprechend die aktuellen Musik-Trends nutzen.
Von der Musik differenzieren wir Sounds wie Voice Snippets. Diese Sounds kann man oft nachbauen, im Fall der Voice Snippets spricht man die einfach neu ein. Mit diesen Kopien ist man oft ebenso erfolgreich wie mit dem Original-Sound.
Christoph : Zu den Voice Snippets erhalten wir auch immer wieder Fragen, das ist ein guter Tipp.
Hoffi: Wenn man als Marke mit Musik auf TikTok Reichweite generieren möchte, muss man natürlich nicht immer auf den aktuellen Trend aufspringen, man kann auch selbst Trends setzen, indem man eigene Musik produziert. Das ist natürlich eine große Herausforderung, kann aber auf TikTok gut funktionieren.
Christoph : Würdet ihr sagen, dass man sich auf TikTok von der Markenkonsistenz in den jeweiligen Assets verabschieden muss, die man sonst über ähnliche Tag Lines und Farben herstellen würde?
Hoffi: Es gibt auf TikTok verschiedene Lenses – das sind Kreativelemente, die man immer wieder verwendet, um einen Wiedererkennungswert zu generieren. Weil die User innerhalb kurzer Zeit eine solche Content-Masse konsumieren, muss man mit einem einzigartigen Charakter herausstechen. Ein gutes Beispiel dafür ist Ryanair, die immer wieder Memes mit ihrem Flugzeug hochladen.
Unter anderem gibt es die Tonal Lense, bei der es um visuelle Elemente und eine immer gleichbleibende Umgebung geht. Dementsprechend sollte man die Brand-Farben nicht ständig wechseln, sondern als Instrument für die Wiedererkennung verwenden. Ein anderes gutes Beispiel ist Duolingo. Die grüne Eule als Maskottchen hat nicht nur mit ihrer Form, sondern auch mit ihrer Farbe einen starken Wiedererkennungswert und diese grüne Farbe taucht in deren Assets immer wieder auf. Die Verwendung einer Farbe sollte natürlich nicht zu plump wirken, sondern kreativ in die Assets eingebunden werden.
Maurice : Es gibt natürlich noch weitere Lenses, die man sich als Marke zunutze machen kann. Mit der Character Lense etwa kann man einen bestimmten Charakter erschaffen – wie ein:e Ärzt:in, die oder der immer wieder auf dem Kanal einer Krankenkasse erscheint.
Man kann außerdem eine Product Lense aufsetzen. Bei Ryanair beispielsweise ist das Flugzeug das Produkt, das immer wieder Geschichten aus dem Ryanair-Kosmos erzählt. Marken haben so viele Entfaltungsmöglichkeiten, ohne ihre Markenkonsistenz aufgeben zu müssen.
Hoffi: Unter dem Strich sollte man sich nicht von der Markenkonsistenz verabschieden, sondern diese in die verschiedenen TikTok Lenses übersetzen. Wichtig ist außerdem, nicht immer dieselbe Lense bedienen zu wollen, sondern sich mehrere Lenses zunutze zu machen. Meistens steht aber eine Lense im Vordergrund.
Ich habe eingangs schon die Hellman Retail Group erwähnt. Auf deren Kanal kann man sehen, dass die eigentlich jede Lense bedienen; es sind immer wieder Anzüge im selben Setting mit derselben Person zu sehen. Diese Lenses können ein gutes Instrument für Marken sein, um einen kreativen Charakter für den Markenkanal aufzubauen.
Wie wählt Intermate seine Creator aus?
Christoph : Lasst uns einen Sprung in den Creator-Bereich machen. Bei Intermate arbeitet ihr eng mit Creatorn zusammen. Ihr seid selbst kreative Köpfe, was macht also die Arbeit mit diesen Creatorn für euch so besonders?
Hoffi: Wir hatten letztes Jahr eine Kampagne, die mit einer großen Produktion und vielen Creatorn am Set einherging. Unter anderem haben wir Livestreams produziert, bei denen die Creator unsere kreativen Inhalte auf ihre individuelle Weise umsetzen sollten. Ich war schwer beeindruckt, wie locker die ans Set kommen und wie präzise die vor der Kamera performen können. Mir macht es auch großen Spaß, meine eigenen kreativen Gedanken mit einer anderen kreativen Person zu teilen und dann deren Interpretation dessen zu beobachten.
Maurice : Bei mir ist das ähnlich. Mir macht der kreative Austausch mit Creatorn großen Spaß, besonders wenn man am Set mit unterschiedlichen Kameraeinstellungen und Präsentationsarten experimentiert.
Christoph : Wie wählt ihr die Creator aus, mit denen ihr zusammenarbeitet? Das ist natürlich vom Unternehmen abhängig, aber achtet ihr auf bestimmte Skill Sets oder KPIs?
Maurice : Dafür nutzen wir unser eigenes Tool, das wir schon mehrmals erwähnt haben. Wenn ich da reingehe und nach Creatorn suche, staune ich immer wieder, was das Tool schon alles kann. Damit suchen wir jedenfalls Creator aus und überprüfen deren KPIs, ihre Zielgruppe und ob sie zum Content der Marke passen. Wir haben beispielsweise einen Content-Filter, mit dem wir analysieren können, welche Marken die Creator in den vergangenen Monaten erwähnt haben und wie sie über die Marken gesprochen haben. Bei positiven Erwähnungen würde sich eine gemeinsame Kampagne anbieten. So stellen wir sicher, dass die Creator zur Marke passen und nicht beliebig für Kampagnen eingebucht werden.
Christoph : Das Gegenteil beobachte ich in letzter Zeit immer wieder auf Instagram, wo Creator Produkte von Marken präsentieren, zu denen sie eigentlich überhaupt nicht passen.
Hoffi: Es ist für uns total wertvoll, dass wir mit unseren kreativen Ideen an das Projektmanagement und das Social-Media-Team herantreten können und dass die dann die passenden Creators für uns finden. Auf TikTok kann man organisch nämlich auf zwei unterschiedliche Arten stattfinden: mit einem Markenkanal oder durch die Kooperation mit Creatorn. Vor der Zusammenarbeit mit Creatorn schauen wir uns immer deren Kanal an, denn nicht nur die Marke hat einen bestimmten Charakter, sondern auch die Creator. Wir schneiden unsere Ideen individuell auf die Creator zu, damit sie nativ in deren Kanäle eingebunden werden können. Ansonsten kommt es zu einem Bruch im Creator-Charakter und die Community versteht sofort, dass es sich bei dem Inhalt um Werbung handelt und schaltet ab. Weil die Audience auf TikTok fast allergisch auf schlechte Werbung reagiert, ist die Auswahl der Creator und die Produktion nativer Inhalte so wichtig.
Maurice : Dementsprechend verfassen wir oft keine konkreten Ideen für Creator, sondern Playbooks. Die geben einen Kampagnenrahmen vor und welche Informationen vermittelt werden sollen, damit die Kampagne zielgerichtet gestaltet werden kann. Die Creator adaptieren die Informationen dann so, dass sie zu deren Content passen und bringen dadurch ihre eigene Expertise ein.
Hoffi: Genau das haben wir letztes Jahr mit Dr.BEST gemacht und dafür auch den TikTok Award in der Kategorie Greatest TikTok 2022 gewonnen. Wir haben die Tonalität der Brand hergeleitet und dann Creator ausgewählt, die vollkommene Freiheit bei der Umsetzung dieser Tonalität hatten. Unsere Grundidee wurde dadurch mit einer Extra-Portion Kreativität auf das nächste Level gehoben. Es wurden beispielsweise Songs zu der Zahnbürste verfasst, die anscheinend den Nerv der TikTok Community getroffen haben.
Christoph : Muss man als Marke zwangsläufig einen eigenen Kanal aufbauen oder reicht die Zusammenarbeit mit Creatorn aus?
Hoffi: Wir sagen immer, dass das keine Frage des Entweder-oder ist. Um auf TikTok relevant zu sein, sollte man optimalerweise über einen eigenen Kanal und Kooperation mit Creatorn verfügen sowie eine Paid-Strategie implementieren. Natürlich ist uns klar, dass das nicht immer möglich ist. Mit dem eigenen Markenkanal und entsprechenden Community-Management kann man allerdings den eigenen Charakter im Auftreten der Community gegenüber festigen. Wenn man zusätzlich Creator-Kooperationen eingeht, profitiert man von deren Reichweite und kann dadurch schnell Aufmerksamkeit für eine Marke oder ein Produkt generieren. Wie Maurice schon dargestellt hat, funktioniert das aber nur, wenn die Creator zur Marke passen und man ihnen den nötigen kreativen Freiraum lässt.
Influencer Marketing auf Instagram und TikTok – die Regeln sind nicht dieselben
Christoph : Falls ein Unternehmen die Influencer-Kooperationen auf Instagram schon durchgespielt hat und nun zu TikTok wechselt, muss es dann andere Spielregeln beachten?
Hoffi: Man sollte jedenfalls keine Inhalte von Instagram auf TikTok posten, weil das einfach nicht funktioniert. Die Sprache der Community und das Verständnis von Inhalten sind vollkommen anders. Natürlich ist die Versuchung groß, Reels auf TikTok wiederzuverwenden, aber ich würde stark davon abraten.
Christoph : Und wie sieht es umgekehrt aus? Instagram hat damals mit den Storys erfolgreich Snapchat kleingehalten und hat mit den Reels dasselbe in Bezug auf TikTok versucht. Das hat nicht funktioniert, aber die Ähnlichkeit besteht trotzdem. Könnte man also Inhalte von TikTok auf Instagram teilen?
Maurice : Wenn man die Inhalte ohnehin schon hat, kann man das tun. Durch die Analyse mit unserem Tool haben wir allerdings herausgefunden, dass der Diskurs hinsichtlich der Tonalität und Themen auf Instagram ein anderer ist als auf TikTok. Dort sind andere Themen relevant; auf TikTok geht es deutlich um Comedy als auf Instagram
Christoph : Ihr habt schon über verschiedene Lenses gesprochen, mit denen man einen Wiedererkennungseffekt auf dem eigenen Markenkanal erzielt. Wie vereint man die eigene Kommunikation mit der Ästhetik unterschiedlicher Influencer auf TikTok? Wir haben vorhin BAUHAUS angesprochen, deren Logo ist rot und weiß. Sollte diese Farbkombination auch Teil der Influencer-Kampagnen sein?
Hoffi: Wenn man mit Creatorn zusammenarbeitet, weiß man von Anfang an, dass man vermutlich nicht an einem Set mit konsistenter Ästhetik arbeiten wird. Darum benötigt man eine Unique Creative Logic – ein kreatives Dach, das aus unterschiedlichen Kreativelementen besteht und das alle Creator unabhängig vom jeweiligen Kontext umsetzen können.
Diese Kreativelemente können auch in den Creatorn selbst bestehen und die Konsistenz kann man dadurch erzeugen, dass immer wieder dieselben Gesichter aus derselben Kameraperspektive auftauchen. Es gab beispielsweise mal diesen Trend, die Smartphone-Kamera auf Weitwinkel zu stellen und sich dann vor die Stirn zu halten. Das könnte auch ein konsistentes ästhetisches Element sein.
Außerdem muss man im Vorhinein mit dem/der Kund:in Watch Outs definieren. Wir erarbeiten immer ein holistisches Playbook mit den wichtigsten Dos and Don’ts und Regeln für das Community-Management.
Christoph : Besonders bei neuen Kanälen ist auch das Pricing ein wichtiges Thema. Weil schon so viele Unternehmen auf Instagram aktiv sind, ist es vermutlich sinnvoll, das Pricing für Influencer auf TikTok mit dem auf Instagram zu vergleichen. Nicht alle Unternehmen können mit den reichweitenstärksten Influencern auf Instagram zusammenarbeiten, deswegen lohnt sich dort auch ein Blick auf die Micro-Influencer. Ist das auf TikTok auch so und ist das Pricing hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Influencern ähnlich?
Maurice : Es ist kein Geheimnis, dass die Zusammenarbeit mit Creatorn immer teurer wird. Das ist auch logisch, weil die Branche immer professioneller wird und die Creator ein immer besseres Gefühl dafür bekommen, wie viel Geld sie für ihre Dienstleistungen und ihre Reichweite verlangen können. Es gibt aber auch immer Möglichkeiten, an günstigen Creator Content zu gelangen, weil es so viele kleine Creator gibt, die guten Content produzieren.
Hoffi: Man muss auch nicht immer mit den größten Creatorn starten. Wenn Unternehmen eine neue Strategie ausprobieren oder einen ersten Schritt auf TikTok wagen möchten, können wir mit unserem oft erwähnten Tool genau diese Leute finden, die auf TikTok noch keine große Reichweite und keinen etablierten Charakter aufgebaut haben und die dann mit der Brand wachsen können. Das funktioniert besonders gut auf TikTok, weil es dort nicht auf Hochglanz, sondern Kreativität ankommt.
Sind computergenerierte Influencer ein Trend mit Zukunft?
Christoph : Es gibt schon einige computergenerierte Influencer, die entweder mit verschiedenen Marken kooperieren oder von einzelnen Marken kreiert werden. Habt ihr schon Berührungspunkt mit solchen Influencern gehabt und wie steht ihr zu dem Trend?
Maurice : Ich habe mich damit tatsächlich näher beschäftigt, weil virtuelle Charaktere unter anderem durch das Metaverse immer mehr in den Fokus geraten. Die virtuellen Influencer bieten auf jeden Fall Vorteile, nicht zuletzt durch die Kontrolle, die man über sie hat. Das kann aber auch gefährlich sein, wenn diese Kontrolle beispielsweise für politische Propaganda missbraucht wird. Weitere Vorteile der virtuellen Influencer sind der finanzielle Aspekt – die müssen initial erstellt und können anschließend immer wieder verwendet werden – und die Flexibilität. Virtuelle Influencer verpassen keine Calls oder Deadlines.
Ein weiterer Nachteil ist allerdings die mangelnde Authentizität. Wenn man die Marketing-Brille ab- und die User-Brille aufsetzt, sind virtuelle Influencer vermutlich nicht das, was gerade am besten ankommt. Auch die technologische Abhängigkeit ist ein Problem, weil technische Probleme zu Verzögerungen oder Einschnitten bei der Kampagne führen können. Man kann diesen Trend aber natürlich ausprobieren und anschließend analysieren, ob man damit die gewünschten Ergebnisse erzielen kann.
