Gegründet wurde Douglas 1821 als Seifenfabrik in der Hamburger Speicherstadt, von hier expandierte das Unternehmen zunächst in andere deutsche und schließlich auch internationale Städte. Seit 2019 ist Douglas der erste Marketplace für Beauty-Produkte in Europa und im Jahr 2020 hat sich das Unternehmen unter dem Hashtag #FORWARDBEAUTY das Ziel gesetzt, vom Online-Händler zu einem Digitalunternehmen mit stationärem Geschäft zu werden. Aktuell vereint Douglas 130.000 Beauty- und Lifestyle-Produkte unter seinem Dach und beschäftigt 20.000 Mitarbeiter:innen allein in Europa.
In seinem Vortrag erzählte Jakobus Müller, Head of SEO bei Douglas, welche SEO-Trends im Jahr 2022 verschwinden, bleiben und dazu kommen werden. Insbesondere geht er darauf ein, welche SEO-Basics eine Strategie umfassen sollte, welche Rolle Core Web Vitals spielen werden, wie man das Vertrauen der Nutzer:innen aufbaut, warum man auf Cluster statt Keywords setzen sollte und welche Effekte das Google-Update im Mai 2022 hatte.
Das Video mit Douglas Head of SEO Jakobus Müller
Nach seinem Vortrag beantwortete Jakobus Müller der OMKB-Audience und unseren Moderatoren noch einige tiefergehende Fragen. Hier die Q&A-Session:
Mit welchen SEO Tools greift Douglas neue Trends rechtzeitig auf?
Mario Rose: Herzlichen Dank, Jakobus. Wir werfen noch einen Blick auf deinen Vortrag und die vielen Key Messages, die darin enthalten waren. Du hast berichtet, dass in eurem SEO Team zehn Mitarbeiter:innen arbeiten und dass etwa die Core Web Vitals als Ranking-Faktor in der Priorisierung von Google rasant an Fahrt aufnehmen. Welche Kompetenzen musst du als Head of SEO haben, um der heutigen Vielschichtigkeit gerecht zu werden und welche zusätzlichen Kompetenzen würdest du dir für dein Team wünschen?
Jakobus Müller: Mein Team besteht einerseits aus Mitarbeiter:innen, die sich auf den Content fokussieren und die internen Prozesse vorantreiben, weil außerhalb des SEO Teams natürlich auch Inhalte erstellt werden. Der Großteil meiner Mitarbeiter:innen kümmert sich um die Strategie und zusammen schauen wir uns an, wie unsere Online-Shops aktuell ranken und wie die Marken performen – Douglas ist nicht unsere einzige Marke, sondern wir haben auch Eigenmarken wie parfumdreams. Insofern stammen unsere Kompetenzen tendenziell aus dem klassischen SEO-Bereich und je nach Person kommen noch Kompetenzen aus den Bereichen Technik oder Projektmanagement hinzu.
Für weitere Stellen fände ich Technikexpert:innen interessant, die direkt mit der Entwicklung zusammenarbeiten können. Ob das notwendig ist, hängt immer von der Unternehmensstruktur ab. Wir arbeiten bereits sehr eng mit der IT zusammen, deswegen könnten wir eigentlich darauf verzichten. Auch Themen wie Core Web Vitals haben wir weitestgehend unmittelbar in der IT verankert und die QR integrieren wir aktuell auch in diesem Prozess. Dementsprechend sind wir zumindest für Douglas im Bereich Technik ziemlich gut aufgestellt, zudem haben wir externe Fachkräfte, die uns unterstützen.
Mario Rose: Das freut mich. Gegen Anfang deines Vortrags hast du die 39×17-Matrix erwähnt. Was ist das für eine Matrix und wie nutzt du die?
Jakobus Müller: Das ist kein richtiges Konzept. Ich habe mir 17 Beiträge angeschaut und bei dieser Inspektion 39 Punkte identifiziert, die im SEO aktuell wichtig sind. Das ist also nur die Bezeichnung für diese Analyse.
Mario Rose: Aha, das hätte auch eine systematische Herangehensweise sein können, bei der ihr 39 spezielle Suchbegriffe im Fokus habt. Aber das tut ihr nicht.
Jakobus Müller: Nein, es sind sogar mehr.
Mario Rose: Gestern haben wir von deiner Kollegin gelernt, dass Douglas über eine Vielzahl an Kund:innendaten verfügt und mittlerweile allein im E-Commerce über eine Milliarde Euro Umsatz macht, dementsprechend seid ihr ein großer Player mit einem großen Bestandsgeschäft. Allerdings gibt es im Bereich Beauty –trotz des neuen Themas namens Apotheke steht Douglas weiterhin primär für Beauty – viele Bereiche, die sich trendorientiert und schnelllebig entwickeln. Deswegen sind sicherlich auch Early Adopter Channels wie TikTok relevant – du hast auch eine Übersichtsgrafik für TikTok gezeigt, die allerdings nicht abbilden kann, was tatsächlich in der App passiert.
