Belboon ist ein 2002 gegründetes Affiliate- und Performance-Marketing-Netzwerk, das seinen Kund:innen als strategischer Partner im digitalen Marketing zur Seite steht. Das Netzwerk unterstützt Advertiser und Publisher in ganz Europa dabei, langfristig mehr Wachstum und Reichweite zu generieren. Im Jahr 2009 fusionierte belboon mit AdButler, nachdem das Netzwerk 2008 in den Markt des Marketings auf mobilen Endgeräten eingestiegen war.
Im Company-to-Watch-Talk mit Mario Rose erzählt Christian Bünder, Director Business Development, von den aktuellen Herausforderungen des Performance-Marketing, den systematischen Mängeln in den Systemen vieler Publisher und Advertiser und wie belboon dazu beitragen kann, dass datenbasiertes Marketing weiterhin betrieben werden kann.
Podcast mit belboons Director Business Development Christian Bünder
Mario Rose: Willkommen auf der Main Stage der OMKB aus Berlin. Ich möchte Christian Bünder begrüßen. Christian ist Director Business Development bei der belboon GmbH. Moin, Christian.
Christian Bünder: Moin, ich grüße dich. Es ist schön, hier zu sein.
Mario Rose: Schön, dass du bei uns am Start bist. Von wo bist du mir zugeschaltet?
Christian Bünder: Aus dem Homeoffice, ich würde es ein umgebautes Kinderzimmer nennen.
Mario Rose: Solange das für dich funktioniert, ist das doch in Ordnung. Und wo in Deutschland ist dein Homeoffice?
Christian Bünder: In Berlin, hier haben wir unser Headquarter, inzwischen sind wir aber auch in Spanien mit einem Office aktiv. Die meisten von uns sitzen aber weiterhin in Berlin.
Neue Herausforderungen für das Performance-Marketing
Mario Rose: Okay, cool. belboon ist eine Marke, die es schon seit vielen Jahren gibt und die im Performance-Marketing zu den Pionieren gehört. Einen Schwerpunkt habt ihr etwa im Bereich Affiliate-Marketing.
In letzter Zeit gab es viele Veränderungen und neue Herausforderungen für digitale Marketeers, Christian. Lass uns da einsteigen: Marktregulierungen und insbesondere Einschränkungen im Tracking haben bei vielen Marketeers für Sorgen, Furore und Diskussions-Potenzial gesorgt. Die Ersten haben schon den Abgesang auf das Affiliate-Marketing angestimmt. Welche Herausforderungen kommen in diesem Zusammenhang auf das Performance-Marketing zu?
Christian Bünder: Der Abgesang auf das Performance-Marketing war in den letzten Wochen, Monaten und Jahren immer wieder zu hören. Wir haben in der Vergangenheit in dem Kontext drei wesentliche Treiber und Faktoren gesehen:
- Das sind erstens die „staatlichen Regulierungen“, angefangen mit der DSGVO, hin zum aktuellen BGH-Urteil hinsichtlich der E-Privacy-Verordnung, die aktuell vorbereitet wird – das umfasst alle existierenden staatlichen Einschränkungen.
- Dazu kommen die Browser-Updates, die uns auch schon seit mehreren Jahren beschäftigen, bei denen die Browser ihre jeweiligen Eintritts-Level unterschiedlich gestalten und dadurch neue Herausforderungen schaffen.
- Eine weitere Herausforderung ist die Möglichkeit des Opt-ins. In dem Zusammenhang kennen wir alle aus unserem privaten Surfverhalten die Consent-Banner – das nennen wir CMP (Consent Management Platform). Dort müssen Kund:innen aktiv entscheiden, in welcher Form sie angesprochen werden möchten und welche Cookies gesetzt werden dürfen.
Mit diesen Herausforderungen stehen wiederum drei Bereiche im Vordergrund:
- Zum einen erleben wir einen massiven Datenverlust. Marketeers brauchen die Daten für das Tracking, die Analysen und das zielgruppengerechte Aufsetzen von Kampagnen.
„Mit dem absehbaren Ende des Third-Party-Cookies und der Opt-in-Pflicht haben die Marketeers damit zu kämpfen, dass ihnen immer weniger Daten zur Verfügung stehen.”
- Hinzu kommt, dass unter anderem aufgrund der fehlenden Datenlage die Marketingkosten massiv steigen. Um Neukund:innen zu gewinnen, muss man inzwischen viel Geld in die Hand nehmen, weil uns im programmatischen Advertising die Datengrundlage entzogen wird.
- Letztlich führt das auch dazu, dass die Abhängigkeit von GAFA (Google, Amazon, Facebook, Apple) weiter steigt. Dies wollen alle vermeiden, trotzdem ist sie nicht vom Tisch. Ohne GAFA ist es heute nämlich schwer, Performance-Marketing in der Form zu betreiben, die wir heute kennen. Zudem muss man beachten, dass unterschiedliche Marktteilnehmer:innen unterschiedlich davon betroffen sind: Publisher müssen teilweise um ihre Existenzgrundlage fürchten, Advertiser und Agenturen haben Probleme in der Datenabgleichung von Analysetools. Das trifft auch uns als Netzwerk, weil wir unsere Lösungen den neuen Marktanforderungen entsprechend weiterentwickeln müssen. Das ist also eine komplexe Gemengelage.