Christoph : Ich folge aktuell noch keinen virtuellen Influencern und wenn ich euch richtig verstehe, werde ich nächstes Jahr zu dieser Zeit vermutlich nicht wesentlich mehr computergenerierten Content in meinem Feed sehen.
Maurice : Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass diese virtuellen Influencer meist absolut makellos sind; die haben keine Akne, schütteres Haar oder schiefe Zähne. Aber man kann sie natürlich auch mit Makeln versehen und dadurch noch spannendere Stories erzählen.
Christoph : Hoffi, wie ist dein Take dazu? Folgst du Lil Miquela?
Hoffi: Nein, in der Hinsicht bin ich ein richtiger Boomer. An TikTok gefallen mir das Menschliche und der Austausch mit richtigen Personen über Kommentare. Im Arbeitskontext pflichte ich Maurice‘ Darstellung aber vollkommen bei, dass die Authentizität ein Problem und die Flexibilität und Kontrolle Vorteile sind.
Christoph : Zum Abschluss würde ich euch gerne noch eine Frage zu den KPIs stellen. Welche KPIs schaut ihr euch alltäglich an beziehungsweise auf welche KPIs sollten Unternehmen achten, die gerade auf TikTok anfangen? Und sollte man dafür die internen Tools von TikTok oder externe Tools verwenden?
Hoffi: Wir setzen einen starken Fokus auf die Engagement-Rate und die View Through Rate, die Aufschluss darüber gibt, wie oft das Video vollständig angeschaut wird. Die Engagement-Rate ist besonders wichtig, wenn wir die Performance von Influencern bewerten.
Mit den Tools haben wir als Creatives tatsächlich nicht besonders viel zu tun. Soweit ich weiß, haben wir aber gar nicht so viele verschiedene Tools, weil wir mittlerweile vieles über unsere interne Technologie abbilden können. Anhand derer können wir Performance-Analysen erstellen, Content filtern und dabei sogar das gesprochene Wort einbeziehen, Social Listenings durchführen und Diskurse zu bestimmten Themen analysieren.
Externe Hilfe – etwa von GWI oder best for planning – nehmen wir etwa für Zielgruppen-Analysen in Anspruch. Aber unter dem Strich würden wir schlicht unser Tool empfehlen.
Christoph : Und wie erhält man Zugriff auf euer Tool?
Hoffi: Wir verwenden das Tool für unsere Kund:innen und erstellen damit Reports für sie. Eine Verwendung durch Externe ist aktuell nicht möglich. Als Kunde bekommt man jedoch Zugriff auf Kampagnen- und Kanaldashboard, Sedcards,Content-Freigaben Benchmarks & Co.
Maurice : Es wird vermutlich auch dabei bleiben, dass wir das Tool nicht zur externen Verwendung freigeben, weil wir dessen zahlreiche Features gerne nur unseren Kund:innen zur Verfügung stellen möchten.
Christoph : Vielen Dank für diesen Talk und dass ihr alle unsere Fragen beantwortet habt. Ich freue mich schon auf das nächste Mal und bin gespannt auf die Entwicklungen, die TikTok für uns bereithält.
Hoffi: Vielen Dank, uns hat es auch großen Spaß gemacht und hoffentlich haben wir nicht zu plump für unser Tool geworben (lacht).
Intermate ist einer der führender Player für smarte Social-Media- und Influencer-Marketing Campaigns im DACH-Raum. Zusammen mit der Produktionsfirma Truemates konzipiert Intermate Kampagnen für alle sozialen Plattformen und setzt sie in Zusammenarbeit mit Content Creatorn um. Die besondere Stärke der Agentur liegt im Aufbau von Markenkanälen und Kampagnen auf TikTok. Intermate verfügt nicht nur über eigene Content Studios und leistungsstarke Influencer-Technologie, sondern stellt sein Können auch auf dem eigenen TikTok-Kanal DAILY PIE zur Schau.
In unserem Podcast haben sich Alexander Hoffmann, Senior Social Konzepter und Maurice van gen Hassend, Gen Z Experte von Intermate, mit Christoph Steger über die TikTok Taskforce von Intermate und Truemates, neue Features, die Zielgruppenzusammensetzung auf TikTok und Tipps und Tricks für die Zusammenarbeit mit Influencer:innen gesprochen.
Christoph : Cool, dass ihr beim OMKB-Podcast am Start seid. Würdet ihr mir als Hintergrundinformation zum Start erklären, wie ihr eure Leidenschaft für das TikTok Marketing entdeckt habt und was euch schlussendlich zu Intermate gebracht hat?
Hoffi: Ich hatte letzte Woche mein zweijähriges Jubiläum bei Intermate. Das Unternehmen war schon vorher als Experte für TikTok bekannt, wollte seine Expertise aber weiter ausbauen. Ich habe also meine ersten TikTok-Kampagnen, Konzepte und Strategien verfasst und dabei habe ich gemerkt, dass mir TikTok viel mehr liegt als beispielsweise Instagram. Das liegt an der Architektur der Plattform und den Möglichkeiten hinsichtlich der Werbung und des Auftretens für Marken. Zu dieser Struktur und der Sprache der Plattform passt meine Art des kreativen Denkens besonders gut und so habe ich mich zum TikTok-Experten und -Strategen bei Intermate entwickelt. Mittlerweile bin ich fast ausschließlich mit TikTok beschäftigt.
Vorher war ich bei einer anderen Influencer-Marketing-Agentur, ich hatte aber schon lange einen Blick auf Intermate als einen Top-Player im Creator-Bereich geworfen und bin dann schließlich hier gelandet.
Der Podcast mit Hoffi und Maurice von INTERMATE Group
Christoph : Dann bist du ja bei deiner Wunschagentur gelandet, Glückwunsch. Maurice, wie war es bei dir?
Maurice : Ich hab mit einem Schülerpraktikum bei Intermate angefangen und anschließend neben dem Abitur als Aushilfe weitergearbeitet. Seit letztem Oktober bin ich dualer Student in der Kreation und schreibe Konzepte, erkläre unseren Kund:innen die Generation Z oder führe Trend-Updates hinsichtlich TikTok und anderer Social-Media-Plattformen durch.
Christoph : Und was für einen dualen Studiengang hast du dir ausgesucht?
Maurice : Ich studiere Marketing-Management.
Christoph : Und bedeutet das, dass du zwei oder drei Tage bei Intermate und die restliche Zeit in der Uni bist?
Maurice : Genau so ist es. Ich bin für den Podcast sogar extra aus der Uni ins Büro gekommen.
Die besten Kanäle auf TikTok
Christoph : Prima. Bevor wir wirklich inhaltlich einsteigen, wüsste ich gerne, was eure persönlichen Lieblingsinhalte auf TikTok sind? Was würde euer Feed ausspucken, wenn ihr die App jetzt öffnen würdet?
Hoffi: Ich habe drei Lieblingskanäle, deren Inhalte ich immer wieder konsumiere. Ich bin eigentlich kein Fußball-Fan, aber der erste Kanal ist der SV Darmstadt 98 (@sv1898). Die haben eine tolle, selbstironische Art, Inhalte wie Spielgeschehnisse witzig darzustellen und mit den verschiedenen TikTok-Mechaniken zu kombinieren. Der Verein nutzt sowohl CapCut-Vorlagen als auch Sounds, Stiches und Duetts. Wenn zum Beispiel ein:e Spieler:in eine Rote Karte kassiert, legen die einen TikTok Sound drüber und nehmen sich damit selbst nicht zu ernst. Diese Art der Kommunikation auf TikTok greifen mittlerweile immer mehr Sportvereine auf. Auch sonst konsumiere ich viele Sportinhalte, weil ich früher selbst viel Sport getrieben habe.
Der zweite Lieblingskanal ist der von BAUHAUS, den wir kürzlich gelauncht haben. Wenn man noch neu auf TikTok ist und auf den BAUHAUS-Kanal geht, versteht man die Funktionsweise eines solchen Markenkanals ziemlich schnell. Dort schaffen wir es nämlich, die BAUHAUS-Produkte mit bildenden Inhalten und TikTok-Mechaniken zu verbinden. Die Formate, die wir dort entwickelt haben, schaue ich mir auch privat gerne an. Der Kanal ist noch neu in unserem Portfolio, aber ich bin schon sehr auf dessen weitere Entwicklung gespannt.
Mein letzter Tipp ist die Hellman Retail Group – eine US-amerikanische Marke für Herrenbekleidung, die primär hochwertige Anzüge herstellt. Die haben das TikTok Game einfach durchgespielt und zeigen sehr gut, dass man auf TikTok auf einen wiedererkennbaren Charakter angewiesen ist, den man immer wieder bedienen muss.
Christoph : Gut zu wissen, dass der SV Darmstadt 98 zwar nicht erstklassig im Fußball ist, dafür aber im TikTok Game. Die schaue ich mir im Anschluss direkt an. Und was würden wir in deinem Feed finden, Maurice?
Maurice : Ich folge ziemlich vielen Marken auf TikTok, von denen sind allerdings die wenigsten deutschsprachig. Die nicht deutschsprachigen trauen sich einfach mehr als die Player im DACH-Raum. Mir gefallen auch eine große Portion Selbstironie und Marken, die sich selbst nicht zu ernst nehmen. Gute Beispiele dafür sind Duolingo, die Automarke Lotus, Ryanair und Wendy’s.
Bei Bose gefällt mir besonders, dass die rund um ihre bestehenden Produkte – wie Lautsprecher und Kopfhörer – immer wieder abgefahrene neue Produkte vorstellen. THE ROPE etwa ist ein Seil, das man an sich selbst und einem Lautsprecher befestigt, damit man nie zu weit vom Lautsprecher entfernt ist. Das kommt in der TikTok Community hervorragend an.
Christoph : Folgst du diesen Marken schon mit dem beruflichen Kontext im Hinterkopf, um über die neusten Trends auf dem Laufenden zu bleiben?
Hoffi: Er ist schon ein kleiner Streber (lacht).
Christoph : Sehr gut. Ich bin einige Jahre älter als ihr und als ich mit Social Advertising angefangen habe, habe ich auch alle möglichen Markenkanäle abonniert, um mich mit Inspiration für meine Kund:innen zu versorgen. Und noch heute schaue ich mir gerne Werbung an und überlege mir dabei, wie ich selbst an die Kampagne herangehen würde. Geht euch das ähnlich?
Hoffi: Ja, wir schicken uns auch viel hin und her. Bei den meisten Marken arbeiten wir mit mehreren Creatives, denn es ist wichtig für uns, einen Austausch zwischen mehreren kreativen Köpfen zu haben. Und wenn man dann privat unterwegs ist und interessante Inhalte sieht, postet man die manchmal auch um 23 Uhr noch in den jeweiligen Slack-Channel. Am nächsten Morgen macht sich das Team dann Gedanken dazu, wie man das auf die Marke anwenden könnte.
Intermates TikTok Taskforce – geballtes Wissen aus zwei Unternehmen
Christoph : Hoffi, du hast in unserer vorherigen Session schon von der TikTok Taskforce erzählt. Kannst du uns noch einmal einen kurzen Überblick darüber geben und ist das auch ein Rahmen, in welchem ihr diese gesammelten Links auswertet?
Hoffi: Intermate bildet zusammen mit der Produktionsfirma Truemates die Intermate Group. Irgendwann haben wir festgestellt, dass wir das TikTok-Wissen der beiden Firmen gerne in Form einer Taskforce zusammenführen würden. Dafür haben wir eine Gruppe TikTok-verrückter Creatives und Expert:innen aus der Produktion zusammengestellt, um unsere komplette Dienstleistungskette anhand von TikTok zu fokussieren. Inzwischen treffen wir uns wöchentlich und jede:r bringt wenigstens einen Link oder einen interessanten Inhalt aus dem TikTok-Kosmos mit. Das können sowohl inspirierende als auch verbesserungswürdige Inhalte sein, denn man kann auch aus Fehlern anderer lernen. Auch neue Funktionen können dabei sein, die Maurice dann ins Trend-Update aufnimmt, damit alle auf dem neuesten Stand sind.
Christoph : Das Jahr ist noch recht jung, aber TikTok hat schon jetzt beeindruckende Zahlen geschrieben. Keine andere Plattform kann hinsichtlich Benutzer:innenwachstum, Downloads und Co. solche Zahlen aufweisen, deshalb beschäftigen sich schon viele Unternehmen mit dem Werbepotenzial von TikTok. Welche Entwicklungen aus dem letzten Jahr erachtet ihr als besonders wichtig und wie schätzt ihr die weitere Entwicklung von TikTok ein?
Hoffi: TikTok als Werbeplattform ist ein Thema, das unmittelbar bevorsteht und woran TikTok meiner Meinung nach auf ein großes Interesse hat. Allerdings glaube ich, dass das anders aussehen wird als auf anderen Plattformen. Gleichzeitig wird TikTok weiterhin Unternehmen gnadenlos abstrafen, welche die TikTok-Sprache nicht beherrschen.
Christoph : Das stimmt, viele Unternehmen warten auf die Monetarisierung auf TikTok. Aber du scheinst nicht davon auszugehen, dass TikTok zum Instagram 2.0 wird. Die Plattform wird auch für kleinere Advertiser zunehmend beliebt, die sich Agenturen wie euch nicht leisten können und dementsprechend Werbung schalten möchten, die vielleicht nicht optimal zu TikTok passt. Entsteht mit der zunehmenden Popularität die Gefahr, dass die aktuellen nativen, unterhaltsamen Ads verschwinden und durch Stopper Ads ersetzt werden?
Maurice : Man sieht schon jetzt immer häufiger, dass auch kleinere Unternehmen Werbung auf TikTok schalten. Wenn Werbung nicht TikTok-nativ ist, wird sie allerdings auch nicht besonders gut funktionieren. Gleichzeitig kann man auch mit einem geringen Budget gute TikTok-Werbung herstellen – das zeigen uns die vielen Creator, die ihre Videos in ihrem Kinderzimmer drehen und Produkte darin einbinden. Man kann also mit wenigen Materialien einen beachtlichen Output generieren und das können sich auch kleinere Unternehmen zunutze machen.
Christoph : Obliegt es also Plattformen wie TikTok, die Kleinunternehmen in dieser Hinsicht zu instruieren?
Maurice : Ja, und das macht TikTok bereits. Die haben zahlreiche Instruktionen für einen gelungenen Start auf TikTok – sowohl für Advertiser als auch Creator. Dadurch haben auch kleinere Unternehmen eine echte Chance, schnell auf TikTok zu wachsen.
