Die Welt des Marketings steht nie still, und die neuesten Fortschritte in der Technologie, besonders im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI), katapultieren die Branche in eine völlig neue Ära. In unserem neuesten Blogbeitrag werfen wir einen exklusiven Blick hinter die Kulissen eines faszinierenden Gesprächs mit zwei Spitzenexperten: Mario Rose von Think11 und OMKB und Jan Schoenmakers, dem Managing Director von Hase & Igel. Diese Diskussion dreht sich rund um die transformative Kraft der KI im Marketing und bietet dir wertvolle Einblicke, wie Technologie das Spiel neu definiert und welche Chancen sich dadurch für Unternehmen ergeben. Begleite uns auf dieser spannenden Reise durch Themen, die zeigen, wie KI-gesteuerte Strategien das Marketing effizienter, zielgerichteter und kreativer machen. Von der Wichtigkeit von Daten und Analysen bis hin zum kreativen Einsatz generativer KI – entdecke, wie Marketer heute und in Zukunft von diesen Entwicklungen profitieren können.
Hinweis zum Transkript: Um die Echtheit und den Charakter der Unterhaltung so authentisch wie möglich zu halten, wurden nur sanfte Anpassungen bei Redewendungen und Stilistik vorgenommen. Das bedeutet, du kannst die Konversation genau so erleben, wie sie wirklich stattgefunden hat, mit all ihren natürlichen Wendungen und der einzigartigen Dynamik zwischen Jan und Mario. Es ist kein journalistisch bearbeitetes Interview, sondern die echte Wiedergabe eines Dialogs, der dich direkt in das Geschehen eintauchen lässt.
Mario Rose: Herzlich willkommen, liebe OMKB-Community, zu einem OMKB-Podcast. Mein Name ist Mario Rose. Ich bin Partner der Think11 und OMKB und freue mich, dass wir heute wieder einen wirklich spannenden Gast bei uns im Studio haben. Und zwar möchte ich ganz herzlich begrüßen, Jan Schoenmakers. Jan, schön, dass du heute bei uns bist.
Jan Schoenmakers: Schön, dass ich da sein darf.
Mario Rose: Hallo, Jan. Ganz brandfrisch in unserem neuen Büro, vor neuer Kulisse. Fühlt sich gut an, hoffe ich.
Jan Schoenmakers: Ja, es ist geil mit dem Hafen. Ich habe dadurch jetzt schon entdeckt: Osnabrück hat einen Hafen. Für alle, die es noch nicht wissen. Der Ausblick lohnt sich.
Mario Rose: Ja, aber wir versuchen uns trotzdem auf euch zu fokussieren und auf unser Gespräch. Und Jan, ich möchte dich einmal ganz kurz vorstellen, ehe wir ein wenig in die Tiefe einsteigen der heutigen Themenreise, die wir uns vorgenommen haben. Liebe OMKB-Community, Jan ist Gründer und Geschäftsführer von Hase & Igel. Hase & Igel kommt aus Oldenburg und ist seit mittlerweile 2018, also einigen Jahren, am Markt aktiv und vielfach ausgezeichnet. Dazu schon mal ganz herzlichen Glückwunsch. (Jan Schoenmakers: Danke.) Unter anderem ausgezeichnet als innovativstes Technologieunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz in der Kategorie bis hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und Jan, du selbst blickst auf eine mehrjährige Laufbahn zurück im E-Commerce-Bereich, im Marketing, im Consulting. Und wie ich soeben erfahren habe, auch im Journalismus, hast also schon einiges an Berufs- und Themenfeldern mit abgedeckt. Ich freue mich, dass du uns heute einen Einblick in die Welt von künstlicher Intelligenz und Datenanalyse geben wirst und wir uns darüber unterhalten werden, wie Technologie ganz aktuell die Landschaft und auch unser gesamtes Arbeiten insbesondere in Marketing und Vertrieb verändert. Insofern noch mal ganz herzliches Willkommen hier zum OMKB-Podcast. Schön, dass du da bist.
Jan Schoenmakers: Schön, dass ich da sein darf.
Mario Rose: Jan, erzähl mal ein bisschen mehr über dich. Das Ein oder andere habe ich schon gesagt, aber wie ist es eigentlich zu Hase & Igel gekommen? Teil eins der Frage. Und Teil zwei: Was macht ihr eigentlich genau bei Hase & Igel?
Jan Schoenmakers: Das kann man, glaube ich, gut ineinander überleiten, weil Teil eins der Frage – Wie ist es dazu gekommen? –: Ich habe roundabout fünfzehn Jahre in Marketing, Vertrieb, Kommunikation auf dem Buckel, bin quasi ein alter Marketing-Hase, und kam aber vorher aus der universitären Markt- und Meinungsforschung, ein totaler Statistik-Nerd, und hab immer versucht, Marketing und Kommunikation datengetrieben zu denken. Weil ich immer gesagt habe, dieses alte Diktum von wegen „50 % meiner Werbebudgets sind zum Fenster herausgeschmissen, ich weiß aber leider nicht welche“. Das wollte ich nie akzeptieren. Ich habe immer gesagt: Das geht doch nicht. Wir müssen doch wenigstens im Nachhinein feststellen können, welche. Und da müssen wir auch daraus lernen können. Und dann sind es vielleicht nur noch 30 %, die zum Fenster herausgeschmissen sind. Damit müssen wir doch eigentlich jeden Tag ein bisschen besser werden können und von diesem reinen Bauchgefühl und „im Nachhinein ist man immer klüger“ wegkommen können. Andere schaffen es doch auch. Schau dir Trading an oder Produktion oder Logistik. Die haben alle ihren predictive sonstwas. Warum wir nicht? Und die Frage hat mich als Manager da auch immer umgetrieben. Ich habe immer versucht, mir entsprechende Technologien und Logiken aufzubauen. Und es hat mich immer genervt, dass das so schwierig ist und dass eigentlich keiner im Markt so richtig was für uns Marketeers anbietet, das einem eben einen Blick auf den Wald statt nur die einzelnen Silo-Bäume vermittelt, der auch wirklich predictive ist. Der also mehr als ein buntes Dashboard bietet, sondern einem die Sachen einordnet und nicht nur sagt „Ja, hier hast du deine Conversion-Rate“, sondern: „Da ist deine Conversion-Rate. Die ist gut, mittel oder schlecht, weil eigentlich müsste sie dort sein. Aus folgendem Grund. Und das kannst du tun, damit sie besser wird.“ Und nachdem ich eben über viele Jahre gesehen habe, da entwickelt sich auch nicht wirklich was im Markt, aber meine Idee reift immer weiter, habe ich irgendwann gesagt: Gut, muss man selber machen. Unternehmertum lag mir immer schon im Blut. Hase & Igel ist das vierte Unternehmen, das ich gründe oder gegründet habe. Und dann habe ich gesagt, ich bin so verrückt, einfach auszuprobieren, eine Art Navigationssystem für Marketing, Vertrieb und so weiter zu entwickeln, obwohl ich selbst nicht aus dem Code komme und auch keine Zeile vernünftigen Code schreiben kann. Aber falls es mir gelingt, die passenden Leute dafür zu finden, wird das eine coole Sache. Und so war es dann auch. Ich habe ein sehr geiles Team gefunden und aufgebaut. Und es ist eine coole Sache geworden. Genau das ist das, was wir mit Hase & Igel machen. Wir haben ein eigenes Cloud-System entwickelt und eine eigene analytische KI – alles bei uns entwickelt und in Deutschland gehostet –, die sämtliche verstreute Systeme im Unternehmen und draußen im Markt zusammenführen, oder die Daten aus allen Systemen zusammenführen, um einen Gesamtblick zu geben, auf: Was passiert zwischen unserem Unternehmen und dem Markt? Und daraus Sinn zu ziehen. Also nicht nur Daten zu visualisieren, sondern – der neudeutsche Begriff dafür ist jetzt Decision Intelligence seit vielleicht einem Jahr. Das ist die neueste Sau, die da immer durch das Begriffsdorf getrieben wird – eben wirklich Analysen automatisch abzuliefern, KI-unterstützt, die einem Entscheidungsvorlagen liefern und nicht nur Dashboards. Entlang der ganzen Prozesskette, die wir im Marketing, in der Kommunikation, im Vertrieb haben. Also angefangen von beispielsweise Nachfrageprognosen: Ist das überhaupt ein Produkt, das irgendwen interessiert? Will das irgendwer haben? Und wenn, wie viele Leute wollen das voraussichtlich haben? In welchem Ort, zu welcher Zeit? Über: Ja gut, wir wissen jetzt, das ist eine geile Nachfrage, das lohnt sich, darauf was aufzubauen. Aber wie erreichen wir denn die Leute? Da sind wir bei dem ganzen Thema Mediastrategie, Content-Strategie, Positionierung, Targeting. Gerade Contextual, also: Wo, wann erreichen wir denn die Leute für das Produkt? Was beschäftigt die? Also: Wann finden die das relevant? Hin zu einer laufenden Optimierung, wirklich Omnichannel, Full-Funnel. Was bringt uns am Ende des Tages mehr Umsatz? Wie verteilen wir dafür die Budgets optimal, um mit unserem Budget maximalen Umsatz reinzuholen? Plus noch darüber hinaus in einige Nischen rein. Wenn du B2B bist, können wir zum Beispiel auch hervorragend so eine Art Tinder für Unternehmen machen. Also Lead-Scouting, Lead-Scoring. Welche Kunden passen zu dir? Darfst du halt B2C nur begrenzt wegen DSGVO. Oder wenn du ein Point-of-Sale-Geschäft hast (Mario Rose: Stelle ich mir schwierig vor zumindest, ja.) haben wir jetzt ein neues Produkt gerade in der Markteinführung, das dir deine Point-of-Sale-Standorte bewertet, es aber eben immer auf die Frage fokussiert: Wie können wir, wenn wir mehr Daten an einem Ort haben und wenn wir schneller die Muster drinnen erkennen, damit besser die Märkte bearbeiten? Mit dem gleichen Budget mehr Umsatz machen, indem wir eben nicht unnötig Budget zum Fenster herausschmeißen?