Was tut ihr im SEO-Bereich, um trendfolgende Rising Keywords zu identifizieren? Häufig entwickeln sich Trends nämlich so schnell, dass die meisten Tools sie nicht rechtzeitig aufgreifen können. Wenn man sich nur auf diese Tools verlässt, verpasst man die kritische Phase neuer Trends in der Regel. Bearbeitet ihr dieses Thema in deinem Team systematisch und wie schnell könnt ihr Content veröffentlichen, Unterseiten bauen und interne Verlinkungen erstellen?
Jakobus Müller: Wir haben letztes Jahr unser Shop-System gewechselt, was immer noch einen großen Einfluss auf die internen Abläufe hat. Dementsprechend haben wir im vergangenen Jahr viele Evergreen-Themen glattgezogen – dabei handelt es sich um alles, wonach das ganze Jahr über gesucht wird und ein gewisses Suchvolumen erzeugt.
„Trends bearbeiten wir gemeinsam mit unserem Global Marketing Team und bei den jeweils anstehenden Trends schauen wir genau auf das, was aus den USA zu uns kommt.“
Wir haben einen direkten Kontakt zu den Kosmetikhersteller:innen und basierend auf deren Produktpalette können wir absehen, was im nächsten Jahr kommen wird.
Mit schnell aufkommenden Trends hatten wir während der Coronapandemie viel zu tun, insbesondere unter dem Stichwort Gesichtsmasken. Wir haben relativ früh online Stoffmasken angeboten, um die sich die Kolleg:innen im Einkauf gekümmert haben und wir als SEO Team haben die entsprechenden Landingpages innerhalb weniger Tage hochgezogen. Das ist ein gutes Beispiel für einen Trend, auf den wir kurzfristig reagiert haben und der uns in den darauffolgenden Monaten viel Traffic eingebracht hat.
Mario Rose: Gegen Ende deines Vortrags hast du Trends angesprochen, die wir in Zukunft nicht mehr beobachten werden und darunter war auch WDF*IDF. Dieses System hat sich in den letzten Jahren eigentlich großer Beliebtheit erfreut – damit kann man recht klar erkennen, welche Suchbegriffe die Konkurrenz im Search wie oft verwendet, wo man selbst in der Search steht und wie man eine höhere Position einnehmen könnte. Das hat eigentlich ziemlich gut funktioniert. Warum gehst du davon aus, dass WDF*IDF auf dem absteigenden Ast ist?
Jakobus Müller:
„Meiner Ansicht nach wurde in den letzten Jahren zu viel Wert auf WDF*IDF gelegt.“
Es hat in der Kontrolle weiterhin Bedeutung, aber man kann auf Basis dieses Tools keinen Content erstellen. Wenn man den neuesten Trends auf den Fersen sein möchte, kann WDF*IDF nur darstellen, was die Konkurrenz bereits behandelt und man muss hoffen, dass die Wettbewerber besser darin sind, die neuen Themen zu erkennen, damit man sie abschauen kann. Deswegen wird WDF*IDF sicherlich weiterhin eine Rolle in der Analyse spielen, aber nicht im Content.
Mario Rose: Ebenfalls gegen Ende deines Vortrags hast du Google Lens vorgestellt und wie die Bilderkennung damit funktioniert. Kann man Bilder weiterhin so für Google Lens optimieren wie in der Vergangenheit oder müssen die inzwischen anders klassifiziert werden, damit man von diesem möglicherweise Rising Traffic Market profitieren zu können?
Jakobus Müller:
„Für Google Lens sind meiner Einschätzung und der Einschätzung anderer Expert:innen nach strukturierte Daten ein entscheidendes Thema, neben der Bildauszeichnung mit den altbekannten Texten.“
Dabei kommt es darauf an, was für ein Produkt man anbietet und man muss sich überlegen, wie Nutzer:innen mit Google Lens auf dieses Produkt stoßen könnten, weil es dafür verschiedene Möglichkeiten gibt.
Ein Beispiel von Google sieht so aus, dass man den kaputten Reifen an einem Fahrrad mit Google Lens fotografieren kann und eine Anleitung für die Reparatur erhält. Für Fahrradhändler:innen wäre dementsprechend eine Präsenz auf YouTube wichtig, denn dann können Nutzer:innen zu ihren YouTube-Videos weitergeleitet werden. Dementsprechend muss man sich im Zusammenhang mit Google Lens überlegen, ob man ein Produkt oder eine Information anbieten möchte und man muss die strukturierten Daten parat haben.