Auto Scroll und Paywalls – neue Features auf TikTok?
Christoph : Vor einigen Tagen habe ich gelesen, dass es eine Auto-Scroll-Funktion auf TikTok getestet wird und nun frage ich mich, wie ich mir das genau vorstellen kann. Habt ihr schon Erfahrungen damit gesammelt und welche Vorteile könnte das für Marken bedeuten?
Hoffi: Wir haben auch davon gelesen und uns damit beschäftigt. Dieser Button wird noch nicht allen Nutzenden angezeigt – mir zum Beispiel noch nicht –, sondern nur einer Testkohorte. Die Funktion kann man sich so vorstellen, dass das Programm automatisch die Videos nacheinander abspielt, was natürlich ein tolles Feature für die richtig faulen Nutzenden ist. Durch die Auto-Scroll-Funktion kann es dazu kommen, dass die Interaktion mit einzelnen Inhalten und dementsprechend die messbare Performance abgeschwächt wird. Denn wenn man den Daumen nicht mehr zum Scrollen verwendet, verwendet man ihn im Zweifel auch nicht zum Kommentieren, Liken oder Teilen. Aktuell wird daran die Performance gemessen, was durch den Auto-Scroll erschwert werden würde.
Maurice : Lange war es der USP von TikTok, dass sich die Nutzenden durch das Scrollen aktiv mit dem Content beschäftigen. Wenn man dagegen Content auf YouTube konsumiert, kann man nebenbei auch die Spülmaschine ausräumen oder einen Online-Shop durchstöbern.
Christoph : Vorerst wird das Feature nur getestet – wer weiß, ob es tatsächlich zum Roll-out kommt. Ich finde es aber schon interessant, dass das überhaupt getestet wird. Ich lasse mich zum Beispiel gerne von Inhalten catchen und schaue die dann viermal hintereinander an, was TikTok und den Creatorn natürlich einen wichtigen Aufschluss über den Impact eines Videos gibt.
Als ich mein Google-News-Abo durchgegangen bin, habe ich außerdem gelesen, dass TikTok eventuell eine Paywall für ausgewählte Videos einführen könnte. Das Konzept ist schon von OnlyFans und ähnlichen Apps bekannt. Habt ihr Hintergrundwissen zu dem Plan, der dahinterstecken könnte und wie würdet ihr einer solchen Funktion gegenüberstehen?
Hoffi: Es scheint so zu sein, dass die Zahl der Nutzenden auf dem US-Markt aktuell stagniert und dass TikTok dem mit einem monetären Anreiz zum Vorteil der Creator entgegenwirken möchte. Ich bin davon nicht begeistert, weil dieser exklusive Charakter meiner Meinung nach nicht zu TikTok passt. TikTok ist eigentlich sehr divers und bietet Content und Dialog zu allen denkbaren Themen und für alle möglichen Zielgruppen. Wenn man nun bestimmte Inhalte nur einem zahlungskräftigen Publikum zur Verfügung stellt, widerspricht das meiner Meinung nach der Idee von TikTok.
Aus der kreativen Perspektive stelle ich mir zudem die Frage, wie sich die Architektur der Plattform durch dieses Feature ändern wird und wie man die Nutzenden dazu bringt, Geld für exklusive Inhalte auszugeben. Ich glaube nicht, dass sich das durchsetzen wird.
Maurice : Mir geht es ähnlich und ich glaube ebenfalls, dass sich dieses Feature nicht durchsetzen wird. Mit der jungen Zielgruppe im Blick würde ich sagen, dass die eher nicht bereit ist, Geld für exklusive Inhalte auszugeben. Das sehen wir etwa bei Online-Zeitschriften, die bestimmte Artikel hinter Paywalls verstecken, welche die junge Zielgruppe dann einfach nicht liest. Insbesondere die jungen Nutzenden haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass TikTok, Instagram und Co. durch die Werbefinanzierung kostenlos sind.
Was TikTok für die Gen Z so reizvoll macht
Christoph : TikTok ist durch die Gen Z, die du eben angesprochen hast, Maurice, groß geworden – wobei die anderen Altersgruppen TikTok auch vermehrt nutzen. Ich habe kürzlich gelesen, dass 40 Prozent der jungen Menschen ihre Suche nach Produkten oder Dienstleistungen über TikTok und ähnliche Netzwerke statt über Google oder Amazon beginnen. Was macht TikTok so attraktiv für die Gen Z? Es gibt schließlich auch Netzwerke wie Snapchat, die den Nerv der jungen Generation nicht annähernd so gut getroffen haben.
Maurice : TikTok hat ein enormes Suchtpotenzial, weil man mindestens bei jedem zweiten Video unterhalten wird und dadurch regelmäßige Dopaminschübe ausgelöst werden. Als Agentur entwickeln wir deshalb gerade Konzepte für die SEO. Als ich beispielsweise letztes Jahr mein Abitur geschrieben habe, habe ich auf TikTok schon viele Lernvideos gefunden. Und erst, wenn ich auf TikTok keine Inhalte (mehr) gefunden habe, habe ich auf YouTube oder Google gesucht. Das veranschaulicht das Bedürfnis nach schnellen, komprimierten Inhalten, wie ungeduldig wir geworden sind und wie sich dadurch unsere Aufmerksamkeitsspanne verkürzt hat. Das hat sich bei mir jedenfalls in den vergangenen zwei Jahren drastisch verschlimmert und genau darauf können Marken einzahlen.
Wenn man als Marke etwa Educational Content produziert, könnte man sich die Lehrpläne der einzelnen Bundesländer anschauen, zur Marke passende Inhalte daraus extrahieren und dazu Formate gestalten. Dann hat man eine bessere Chance, dass die Nutzenden aktiv nach den eigenen Inhalten suchen.
Als junge Zielgruppe sind wir zwar mit Google aufgewachsen, wir lassen uns aber auf TikTok inspirieren. Dort suchen wir nach Reisezielen und Food Spots, weil wir innerhalb von 30 Sekunden mit Bewegtbild und Ton alles zu einem Restaurant oder einer anderen Location herausfinden können. Deshalb ist SEO ein richtig spannendes Thema für die kommenden Monate, wenn nicht sogar Jahre, das man als Marke nicht außer Acht lassen sollte.
Christoph : Habt ihr schon Tipps in Bezug auf SEO auf TikTok, die ihr mit unserer Audience teilen könnt?
Maurice : Ein Augenmerk sollte man auf die Captions – also die Bildunterschrift – legen, in welchen man Keywords mit bis zu 2.000 Zeichen unterbringen kann. Ein zweiter Aspekt sind die Text Layovers, die man etwa als Untertitel in den Videos sieht und ein dritter der tatsächlich gesprochene Text, der auch von TikTok analysiert und kategorisiert wird.
Hoffi: Auf anderen Plattformen wie Instagram spielen Captions eine große Rolle, bei TikTok schaue zumindest ich aber mehr auf das Visuelle. Wie Maurice eben gesagt hat, kann man sich aber im SEO Game mit den richtigen Keywords eine gute Positionierung sichern, um als Marke relevant zu werden.
Christoph : Ich habe Snapchat schon kurz angesprochen und will gar nicht zu intensiv darauf eingehen, aber die Plattform hat immerhin kürzlich eine kleine Renaissance erlebt. Ist Snapchat eine Plattform, die ihr als Agentur bedient?
Hoffi: Meiner Meinung nach adressiert Snapchat eine noch jüngere Zielgruppe, während TikTok auch bei den älteren Nutzenden immer beliebter wird. Mit unseren Technologien schauen wir uns unter anderem an, welche Inhalte TikTok-Creator auf Instagram teilen und wie oft sie auf TikTok verweisen. Diese Hinweise auf TikTok bleiben in etwa konstant und dementsprechend können wir davon ausgehen, dass bei einer gleichbleibenden Beliebtheit der Inhalte auf Instagram auch immer mehr Menschen zu TikTok migrieren und das Durchschnittsalter auf TikTok dadurch immer weiter steigt, ohne dass die junge Zielgruppe wegbrechen würde.
Bei Snapchat hingegen wird der Fokus meiner Ansicht nach weiterhin auf der jungen Zielgruppe liegen. Aufgrund dieser Beobachtungen würde ich Marken nur raten, auf Snapchat aktiv zu sein, sofern sie eine sehr junge Zielgruppe ansprechen. Wenn das nicht der Fall ist, sollte man sich hingegen auf TikTok konzentrieren.
Zu welchem Unternehmensprofil passt TikTok?
Christoph : Ist TikTok eurer Ansicht nach denn für Brands jeder Größe ein geeigneter Marketing-Kanal?
Hoffi: Ja. Ich habe vorhin in meiner Speaker Session schon angedeutet, dass es einen Social Graph und einen Content Graph gibt. Der Social Graph greift etwa bei Instagram stark und achtet unter anderem auf die Anzahl der Follower, die Zusammensetzung einer Community und das Like-Verhalten. Bei TikTok steht dagegen der Content Graph im Vordergrund, bei dem es primär um die Inhalte geht, die man präsentiert. Das liegt unter anderem daran, dass sich TikTok nicht als soziales Medium und viel mehr als Unterhaltungsplattform versteht.
Aufgrund dessen gehen regelmäßig Videos von unbekannten Creatorn auf TikTok viral und gerade deshalb ist TikTok die Plattform für kleinere Marken, um auf sich aufmerksam zu machen. Wenn Inhalte die Sprache von TikTok sprechen und in den Content Graph treffen, bekommt man einen Push vom Algorithmus.
Christoph : Bei unseren vergangenen Sessions ist von der Audience immer wieder die Frage aufgekommen, ob Marken auch dann Werbung auf TikTok machen sollten, wenn die Gen Z überhaupt nicht ihre Kernzielgruppe ist. Die Antwort hast du eben schon vorweggenommen, als wir über den Unterschied zwischen Snapchat und TikTok gesprochen haben, aber viele verbinden TikTok nach wie vor mit der Gen Z. Vielleicht können wir deshalb noch etwas näher auf die Altersentwicklung auf TikTok eingehen.
Hoffi: Die Zahlen ändern sich natürlich kontinuierlich, aber etwa ein Drittel der Nutzenden ist über 34 Jahre alt. Gen Z sind dagegen alle, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden. Ein Großteil der Nutzenden ist weiterhin unter 30 Jahre alt. Genauere Zahlen kann ich leider aus dem Stegreif nicht nennen. Trotzdem sollte man TikTok auch in Hinblick auf ältere Zielgruppen mitdenken, weil man dermaßen schnell viral gehen kann und weil die älteren Zielgruppen dort durchaus anzutreffen sind.
Christoph : Neben der Zielgruppe ist auch das Unternehmensziel entscheidend. Ist TikTok für alle Unternehmensziele geeignet beziehungsweise gibt es Unternehmensziele, für die TikTok prädestiniert ist?
Maurice : Meiner Ansicht nach sollte TikTok hauptsächlich als Awareness-Kanal verwendet werden, mit dem man initial Aufmerksamkeit für eine Marke generiert. Sales Content dagegen wird insbesondere von den jungen Menschen abgestraft. Stattdessen produzieren wir unterhaltsamen Content, in welchen die Produkte immer wieder nativ eingebunden werden. Dadurch bringen wir die Marke ins Gespräch, verschaffen ihr einen Platz auf der Plattform, generieren die Aufmerksamkeit der jeweiligen Zielgruppe und können dadurch langfristig ein Markenbewusstsein aufbauen, welches schlussendlich zu Kaufabschlüssen führt. Man muss dementsprechend langfristig auf TikTok denken und kann schlussendlich auch Sales durch ein cooles Branding generieren.
Christoph : Eine Frage aus unserer Audience bezieht sich auf Unternehmen, die schon früh ein Profil auf TikTok angelegt, einige erfolgreiche Videos veröffentlicht haben und den Kanal dann haben brach liegen lassen. Wenn ein solches Unternehmen jetzt intensiver ins TikTok Game einsteigen möchte, sollte es diesen Kanal wiederbeleben oder sollte es ein neues Profil aufsetzen?
Hoffi: Weil TikTok den Fokus auf den Content Graph legt, muss man nicht extra ein neues Profil einrichten. Dementsprechend muss man Asset-zentriert denken und jedes Asset individuell betrachten, denn der Content ist das ausschlaggebende Kriterium. Deswegen ist es egal, wenn man einen Kanal über einen längeren Zeitraum brach liegen lässt. Wenn man wieder anfängt und eine gute Performance erzielen möchte, sollte man allerdings regelmäßig Inhalte posten.
Die perfekten Posts – wann und wie oft sollten Unternehmen auf TikTok posten?
Christoph : Für manche Netzwerke gibt es Faustformeln, wie oft man Inhalte posten sollte, um relevant zu bleiben. Gibt es die auch bei TikTok?
Hoffi: Diese Frage haben wir uns natürlich auch gestellt und deshalb die erfolgreichsten Markenkanäle auf TikTok mit unserem Tool untersucht. Diese Analyse hat ergeben, dass die erfolgreichsten Kanäle auf TikTok viel und häufig posten. Als Faustformel hat sich daraus ergeben, dass man idealerweise täglich posten sollte.
TikTok ist eine dynamische und schnelllebige Plattform. Wenn man als Marke nicht sichtbar ist, kann man auch nicht relevant sein. Die meisten Nutzenden schauen sich zudem nur Inhalte auf der For You Page an, auf der man innerhalb kürzester Zeit eine große Menge an Inhalten konsumiert. Je öfter eine Marke auf der For You Page oder der Follow Page zu sehen ist, desto relevanter wird sie für die gesamte Plattform. Dementsprechend ist das Credo: Je häufiger man postet, desto wahrscheinlicher geht Content vira.l Wenn man so häufig postet, muss man natürlich gleichzeitig darauf achten, die Qualität nicht zu vernachlässigen.
Christoph : Bei der letzten Session ist eine interessante Frage einer Kollegin reingekommen. Das infrage stehende Unternehmen postet nicht besonders häufig und setzt stattdessen auf aufwendig produzierte Inhalte. Nun ist einer dieser für TikTok produzierten Inhalte nicht viral gegangen, obwohl sich die gesamte Marketing-Abteilung sicher ist, dass der einwandfrei hätte funktionieren müssen. Die Vermutung ist nun, dass der Post einfach zum falschen Zeitpunkt veröffentlicht wurde. Wie kann man nun mit solchen Inhalten umgehen? Kann man die recyceln oder würdet ihr davon eher abraten?