Mario Rose: Ja. Jan, wenn wir ein bisschen tiefer eintauchen in den Bereich Datenquellen und woher die Daten kommen, die dann mit euren Produkten, Dienstleistungen entsprechend ausgelesen und predictive genutzt werden können, liege ich da richtig, dass das dann eher Datenquellen sind, CM-Systeme, Webtracking-Systeme, Advertising-Systeme, die da angebunden werden? Oder ist das hochindividuell, je nachdem, was eure Kunden tatsächlich mit euren Lösungen erreichen wollen, für ein konkretes Ziel?
Jan Schoenmakers: Die beste Antwort von Kommunikationsfuzzis, gerade in der PR immer: „Sowohl als auch.“
Mario Rose: Oder: „Es kommt darauf an.“
Jan Schoenmakers: „Kommt darauf an.“ [beide lachen] Nein, also wir haben einerseits die ganze Welt der Daten, die du im Unternehmen hast. Und das ist genau das, was du auch genannt hast. Wenn wir uns entlang des Funnels quasi mal durchhangeln, dann fängt das an bei den Werbesystemen. Also jetzt so was wie Werbekanäle.
Mario Rose: Google-Ads und so.
Jan Schoenmakers: Und TikTok und Google-Ads, aber auch die Reportings von Media-Agenturen, Rundfunk et cetera. Sales-Reportings. Also die ersten Besuchsberichte, also die Erstkontakte, werden in Systemen erfasst. Die wenden wir natürlich an. Von dort geht es weiter in die Mid-Funnel-Metriken, also deine eigenen Kanäle, Websites, Callcenter-Systeme, falls du so was wie Store Visits trackst. Eben Store Walk and Store Visits. Und dann geht es runter in Lower-Funnel. Und da hast du dein CM-System, da hast du dein Webshop-System, dein ERP-System, je nach Unternehmen, wo die Daten drin liegen, die dir dann wirklich sagen: Was hattest du für einen Absatz, für einen Umsatz, für einen Kundenwert? Die führen wir alle zusammen, also die zapfen wir an über Konnektoren, über APIs und ziehen die daraus relevanten Daten in unsere Cloud, wo sie zusammengeführt werden und ein Gesamtbild ergeben. Das ist aber nur die Welt im Unternehmen. Was wir mitbringen, über unser System, ist eine große Bandbreite an Konnektoren, also an Datenverbindungen, in Third-Party-Daten, in Daten außerhalb des Unternehmens, die einem was verraten über das Verhalten der Zielgruppen, der Wettbewerber und auch über Umweltfaktoren, die einen Einfluss haben auf unser Geschäft. So was wie Inflation, Wetter, Verkehr, Kaufkraft, Bevölkerungsstruktur. Das sind alles Daten, die hat kein Unternehmen exklusiv für sich, sondern die sind im Grunde für jeden, der diese Fährten auslesen kann, draußen im Markt, sind aber wahnsinnig fragmentiert und werden deswegen auch meistens nur innerhalb der einzelnen Silos ausgelesen. Also jeder SEO-Experte schaut sich natürlich Suchverhalten und Suchtrends und so weiter auf Google an, die PR-Leute schauen auf ihre Media-Monitorings und Social-Listening-Tools et cetera. Wir fassen immer all diese Welten eben in einer Datenbank zusammen, um möglichst vollständig das Umfeld auch des Unternehmens abzubilden. Denn ob das wirklich gut ist, wenn du jetzt 10 % mehr Conversions kriegst, das hängt halt schon davon ab, ob die Nachfrage im Markt in der Zeit um 5 % gestiegen ist oder um 20 %, wie viel deine Wettbewerber einsammeln. Und wenn du jetzt siehst, du liegst zum Beispiel relativ schlecht, so die Kampagne hat nicht performt, wie du gehofft hast – ist ja auch die Frage: Liegt es an der Kampagne oder haben dir irgendwelche Umweltfaktoren das Geschäft verhagelt? Nehmen wir an, du hast einen Point of Sale irgendwo in der Innenstadt, da ist Megastau und Hagel. Ja klar, geht an dem Tag dann keiner dort einkaufen. Wenn dann dein Produkt-Launch an dem Tag oder dein Event ein Flop wird, dann liegt das nicht zwingend daran, dass dein Marketing-Slogan Scheiße war oder dass du nicht genug Budget hattest, sondern dann ist die Frage: Konntest du unter diesen Umständen das Maximum rausholen? Und deswegen macht es Sinn, diese Daten von außen miteinzubeziehen und dann die Algorithmen aufdröseln zu lassen: Was hat sich jetzt wie stark wirklich darauf ausgewirkt? Damit du ein realistisches Bild hast – was hättest du eigentlich erreichen können? – und daran abgleichen kannst: Hast du jetzt cool was erreicht oder nicht? Und: Was war der Erfolgstreiber? Ja? Lag es am Media-Mix? Lag es am Slogan? Lag es am Preis? Am Timing?
Mario Rose: Sehr holistisch in der Herangehensweise, aber dann natürlich auch notwendig, klar, keine Frage, damit entsprechend auch die Marketeers, die eure Anwendungen in den Unternehmen nutzen, wahrscheinlich auch Sales-Marketing oder auch ganz andere Stakeholder, letztendlich einen konkreten Mehrwert in der Vorhersage ihrer eigenen Geschäftsentwicklung dann auch mit eurer Hilfe erhalten können. Ich habe mich mal in dem Zusammenhang ein bisschen auf eurer Website schlau gemacht, so, und hab gesehen, dass neben der sehr ganzheitlichen Herangehensweise, die du gerade geschildert hast, ihr euer Portfolio ja auch in ganz konkrete Produktkategorien unterteilt.