Video mit Christian Bünder, belboon
Zukunftsvisionen im Performance-Marketing
Mario Rose: Absolut. Du hast fantastisch alle aktuellen Schmerzpunkte im digitalen Performance-Bereich benannt und hervorragend zusammengefasst. Nun wollen wir nicht nur über die Problemstellungen sprechen, sondern auch über Lösungen und Strategien. Was gibt es aktuell für Lösungsmöglichkeiten, damit das smarte, datenbasierte Performance-Marketing in der Zukunft noch oder wieder funktionieren kann?
Christian Bünder: Die große Herausforderung besteht darin, dass die Marketeers die Daten in die eigene Hand nehmen müssen. Im Vordergrund steht eine sogenannte ganzheitliche First-Party-Data-Strategie, man muss also das gesamte verfügbare Tracking und Targeting auf eine First-Party-Datenbasis stellen.
Damit einher geht auch das Aufbrechen von Datensilos, das wir mit unseren Kund:innen oft diskutieren.
„Das Silodenken ist stark im Daten- und Budgetmanagement der Kund:innen verankert.”
Einzelne Performance-Marketing- und Online-Marketing-Kanäle werden getrennt voneinander betrachtet und das muss aufgebrochen werden. Auf der Basis einer First-Party-Strategie müssen also Datensilos zusammengeführt werden.
Hinzu kommt, dass man einen stärkeren Fokus auf CRM-Daten (Customer Relationship Management) setzen sollte, die schon im Unternehmen vorliegen. Auf der Basis existierender CRM-Daten kann man weiterhin kundenspezifisch insbesondere Bestandskund:innen ansprechen und dann beispielsweise auch mit CRM-Retargeting arbeiten.
Ein weiterer Punkt, der nach meinem Verständnis zu wenig diskutiert wird, besteht darin, dass man den Kund:innen gegenüber viel Aufklärungsarbeit leisten muss. Die Kund:innen müssen transparent darüber aufgeklärt werden, wofür ihre Daten benötigt werden. Das führt zu einer Glaubwürdigkeit gegenüber den Kund:innen, die die Basis dafür ist, dass die Daten der Kund:innen gezielt verwendet werden können. Diese Transparenz und Glaubwürdigkeit sind ein wichtiges To-do für alle Marktteilnehmer:innen.
Letztlich werden bereits erprobte Modelle wieder mehr in den Fokus rücken. Das kann semantisches Targeting respektive Kontext-Targeting sein. Dabei gilt es aber auch, mit Publishern darüber zu sprechen, ob man das vielleicht verschärfen kann.
Das ist wichtig, weil es in den letzten Jahren nicht im Fokus stand, dass man die Zielgruppen im Long-Tail oder im Nischensegment klar benennt und Personas herausbildet. Das sollte man tun und diese Ergebnisse in die Vermarktung einfließen lassen.
Bei einem unserer Themen, mit denen wir uns täglich beschäftigen, geht es darum, dass man ein hybrides Tracking einbauen muss. Dabei wird das Tracking nicht mehr als eindimensional betrachtet, sondern als ein komplexes Set-up, in dem mehrere Tracking-Lösungen ineinandergreifen.
Was bedeutet hybrides Tracking im Performance-Marketing?
Mario Rose: Lass uns an der Stelle die OMKB-Community kurz abholen. Du hast eure First-Party-Data-Strategie erwähnt – das fällt natürlich den Unternehmen schwer, die sich bisher nicht strategisch mit der direkten Datengenerierung auseinandergesetzt haben.
Dennoch steht dieses Thema sicherlich bei vielen im Fokus. Außerdem hast du gerade den Begriff „hybrides Tracking” genannt. Was ist das nach deinem Verständnis? Und welches Set-up von Tracking-Methoden ist überhaupt sinnvoll?
Christian Bünder: Wie bereits erwähnt ist hybrides Tracking nicht mehr ein eindimensionales Tracking, bei dem man eine einzige Lösung hat, die entweder in einem Browser oder auf einem Server funktioniert.
„Hybrides Tracking sind verschiedene Lösungen, die ineinandergreifen. Die Basis dafür sollte eine First-Party-Strategie sein.”
Man legt also auf der Domain der Kund:innen eine Tracking-Subdomain an, die auf der Shop-Domain läuft. Damit gibt es in dem Tracking-Link keinen Bruch mehr, somit verhindert man, dass die Shop-URL bricht, was den Tracker oder die Domain des Netzwerkes betreffen würde. Stattdessen kann man über eine First-Party-Subdomain-Integration auf der Domain der Kund:innen tracken.
Dabei haben wir allerdings immer noch das Problem, dass wir über einen Ad-Server laufen müssen – immer, wenn Werbung stattfindet, wird das über einen Ad-Server getrackt. Als zweite Lösung würde es sich in dem Set-up anbieten, dies zu vermeiden.