Mario Rose: Die Bildersuche beantwortet man also nicht mit Bildern, da war ich auf der falschen Fährte. Schahab, welche Fragen hast du an Jakobus?
Die Bedeutung von User Generated Content und YouTube für Douglas
Schahab Hosseiny: Du hast das Thema Video mehrfach als treibenden Faktor mit hohem Wachstum angesprochen. Welche Rolle spielt User Generated Content (UGC) im Bereich Video für euch? Ist das Teil eurer Strategie, um Videos on Scale zu produzieren?
Jakobus Müller: Das ist eine gute Überleitung zu der Douglas Creator App, die man bereits in den App-Stores herunterladen und über die man sich als Content Creator bei Douglas bewerben kann. Diese App wurde aus dem Douglas-Live-Konzept entwickelt und weiter professionalisiert. Das Format ist ähnlich wie bei TikTok, es handelt sich bei dem Content also um Videos mit einer Länge von bis zu einer Minute und es richtet sich an Influencer, die damit auf Douglas selbst Produkte vorstellen und Beauty Points verdienen können, die sie anschließend gegen Produkte von Douglas eintauschen können.
Schahab Hosseiny: Habt ihr auch die Nutzungsrechte an diesen Kurzvideos und die Berechtigung zur Weiterverwertung auch auf anderen Plattformen, um damit eure Reichweite auszubauen? Oder handelt es sich bei diesem Content um ein eigenes Ökosystem, das ausschließlich auf eurer eigenen Webseite oder in eurer App stattfindet?
Jakobus Müller: Im ersten Schritt findet das ausschließlich auf Douglas statt. Über die weiteren Details kann ich gar keine genauere Auskunft geben, dafür ist ein Kollege von mir zuständig.
Schahab Hosseiny: Du hast eben gesagt, dass ihr mittlerweile 30.000 Abonnent:innen auf YouTube habt. Wie geht ihr damit um, dass ihr den Traffic eigentlich auf eure eigene Webseite statt auf YouTube lenken möchtet? Konkurrierst du bei embedded Video-Content in den SERPs mit YouTube und wie gehst du gegebenenfalls damit um?
Jakobus Müller:
„Wir haben einen externen Videoplayer in unsere Webseite integriert und überlegen aktuell, wie wir in Zukunft damit verfahren wollen.“
Wenn man Suchanfragen hat, bei denen Videos ausgespielt werden, ist der untere Bereich mit den organischen Einträgen, unter denen sich auch YouTube-Videos finden können, gar nicht mehr von so großer Bedeutung. Selbst wenn man auf Google sucht, muss man deshalb unbedingt Teil des Video-Karussells am Seitenanfang sein. Das geht nur, wenn man als Marke auf YouTube präsent ist, sonst verpasst man diesen Traffic.
Deswegen muss man sich interdisziplinär mit den Abteilungen auseinandersetzen, die den YouTube-Kanal betreuen und besprechen, wie man die Videos korrekt beschreiben kann, welche Keywords man nutzen sollte, kurz: wie man das klassische SEO mit dem YouTube-SEO kombinieren kann. Dann findet der Traffic im Grunde entweder auf Google statt, wo man oben in der Suche mit den jeweiligen Videos auftaucht, oder man wird direkt auf YouTube gefunden.
Schahab Hosseiny: Wie komplex ist deiner Einschätzung nach die Suchmaschinenoptimierung innerhalb von YouTube? Ist die Komplexitätsdichte noch überschaubar, weil YouTube bereits klare Vorgaben macht und man allenfalls die Titel, Beschreibungen und die Kategorien optimieren kann? Oder hat die Komplexität mit der Competition und der Geschwindigkeit der Parameterwechsel zugenommen?
Jakobus Müller: Zu den von dir genannten Themen kommt noch das Thema Marke hinzu, beziehungsweise präferiere ich bestimmte Influencer und darüber hat man einen relativ hohen Spielraum hinsichtlich der Optimierung. Die Faktoren, die man beeinflussen kann, sollte man unbedingt integrieren, aber zusätzlich kommt es darauf an, wie sich Marken präsentieren und ob sie glaubwürdig sind. Manche unserer TV-Spots zeigen wir auch auf YouTube und wenn die nicht gesponsert werden, haben die meist nur wenige Klicks. Videos mit Promis wie Sylvie Meis funktionieren dagegen hervorragend.