Jan Schoenmakers: Genau.
Mario Rose: Und da ist mir der NEUTRUM EVO Optimizer im Gedächtnis geblieben. Magst du mir gerne einmal, aber natürlich auch der OMKB-Community einmal, erklären, was das für eine spezielle Kernlösung aus eurem Hause ist?
Jan Schoenmakers: Absolut, sehr gerne. Also erst mal kurz zur Einordnung, weil du ja gesagt hast, wir haben das auch in einzelne Produkte verpackt. Das ist genau richtig formuliert, weil im Grunde haben wir ein Cloud-System, ein AI-System, die NEUTRUM AI, und die kann man auch als Plattform natürlich nutzen und sagen: Ich zapfe dort einzelne Services an und baue mir damit eine eigene Lösung. Und das ist was, was auch Unternehmen und Agenturen durchaus machen. Das ist dann wie, wenn du ein Lego als Baukasten dir holst, die einzelnen Steine, und baust irgendwas aus deiner Fantasie mit. Das setzt aber natürlich voraus, dass du schon eigene Systeme hast und dass du da auch wirklich savvy bist. Und wir wollen das nicht nur für die Hardcore-Techies machen, die sich dann da jetzt irgendwelche wilden Systeme draus bauen, sondern wir haben gesagt, das muss auch jeder ganz normale Marketing-Manager nutzen können, ohne dass er deswegen irgendwie Data Scientists, Entwickler oder sonst was hinzuzieht. Und deswegen haben wir das Gleiche gemacht, was Lego auch macht, nämlich du kannst ja nicht nur den ganzen Baukasten kaufen, sondern du kannst sagen: Ich will die Feuerwache. Und dann kriegst du die Feuerwache. Und nur die Bausteine für die Feuerwache. Und das sind unsere Produkte. Also die speisen sich aus diesem System, sind aber schon vorkonfiguriert, sodass du sie direkt Plug & Play nutzen kannst und dafür eben nicht erst irgendwas zusammenbauen, entwickeln, analysieren musst. Und der EVO Optimizer ist davon die größte Lösung, die – um dein Wort aufzugreifen – die holistischste Lösung, weil er eben wirklich all deine Marketing- und Sales-Kanäle abbilden kann, zusammenführen kann und dann entlang des ganzen Funnels für dich analysiert: Wie gut läuft es eigentlich? Was bringt dir am Ende des Tages wirklich einen ROAS oder einen ROMI, also einen guten Return? Woran liegt das und wie kannst du jeden Tag optimieren, um noch einen Tick besser zu werden? Damit sind eben dort einerseits deine ganzen Systeme entlang des Funnels – eigentlich genau das, was wir vorher besprochen hatten – verbunden, inklusive eines CM zum Beispiel auch, also wirklich bis in den Kundenwert rein. Auf der anderen Seite die ganzen verschiedenen Kanäle, und zwar wirklich bunt, von, keine Ahnung, Google-Ads über TikTok-Organic, Ads natürlich auch, über, keine Ahnung, deinen Newsletter, dein Callcenter, durchaus aber auch jenseits des Digitalen in einer Prospektverteilung, in Out-of-Home. Also all deine Werbekanäle und Vertriebskanäle kannst du damit verbinden. Liegt an dir, was du verwenden möchtest, aber du kannst sie alle abbilden und sie werden dann von den Algorithmen vergleichbar gemacht, indem du sie wirklich von den Metriken übereinander bringst. Weil jetzt zum Beispiel jedes System ja wieder einen Tick anders misst. Wie: Was ist eine Impression? Was ist ein Kontakt?
Mario Rose: Teilweise auch deutlich anders. Absolut, ja.
Jan Schoenmakers: Und deswegen kannst du ja nicht einfach sagen, du haust die Daten zusammen, gut ist, wie das jetzt ein Tableau oder so macht – so, die packst du in Excel, wird integriert, wird dargestellt; kann man machen, ist aber nur begrenzt sinnvoll –, sondern die Algorithmen bilden das wirklich übereinander ab. Jetzt zum Beispiel ein Klick in einem Newsletter auf einen Link ist was anderes als ein Klick auf einen Werbebanner. Weil im Newsletter hast du erst mal überhaupt schon die Mail gesehen und die Mail geöffnet. Da bist du ja schon zwei Schritte weiter. Der hat damit auch eine höhere Wertigkeit. Der ist tiefer im Funnel. Plus die Algorithmen mappen dir das auf deine Produkte, auf deine Kampagnen, dass auch klar ist: Zu welchem Thema läuft das, zu welchem Produkt, in welcher Kampagne? So, dass unterm Strich wirklich auf einer Produkt-, Kampagnen-, Kanal-, wenn du einen regionale Komponente hast, auch Point-of-Sale oder so, auch Ortsebene sehen kannst: Was bringt mir eigentlich welche Werbeaktivität und in welchem Maße?
Mario Rose: Ich habe mich ja mit dem Thema Werbewirksamkeitsmessung, digitalem Marketing, auch über viele Jahre auseinandersetzen dürfen, und da bist du mit euren Lösungen, der Herangehensweise, sowie einer Kernproblematik, eigentlich entgegen getreten. Da bin ich jetzt hellhörig geworden, weil gerade Media-Kanäle, die offline stattfinden, Out-of-Home, auch wenn das vielleicht teilweise digital oder viel digital buchbar ist, Werbeprospektverteilung oder insbesondere eine der Disziplinen, in die ja noch am meisten Media-Volumen weiterhin investiert wird: TV-Werbung
Jan Schoenmakers: Rundfunk, ja.
Mario Rose: Egal, ob es CTV-Werbung ist oder ATV-Werbung ist, oder lineare TV-Werbung ist, die vom Spend ja immer noch, na ja, mit Abstand sehr, sehr stark ist im Hinblick auf die Budgets, die dort allokiert werden. Erklär das gern noch mal. Wenn ich mir zum Beispiel eine TV-Kampagne, wenn ich eine TV-Kampagne schalte, Displayaktivitäten schalte, da ist es ja häufig so: Ich habe mir angeschaut, irgendwie bei TV habe ich vielleicht eine Korrelation, sehe ich was. In Google-Suchvolumina. Ich sehe ein bisschen Website-Traffic. Kann daraus gegebenenfalls Ableitungen ziehen. Aber das ist ja doch alles immer ganz viel Graubereich gewesen. Wenn ich mir so was jetzt anschaue bei dir, wie geht ihr damit um, mit solchen Media-Kanälen? Wie schafft ihr das, dass dort für den Marketeer noch mehr tatsächlich klare Antworten drinstecken als „Ja, ich denke schon, dass die TV-Kampagne dafür verantwortlich gewesen ist, dass wir jetzt mehr Traffic auf der Webseite haben“?
Jan Schoenmakers: Also eigentlich nutzen wir Statistik auf Speed, um Licht in den Graubereich zu bringen. So kann man es zusammenfassen. Weil wir können natürlich auch nicht zaubern. Also ein Out-of-Home-Plakat, das irgendwo an einer Autobahn hängt oder einer Ausfallstraße, oder ein linearer TV-Spot, die sind erst mal nicht direkt trackable. Und nichts in der Welt kann das ändern. Du kannst natürlich irgendwo einen QR-Code dafür einbinden und so, aber man weiß auch: Kaum jemand scannt das Ding.
Mario Rose: Ja, das sind auch kleine statistische Wahrheiten, ne?