Man kann also eine komplette Tracking-Lösung reinnehmen, bei der man kein Redirect mehr hat, also keine Weiterleitung in Millisekunden über einen Ad-Server, sondern eine direkte Weiterleitung auf die Landingpages der Shops. Und diese beiden Lösungen finden im Browser statt.
Aus dem Consent-Management wissen wir schon, dass im Browser viele Störfaktoren einschreiten können. Deswegen empfehlen wir als dritte Komponente ein serverseitiges Tracking, das vollkommen unabhängig vom Browser stattfindet.
Damit haben wir außerdem die Möglichkeit, direkt vom Server der Kund:innen Conversions übermittelt zu bekommen, die dann auch nicht mehr dem Einfluss von einzelnen Browser-Updates oder ähnlichen Einschränkungen unterliegen.
Wenn wir aus diesen drei Komponenten eine Basis geschaffen haben, müssen wir individuell mit den Kund:innen darüber sprechen, wie wir das Tracking weiter ausbauen oder verbessern können.
In diesem Zusammenhang sind die Stichworte Kampagnen-IDs und Customer-IDs. Kampagnen-IDs sind IDs, die man aus Google- oder Facebook-Kampagnen direkt bei den Kund:innen generiert. Customer-IDs sind IDs von Bestandskund:innen, die Advertisern konkret vorliegen, um dann geräteübergreifend weiter tracken zu können. Daraus ergibt sich ein Set-up, das sich fortlaufend modular und individuell für die Kund:innen erweitern lässt.
Best Practice Performance-Marketing im Jahr 2022
Mario Rose: Vielen Dank für die Erklärungen über hybrides Tracking, die unterschiedlichen Tracking-Arten und wie man sie mit den eigenen Maßnahmen kombinieren sollte.
Besonders spannend finde ich die Kombination der Link-IDs aus den Ad-Ökosystemen mit den eigenen Daten. Welche Maßnahmen müsste man eigentlich als Advertiser oder Marketing-Person ergreifen, um für das Jahr 2022 gerüstet zu sein?
Christian Bünder: Zum einen müssen die Lösungen smart und individuell sein. Man kann keine feste Lösung mehr für alle ausrollen, die in den nächsten Jahren noch funktionieren soll. Man muss sich anschauen, wo die Kund:innen stehen und wo man mit individuellen Lösungen einwirken kann.
Wie gesagt besteht eine der größten Baustellen darin, Daten in die eigene Hand zu nehmen, eigene User-Datenbanken aufzubauen und schlussendlich über eine eigene Data Ownership zu verfügen. Zu diesem Zweck sollte man den eigenen Tech-Stack unter die Lupe nehmen und herausfinden, welche Tools und Partner man hat, mit denen man das konsistent über alle Kanäle hinweg umsetzen kann.
„Im Zusammenhang mit dem Silodenken fällt uns immer wieder auf, dass wenige Advertiser kanalübergreifend und ganzheitlich arbeiten.”
Transparenz und Glaubwürdigkeit habe ich schon als ein wichtiges Thema für alle Beteiligten genannt und letztlich gilt es auch, neue KPIs in das Performance-Marketing einzubeziehen.
Man ist immer sehr stark von der Conversion getrieben, was bedeutet, dass gerade bei unseren Kund:innen der Abverkauf im Fokus steht.
Es müssen aber auch vorgelagerte Conversion-Ziele existieren, was beispielsweise über ein Log-in passieren kann. Man muss also die Kund:innen in ein Log-in für Bestandskund:innen transportieren, um dann über diesen Account Daten zu generieren.
Deswegen müsste man viel mehr in Lead-Generierung reingehen, um als erstes Conversion Target ein Log-in zu generieren und nicht erst die Conversion.
Insofern müssen viele Faktoren ineinandergreifen und es ist auch ein Full-Funnel Approach. Es ist eben nicht damit getan, mit einem Kanal anzufangen und daraus dann die Lösung zu ziehen, sondern man muss das kanalübergreifend und inhaltlich abgestimmt betrachten.
„Performance-Marketing-Profi belboon kennt nicht nur die Herausforderungen, sondern hat auch die passenden Lösungen.“
Mario Rose: Wir könnten uns zu dem Thema noch wesentlich ausführlicher unterhalten, unser Slot ist allerdings zeitlich begrenzt. Ich danke dir, dass du dir heute Zeit für uns genommen hast.
Ich empfand den Austausch als sehr spannend und freue mich, dass belboon bei der OMKB an Bord ist. Und ich freue mich, dass du nicht nur die Probleme des Trackings, der fehlenden Daten und der schwieriger trackbaren Umsatzerlöse ansprichst, sondern dass ihr trotz der hohen Komplexität auch Lösungen parat habt und den Marketing Professionals gegenüber Empfehlungen aussprechen könnt. Vielen Dank und dir und belboon noch viel Spaß bei der OMKB.
Christian Bünder: Vielen Dank, einen schönen Tag noch.
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