Aus dem Social-Media-Team habe ich erfahren, dass man Reichweite auch einkaufen muss – nicht nur auf YouTube, sondern auch auf Instagram und Facebook.
„Man kann so viel Content erstellen, wie man möchte, aber wenn man den nicht monetär bewirbt, generiert man nicht die erforderliche Reichweite.“
Schahab Hosseiny: Differenziert ihr aus der SEO-Perspektive zwischen YouTube-Optimierung und YouTube Shorts? Oder beobachtet ihr die Entwicklung hinsichtlich der Shorts, die ein Gegengewicht zu Instagram und TikTok darstellen sollen, bevor ihr aktiv werdet?
Jakobus Müller: Ich gehe davon aus, dass unser Social-Media-Team bei den Shorts bereits aktiv ist, vollkommen sicher bin ich aber nicht. Die YouTube Shorts werden sicherlich eine große Rolle ist der Distribution unseres User Generated Contents spielen.
Der Wettbewerb mit Google und anderen Abteilungen
Schahab Hosseiny: Wie stehst du zum Zero-Click-Search-Ansatz von Google und inwieweit seid ihr bei der Content-Produktion bereit, Google diesen Content zur Verfügung zu stellen, ohne den Traffic auf eure eigene Webseite zu lenken? Müsst ihr da mitspielen oder verfügt ihr über ausreichend Pull?
Jakobus Müller: Unternehmen wie Amazon haben so eine große Reichweite, dass sie bei Googles Spiel nicht mitspielen müssen, aber in dieser Position sind wir nicht. Deswegen müssen wir mit den Zero Click Searches leben, wir werden aber gut funktionierende Longtail-Begriffe haben.
„Bevor man absichtlich bestimmte strukturierte Daten ausschließt, weil man befürchtet, dass dann nicht auf das Ergebnis geklickt wird, sollte man lieber als Marke im Mindset der Kund:innen präsent sein, auch wenn man vielleicht nicht geklickt wird.“
Bei anderen Begriffen kann sich das auszahlen, dann wird man wieder häufiger geklickt. Wir haben jedenfalls den Ansatz, alles Sinnvolle auszuzeichnen und nicht zu restriktiv zu sein.
Schahab Hosseiny: Du hast außerdem das Stakeholder-Management angesprochen. Douglas ist ein großes Unternehmen – wie erregst du ganz oben in der Hierarchie Aufmerksamkeit für die SEO-Belange? Mit zehn Mitarbeiter:innen bist du gut aufgestellt, es wird aber sicherlich andere gut aufgestellte Abteilungen geben, gegen die du dich durchsetzen musst. Wie machst du das?
Jakobus Müller: Als ich Ende 2018 bei Douglas angefangen habe, waren wir noch zu fünft und damals wurde noch stark in Silos gearbeitet. Dementsprechend war es anfangs recht schwierig, in Themen reinzukommen. Inzwischen präsentieren wir den anderen Abteilungen die Daten, die wir über die Kund:innen haben, und achten auf eine zielgruppengerechte Ansprache; mit der IT sprechen wir beispielsweise anders als mit den Marketing-Spezialist:innen. Um Erfolg zu haben, muss man darüber nachdenken, was andere Abteilungen interessieren könnte und welche Daten sie voranbringen könnten. Zudem müssen die anderen Abteilungen wissen, welche ihrer Ressourcen für unsere Arbeit wichtig sind, denn SEO bedeutet immer Teamwork.
Seit wir unser Wissen so freizügig teilen, werden wir auch bei Themen um Rat gefragt, von denen wir keine Ahnung haben. Darüber freuen wir uns, weil es zeigt, wie gut wir uns in das Unternehmen integriert haben. Lieber bekommen wir fünf Fragen zu viel gestellt, als übergangen zu werden.
Schahab Hosseiny: Gibt es bei euch einen gesunden Wettbewerb zwischen SEO und SEA oder Organic und Paid?
Jakobus Müller: Nein, wir sind sehr kollegial. Mit den Kolleg:innen aus der SEA versuchen wir eng zusammenzuarbeiten, auch wenn das der Post-Corona-Alltag etwas schwieriger macht. Als ich bei Douglas angefangen habe, haben wir noch eng miteinander gearbeitet und gelegentlich driften wir auseinander, deshalb setzen wir ein verstärktes Augenmerk auf diese Zusammenarbeit, wenn wir gemeinsam Projekte bearbeiten.
Schahab Hosseiny: Wunderbar, vielen Dank für die spannenden Insights.
Mario Rose: Vielen Dank, Jakobus, dass du aus Düsseldorf nach Berlin gereist bist und uns an deinem SEO-Wissen hast teilhaben lassen.
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