Jan Schoenmakers: Du hast da immer nur ein bisschen den Eisberg über der Wasserlinie. Es wird nie direkt messbar sein. Das heißt, du musst immer einen Indizienprozess führen, du musst immer indirekt messen. Und das ist aber was, wo KI und Big Data einfach helfen können, das von so einem Bauchgefühl und auch was, was du mit sehr viel Aufwand manuell irgendwo wonky hin und her rechnest, zu einer verlässlichen Berechnung zu bringen, die dir wirklich belastbare Aussagen gibt. Indem wir uns durch die Automatisierung leisten können, viel mehr Daten, viel längere Zeitreihen, viel mehr Variablen einzubeziehen. All das, was einfach mit menschlicher Arbeit richtig teuer wird und richtig lange dauert. Das grundlegende Modell ist dabei immer der Erwartungswert. Wenn wir jetzt sagen, wir können nicht direkt oder nicht befriedigend direkt messen: Wie viele Leute haben jetzt wirklich mit diesem TV-Spot interagiert oder mit diesem Plakat? Dann können wir aber auf jeden Fall messen: Wie viele Leute sind denn bei uns gelandet? Über alle Kanäle, die damit einen Zusammenhang haben können. Das sind, die Direktaufrufe auf unserer Website, die Anrufe bei unserem Callcenter, die Suchen nach unserer Marke, nach unseren Produkten, aber auch zum Beispiel die Click-Through-Rates auf digitale Werbemittel. Aber auch sonst im Netz surfen häufig Second Screeners. Und da müssen wir eigentlich nur wissen: Was hätten wir denn ohne diese Maßnahme gekriegt? Also: Gibt es einen Lift? Das ist ja jetzt für sich auch kein neues Konzept. Wenn wir eine lange Zeitreihe haben, und wir können das ja alles durchmessen, das fällt ja eh an, an Daten – wir haben die Callcenter-Daten, wir haben die Analytics-Daten et cetera –, dann wissen wir auch: Was ist das, was wir eh an Klicks gekriegt hätten oder an Umsatz oder an Click-Through-Rate an diesem Tag im Januar oder in dieser Woche im Januar? Wir sehen: Liegen wir da signifikant drüber? Und wenn ja, können wir sehen: Wie viel von diesem Effekt, dass wir über dem Erwartungswert liegen, kann man denn mathematisch, statistisch diesem Plakat oder diesem TV-Spot zuordnen? Das ist für sich alles nicht neu, es war aber immer sehr lückenhaft. Weil es schwer war, die Daten zu erfassen und weil es sehr aufwendig war, es zu berechnen. Dadurch, dass wir die Daten aber aus allen Kanälen und vor allem aus den ganzen Drittpartei-Daten – wer bewertet uns? Wer liest irgendwie Artikel über uns? Wer sucht nach uns? Et cetera. Wer läuft in die Stores? – sowieso im EVO Optimizer zusammenführen und auch aus sämtlichen Werbekanälen sowieso die Daten schon drin haben und eine Modellierung durch KI unglaublich schnell geht und kostenmäßig viel, viel besser skaliert, als wenn wir da Menschen ran setzen, können wir es uns ja leisten wirklich, mit Kanonen auch auf Spatzen zu schießen und zu sagen, wir nehmen einfach alle möglichen Effekte rein. Ja, vielleicht geht dadurch eine Click-Rate auf irgendeinem Banner hoch, vielleicht werden mehr Newsletter geöffnet, vielleicht rufen mehr Leute im Callcenter an. Jede mögliche Verbindung wird von den Algorithmen automatisch im Hintergrund geprüft, und wenn es einen statistischen Effekt gibt, wird weitergeprüft. Wie robust ist der? Tritt der nur einmal auf oder tritt der zum Beispiel jedes Mal auf, wenn wir da so ein Plakat schalten oder wenn wir einen Spot machen? Und wenn der stabil ist und das Risiko, dass man sich jetzt die Welt schönrechnet, gering ist – also Overfitting-Risiko heißt das dann auf Datatscientistisch –, dann wissen wir, wir haben hier einen wirklichen Effekt, und dann können wir den auch zuordnen.
Mario Rose: Okay. Vielen Dank für die ausführliche Antwort und Erklärung. Ich glaube, es macht für den einen oder anderen noch mal ein bisschen klarer, wo die Grenzen der Modellierung liegen und wo eure Vorteile liegen, eben auch unterstützt mit künstlicher Intelligenzanwendung und einfach der Beschleunigung letztendlich ja der Datenauslese.
Jan Schoenmakers: Die Algorithmen, die können eben nichts herzaubern, was wir nicht auch als Mensch könnten, aber sie sind halt millionenfach schneller als wir Menschen und sie machen keine Flüchtigkeitsfehler dabei. Weil jetzt über tausend Tabellensachen zu integrieren und dann da statistisch rumzurechnen, wir haben keinen guten statistischen Sinn als Menschen. Und das sind genau die Dinge, bei denen auch selbst Profis Fehler passieren. Die Algorithmen machen keine Fehler, die rechnen millionenfach schneller, und damit können wir einfach aus dem Vollen schöpfen, anstatt immer zu sagen: „Woah, das müsste man jetzt mal genauer betrachten, aber es dauert ewig, es ist teuer“ und so weiter und so fort. Das ist der eigentliche Breakthrough, den KI und Automatisierung in dem Bereich bringen. Nicht dass plötzlich Feenstaub irgendwie auf unser Marketing sprinkelt, aber dass wir die Sachen endlich ordentlich machen können, so wie wir sie eigentlich immer mit schlechtem Gewissen wussten, so müssten wir sie tun, aber nie die Zeit da war, nie das Budget da war für oder auch das Personal nicht. (Mario Rose: Nee. Absolut!) Weil die sagen: „Oh bitte, nerve mich nicht damit!“
Mario Rose: Nein! Keine Frage.
Jan Schoenmakers: „Muss ich das jetzt wirklich hier berechnen und integrieren?“
Mario Rose: Es war ja häufig so, dass man dennoch nicht zu zufriedenstellenden Antworten gekommen ist, ne? Wenn man erst entsprechende Ressourcen investiert hat. Und das ist ja doch für viele Unternehmen ein sehr frustrierender Prozess gewesen über lange Zeit, muss man sagen. Ich hab’ es eingangs erwähnt, du hast es auch einmal durchblicken lassen: Ihr beschäftigt euch naturgemäß viel mit dem Thema Innovation, Innovationskreis, Produktforschung, und seid immer wieder aktiv, natürlich auch, um eure cloudbasierten Lösungen weiterzuentwickeln, und seid auch immer für die eine oder andere Überraschung gut. Und du hast es mir vorhin erzählt, Jan, du bist ein bisschen müde. Wobei, du siehst überhaupt nicht müde aus. Und das hat einen bestimmten Grund.
Jan Schoenmakers: Das war ja Weichzeichner.
Mario Rose: Ja. [lacht] – Das nehmen wir alles raus. – Und ihr seid ja wieder kurz davor, ein ganz neues Produkt auf den Markt zu bringen, das, klar, naturgemäß auch den Gründer und Geschäftsführer sicherlich die eine oder andere Stunde Schlaf dann kostet. Kannst du uns ein bisschen was darüber erzählen, was – morgen?
Jan Schoenmakers: Morgen, ja.
Mario Rose: Morgen tatsächlich.
Jan Schoenmakers: Oder übermorgen. Schauen wir mal. Aber diese Woche.
Mario Rose: Schauen wir, wie lange wir heute noch miteinander reden hier – was diese Woche von euch zu erwarten ist, Jan.