Maurice : Wenn ein Asset auf TikTok nicht funktioniert, sollte man sich selbst hinterfragen und herausfinden, woran es gelegen hat. Man kann sich etwa die Beibehaltungsrate anschauen – die gibt Auskunft darüber, an welcher Stelle die Nutzenden abgeschaltet haben. Das kann daran liegen, dass etwas Bestimmtes gesagt wurde oder dass zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts gesagt wurde und die Nutzenden nicht wissen, worum es geht. Auf TikTok muss man in den ersten drei Sekunden erklären, worum es geht, um die Aufmerksamkeit der Nutzenden zu halten. Deswegen bedeutet eine aufwendige Produktion nicht automatische eine gute Performance auf TikTok. Eine gute Performance auf TikTok kann man erwarten, wenn der Content lustig, inspirierend oder informativ ist. Das ist der Grund, warum Creator aus ihrem Kinderzimmer Millionen von Nutzenden erreichen können, obwohl sie ihre Videos mit einem Smartphone statt einer Hochglanz-Produktionsmaschinerie drehen.
Hoffi: Wir haben die Videos natürlich nicht gesehen, aber wenn ich höre, dass die „aufwendig produziert“ wurden, stelle ich mir eine Ästhetik vor, die wir primär aus der Fernsehwerbung kennen. Genau das möchte die Community auf TikTok aber nicht sehen, deshalb würde ich diese werbliche Ästhetik vermeiden.
Ich würde aber nicht grundsätzlich den Inhalt oder das Narrativ verwerfen, denn das wird die Kollegin oder das Unternehmen aus einem triftigen Grund ausgewählt haben. Stattdessen würde ich mir Gedanken dazu machen, wie man das Asset in die TikTok-Sprache übersetzen kann und es dementsprechend noch einmal drehen. Dann kann man die Performance der Inhalte vergleichen und falls es weiterhin nicht funktioniert, muss man sich eine vollkommen andere Strategie überlegen.
Christoph : Bei anderen Plattformen wird immer wieder darüber diskutiert, ob es den richtigen Zeitpunkt für Uploads gibt – die richtige Tageszeit oder den richtigen Wochentag etwa. Gibt es einen solchen perfekten Zeitpunkt auch auf TikTok?
Hoffi: Da bin ich offen gestanden überfragt, weil wir in der Kreation nicht viel mit den Content-Plänen und den Upload-Zeitpunkten zu tun haben. Unser Social-Media-Team hätte bestimmt spannende Insights zu dieser Frage, aber ich kann keine valide Äußerung dazu tätigen.
Maurice : Ich bemerke immer wieder, dass Videos nicht unmittelbar, sondern einige Tage nach dem Upload viral gehen und dass das unabhängig vom Upload-Zeitpunkt ist. Dementsprechend würde ich sagen, dass man auch nachts Videos posten kann. Der TikTok-Algorithmus ist ziemlich rätselhaft, aber man kann trotzdem damit umgehen.
Christoph : Als Marketeers und Advertiser wissen wir schon von anderen Plattformen, dass Reichweiten teilweise bewusst beschnitten werden. Das ist zuerst auf Facebook aufgefallen, wo User sich organisch eine Community von hunderttausenden Follower:innen aufgebaut hatten und plötzlich feststellen mussten, dass ihre Post immer weniger Leuten angezeigt werden, wenn sie nicht für Reichweite bezahlen. Ist das auf TikTok auch so? Sollte man als Marke kontinuierlich die eigene Performance mit Paid pushen?
Hoffi: Wenn ein Inhalt einwandfrei funktioniert und die Sprache der Community spricht, kann man ihm durchaus einen kleinen, bezahlten Push geben. Das wäre eine gute Investition, weil man dadurch tatsächlich mehr Reichweite generieren kann.
Wenn Inhalte dagegen nicht auf TikTok funktionieren, würde ich aber davon abraten, sie mit Paid pushen zu wollen. Das kann den Eindruck erwecken, man wolle sich der Community aufdrängen und dementsprechend könnten die Kommentare unter dem Video ausfallen.
Christoph : Das beantwortet auch meine nächste Frage danach, wie man als neues Unternehmen am besten TikTok testet: Zunächst organisch ein Gefühl für die Inhalte bekommen, statt sofort mit einem großen Paid-Budget einzusteigen.
Hoffi: Genau.
Der Talk mit Hoffi und Maurice von INTERMATE Group in voller Länge als Video ON DEMAND
Mit Musik und Lenses Aufmerksamkeit generieren
Christoph : Eine weitere beliebte Frage in Hinblick auf TikTok dreht sich um die Musikrechte. Für TikTok als Plattform ist Musik essenziell, viele Musiktrends entstehen sogar hier und finden dann ihren Weg in die Charts und das Radio. Was könnt ihr Unternehmen hinsichtlich des Umgangs mit Musikrechten raten? Ihr könnt natürlich keine Rechtsberatung anbieten, aber vielleicht habt ihr Tipps aus dem Alltag.
Hoffi: Grundsätzlich sollten Unternehmen in dieser Hinsicht äußerst vorsichtig sein, denn Marken werden immer wieder in Millionenhöhe verklagt. Gleichzeitig ist die auditive Ebene – ob Musik oder andere Sounds – auf TikTok essenziell. Dementsprechend muss man entweder die entsprechenden Musikrechte bezahlen oder lizenzfreie Musik verwenden. Wenn man die Tonalität der aktuell angesagten Musik versteht, kann man diese in der Regel auch mit lizenzfreier Musik gut treffen und dementsprechend die aktuellen Musik-Trends nutzen.
Von der Musik differenzieren wir Sounds wie Voice Snippets. Diese Sounds kann man oft nachbauen, im Fall der Voice Snippets spricht man die einfach neu ein. Mit diesen Kopien ist man oft ebenso erfolgreich wie mit dem Original-Sound.
Christoph : Zu den Voice Snippets erhalten wir auch immer wieder Fragen, das ist ein guter Tipp.
Hoffi: Wenn man als Marke mit Musik auf TikTok Reichweite generieren möchte, muss man natürlich nicht immer auf den aktuellen Trend aufspringen, man kann auch selbst Trends setzen, indem man eigene Musik produziert. Das ist natürlich eine große Herausforderung, kann aber auf TikTok gut funktionieren.
Christoph : Würdet ihr sagen, dass man sich auf TikTok von der Markenkonsistenz in den jeweiligen Assets verabschieden muss, die man sonst über ähnliche Tag Lines und Farben herstellen würde?
Hoffi: Es gibt auf TikTok verschiedene Lenses – das sind Kreativelemente, die man immer wieder verwendet, um einen Wiedererkennungswert zu generieren. Weil die User innerhalb kurzer Zeit eine solche Content-Masse konsumieren, muss man mit einem einzigartigen Charakter herausstechen. Ein gutes Beispiel dafür ist Ryanair, die immer wieder Memes mit ihrem Flugzeug hochladen.
Unter anderem gibt es die Tonal Lense, bei der es um visuelle Elemente und eine immer gleichbleibende Umgebung geht. Dementsprechend sollte man die Brand-Farben nicht ständig wechseln, sondern als Instrument für die Wiedererkennung verwenden. Ein anderes gutes Beispiel ist Duolingo. Die grüne Eule als Maskottchen hat nicht nur mit ihrer Form, sondern auch mit ihrer Farbe einen starken Wiedererkennungswert und diese grüne Farbe taucht in deren Assets immer wieder auf. Die Verwendung einer Farbe sollte natürlich nicht zu plump wirken, sondern kreativ in die Assets eingebunden werden.
Maurice : Es gibt natürlich noch weitere Lenses, die man sich als Marke zunutze machen kann. Mit der Character Lense etwa kann man einen bestimmten Charakter erschaffen – wie ein:e Ärzt:in, die oder der immer wieder auf dem Kanal einer Krankenkasse erscheint.
Man kann außerdem eine Product Lense aufsetzen. Bei Ryanair beispielsweise ist das Flugzeug das Produkt, das immer wieder Geschichten aus dem Ryanair-Kosmos erzählt. Marken haben so viele Entfaltungsmöglichkeiten, ohne ihre Markenkonsistenz aufgeben zu müssen.
Hoffi: Unter dem Strich sollte man sich nicht von der Markenkonsistenz verabschieden, sondern diese in die verschiedenen TikTok Lenses übersetzen. Wichtig ist außerdem, nicht immer dieselbe Lense bedienen zu wollen, sondern sich mehrere Lenses zunutze zu machen. Meistens steht aber eine Lense im Vordergrund.
Ich habe eingangs schon die Hellman Retail Group erwähnt. Auf deren Kanal kann man sehen, dass die eigentlich jede Lense bedienen; es sind immer wieder Anzüge im selben Setting mit derselben Person zu sehen. Diese Lenses können ein gutes Instrument für Marken sein, um einen kreativen Charakter für den Markenkanal aufzubauen.
Wie wählt Intermate seine Creator aus?
Christoph : Lasst uns einen Sprung in den Creator-Bereich machen. Bei Intermate arbeitet ihr eng mit Creatorn zusammen. Ihr seid selbst kreative Köpfe, was macht also die Arbeit mit diesen Creatorn für euch so besonders?
Hoffi: Wir hatten letztes Jahr eine Kampagne, die mit einer großen Produktion und vielen Creatorn am Set einherging. Unter anderem haben wir Livestreams produziert, bei denen die Creator unsere kreativen Inhalte auf ihre individuelle Weise umsetzen sollten. Ich war schwer beeindruckt, wie locker die ans Set kommen und wie präzise die vor der Kamera performen können. Mir macht es auch großen Spaß, meine eigenen kreativen Gedanken mit einer anderen kreativen Person zu teilen und dann deren Interpretation dessen zu beobachten.
Maurice : Bei mir ist das ähnlich. Mir macht der kreative Austausch mit Creatorn großen Spaß, besonders wenn man am Set mit unterschiedlichen Kameraeinstellungen und Präsentationsarten experimentiert.
Christoph : Wie wählt ihr die Creator aus, mit denen ihr zusammenarbeitet? Das ist natürlich vom Unternehmen abhängig, aber achtet ihr auf bestimmte Skill Sets oder KPIs?
Maurice : Dafür nutzen wir unser eigenes Tool, das wir schon mehrmals erwähnt haben. Wenn ich da reingehe und nach Creatorn suche, staune ich immer wieder, was das Tool schon alles kann. Damit suchen wir jedenfalls Creator aus und überprüfen deren KPIs, ihre Zielgruppe und ob sie zum Content der Marke passen. Wir haben beispielsweise einen Content-Filter, mit dem wir analysieren können, welche Marken die Creator in den vergangenen Monaten erwähnt haben und wie sie über die Marken gesprochen haben. Bei positiven Erwähnungen würde sich eine gemeinsame Kampagne anbieten. So stellen wir sicher, dass die Creator zur Marke passen und nicht beliebig für Kampagnen eingebucht werden.
Christoph : Das Gegenteil beobachte ich in letzter Zeit immer wieder auf Instagram, wo Creator Produkte von Marken präsentieren, zu denen sie eigentlich überhaupt nicht passen.
Hoffi: Es ist für uns total wertvoll, dass wir mit unseren kreativen Ideen an das Projektmanagement und das Social-Media-Team herantreten können und dass die dann die passenden Creators für uns finden. Auf TikTok kann man organisch nämlich auf zwei unterschiedliche Arten stattfinden: mit einem Markenkanal oder durch die Kooperation mit Creatorn. Vor der Zusammenarbeit mit Creatorn schauen wir uns immer deren Kanal an, denn nicht nur die Marke hat einen bestimmten Charakter, sondern auch die Creator. Wir schneiden unsere Ideen individuell auf die Creator zu, damit sie nativ in deren Kanäle eingebunden werden können. Ansonsten kommt es zu einem Bruch im Creator-Charakter und die Community versteht sofort, dass es sich bei dem Inhalt um Werbung handelt und schaltet ab. Weil die Audience auf TikTok fast allergisch auf schlechte Werbung reagiert, ist die Auswahl der Creator und die Produktion nativer Inhalte so wichtig.
Maurice : Dementsprechend verfassen wir oft keine konkreten Ideen für Creator, sondern Playbooks. Die geben einen Kampagnenrahmen vor und welche Informationen vermittelt werden sollen, damit die Kampagne zielgerichtet gestaltet werden kann. Die Creator adaptieren die Informationen dann so, dass sie zu deren Content passen und bringen dadurch ihre eigene Expertise ein.
Hoffi: Genau das haben wir letztes Jahr mit Dr.BEST gemacht und dafür auch den TikTok Award in der Kategorie Greatest TikTok 2022 gewonnen. Wir haben die Tonalität der Brand hergeleitet und dann Creator ausgewählt, die vollkommene Freiheit bei der Umsetzung dieser Tonalität hatten. Unsere Grundidee wurde dadurch mit einer Extra-Portion Kreativität auf das nächste Level gehoben. Es wurden beispielsweise Songs zu der Zahnbürste verfasst, die anscheinend den Nerv der TikTok Community getroffen haben.
Christoph : Muss man als Marke zwangsläufig einen eigenen Kanal aufbauen oder reicht die Zusammenarbeit mit Creatorn aus?
Hoffi: Wir sagen immer, dass das keine Frage des Entweder-oder ist. Um auf TikTok relevant zu sein, sollte man optimalerweise über einen eigenen Kanal und Kooperation mit Creatorn verfügen sowie eine Paid-Strategie implementieren. Natürlich ist uns klar, dass das nicht immer möglich ist. Mit dem eigenen Markenkanal und entsprechenden Community-Management kann man allerdings den eigenen Charakter im Auftreten der Community gegenüber festigen. Wenn man zusätzlich Creator-Kooperationen eingeht, profitiert man von deren Reichweite und kann dadurch schnell Aufmerksamkeit für eine Marke oder ein Produkt generieren. Wie Maurice schon dargestellt hat, funktioniert das aber nur, wenn die Creator zur Marke passen und man ihnen den nötigen kreativen Freiraum lässt.
Influencer Marketing auf Instagram und TikTok – die Regeln sind nicht dieselben
Christoph : Falls ein Unternehmen die Influencer-Kooperationen auf Instagram schon durchgespielt hat und nun zu TikTok wechselt, muss es dann andere Spielregeln beachten?