Jan Schoenmakers: Auf jeden Fall. Das ist ein Produkt, das haben wir eigentlich schon seit sicherlich zwei Jahren als Service in unserer Plattform und nutzen es kundenspezifisch oder im Hintergrund, und haben aber jetzt gesehen, das treibt so viele Menschen um, gerade auch in der aktuellen wirtschaftlichen Situation nach Corona, in Ukraine-Krise und so weiter, dass wir das rausholen wollen aus der Sphäre, aus der nur wir im Backend irgendwo als Entwickler, Data Scientists mit umgehen können, und ein Produkt daraus machen können, was jeder normale Mensch bedienen kann, für sich, im Frontend, einfach. Wir nennen es Location Profiler. Es ist ein Produkt, das dir zeigt: Wie gut ist ein Standort, den du frei wählen kannst für deine Zwecke? Zum Beispiel, um dort einen weiteren Franchisenehmer an Bord zu nehmen oder ein Ladengeschäft aufzumachen, dein Büro anzusiedeln, eine Forschungsabteilung aufzubauen, ein Logistikcenter zu errichten. Das sind Themen, die sind unfassbar komplex zu beantworten. Weil, was macht einen guten Standort aus? Erstens wird jeder die Frage für sich anders beantworten. Zweitens spielen sehr, sehr viele verschiedene Variablen rein, von Verkehrsanbindung, Steuern und Kosten vor Ort, Bauland, sonst was, Bevölkerungsstruktur, Industriestruktur, Nachfrage in der Region – sitzen da schon harte Wettbewerber? Hast du eine gute Internetanbindung? – et cetera, et cetera, et cetera. Genau so was ist perfekt für Automatisierung mit KI. Weil sehr, sehr viele Datenquellen zu integrieren, darin die Zusammenhänge zu finden, zu rechnen und dir eine gute Empfehlung zu geben, genau dafür sind die Algorithmen ja da und genau das können sie halt auch viel schneller als wir – es ist ähnlich wieder wie bei EVO –, so, dass wir damit wirklich in der Lage sind, dir binnen weniger Minuten zu sagen: Ist das ein guter Standort für dich oder nicht? Oder: Welcher der Standorte, die für dich infrage kommen, ist der beste? Und zwar ohne, dass du irgendwie Geodaten-Experte oder Immobilien-Entwicklungsexperte dafür sein musst, sondern du kannst dir einfach Presets raussuchen und direkt sagen „Ja, ich will da ein Ladengeschäft aufmachen. Und zwar für“ – keine Ahnung, was – „Büroausstattung“. Und dann musst du gar nichts mehr machen, außer Enter klicken, und kriegst die Ergebnisse. Du kannst dich aber auch ausgeeken, wenn du sagst: „Moment mal, ich will aber ganz genau bestimmen, was für mich die Kriterien für meinen Büroausstattungsladengeschäft sind.“ Dann kannst du in jede einzelne Variable reingehen und sagen: „Okay, die Bevölkerungsstruktur, die ist mir jetzt aber so und so wichtig. Und hiervon möchte ich bitte nichts in der Nähe haben, bloß kein Shoppingcenter vor der Tür.“ Und so weiter. „Und maximal soundsoviel Hebesatz auf die Steuer.“ Also du kannst in alle Details rein und tief dich im Maschinenraum austoben, ohne irgendwie programmieren zu müssen – kannst du alles im normalen Frontend machen. Du kannst aber auch einfach sagen: „Ja, okay, ich will“ – keine Ahnung – „ein Forschungszentrum. Da gibt es ein Preset Forschungszentrum. Das sieht vernünftig aus.“ Auswählen. Klick. Ab die Post. Und dann hast du irgendwie drei Minuten später dein Ergebnis.
Mario Rose: Wahnsinn! Das heißt, wenn ich über den Location Profiler, so heißt der, nichts Passendes finde, soll ich lieber einen E-Commerce-Laden aufmachen dann. Wenn ich dein Bürofachhändler bleibe.
Jan Schoenmakers: Ja, das könnte man so sagen.
Mario Rose: Eine Frage zum Verständnis dessen. In der auch hier wieder ja doch durchaus komplexen Datentiefe und unterschiedlichen Anbindungen, die ihr letztendlich leisten müsst, ist das ein System, was dann erst einmal „nur“ – in Anführungsstrichen – auf dem deutschen Markt funktioniert? Oder rollt ihr so etwas international aus, und ich kann mir theoretisch auch, wenn ich internationalisieren möchte, in Spanien anschauen, in welcher Stadt und wo genau ich gegebenenfalls für mich ein Ladenlokal eröffnen möchte?
Jan Schoenmakers: Du bist echt ein Formulierungsfuchs, weil das war wieder genau meine Antwort vorweggenommen. Theoretisch kannst du, ja.
Mario Rose: Theoretisch ja, praktisch …
Jan Schoenmakers: Das weltweit. Natürlich. Doch, aber nicht in der Tiefe. Wir starten mit dem deutschen Markt,
Mario Rose: Hammer!
Jan Schoenmakers: Und generell auch DACH-Regionen schon gut angebunden, wirklich in einer sehr hohen Datentiefe, wo du dann wirklich von Kriminalitätsrate bis Steuerstruktur vor Ort, von Bildungsabschluss bis „Wie viele Wettbewerber sitzen da?“ alles, wirklich alles drinnen hast, schon im System. Es kommt mit allen Daten und Datenkonnektoren schon fertig. Du musst das nicht erst dazukaufen oder irgendwie rein entwickeln. Wir haben aber auch schon Kunden, die damit in Südeuropa, in Osteuropa et cetera Standorte prüfen. Du kannst etliche Sachen daraus jetzt schon weltweit machen, nur nicht in der gleichen Tiefe wie jetzt für den deutschen Markt. Und wenn du jetzt zum Beispiel damit dir Rumänien angucken willst, dann musst du ein paar zusätzliche Daten onboarden. Und das ist was, was im Moment in dem Release da noch extra kostet, weil es da noch zusätzlich an Daten rein gekauft oder reingeholt werden muss. Es funktioniert aber trotzdem. Mit jedem weiteren Release werden wir das natürlich weiter ausrollen. Erst mal innerhalb der EU und mit Sicherheit irgendwann auch drüber hinaus.
Mario Rose: Okay.
Jan Schoenmakers: Wenn du jetzt aber heute sagst, dich treibt es total um in Südafrika, dann kriegen wir das auch hin, aber dann braucht das jetzt noch ein bisschen Customizing.
Mario Rose: Ja, stark! Eine kurze Memo an Christoph hinter der Kamera: Vielleicht finden wir damit ja noch spannende OMKB-Standorte international, wer weiß. Coole Sache. Ehe wir uns noch einmal ein bisschen intensiver über das Thema künstliche Intelligenz vielleicht diskutieren werden, uns auf jeden Fall dazu austauschen werden. Genau. Eine Sache, die ich ganz spannend finde, oder die ich gerne erfahren möchte, weil wir haben in der OMKB-Community ja Marketing-Profis, Vertriebs-Profis, Entscheiderinnen und Entscheider dabei, aus, teilweise, großen mittelständischen Unternehmen, Konzernen, aber natürlich auch aus kleineren Unternehmen, gegebenenfalls in überschaubareren Marketingteams, zumindest vom Personen-Count her. Wenn wir uns deine Lösungen einmal anschauen, dann wirkt das natürlich erst einmal so, als wäre das alles ganz groß und ich muss mindestens ein großer Mittelständler sein, um da in irgendeiner Form sinnvolles Onboarding durchzuführen, auch wenn ihr ja in unterschiedliche Produkte unterteilt. Liege ich damit richtig, dass ihr hier eher unterwegs seid in euren Kunden-Zielgruppen, tatsächlich ja auch im gehobenen Mittelstand, vielleicht sogar im Konzernumfeld? Oder ist es eigentlich so, dass ich auch vielleicht als E-Commerceler mit euren Lösungen schon wunderbar starten kann? Je nachdem, was ich dann machen möchte und was ich erreichen will.