Hoffi: Man sollte jedenfalls keine Inhalte von Instagram auf TikTok posten, weil das einfach nicht funktioniert. Die Sprache der Community und das Verständnis von Inhalten sind vollkommen anders. Natürlich ist die Versuchung groß, Reels auf TikTok wiederzuverwenden, aber ich würde stark davon abraten.
Christoph : Und wie sieht es umgekehrt aus? Instagram hat damals mit den Storys erfolgreich Snapchat kleingehalten und hat mit den Reels dasselbe in Bezug auf TikTok versucht. Das hat nicht funktioniert, aber die Ähnlichkeit besteht trotzdem. Könnte man also Inhalte von TikTok auf Instagram teilen?
Maurice : Wenn man die Inhalte ohnehin schon hat, kann man das tun. Durch die Analyse mit unserem Tool haben wir allerdings herausgefunden, dass der Diskurs hinsichtlich der Tonalität und Themen auf Instagram ein anderer ist als auf TikTok. Dort sind andere Themen relevant; auf TikTok geht es deutlich um Comedy als auf Instagram
Christoph : Ihr habt schon über verschiedene Lenses gesprochen, mit denen man einen Wiedererkennungseffekt auf dem eigenen Markenkanal erzielt. Wie vereint man die eigene Kommunikation mit der Ästhetik unterschiedlicher Influencer auf TikTok? Wir haben vorhin BAUHAUS angesprochen, deren Logo ist rot und weiß. Sollte diese Farbkombination auch Teil der Influencer-Kampagnen sein?
Hoffi: Wenn man mit Creatorn zusammenarbeitet, weiß man von Anfang an, dass man vermutlich nicht an einem Set mit konsistenter Ästhetik arbeiten wird. Darum benötigt man eine Unique Creative Logic – ein kreatives Dach, das aus unterschiedlichen Kreativelementen besteht und das alle Creator unabhängig vom jeweiligen Kontext umsetzen können.
Diese Kreativelemente können auch in den Creatorn selbst bestehen und die Konsistenz kann man dadurch erzeugen, dass immer wieder dieselben Gesichter aus derselben Kameraperspektive auftauchen. Es gab beispielsweise mal diesen Trend, die Smartphone-Kamera auf Weitwinkel zu stellen und sich dann vor die Stirn zu halten. Das könnte auch ein konsistentes ästhetisches Element sein.
Außerdem muss man im Vorhinein mit dem/der Kund:in Watch Outs definieren. Wir erarbeiten immer ein holistisches Playbook mit den wichtigsten Dos and Don’ts und Regeln für das Community-Management.
Christoph : Besonders bei neuen Kanälen ist auch das Pricing ein wichtiges Thema. Weil schon so viele Unternehmen auf Instagram aktiv sind, ist es vermutlich sinnvoll, das Pricing für Influencer auf TikTok mit dem auf Instagram zu vergleichen. Nicht alle Unternehmen können mit den reichweitenstärksten Influencern auf Instagram zusammenarbeiten, deswegen lohnt sich dort auch ein Blick auf die Micro-Influencer. Ist das auf TikTok auch so und ist das Pricing hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Influencern ähnlich?
Maurice : Es ist kein Geheimnis, dass die Zusammenarbeit mit Creatorn immer teurer wird. Das ist auch logisch, weil die Branche immer professioneller wird und die Creator ein immer besseres Gefühl dafür bekommen, wie viel Geld sie für ihre Dienstleistungen und ihre Reichweite verlangen können. Es gibt aber auch immer Möglichkeiten, an günstigen Creator Content zu gelangen, weil es so viele kleine Creator gibt, die guten Content produzieren.
Hoffi: Man muss auch nicht immer mit den größten Creatorn starten. Wenn Unternehmen eine neue Strategie ausprobieren oder einen ersten Schritt auf TikTok wagen möchten, können wir mit unserem oft erwähnten Tool genau diese Leute finden, die auf TikTok noch keine große Reichweite und keinen etablierten Charakter aufgebaut haben und die dann mit der Brand wachsen können. Das funktioniert besonders gut auf TikTok, weil es dort nicht auf Hochglanz, sondern Kreativität ankommt.
Sind computergenerierte Influencer ein Trend mit Zukunft?
Christoph : Es gibt schon einige computergenerierte Influencer, die entweder mit verschiedenen Marken kooperieren oder von einzelnen Marken kreiert werden. Habt ihr schon Berührungspunkt mit solchen Influencern gehabt und wie steht ihr zu dem Trend?
Maurice : Ich habe mich damit tatsächlich näher beschäftigt, weil virtuelle Charaktere unter anderem durch das Metaverse immer mehr in den Fokus geraten. Die virtuellen Influencer bieten auf jeden Fall Vorteile, nicht zuletzt durch die Kontrolle, die man über sie hat. Das kann aber auch gefährlich sein, wenn diese Kontrolle beispielsweise für politische Propaganda missbraucht wird. Weitere Vorteile der virtuellen Influencer sind der finanzielle Aspekt – die müssen initial erstellt und können anschließend immer wieder verwendet werden – und die Flexibilität. Virtuelle Influencer verpassen keine Calls oder Deadlines.
Ein weiterer Nachteil ist allerdings die mangelnde Authentizität. Wenn man die Marketing-Brille ab- und die User-Brille aufsetzt, sind virtuelle Influencer vermutlich nicht das, was gerade am besten ankommt. Auch die technologische Abhängigkeit ist ein Problem, weil technische Probleme zu Verzögerungen oder Einschnitten bei der Kampagne führen können. Man kann diesen Trend aber natürlich ausprobieren und anschließend analysieren, ob man damit die gewünschten Ergebnisse erzielen kann.
Christoph : Ich folge aktuell noch keinen virtuellen Influencern und wenn ich euch richtig verstehe, werde ich nächstes Jahr zu dieser Zeit vermutlich nicht wesentlich mehr computergenerierten Content in meinem Feed sehen.
Maurice : Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass diese virtuellen Influencer meist absolut makellos sind; die haben keine Akne, schütteres Haar oder schiefe Zähne. Aber man kann sie natürlich auch mit Makeln versehen und dadurch noch spannendere Stories erzählen.
Christoph : Hoffi, wie ist dein Take dazu? Folgst du Lil Miquela?
Hoffi: Nein, in der Hinsicht bin ich ein richtiger Boomer. An TikTok gefallen mir das Menschliche und der Austausch mit richtigen Personen über Kommentare. Im Arbeitskontext pflichte ich Maurice‘ Darstellung aber vollkommen bei, dass die Authentizität ein Problem und die Flexibilität und Kontrolle Vorteile sind.
Christoph : Zum Abschluss würde ich euch gerne noch eine Frage zu den KPIs stellen. Welche KPIs schaut ihr euch alltäglich an beziehungsweise auf welche KPIs sollten Unternehmen achten, die gerade auf TikTok anfangen? Und sollte man dafür die internen Tools von TikTok oder externe Tools verwenden?
Hoffi: Wir setzen einen starken Fokus auf die Engagement-Rate und die View Through Rate, die Aufschluss darüber gibt, wie oft das Video vollständig angeschaut wird. Die Engagement-Rate ist besonders wichtig, wenn wir die Performance von Influencern bewerten.
Mit den Tools haben wir als Creatives tatsächlich nicht besonders viel zu tun. Soweit ich weiß, haben wir aber gar nicht so viele verschiedene Tools, weil wir mittlerweile vieles über unsere interne Technologie abbilden können. Anhand derer können wir Performance-Analysen erstellen, Content filtern und dabei sogar das gesprochene Wort einbeziehen, Social Listenings durchführen und Diskurse zu bestimmten Themen analysieren.
Externe Hilfe – etwa von GWI oder best for planning – nehmen wir etwa für Zielgruppen-Analysen in Anspruch. Aber unter dem Strich würden wir schlicht unser Tool empfehlen.
Christoph : Und wie erhält man Zugriff auf euer Tool?
Hoffi: Wir verwenden das Tool für unsere Kund:innen und erstellen damit Reports für sie. Eine Verwendung durch Externe ist aktuell nicht möglich. Als Kunde bekommt man jedoch Zugriff auf Kampagnen- und Kanaldashboard, Sedcards,Content-Freigaben Benchmarks & Co.
Maurice : Es wird vermutlich auch dabei bleiben, dass wir das Tool nicht zur externen Verwendung freigeben, weil wir dessen zahlreiche Features gerne nur unseren Kund:innen zur Verfügung stellen möchten.
Christoph : Vielen Dank für diesen Talk und dass ihr alle unsere Fragen beantwortet habt. Ich freue mich schon auf das nächste Mal und bin gespannt auf die Entwicklungen, die TikTok für uns bereithält.
Hoffi: Vielen Dank, uns hat es auch großen Spaß gemacht und hoffentlich haben wir nicht zu plump für unser Tool geworben (lacht).
Intermate ist einer der führender Player für smarte Social-Media- und Influencer-Marketing Campaigns im DACH-Raum. Zusammen mit der Produktionsfirma Truemates konzipiert Intermate Kampagnen für alle sozialen Plattformen und setzt sie in Zusammenarbeit mit Content Creatorn um. Die besondere Stärke der Agentur liegt im Aufbau von Markenkanälen und Kampagnen auf TikTok. Intermate verfügt nicht nur über eigene Content Studios und leistungsstarke Influencer-Technologie, sondern stellt sein Können auch auf dem eigenen TikTok-Kanal DAILY PIE zur Schau.
In unserem Podcast haben sich Alexander Hoffmann, Senior Social Konzepter und Maurice van gen Hassend, Gen Z Experte von Intermate, mit Christoph Steger über die TikTok Taskforce von Intermate und Truemates, neue Features, die Zielgruppenzusammensetzung auf TikTok und Tipps und Tricks für die Zusammenarbeit mit Influencer:innen gesprochen.
Christoph : Cool, dass ihr beim OMKB-Podcast am Start seid. Würdet ihr mir als Hintergrundinformation zum Start erklären, wie ihr eure Leidenschaft für das TikTok Marketing entdeckt habt und was euch schlussendlich zu Intermate gebracht hat?
Hoffi: Ich hatte letzte Woche mein zweijähriges Jubiläum bei Intermate. Das Unternehmen war schon vorher als Experte für TikTok bekannt, wollte seine Expertise aber weiter ausbauen. Ich habe also meine ersten TikTok-Kampagnen, Konzepte und Strategien verfasst und dabei habe ich gemerkt, dass mir TikTok viel mehr liegt als beispielsweise Instagram. Das liegt an der Architektur der Plattform und den Möglichkeiten hinsichtlich der Werbung und des Auftretens für Marken. Zu dieser Struktur und der Sprache der Plattform passt meine Art des kreativen Denkens besonders gut und so habe ich mich zum TikTok-Experten und -Strategen bei Intermate entwickelt. Mittlerweile bin ich fast ausschließlich mit TikTok beschäftigt.
Vorher war ich bei einer anderen Influencer-Marketing-Agentur, ich hatte aber schon lange einen Blick auf Intermate als einen Top-Player im Creator-Bereich geworfen und bin dann schließlich hier gelandet.
Der Podcast mit Hoffi und Maurice von INTERMATE Group
Christoph : Dann bist du ja bei deiner Wunschagentur gelandet, Glückwunsch. Maurice, wie war es bei dir?
Maurice : Ich hab mit einem Schülerpraktikum bei Intermate angefangen und anschließend neben dem Abitur als Aushilfe weitergearbeitet. Seit letztem Oktober bin ich dualer Student in der Kreation und schreibe Konzepte, erkläre unseren Kund:innen die Generation Z oder führe Trend-Updates hinsichtlich TikTok und anderer Social-Media-Plattformen durch.
Christoph : Und was für einen dualen Studiengang hast du dir ausgesucht?
Maurice : Ich studiere Marketing-Management.
Christoph : Und bedeutet das, dass du zwei oder drei Tage bei Intermate und die restliche Zeit in der Uni bist?
Maurice : Genau so ist es. Ich bin für den Podcast sogar extra aus der Uni ins Büro gekommen.
Die besten Kanäle auf TikTok
Christoph : Prima. Bevor wir wirklich inhaltlich einsteigen, wüsste ich gerne, was eure persönlichen Lieblingsinhalte auf TikTok sind? Was würde euer Feed ausspucken, wenn ihr die App jetzt öffnen würdet?
Hoffi: Ich habe drei Lieblingskanäle, deren Inhalte ich immer wieder konsumiere. Ich bin eigentlich kein Fußball-Fan, aber der erste Kanal ist der SV Darmstadt 98 (@sv1898). Die haben eine tolle, selbstironische Art, Inhalte wie Spielgeschehnisse witzig darzustellen und mit den verschiedenen TikTok-Mechaniken zu kombinieren. Der Verein nutzt sowohl CapCut-Vorlagen als auch Sounds, Stiches und Duetts. Wenn zum Beispiel ein:e Spieler:in eine Rote Karte kassiert, legen die einen TikTok Sound drüber und nehmen sich damit selbst nicht zu ernst. Diese Art der Kommunikation auf TikTok greifen mittlerweile immer mehr Sportvereine auf. Auch sonst konsumiere ich viele Sportinhalte, weil ich früher selbst viel Sport getrieben habe.
Der zweite Lieblingskanal ist der von BAUHAUS, den wir kürzlich gelauncht haben. Wenn man noch neu auf TikTok ist und auf den BAUHAUS-Kanal geht, versteht man die Funktionsweise eines solchen Markenkanals ziemlich schnell. Dort schaffen wir es nämlich, die BAUHAUS-Produkte mit bildenden Inhalten und TikTok-Mechaniken zu verbinden. Die Formate, die wir dort entwickelt haben, schaue ich mir auch privat gerne an. Der Kanal ist noch neu in unserem Portfolio, aber ich bin schon sehr auf dessen weitere Entwicklung gespannt.
Mein letzter Tipp ist die Hellman Retail Group – eine US-amerikanische Marke für Herrenbekleidung, die primär hochwertige Anzüge herstellt. Die haben das TikTok Game einfach durchgespielt und zeigen sehr gut, dass man auf TikTok auf einen wiedererkennbaren Charakter angewiesen ist, den man immer wieder bedienen muss.
Christoph : Gut zu wissen, dass der SV Darmstadt 98 zwar nicht erstklassig im Fußball ist, dafür aber im TikTok Game. Die schaue ich mir im Anschluss direkt an. Und was würden wir in deinem Feed finden, Maurice?
Maurice : Ich folge ziemlich vielen Marken auf TikTok, von denen sind allerdings die wenigsten deutschsprachig. Die nicht deutschsprachigen trauen sich einfach mehr als die Player im DACH-Raum. Mir gefallen auch eine große Portion Selbstironie und Marken, die sich selbst nicht zu ernst nehmen. Gute Beispiele dafür sind Duolingo, die Automarke Lotus, Ryanair und Wendy’s.
Bei Bose gefällt mir besonders, dass die rund um ihre bestehenden Produkte – wie Lautsprecher und Kopfhörer – immer wieder abgefahrene neue Produkte vorstellen. THE ROPE etwa ist ein Seil, das man an sich selbst und einem Lautsprecher befestigt, damit man nie zu weit vom Lautsprecher entfernt ist. Das kommt in der TikTok Community hervorragend an.
Christoph : Folgst du diesen Marken schon mit dem beruflichen Kontext im Hinterkopf, um über die neusten Trends auf dem Laufenden zu bleiben?
Hoffi: Er ist schon ein kleiner Streber (lacht).
Christoph : Sehr gut. Ich bin einige Jahre älter als ihr und als ich mit Social Advertising angefangen habe, habe ich auch alle möglichen Markenkanäle abonniert, um mich mit Inspiration für meine Kund:innen zu versorgen. Und noch heute schaue ich mir gerne Werbung an und überlege mir dabei, wie ich selbst an die Kampagne herangehen würde. Geht euch das ähnlich?
Hoffi: Ja, wir schicken uns auch viel hin und her. Bei den meisten Marken arbeiten wir mit mehreren Creatives, denn es ist wichtig für uns, einen Austausch zwischen mehreren kreativen Köpfen zu haben. Und wenn man dann privat unterwegs ist und interessante Inhalte sieht, postet man die manchmal auch um 23 Uhr noch in den jeweiligen Slack-Channel. Am nächsten Morgen macht sich das Team dann Gedanken dazu, wie man das auf die Marke anwenden könnte.
Intermates TikTok Taskforce – geballtes Wissen aus zwei Unternehmen
Christoph : Hoffi, du hast in unserer vorherigen Session schon von der TikTok Taskforce erzählt. Kannst du uns noch einmal einen kurzen Überblick darüber geben und ist das auch ein Rahmen, in welchem ihr diese gesammelten Links auswertet?
Hoffi: Intermate bildet zusammen mit der Produktionsfirma Truemates die Intermate Group. Irgendwann haben wir festgestellt, dass wir das TikTok-Wissen der beiden Firmen gerne in Form einer Taskforce zusammenführen würden. Dafür haben wir eine Gruppe TikTok-verrückter Creatives und Expert:innen aus der Produktion zusammengestellt, um unsere komplette Dienstleistungskette anhand von TikTok zu fokussieren. Inzwischen treffen wir uns wöchentlich und jede:r bringt wenigstens einen Link oder einen interessanten Inhalt aus dem TikTok-Kosmos mit. Das können sowohl inspirierende als auch verbesserungswürdige Inhalte sein, denn man kann auch aus Fehlern anderer lernen. Auch neue Funktionen können dabei sein, die Maurice dann ins Trend-Update aufnimmt, damit alle auf dem neuesten Stand sind.
Christoph : Das Jahr ist noch recht jung, aber TikTok hat schon jetzt beeindruckende Zahlen geschrieben. Keine andere Plattform kann hinsichtlich Benutzer:innenwachstum, Downloads und Co. solche Zahlen aufweisen, deshalb beschäftigen sich schon viele Unternehmen mit dem Werbepotenzial von TikTok. Welche Entwicklungen aus dem letzten Jahr erachtet ihr als besonders wichtig und wie schätzt ihr die weitere Entwicklung von TikTok ein?
Hoffi: TikTok als Werbeplattform ist ein Thema, das unmittelbar bevorsteht und woran TikTok meiner Meinung nach auf ein großes Interesse hat. Allerdings glaube ich, dass das anders aussehen wird als auf anderen Plattformen. Gleichzeitig wird TikTok weiterhin Unternehmen gnadenlos abstrafen, welche die TikTok-Sprache nicht beherrschen.
Christoph : Das stimmt, viele Unternehmen warten auf die Monetarisierung auf TikTok. Aber du scheinst nicht davon auszugehen, dass TikTok zum Instagram 2.0 wird. Die Plattform wird auch für kleinere Advertiser zunehmend beliebt, die sich Agenturen wie euch nicht leisten können und dementsprechend Werbung schalten möchten, die vielleicht nicht optimal zu TikTok passt. Entsteht mit der zunehmenden Popularität die Gefahr, dass die aktuellen nativen, unterhaltsamen Ads verschwinden und durch Stopper Ads ersetzt werden?
Maurice : Man sieht schon jetzt immer häufiger, dass auch kleinere Unternehmen Werbung auf TikTok schalten. Wenn Werbung nicht TikTok-nativ ist, wird sie allerdings auch nicht besonders gut funktionieren. Gleichzeitig kann man auch mit einem geringen Budget gute TikTok-Werbung herstellen – das zeigen uns die vielen Creator, die ihre Videos in ihrem Kinderzimmer drehen und Produkte darin einbinden. Man kann also mit wenigen Materialien einen beachtlichen Output generieren und das können sich auch kleinere Unternehmen zunutze machen.
Christoph : Obliegt es also Plattformen wie TikTok, die Kleinunternehmen in dieser Hinsicht zu instruieren?
Maurice : Ja, und das macht TikTok bereits. Die haben zahlreiche Instruktionen für einen gelungenen Start auf TikTok – sowohl für Advertiser als auch Creator. Dadurch haben auch kleinere Unternehmen eine echte Chance, schnell auf TikTok zu wachsen.
Auto Scroll und Paywalls – neue Features auf TikTok?
Christoph : Vor einigen Tagen habe ich gelesen, dass es eine Auto-Scroll-Funktion auf TikTok getestet wird und nun frage ich mich, wie ich mir das genau vorstellen kann. Habt ihr schon Erfahrungen damit gesammelt und welche Vorteile könnte das für Marken bedeuten?
Hoffi: Wir haben auch davon gelesen und uns damit beschäftigt. Dieser Button wird noch nicht allen Nutzenden angezeigt – mir zum Beispiel noch nicht –, sondern nur einer Testkohorte. Die Funktion kann man sich so vorstellen, dass das Programm automatisch die Videos nacheinander abspielt, was natürlich ein tolles Feature für die richtig faulen Nutzenden ist. Durch die Auto-Scroll-Funktion kann es dazu kommen, dass die Interaktion mit einzelnen Inhalten und dementsprechend die messbare Performance abgeschwächt wird. Denn wenn man den Daumen nicht mehr zum Scrollen verwendet, verwendet man ihn im Zweifel auch nicht zum Kommentieren, Liken oder Teilen. Aktuell wird daran die Performance gemessen, was durch den Auto-Scroll erschwert werden würde.
Maurice : Lange war es der USP von TikTok, dass sich die Nutzenden durch das Scrollen aktiv mit dem Content beschäftigen. Wenn man dagegen Content auf YouTube konsumiert, kann man nebenbei auch die Spülmaschine ausräumen oder einen Online-Shop durchstöbern.
Christoph : Vorerst wird das Feature nur getestet – wer weiß, ob es tatsächlich zum Roll-out kommt. Ich finde es aber schon interessant, dass das überhaupt getestet wird. Ich lasse mich zum Beispiel gerne von Inhalten catchen und schaue die dann viermal hintereinander an, was TikTok und den Creatorn natürlich einen wichtigen Aufschluss über den Impact eines Videos gibt.
Als ich mein Google-News-Abo durchgegangen bin, habe ich außerdem gelesen, dass TikTok eventuell eine Paywall für ausgewählte Videos einführen könnte. Das Konzept ist schon von OnlyFans und ähnlichen Apps bekannt. Habt ihr Hintergrundwissen zu dem Plan, der dahinterstecken könnte und wie würdet ihr einer solchen Funktion gegenüberstehen?
Hoffi: Es scheint so zu sein, dass die Zahl der Nutzenden auf dem US-Markt aktuell stagniert und dass TikTok dem mit einem monetären Anreiz zum Vorteil der Creator entgegenwirken möchte. Ich bin davon nicht begeistert, weil dieser exklusive Charakter meiner Meinung nach nicht zu TikTok passt. TikTok ist eigentlich sehr divers und bietet Content und Dialog zu allen denkbaren Themen und für alle möglichen Zielgruppen. Wenn man nun bestimmte Inhalte nur einem zahlungskräftigen Publikum zur Verfügung stellt, widerspricht das meiner Meinung nach der Idee von TikTok.
Aus der kreativen Perspektive stelle ich mir zudem die Frage, wie sich die Architektur der Plattform durch dieses Feature ändern wird und wie man die Nutzenden dazu bringt, Geld für exklusive Inhalte auszugeben. Ich glaube nicht, dass sich das durchsetzen wird.
Maurice : Mir geht es ähnlich und ich glaube ebenfalls, dass sich dieses Feature nicht durchsetzen wird. Mit der jungen Zielgruppe im Blick würde ich sagen, dass die eher nicht bereit ist, Geld für exklusive Inhalte auszugeben. Das sehen wir etwa bei Online-Zeitschriften, die bestimmte Artikel hinter Paywalls verstecken, welche die junge Zielgruppe dann einfach nicht liest. Insbesondere die jungen Nutzenden haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass TikTok, Instagram und Co. durch die Werbefinanzierung kostenlos sind.
Was TikTok für die Gen Z so reizvoll macht
Christoph : TikTok ist durch die Gen Z, die du eben angesprochen hast, Maurice, groß geworden – wobei die anderen Altersgruppen TikTok auch vermehrt nutzen. Ich habe kürzlich gelesen, dass 40 Prozent der jungen Menschen ihre Suche nach Produkten oder Dienstleistungen über TikTok und ähnliche Netzwerke statt über Google oder Amazon beginnen. Was macht TikTok so attraktiv für die Gen Z? Es gibt schließlich auch Netzwerke wie Snapchat, die den Nerv der jungen Generation nicht annähernd so gut getroffen haben.
Maurice : TikTok hat ein enormes Suchtpotenzial, weil man mindestens bei jedem zweiten Video unterhalten wird und dadurch regelmäßige Dopaminschübe ausgelöst werden. Als Agentur entwickeln wir deshalb gerade Konzepte für die SEO. Als ich beispielsweise letztes Jahr mein Abitur geschrieben habe, habe ich auf TikTok schon viele Lernvideos gefunden. Und erst, wenn ich auf TikTok keine Inhalte (mehr) gefunden habe, habe ich auf YouTube oder Google gesucht. Das veranschaulicht das Bedürfnis nach schnellen, komprimierten Inhalten, wie ungeduldig wir geworden sind und wie sich dadurch unsere Aufmerksamkeitsspanne verkürzt hat. Das hat sich bei mir jedenfalls in den vergangenen zwei Jahren drastisch verschlimmert und genau darauf können Marken einzahlen.
Wenn man als Marke etwa Educational Content produziert, könnte man sich die Lehrpläne der einzelnen Bundesländer anschauen, zur Marke passende Inhalte daraus extrahieren und dazu Formate gestalten. Dann hat man eine bessere Chance, dass die Nutzenden aktiv nach den eigenen Inhalten suchen.
Als junge Zielgruppe sind wir zwar mit Google aufgewachsen, wir lassen uns aber auf TikTok inspirieren. Dort suchen wir nach Reisezielen und Food Spots, weil wir innerhalb von 30 Sekunden mit Bewegtbild und Ton alles zu einem Restaurant oder einer anderen Location herausfinden können. Deshalb ist SEO ein richtig spannendes Thema für die kommenden Monate, wenn nicht sogar Jahre, das man als Marke nicht außer Acht lassen sollte.
Christoph : Habt ihr schon Tipps in Bezug auf SEO auf TikTok, die ihr mit unserer Audience teilen könnt?
Maurice : Ein Augenmerk sollte man auf die Captions – also die Bildunterschrift – legen, in welchen man Keywords mit bis zu 2.000 Zeichen unterbringen kann. Ein zweiter Aspekt sind die Text Layovers, die man etwa als Untertitel in den Videos sieht und ein dritter der tatsächlich gesprochene Text, der auch von TikTok analysiert und kategorisiert wird.
Hoffi: Auf anderen Plattformen wie Instagram spielen Captions eine große Rolle, bei TikTok schaue zumindest ich aber mehr auf das Visuelle. Wie Maurice eben gesagt hat, kann man sich aber im SEO Game mit den richtigen Keywords eine gute Positionierung sichern, um als Marke relevant zu werden.
Christoph : Ich habe Snapchat schon kurz angesprochen und will gar nicht zu intensiv darauf eingehen, aber die Plattform hat immerhin kürzlich eine kleine Renaissance erlebt. Ist Snapchat eine Plattform, die ihr als Agentur bedient?
Hoffi: Meiner Meinung nach adressiert Snapchat eine noch jüngere Zielgruppe, während TikTok auch bei den älteren Nutzenden immer beliebter wird. Mit unseren Technologien schauen wir uns unter anderem an, welche Inhalte TikTok-Creator auf Instagram teilen und wie oft sie auf TikTok verweisen. Diese Hinweise auf TikTok bleiben in etwa konstant und dementsprechend können wir davon ausgehen, dass bei einer gleichbleibenden Beliebtheit der Inhalte auf Instagram auch immer mehr Menschen zu TikTok migrieren und das Durchschnittsalter auf TikTok dadurch immer weiter steigt, ohne dass die junge Zielgruppe wegbrechen würde.
Bei Snapchat hingegen wird der Fokus meiner Ansicht nach weiterhin auf der jungen Zielgruppe liegen. Aufgrund dieser Beobachtungen würde ich Marken nur raten, auf Snapchat aktiv zu sein, sofern sie eine sehr junge Zielgruppe ansprechen. Wenn das nicht der Fall ist, sollte man sich hingegen auf TikTok konzentrieren.
Zu welchem Unternehmensprofil passt TikTok?
Christoph : Ist TikTok eurer Ansicht nach denn für Brands jeder Größe ein geeigneter Marketing-Kanal?