Jan Schoenmakers: Das kannst du auf jeden Fall. Also perfekt zusammengefasst. Es hängt davon ab, was du erreichen willst, was du mitmachen willst. Wir haben bewusst unser Pricing so angelegt, dass es mit den Unternehmen gut wächst. Weil viele, die meisten im Software-Service-Bereich, pricen entweder nach Seats, also „Wie viele Nutzer nutzen dein Tool?“, oder nach Volumen, „Wie viele Daten kommst du da durch?“. Wie viele Nutzer hat bei uns eigentlich gar keinen Einfluss, und „Wie viele Daten kommst du durch?“ hat nur einen sehr, sehr kleinen Einfluss. Wir preisen in erster Linie über Komplexität. Also: In wie viele Produkte in wie vielen Kanälen für wie viele verschiedene Märkte willst du dir damit angucken? Ganz bewusst, damit eben es zugänglich ist für Unternehmen verschiedener Größe. Es ist schon so, dass der Schwerpunkt unseres Umsatzes und unserer Kunden eben großer Mittelstand, Franchises, Konzerne sind, vor allem Unternehmen auch, die einen komplexen Marketingmix haben, mehrstufigen Vertrieb. Und du hast einfach nicht so viele kleine Mittelständler, die einen mehrstufigen Vertrieb haben und zig Marketingkanäle bespielen. Kommt auch vor, aber klassischerweise wächst halt die Komplexität mit der Größe des Unternehmens. Wenn du startest, dann hast du in der Regel / dann fängst du mit einem Markt an, dann hast du in der Regel auch nicht gleich hunderttausend Produkte und zig verschiedene Zielgruppen, und du bespielst auch nicht mit Riesenbudgets ganz viele verschiedene Kanäle, sondern du beginnst erst mal klein in der Regel als KMU oder als Mittelständler. Und dann kosten unsere Produkte auch nur kleines Geld. Und wenn du dann sagst, jetzt geht es aber noch in den französischen Markt und jetzt hole ich da noch einen Außendienst rein und jetzt mache ich noch einen Webshop dazu und jetzt will ich aber auch noch hier TikTok, Snapchat, Pinterest und, keine Ahnung, gehe in die Rundfunkwerbung, dann wird es bei uns auch teurer. Aber dann hast du ja auch viel mehr Budget, das du da reinsteckst. Dann bist du auch schon größer. Und unser Ziel ist immer, dass die Kosten unserer Lösung in einem Verhältnis stehen zu deinem Marketing- und Vertriebsbudget und zu deinem Marketing- und Vertriebsumsatz, damit der ROI, den du mit unseren Lösungen, mit unserem System erzielst, immer gut ist. Wenn du weniger Geld ausgibst für Marketing-Vertrieb, dann darf das Tool nicht mehr kosten, als du raus optimieren kannst. Wenn du da dreistellige Millionenbudgets hast und kannst damit im Bereich, keine Ahnung, 15, 20, teilweise mehr Prozent Mediaeffizienz raus optimieren, dann darf die Lösung auch was kosten, solange sie immer noch im guten Verhältnis steht zu dem, was du damit an mehr Umsatz erzielst oder an Budget einsparst.
Mario Rose: Maximal plausibel, würde ich sagen, in der Herangehensweise. Jan, vielen Dank, dass wir uns ausführlich über die Produktebene und eure Herangehensweisen unterhalten konnten im Bereich eurer Produktlösungen insbesondere. Jetzt lass uns einen Schritt weitergehen gerne, weil es ist ja super, einen KI-Fachmann letztendlich hier dann auch vor Ort zu haben bei der OMKB, weil – und das geht euch sicherlich auch so – künstliche Intelligenzen, analytische KI, generative KI haben das Arbeiten von vielen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere im Marketing aber auch weit darüber hinaus, doch sehr stark beeinflusst. Manche würden sagen sogar disruptiert; es kommt natürlich darauf an, was man für einen persönlichen Zugang hat oder wie Unternehmen damit umgehen, das ist sicherlich ganz unterschiedlich. Aber du hast ja mehrfach durchblicken lassen, dass ihr auch im Bereich der künstlichen Intelligenz sehr fortgeschritten seid und das ein fester Bestandteil ist all eurer Lösungen. Und deswegen finde ich natürlich deine Perspektive total spannend auf die aktuellen Entwicklungen, insbesondere im digitalen Marketing, was ja auch häufig Kernthema ist hier bei der OMKB. Deswegen, wenn wir mal schauen auf die Rolle und den Einfluss von künstlicher Intelligenz auf die Zukunft des digitalen Marketings, wie ist da deine Meinung dazu? Erst einmal ganz big-picture-like gefragt: Was glaubst du, wie sich jetzt schon künstliche Intelligenz Einfluss verschafft im digitalen Marketing? Und wie könnte die Zukunft aussehen?
Jan Schoenmakers: Wir haben ja insofern einen lustigen Wandel erlebt jetzt seit GPT gedropt ist, dass KI vorher was war, was man lieber nicht so genannt hat, weil alle gleich Angst hatten vor dem bösen Roboter. Wir haben seit
Mario Rose: Ja, oder vor der Komplexität.
Jan Schoenmakers: Genau.
Mario Rose: Noch nicht wussten. Oh, Hilfe! Das kann ich ja gar nicht machen.
Jan Schoenmakers: Wir haben unser eigenes Language Model seit Ende 2019, Anfang 2020, bevor es cool war, und da waren es echt noch Sachen, auch sonst, Machine-Learning-gestützte Modellierung, noch länger. Das sind Sachen, da haben wir bewusst vorher gar nicht KI gesagt, weil die Leute bei KI gleich dachten „O Gott, das ist viel zu teuer“ und „Dann übernehmen die Maschinen die Herrschaft“. Und da hatten die gleiche Matrix oder I, Robot oder sonst was vor Augen. Und kaum ist ChatGPT gedropt, auch auf viele Sachen, die gar nicht KI sind, KI draufgeschrieben, weil KI halt der heiße Scheiß ist.
Mario Rose: Leider ja, ja. Am häufigsten sind nur Plug-ins oder Ähnliches, ne?
Jan Schoenmakers: Ja, oder halt klassisch regelbasiert. Und damit muss man immer so ein bisschen differenzieren: Was ist eigentlich KI im Marketing? Und das geht mir gerade ein bisschen verloren, weil so, wie es heute ist, setzen alle KI halt mit generativer KI gleich. Das ist so: Nutzt du KI, heißt, promptest du mit Midjourney, setzt du irgendwo ChatGPT ein. Es wurde schon in vielen Bereichen im digitalen Marketing deutlich vorher KI eingesetzt, zum Beispiel im Programmatic Advertising, Real Time Bidding. Da sind häufig vorher auch schon Machine-Learning-Algorithmen dahinter, um die besten Werbeslots oder die besten Werbezeitpunkte zu finden. Auch so was wie
Mario Rose: Die jetzt noch mal deutlich besser geworden sein dürften.