Hoffi: Ja. Ich habe vorhin in meiner Speaker Session schon angedeutet, dass es einen Social Graph und einen Content Graph gibt. Der Social Graph greift etwa bei Instagram stark und achtet unter anderem auf die Anzahl der Follower, die Zusammensetzung einer Community und das Like-Verhalten. Bei TikTok steht dagegen der Content Graph im Vordergrund, bei dem es primär um die Inhalte geht, die man präsentiert. Das liegt unter anderem daran, dass sich TikTok nicht als soziales Medium und viel mehr als Unterhaltungsplattform versteht.
Aufgrund dessen gehen regelmäßig Videos von unbekannten Creatorn auf TikTok viral und gerade deshalb ist TikTok die Plattform für kleinere Marken, um auf sich aufmerksam zu machen. Wenn Inhalte die Sprache von TikTok sprechen und in den Content Graph treffen, bekommt man einen Push vom Algorithmus.
Christoph : Bei unseren vergangenen Sessions ist von der Audience immer wieder die Frage aufgekommen, ob Marken auch dann Werbung auf TikTok machen sollten, wenn die Gen Z überhaupt nicht ihre Kernzielgruppe ist. Die Antwort hast du eben schon vorweggenommen, als wir über den Unterschied zwischen Snapchat und TikTok gesprochen haben, aber viele verbinden TikTok nach wie vor mit der Gen Z. Vielleicht können wir deshalb noch etwas näher auf die Altersentwicklung auf TikTok eingehen.
Hoffi: Die Zahlen ändern sich natürlich kontinuierlich, aber etwa ein Drittel der Nutzenden ist über 34 Jahre alt. Gen Z sind dagegen alle, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden. Ein Großteil der Nutzenden ist weiterhin unter 30 Jahre alt. Genauere Zahlen kann ich leider aus dem Stegreif nicht nennen. Trotzdem sollte man TikTok auch in Hinblick auf ältere Zielgruppen mitdenken, weil man dermaßen schnell viral gehen kann und weil die älteren Zielgruppen dort durchaus anzutreffen sind.
Christoph : Neben der Zielgruppe ist auch das Unternehmensziel entscheidend. Ist TikTok für alle Unternehmensziele geeignet beziehungsweise gibt es Unternehmensziele, für die TikTok prädestiniert ist?
Maurice : Meiner Ansicht nach sollte TikTok hauptsächlich als Awareness-Kanal verwendet werden, mit dem man initial Aufmerksamkeit für eine Marke generiert. Sales Content dagegen wird insbesondere von den jungen Menschen abgestraft. Stattdessen produzieren wir unterhaltsamen Content, in welchen die Produkte immer wieder nativ eingebunden werden. Dadurch bringen wir die Marke ins Gespräch, verschaffen ihr einen Platz auf der Plattform, generieren die Aufmerksamkeit der jeweiligen Zielgruppe und können dadurch langfristig ein Markenbewusstsein aufbauen, welches schlussendlich zu Kaufabschlüssen führt. Man muss dementsprechend langfristig auf TikTok denken und kann schlussendlich auch Sales durch ein cooles Branding generieren.
Christoph : Eine Frage aus unserer Audience bezieht sich auf Unternehmen, die schon früh ein Profil auf TikTok angelegt, einige erfolgreiche Videos veröffentlicht haben und den Kanal dann haben brach liegen lassen. Wenn ein solches Unternehmen jetzt intensiver ins TikTok Game einsteigen möchte, sollte es diesen Kanal wiederbeleben oder sollte es ein neues Profil aufsetzen?
Hoffi: Weil TikTok den Fokus auf den Content Graph legt, muss man nicht extra ein neues Profil einrichten. Dementsprechend muss man Asset-zentriert denken und jedes Asset individuell betrachten, denn der Content ist das ausschlaggebende Kriterium. Deswegen ist es egal, wenn man einen Kanal über einen längeren Zeitraum brach liegen lässt. Wenn man wieder anfängt und eine gute Performance erzielen möchte, sollte man allerdings regelmäßig Inhalte posten.
Die perfekten Posts – wann und wie oft sollten Unternehmen auf TikTok posten?
Christoph : Für manche Netzwerke gibt es Faustformeln, wie oft man Inhalte posten sollte, um relevant zu bleiben. Gibt es die auch bei TikTok?
Hoffi: Diese Frage haben wir uns natürlich auch gestellt und deshalb die erfolgreichsten Markenkanäle auf TikTok mit unserem Tool untersucht. Diese Analyse hat ergeben, dass die erfolgreichsten Kanäle auf TikTok viel und häufig posten. Als Faustformel hat sich daraus ergeben, dass man idealerweise täglich posten sollte.
TikTok ist eine dynamische und schnelllebige Plattform. Wenn man als Marke nicht sichtbar ist, kann man auch nicht relevant sein. Die meisten Nutzenden schauen sich zudem nur Inhalte auf der For You Page an, auf der man innerhalb kürzester Zeit eine große Menge an Inhalten konsumiert. Je öfter eine Marke auf der For You Page oder der Follow Page zu sehen ist, desto relevanter wird sie für die gesamte Plattform. Dementsprechend ist das Credo: Je häufiger man postet, desto wahrscheinlicher geht Content vira.l Wenn man so häufig postet, muss man natürlich gleichzeitig darauf achten, die Qualität nicht zu vernachlässigen.
Christoph : Bei der letzten Session ist eine interessante Frage einer Kollegin reingekommen. Das infrage stehende Unternehmen postet nicht besonders häufig und setzt stattdessen auf aufwendig produzierte Inhalte. Nun ist einer dieser für TikTok produzierten Inhalte nicht viral gegangen, obwohl sich die gesamte Marketing-Abteilung sicher ist, dass der einwandfrei hätte funktionieren müssen. Die Vermutung ist nun, dass der Post einfach zum falschen Zeitpunkt veröffentlicht wurde. Wie kann man nun mit solchen Inhalten umgehen? Kann man die recyceln oder würdet ihr davon eher abraten?
Maurice : Wenn ein Asset auf TikTok nicht funktioniert, sollte man sich selbst hinterfragen und herausfinden, woran es gelegen hat. Man kann sich etwa die Beibehaltungsrate anschauen – die gibt Auskunft darüber, an welcher Stelle die Nutzenden abgeschaltet haben. Das kann daran liegen, dass etwas Bestimmtes gesagt wurde oder dass zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts gesagt wurde und die Nutzenden nicht wissen, worum es geht. Auf TikTok muss man in den ersten drei Sekunden erklären, worum es geht, um die Aufmerksamkeit der Nutzenden zu halten. Deswegen bedeutet eine aufwendige Produktion nicht automatische eine gute Performance auf TikTok. Eine gute Performance auf TikTok kann man erwarten, wenn der Content lustig, inspirierend oder informativ ist. Das ist der Grund, warum Creator aus ihrem Kinderzimmer Millionen von Nutzenden erreichen können, obwohl sie ihre Videos mit einem Smartphone statt einer Hochglanz-Produktionsmaschinerie drehen.
Hoffi: Wir haben die Videos natürlich nicht gesehen, aber wenn ich höre, dass die „aufwendig produziert“ wurden, stelle ich mir eine Ästhetik vor, die wir primär aus der Fernsehwerbung kennen. Genau das möchte die Community auf TikTok aber nicht sehen, deshalb würde ich diese werbliche Ästhetik vermeiden.
Ich würde aber nicht grundsätzlich den Inhalt oder das Narrativ verwerfen, denn das wird die Kollegin oder das Unternehmen aus einem triftigen Grund ausgewählt haben. Stattdessen würde ich mir Gedanken dazu machen, wie man das Asset in die TikTok-Sprache übersetzen kann und es dementsprechend noch einmal drehen. Dann kann man die Performance der Inhalte vergleichen und falls es weiterhin nicht funktioniert, muss man sich eine vollkommen andere Strategie überlegen.
Christoph : Bei anderen Plattformen wird immer wieder darüber diskutiert, ob es den richtigen Zeitpunkt für Uploads gibt – die richtige Tageszeit oder den richtigen Wochentag etwa. Gibt es einen solchen perfekten Zeitpunkt auch auf TikTok?
Hoffi: Da bin ich offen gestanden überfragt, weil wir in der Kreation nicht viel mit den Content-Plänen und den Upload-Zeitpunkten zu tun haben. Unser Social-Media-Team hätte bestimmt spannende Insights zu dieser Frage, aber ich kann keine valide Äußerung dazu tätigen.
Maurice : Ich bemerke immer wieder, dass Videos nicht unmittelbar, sondern einige Tage nach dem Upload viral gehen und dass das unabhängig vom Upload-Zeitpunkt ist. Dementsprechend würde ich sagen, dass man auch nachts Videos posten kann. Der TikTok-Algorithmus ist ziemlich rätselhaft, aber man kann trotzdem damit umgehen.
Christoph : Als Marketeers und Advertiser wissen wir schon von anderen Plattformen, dass Reichweiten teilweise bewusst beschnitten werden. Das ist zuerst auf Facebook aufgefallen, wo User sich organisch eine Community von hunderttausenden Follower:innen aufgebaut hatten und plötzlich feststellen mussten, dass ihre Post immer weniger Leuten angezeigt werden, wenn sie nicht für Reichweite bezahlen. Ist das auf TikTok auch so? Sollte man als Marke kontinuierlich die eigene Performance mit Paid pushen?
Hoffi: Wenn ein Inhalt einwandfrei funktioniert und die Sprache der Community spricht, kann man ihm durchaus einen kleinen, bezahlten Push geben. Das wäre eine gute Investition, weil man dadurch tatsächlich mehr Reichweite generieren kann.
Wenn Inhalte dagegen nicht auf TikTok funktionieren, würde ich aber davon abraten, sie mit Paid pushen zu wollen. Das kann den Eindruck erwecken, man wolle sich der Community aufdrängen und dementsprechend könnten die Kommentare unter dem Video ausfallen.
Christoph : Das beantwortet auch meine nächste Frage danach, wie man als neues Unternehmen am besten TikTok testet: Zunächst organisch ein Gefühl für die Inhalte bekommen, statt sofort mit einem großen Paid-Budget einzusteigen.
Hoffi: Genau.
Der Talk mit Hoffi und Maurice von INTERMATE Group in voller Länge als Video ON DEMAND
Mit Musik und Lenses Aufmerksamkeit generieren
Christoph : Eine weitere beliebte Frage in Hinblick auf TikTok dreht sich um die Musikrechte. Für TikTok als Plattform ist Musik essenziell, viele Musiktrends entstehen sogar hier und finden dann ihren Weg in die Charts und das Radio. Was könnt ihr Unternehmen hinsichtlich des Umgangs mit Musikrechten raten? Ihr könnt natürlich keine Rechtsberatung anbieten, aber vielleicht habt ihr Tipps aus dem Alltag.
Hoffi: Grundsätzlich sollten Unternehmen in dieser Hinsicht äußerst vorsichtig sein, denn Marken werden immer wieder in Millionenhöhe verklagt. Gleichzeitig ist die auditive Ebene – ob Musik oder andere Sounds – auf TikTok essenziell. Dementsprechend muss man entweder die entsprechenden Musikrechte bezahlen oder lizenzfreie Musik verwenden. Wenn man die Tonalität der aktuell angesagten Musik versteht, kann man diese in der Regel auch mit lizenzfreier Musik gut treffen und dementsprechend die aktuellen Musik-Trends nutzen.
Von der Musik differenzieren wir Sounds wie Voice Snippets. Diese Sounds kann man oft nachbauen, im Fall der Voice Snippets spricht man die einfach neu ein. Mit diesen Kopien ist man oft ebenso erfolgreich wie mit dem Original-Sound.
Christoph : Zu den Voice Snippets erhalten wir auch immer wieder Fragen, das ist ein guter Tipp.
Hoffi: Wenn man als Marke mit Musik auf TikTok Reichweite generieren möchte, muss man natürlich nicht immer auf den aktuellen Trend aufspringen, man kann auch selbst Trends setzen, indem man eigene Musik produziert. Das ist natürlich eine große Herausforderung, kann aber auf TikTok gut funktionieren.
Christoph : Würdet ihr sagen, dass man sich auf TikTok von der Markenkonsistenz in den jeweiligen Assets verabschieden muss, die man sonst über ähnliche Tag Lines und Farben herstellen würde?
Hoffi: Es gibt auf TikTok verschiedene Lenses – das sind Kreativelemente, die man immer wieder verwendet, um einen Wiedererkennungswert zu generieren. Weil die User innerhalb kurzer Zeit eine solche Content-Masse konsumieren, muss man mit einem einzigartigen Charakter herausstechen. Ein gutes Beispiel dafür ist Ryanair, die immer wieder Memes mit ihrem Flugzeug hochladen.
Unter anderem gibt es die Tonal Lense, bei der es um visuelle Elemente und eine immer gleichbleibende Umgebung geht. Dementsprechend sollte man die Brand-Farben nicht ständig wechseln, sondern als Instrument für die Wiedererkennung verwenden. Ein anderes gutes Beispiel ist Duolingo. Die grüne Eule als Maskottchen hat nicht nur mit ihrer Form, sondern auch mit ihrer Farbe einen starken Wiedererkennungswert und diese grüne Farbe taucht in deren Assets immer wieder auf. Die Verwendung einer Farbe sollte natürlich nicht zu plump wirken, sondern kreativ in die Assets eingebunden werden.
Maurice : Es gibt natürlich noch weitere Lenses, die man sich als Marke zunutze machen kann. Mit der Character Lense etwa kann man einen bestimmten Charakter erschaffen – wie ein:e Ärzt:in, die oder der immer wieder auf dem Kanal einer Krankenkasse erscheint.
Man kann außerdem eine Product Lense aufsetzen. Bei Ryanair beispielsweise ist das Flugzeug das Produkt, das immer wieder Geschichten aus dem Ryanair-Kosmos erzählt. Marken haben so viele Entfaltungsmöglichkeiten, ohne ihre Markenkonsistenz aufgeben zu müssen.
Hoffi: Unter dem Strich sollte man sich nicht von der Markenkonsistenz verabschieden, sondern diese in die verschiedenen TikTok Lenses übersetzen. Wichtig ist außerdem, nicht immer dieselbe Lense bedienen zu wollen, sondern sich mehrere Lenses zunutze zu machen. Meistens steht aber eine Lense im Vordergrund.
Ich habe eingangs schon die Hellman Retail Group erwähnt. Auf deren Kanal kann man sehen, dass die eigentlich jede Lense bedienen; es sind immer wieder Anzüge im selben Setting mit derselben Person zu sehen. Diese Lenses können ein gutes Instrument für Marken sein, um einen kreativen Charakter für den Markenkanal aufzubauen.
Wie wählt Intermate seine Creator aus?
Christoph : Lasst uns einen Sprung in den Creator-Bereich machen. Bei Intermate arbeitet ihr eng mit Creatorn zusammen. Ihr seid selbst kreative Köpfe, was macht also die Arbeit mit diesen Creatorn für euch so besonders?
Hoffi: Wir hatten letztes Jahr eine Kampagne, die mit einer großen Produktion und vielen Creatorn am Set einherging. Unter anderem haben wir Livestreams produziert, bei denen die Creator unsere kreativen Inhalte auf ihre individuelle Weise umsetzen sollten. Ich war schwer beeindruckt, wie locker die ans Set kommen und wie präzise die vor der Kamera performen können. Mir macht es auch großen Spaß, meine eigenen kreativen Gedanken mit einer anderen kreativen Person zu teilen und dann deren Interpretation dessen zu beobachten.
Maurice : Bei mir ist das ähnlich. Mir macht der kreative Austausch mit Creatorn großen Spaß, besonders wenn man am Set mit unterschiedlichen Kameraeinstellungen und Präsentationsarten experimentiert.
Christoph : Wie wählt ihr die Creator aus, mit denen ihr zusammenarbeitet? Das ist natürlich vom Unternehmen abhängig, aber achtet ihr auf bestimmte Skill Sets oder KPIs?
Maurice : Dafür nutzen wir unser eigenes Tool, das wir schon mehrmals erwähnt haben. Wenn ich da reingehe und nach Creatorn suche, staune ich immer wieder, was das Tool schon alles kann. Damit suchen wir jedenfalls Creator aus und überprüfen deren KPIs, ihre Zielgruppe und ob sie zum Content der Marke passen. Wir haben beispielsweise einen Content-Filter, mit dem wir analysieren können, welche Marken die Creator in den vergangenen Monaten erwähnt haben und wie sie über die Marken gesprochen haben. Bei positiven Erwähnungen würde sich eine gemeinsame Kampagne anbieten. So stellen wir sicher, dass die Creator zur Marke passen und nicht beliebig für Kampagnen eingebucht werden.
Christoph : Das Gegenteil beobachte ich in letzter Zeit immer wieder auf Instagram, wo Creator Produkte von Marken präsentieren, zu denen sie eigentlich überhaupt nicht passen.
Hoffi: Es ist für uns total wertvoll, dass wir mit unseren kreativen Ideen an das Projektmanagement und das Social-Media-Team herantreten können und dass die dann die passenden Creators für uns finden. Auf TikTok kann man organisch nämlich auf zwei unterschiedliche Arten stattfinden: mit einem Markenkanal oder durch die Kooperation mit Creatorn. Vor der Zusammenarbeit mit Creatorn schauen wir uns immer deren Kanal an, denn nicht nur die Marke hat einen bestimmten Charakter, sondern auch die Creator. Wir schneiden unsere Ideen individuell auf die Creator zu, damit sie nativ in deren Kanäle eingebunden werden können. Ansonsten kommt es zu einem Bruch im Creator-Charakter und die Community versteht sofort, dass es sich bei dem Inhalt um Werbung handelt und schaltet ab. Weil die Audience auf TikTok fast allergisch auf schlechte Werbung reagiert, ist die Auswahl der Creator und die Produktion nativer Inhalte so wichtig.
Maurice : Dementsprechend verfassen wir oft keine konkreten Ideen für Creator, sondern Playbooks. Die geben einen Kampagnenrahmen vor und welche Informationen vermittelt werden sollen, damit die Kampagne zielgerichtet gestaltet werden kann. Die Creator adaptieren die Informationen dann so, dass sie zu deren Content passen und bringen dadurch ihre eigene Expertise ein.
Hoffi: Genau das haben wir letztes Jahr mit Dr.BEST gemacht und dafür auch den TikTok Award in der Kategorie Greatest TikTok 2022 gewonnen. Wir haben die Tonalität der Brand hergeleitet und dann Creator ausgewählt, die vollkommene Freiheit bei der Umsetzung dieser Tonalität hatten. Unsere Grundidee wurde dadurch mit einer Extra-Portion Kreativität auf das nächste Level gehoben. Es wurden beispielsweise Songs zu der Zahnbürste verfasst, die anscheinend den Nerv der TikTok Community getroffen haben.
Christoph : Muss man als Marke zwangsläufig einen eigenen Kanal aufbauen oder reicht die Zusammenarbeit mit Creatorn aus?
Hoffi: Wir sagen immer, dass das keine Frage des Entweder-oder ist. Um auf TikTok relevant zu sein, sollte man optimalerweise über einen eigenen Kanal und Kooperation mit Creatorn verfügen sowie eine Paid-Strategie implementieren. Natürlich ist uns klar, dass das nicht immer möglich ist. Mit dem eigenen Markenkanal und entsprechenden Community-Management kann man allerdings den eigenen Charakter im Auftreten der Community gegenüber festigen. Wenn man zusätzlich Creator-Kooperationen eingeht, profitiert man von deren Reichweite und kann dadurch schnell Aufmerksamkeit für eine Marke oder ein Produkt generieren. Wie Maurice schon dargestellt hat, funktioniert das aber nur, wenn die Creator zur Marke passen und man ihnen den nötigen kreativen Freiraum lässt.
Influencer Marketing auf Instagram und TikTok – die Regeln sind nicht dieselben
Christoph : Falls ein Unternehmen die Influencer-Kooperationen auf Instagram schon durchgespielt hat und nun zu TikTok wechselt, muss es dann andere Spielregeln beachten?
Hoffi: Man sollte jedenfalls keine Inhalte von Instagram auf TikTok posten, weil das einfach nicht funktioniert. Die Sprache der Community und das Verständnis von Inhalten sind vollkommen anders. Natürlich ist die Versuchung groß, Reels auf TikTok wiederzuverwenden, aber ich würde stark davon abraten.
Christoph : Und wie sieht es umgekehrt aus? Instagram hat damals mit den Storys erfolgreich Snapchat kleingehalten und hat mit den Reels dasselbe in Bezug auf TikTok versucht. Das hat nicht funktioniert, aber die Ähnlichkeit besteht trotzdem. Könnte man also Inhalte von TikTok auf Instagram teilen?
Maurice : Wenn man die Inhalte ohnehin schon hat, kann man das tun. Durch die Analyse mit unserem Tool haben wir allerdings herausgefunden, dass der Diskurs hinsichtlich der Tonalität und Themen auf Instagram ein anderer ist als auf TikTok. Dort sind andere Themen relevant; auf TikTok geht es deutlich um Comedy als auf Instagram
Christoph : Ihr habt schon über verschiedene Lenses gesprochen, mit denen man einen Wiedererkennungseffekt auf dem eigenen Markenkanal erzielt. Wie vereint man die eigene Kommunikation mit der Ästhetik unterschiedlicher Influencer auf TikTok? Wir haben vorhin BAUHAUS angesprochen, deren Logo ist rot und weiß. Sollte diese Farbkombination auch Teil der Influencer-Kampagnen sein?
Hoffi: Wenn man mit Creatorn zusammenarbeitet, weiß man von Anfang an, dass man vermutlich nicht an einem Set mit konsistenter Ästhetik arbeiten wird. Darum benötigt man eine Unique Creative Logic – ein kreatives Dach, das aus unterschiedlichen Kreativelementen besteht und das alle Creator unabhängig vom jeweiligen Kontext umsetzen können.
Diese Kreativelemente können auch in den Creatorn selbst bestehen und die Konsistenz kann man dadurch erzeugen, dass immer wieder dieselben Gesichter aus derselben Kameraperspektive auftauchen. Es gab beispielsweise mal diesen Trend, die Smartphone-Kamera auf Weitwinkel zu stellen und sich dann vor die Stirn zu halten. Das könnte auch ein konsistentes ästhetisches Element sein.
Außerdem muss man im Vorhinein mit dem/der Kund:in Watch Outs definieren. Wir erarbeiten immer ein holistisches Playbook mit den wichtigsten Dos and Don’ts und Regeln für das Community-Management.
Christoph : Besonders bei neuen Kanälen ist auch das Pricing ein wichtiges Thema. Weil schon so viele Unternehmen auf Instagram aktiv sind, ist es vermutlich sinnvoll, das Pricing für Influencer auf TikTok mit dem auf Instagram zu vergleichen. Nicht alle Unternehmen können mit den reichweitenstärksten Influencern auf Instagram zusammenarbeiten, deswegen lohnt sich dort auch ein Blick auf die Micro-Influencer. Ist das auf TikTok auch so und ist das Pricing hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Influencern ähnlich?
Maurice : Es ist kein Geheimnis, dass die Zusammenarbeit mit Creatorn immer teurer wird. Das ist auch logisch, weil die Branche immer professioneller wird und die Creator ein immer besseres Gefühl dafür bekommen, wie viel Geld sie für ihre Dienstleistungen und ihre Reichweite verlangen können. Es gibt aber auch immer Möglichkeiten, an günstigen Creator Content zu gelangen, weil es so viele kleine Creator gibt, die guten Content produzieren.
Hoffi: Man muss auch nicht immer mit den größten Creatorn starten. Wenn Unternehmen eine neue Strategie ausprobieren oder einen ersten Schritt auf TikTok wagen möchten, können wir mit unserem oft erwähnten Tool genau diese Leute finden, die auf TikTok noch keine große Reichweite und keinen etablierten Charakter aufgebaut haben und die dann mit der Brand wachsen können. Das funktioniert besonders gut auf TikTok, weil es dort nicht auf Hochglanz, sondern Kreativität ankommt.
Sind computergenerierte Influencer ein Trend mit Zukunft?
Christoph : Es gibt schon einige computergenerierte Influencer, die entweder mit verschiedenen Marken kooperieren oder von einzelnen Marken kreiert werden. Habt ihr schon Berührungspunkt mit solchen Influencern gehabt und wie steht ihr zu dem Trend?
Maurice : Ich habe mich damit tatsächlich näher beschäftigt, weil virtuelle Charaktere unter anderem durch das Metaverse immer mehr in den Fokus geraten. Die virtuellen Influencer bieten auf jeden Fall Vorteile, nicht zuletzt durch die Kontrolle, die man über sie hat. Das kann aber auch gefährlich sein, wenn diese Kontrolle beispielsweise für politische Propaganda missbraucht wird. Weitere Vorteile der virtuellen Influencer sind der finanzielle Aspekt – die müssen initial erstellt und können anschließend immer wieder verwendet werden – und die Flexibilität. Virtuelle Influencer verpassen keine Calls oder Deadlines.
Ein weiterer Nachteil ist allerdings die mangelnde Authentizität. Wenn man die Marketing-Brille ab- und die User-Brille aufsetzt, sind virtuelle Influencer vermutlich nicht das, was gerade am besten ankommt. Auch die technologische Abhängigkeit ist ein Problem, weil technische Probleme zu Verzögerungen oder Einschnitten bei der Kampagne führen können. Man kann diesen Trend aber natürlich ausprobieren und anschließend analysieren, ob man damit die gewünschten Ergebnisse erzielen kann.
Christoph : Ich folge aktuell noch keinen virtuellen Influencern und wenn ich euch richtig verstehe, werde ich nächstes Jahr zu dieser Zeit vermutlich nicht wesentlich mehr computergenerierten Content in meinem Feed sehen.
Maurice : Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass diese virtuellen Influencer meist absolut makellos sind; die haben keine Akne, schütteres Haar oder schiefe Zähne. Aber man kann sie natürlich auch mit Makeln versehen und dadurch noch spannendere Stories erzählen.
Christoph : Hoffi, wie ist dein Take dazu? Folgst du Lil Miquela?
Hoffi: Nein, in der Hinsicht bin ich ein richtiger Boomer. An TikTok gefallen mir das Menschliche und der Austausch mit richtigen Personen über Kommentare. Im Arbeitskontext pflichte ich Maurice‘ Darstellung aber vollkommen bei, dass die Authentizität ein Problem und die Flexibilität und Kontrolle Vorteile sind.
Christoph : Zum Abschluss würde ich euch gerne noch eine Frage zu den KPIs stellen. Welche KPIs schaut ihr euch alltäglich an beziehungsweise auf welche KPIs sollten Unternehmen achten, die gerade auf TikTok anfangen? Und sollte man dafür die internen Tools von TikTok oder externe Tools verwenden?
Hoffi: Wir setzen einen starken Fokus auf die Engagement-Rate und die View Through Rate, die Aufschluss darüber gibt, wie oft das Video vollständig angeschaut wird. Die Engagement-Rate ist besonders wichtig, wenn wir die Performance von Influencern bewerten.
Mit den Tools haben wir als Creatives tatsächlich nicht besonders viel zu tun. Soweit ich weiß, haben wir aber gar nicht so viele verschiedene Tools, weil wir mittlerweile vieles über unsere interne Technologie abbilden können. Anhand derer können wir Performance-Analysen erstellen, Content filtern und dabei sogar das gesprochene Wort einbeziehen, Social Listenings durchführen und Diskurse zu bestimmten Themen analysieren.
Externe Hilfe – etwa von GWI oder best for planning – nehmen wir etwa für Zielgruppen-Analysen in Anspruch. Aber unter dem Strich würden wir schlicht unser Tool empfehlen.
Christoph : Und wie erhält man Zugriff auf euer Tool?
Hoffi: Wir verwenden das Tool für unsere Kund:innen und erstellen damit Reports für sie. Eine Verwendung durch Externe ist aktuell nicht möglich. Als Kunde bekommt man jedoch Zugriff auf Kampagnen- und Kanaldashboard, Sedcards,Content-Freigaben Benchmarks & Co.
Maurice : Es wird vermutlich auch dabei bleiben, dass wir das Tool nicht zur externen Verwendung freigeben, weil wir dessen zahlreiche Features gerne nur unseren Kund:innen zur Verfügung stellen möchten.
Christoph : Vielen Dank für diesen Talk und dass ihr alle unsere Fragen beantwortet habt. Ich freue mich schon auf das nächste Mal und bin gespannt auf die Entwicklungen, die TikTok für uns bereithält.
Hoffi: Vielen Dank, uns hat es auch großen Spaß gemacht und hoffentlich haben wir nicht zu plump für unser Tool geworben (lacht).