Jan Schoenmakers: Ja. Auch so was wie ein Media-Mix-Modelling haben wir zum Beispiel auch vorher schon natürlich mit Machine Learning gemacht. Language Models einzusetzen. Gut, die hießen dann vorher, vielleicht waren es noch keine Language Models, dann waren es Word-Embedding-Verfahren. Aber auch Textanalysen. Wenn du sagst, du machst Social Listening cool, du baust da nicht nur irgendeine billige Tech-Cloud zusammen, sondern du willst wirklich gucken, über welche Themen die Leute reden. Du willst gute Sentiment-Modelle. Das sind alles Sachen, also: Ist das jetzt positiv, negativ, die Bewertung? Et cetera. Das sind alles Sachen, wo auch vorher schon KI im Einsatz war. Das ist aber dann analytische KI und es ist KI, Machine-Learning-gestütztes RPA, also Prozessautomatisierung, beispielsweise in den Konfigurationen. Wie setzt du Bilder und Texte zusammen? Und in der Werbemittelbuchung. Mit generativer KI ist im Grunde nur was Neues dazugekommen, das aber andere Sachen nicht nur nicht ersetzt, sondern dafür auch gar nicht geeignet ist. Du kannst mit ChatGPT nicht vernünftig dir eine Werbestrategie machen oder ein Media-Mix-Modelling. Und du solltest damit auch nicht freewheeling, ohne irgendwelche Regeln und Aufsicht, deine Werbemittel komplett durchbuchen lassen. Dafür ist das Zeug nicht gemacht. Das ist dafür gemacht, dass es Inhalte generiert, dass du sagst, du hast einen Text, ein Bild, eine Landingpage, vielleicht eine einfache App. Da kannst du die Generierung automatisieren. Und das ist geil. Und das kann gerade im Marketing natürlich wirklich viel Arbeit sparen, aber du musst es halt für das einsetzen, wofür es auch gedacht ist. So wie du einen Hammer halt nutzt, um einen Nagel in die Wand zu hämmern, und nicht, um ein Brett zu zersägen. Und das ist aus meiner Sicht das, wo wir heute jetzt echt in eine neue Phase von KI kommen, wo es nicht mehr dein Punkt ist: „Nutzt du irgendwo KI-Algorithmen auch im Hintergrund?“, sondern wo du dir bewusst Gedanken machen musst, gerade im Marketing, „Welche Art von KI nutze ich für welches Problem?“, und „Wie baue ich mir daraus eine Prozesskette? Wofür nutze ich analytische KI, wofür nutze ich generative KI? Was automatisiere ich mit RPA durch?“ Weil du dich echt in die Nesseln setzt, wenn du das Zeug durcheinanderbringst. Analytische KI wird dir analysieren, was einen geilen Werbeslogan ausmacht, aber es wird dir keinen geilen Werbeslogan texten. Generative KI wird dir vielleicht den geilen Werbeslogan texten, aber es wird dir nie eine Wahrheit vermitteln. Vielleicht sagt es dir zufällig eine richtige Information, aber wenn du sagst „Analysiere mir die besten Strategien mit ChatGPT“, da reiße ich mir das spärliche Resthaar aus.
Mario Rose: Oder du wirst eine Antwort finden, und dann hoffen wir mal, dass diejenigen, die das versuchen, das voneinander unterscheiden können, ob die Antwortqualität auch Sinn macht oder nicht. Weil das ist ja, ich will nicht sagen ein Problem, aber wenn wir auf die generative KI schauen, ist spätestens seit ChatGPT natürlich die Einstiegsbarriere enorm gesunken.
Jan Schoenmakers: Ja. Das ist eine super Idee. Das ist auch natürlich echt sehr cool. Typisch US-Plattform.
Mario Rose: Total cool.
Jan Schoenmakers: Du machst es extrem einfach und extrem intransparent.
Mario Rose: Ja. GPT 4 hat mittlerweile sicherlich auch ein Sprachniveau erreicht, mit dem sich anständig arbeiten lässt, bis auf die ein oder andere Ausnahme. Jetzt kommen wir in die ganz spannende Zeit der Plug-in-Entwicklung auf GPT, und wir können schauen, ob da ein neues Ökosystem wächst, gegebenenfalls auch in Funktionen. Aber es bleibt ja: Die Eintrittsbarriere ist extrem gering. Ich glaube auch, dass wir uns – aber das ist meine persönliche Perspektive – nicht sehr lange über Prompting-Technologien mehr unterhalten werden, sondern sich das auch durch die Entwicklung eben der KI gegebenenfalls weiter simplifiziert.
Jan Schoenmakers: Und da kommt analytische KI wieder rein, weil
Mario Rose: Das wäre meine Frage jetzt.
Jan Schoenmakers: Du willst ja am Ende, dass ChatGPT dir den richtigen Slogan oder die richtige Landingpage baut. Du willst, dass Midjourney dir das richtige Bild baut. Oder DALL-E, oder was auch immer du einsetzt. Und dafür musst du ja, so wie du eine Agentur oder einen Marketing-Mitarbeiter briefst, wo du ja auch sagst: „Das und das wollen wir erreichen. Das sind die Zielgruppen. Das funktioniert, das nicht. Bitte folgende Keywords nutzen. Diese Argumente, wissen wir schon, triggern wirklich unsere Zielgruppen, sodass die verstehen, dass es für sie relevant ist.“ All das hattest du klassisch im Briefing drin. So was muss auch in einen guten Prompt, damit das Ergebnis nicht nur eloquent klingt, sondern auch tatsächlich am Ende für dich performt, so wie es performen soll. Und da hast du zum Beispiel schon so eine Signalkette für KI-gestütztes Marketing, wo du sagst, du nutzt analytische KI, zum Beispiel unsere Lösung, um zu ermitteln: Was sind denn die Themen, die meine Kunden wirklich umtreiben? Was finden die an dem Produkt geil? Wie erkennen die, dass es für sie relevant ist. Aber auch: Welche Kanäle, welche Formate funktionieren bei denen? Und dann kannst du aus der analytischen KI einen entsprechenden Prompt generieren für GPT, das dir schon direkt sagt: Mit folgenden Argumenten und am besten auch den Keywords bitte was erstellen, und zwar für dieses Format. Das soll, keine Ahnung, ein Reel bei Instagram werden. Dann hast du einen präzisen Prompt. Und dann kriegst du auch daraus was, was im Zweifel deutlich besser passt, als wenn du einfach nur da einen fluffigen Dialog mit GPT aus irgendeinem Cheat-Sheet führst, wo irgendjemand bei LinkedIn gesagt hat: „So kannst du am besten GPT prompten.“
Mario Rose: Das heißt, Prompts bleiben natürlich wichtig, aber in einer anderen Logik. Wenn wir davon ausgehen, generative KI, jetzt hast du natürlich noch eine Differenzierung zwischen Unternehmen oder Selbstständigen, die machen es. Andere Unternehmen, die vielleicht ein bisschen vorsichtiger sind, andere Hürden haben intern auch in der Struktur. Da kann es im Moment natürlich noch Geschwindigkeitsunterschiede geben. Gehen wir mal davon aus, dass sich das nivellieren wird und generative KI eben in einem Großteil der Unternehmen eingesetzt werden dürfte, dann, sagst du, dann entstehen eigentlich die Vorteile für mich als Unternehmer, als Marketeer, wenn ich in der Lage bin, sinnvoll analytische KI mit generativer KI zu verbinden, sodass die analytische KI mir quasi evidenzbasiert aufzeigt: Was habe ich hier eigentlich für eine Datenmenge? Und was habe ich letztendlich für eine Schlussfolgerung, die ich ziehen kann, dass die generative KI mir das Ergebnis tatsächlich bringt, was wahrscheinlich auch mir persönlich gefällt – das hilft ja im Marketing – und B) aber auch gut funktionieren wird?
Jan Schoenmakers: Genau.
Mario Rose: Ist das…
Jan Schoenmakers: Also in beide Richtungen. Zum einen, dass analytische KI wirklich generative KI brieft. Und das kann man auch automatisieren, dass man es gar nicht mehr manuell prompten muss.
Mario Rose: Das gibt es schon?
Jan Schoenmakers: Wir haben die ersten Fälle damit gerade.
Mario Rose: Okay. Cool.
Jan Schoenmakers: Also die ersten Kunden bauen jetzt solche Systeme tatsächlich. Dass aus der analytischen KI dann eben wirklich so was kommt wie: welche Themen, welche Produkte, welche Argumente, welche Keywords, welche Formate? Mit denen man dann generative KI prompten kann, damit sie dafür was erstellt. Um dann nach hinten raus, wenn das geschaltet ist, sei es manuell oder über RPA automatisch, analytische KI, EVO Optimizer, auch wieder misst: Was bringt mir das denn? Weil du dann daraus auch wieder sehen kannst: Ist jetzt das Werbemittel wirklich gut gewesen? Hat das den erhofften ROI gebracht? Und wenn nicht, kann die analytische KI wieder aufdröseln: Woran lag es denn vermutlich? Und daraus auch wieder den Prompt refinen und sagen: „Guck mal, jetzt aber bitte hier nachsteuern.“ So wie du es vorher eigentlich ja manuell auch gemacht hast. Wenn du es gut gemacht hast, hast du ein vernünftiges Briefing gemacht, dich dann mit der Agentur oder deinem In-House-Staff hingesetzt, die sind kreativ geworden, dann hast du es geschaltet, und dann hast du ausgewertet: War das jetzt wirklich geil oder wirkte das nur aus der Innensicht geil? Und hast daraus gelernt? und den Prozess kann man, wenn man diese drei Arten KI – analytische KI, generative KI und RPA – sinnvoll zusammenschaltet, automatisieren. Ich würde aber immer noch davon abraten, ihn komplett zu automatisieren. Es sollte immer noch an jedem Schritt ein Quality Gate sein, wo ein Mensch draufschaut und sagt: Ist das jetzt wirklich im Sinne unseres Brands? Weil die KI da ja stumpf ist. Egal, ob analytische oder generative. Die sieht, da ist eine Chance im Markt. Die sieht, ja, das funktioniert. Aber als Unternehmer will ich im Zweifel sagen: „Hey, die Chance ist vielleicht attraktiv, aber die will ich gar nicht nutzen, weil in dieser Nische möchte ich mich nicht positionieren“ oder „So eine Aussage, die möchte ich nicht tätigen, das wäre nicht authentisch“ oder „Da stehe ich nicht dahinter.“ Und diese Kontrolle, die will ich ja als Brand oder als Unternehmer nicht abgeben. Das heißt, ich kann mir viel Fußarbeit automatisieren, aber ich kann nur davon abraten, zu sagen: „Ey geil, wir feuern Agenturen und Marketingabteilung. Wir automatisieren es. Alles. Wir kümmern uns nicht mehr drum. Wir sehen dann ja, ob die Umsätze hochgehen.“ Ja, das wird funktionieren, aber es kann eine Marke am Ende aber auch sehr beliebig machen.
Mario Rose: Es kann massive Probleme auch verursachen, natürlich, je nachdem, wie ich mit meiner Marke umgehen möchte (Jan Schoenmakers: Genau.) und was zu mir passt, ne? Das ist aber natürlich spannend, grade wenn ich so an AB-Testszenarien denke und diese Vollautomatisierungs-Möglichkeiten. Wenn man überlegt, was das eigentlich für einen Arbeitsaufwand sonst bedeutet. Grade in der Kreationserstellung, in der Auswertung, bis hin dann wieder zur Kreationserstellung ist das natürlich eine Beschleunigung um Längen, die du da aufzeigst.
Jan Schoenmakers: Genau das ist das, was KI auch wirklich gut kann. Also nicht irgendwie der bessere Mensch sein oder irgendwelche völlig revolutionären neuen Sachen hier in unsere Welt bringen –
zumindest bisher nicht –, sondern was sie kann, ist einfach Effizienz und Geschwindigkeit gigantisch nach oben treiben.
Mario Rose: Okay. Du sagst aber auch – und das finde ich schön. Mich beruhigt das vielleicht ein Stück weit zumindest –, dass der Mensch als Stakeholder in diesem Prozess allein aus dem Brand Fit heraus, aus der Überprüfung einer Entscheidungslogik weiterhin der Pilot in diesem Bild bleibt. Es gibt ja dieses schöne Bild, dass die KI zum immer besseren Co-Piloten wird und mich dabei unterstützt, meine Aufgaben natürlich möglichst effizient und Output-orientiert zu lösen. Und der eine oder andere stellt sich ja natürlich die Frage: Wie lange bin ich denn noch Pilot? Und wann wechselt denn gegebenenfalls dieses Bild vom Co-Piloten zum Piloten? Denkst du, dass es im Moment ein relevanter Zwischenschritt ist natürlich, diese Logiküberprüfung vornehmen zu lassen, das ganze System natürlich auch so aufzusetzen, dass es für ein Unternehmen funktioniert, oder glaubst du auch, dass solche Dinge wie Brand Fitness beispielsweise in, ja, einigen Quartalen oder sogar vielleicht einigen Jahren durch passendes Training von entsprechenden Datensätzen dann auch vollständig autark übernommen werden können?
Jan Schoenmakers: Also unser Themennavigator zum Beispiel kann heute schon Language-Model-basiert genau sehen: Wie sind Brands positioniert? Wie passt das auch zu der mentalen Landkarte, zur emotionalen Landkarte der Zielgruppen? Wo sind da Chancen? Und deswegen heißt das Ding ja Navigator – das kann dich sogar dahin navigieren und sagen: Wie müsstest du dich jetzt positionieren? Wie müsstest du argumentieren, um diese Chance zu nutzen? Also solche Sachen lassen sich prinzipiell automatisieren, trotzdem bin ich der Meinung, das wird auch in der weiteren Zukunft nie sinnvoll komplett automatisiert werden, außer vielleicht für solche ziemlich Brand-unabhängigen, Knock-off-Massenkäse. Wenn ich mir irgendwie so ein Dropshipping-Business aufbaue, das eh einfach nur über Volumen läuft, und ich brauche dafür halt irgendeine Marke und irgendeine Website und so weiter, da investiere ich ja eh nicht groß rein, da geht es auch nicht um Authentizität, da kann ich dann gut automatisieren. Da wird wahrscheinlich dann keine Agentur oder kein Marketingmitarbeiter mehr im Loop sein. Aber wenn ich eine Marke habe, die wirklich als Brand präsent sein soll, wenn ich auch ein Marken-Business habe, das von Kundeninteraktionen lebt, das irgendwo so ein bisschen Love Brand sein will oder das auf Loyalty wirklich geht, dann muss das authentisch sein. Und wir Menschen sind nun mal soziale Viecher, wir wollen mit Menschen zu tun haben, wir wollen auch Ecken und Kanten spüren. Und KI kann Authentizität immer nur simulieren und orientiert sich immer an großen Datenmengen, also guckt: Was machen die Vielen?
Mario Rose: Natürlich. Natürlich, ja.
Jan Schoenmakers: Und damit werde ich nie was tun, was sonst keiner macht. Und so zu sagen: „Das ist ’ne Type. Ey, der ist … der kann einen auch hart nerven, aber er ist echt ’ne Type.“ Genau an sowas kristallisiert sich ja Authentizität. Genau daran entstehen auch wirklich geile neue Brands. KI wäre bestimmt nicht mit Steve Jobs oder mit einem Apple-Logo oder so um die Ecke gekommen oder würde hier die crazy und oft grenzwertigen Nummern abziehen, die ein Elon Musk macht. Aber genau deswegen sind solche Leute oder Brands ja auch strahlkräftig da. Die einen hassen sie deswegen, die anderen lieben sie deswegen. Und so was ist Menschen-Domäne. Auch im Kundenservice sind viele Unternehmen ja jetzt schon nicht gut gefahren, alles zu automatisieren, auch da, wo es ging. Weil, selbst wenn die Prozesse damit vielleicht schneller und smoother laufen, sind die Kunden sehr lauwarm, wenn sie nur noch mit Bots zu tun haben, weil sie einfach diese Wertschätzung auch haben wollen, mit einem echten Menschen zumindest auch mal zu sprechen. Wo du auch da sagst, wenn deine Kundenbeziehungen wirklich wichtig sind für dich, dann kannst du natürlich viel Selfservice anbieten, solltest du auch tun der Effizienz halber, der Geschwindigkeit halber, aber du musst immer noch auch ganz klar überlegen: Wo gibst du deinem Kunden noch echte Menschen, damit du auch nicht die Empathie für deine Zielgruppe verlierst und die Glaubwürdigkeit auch behältst. Dass du sagst: „Ja, das ist Teil unserer Peer Group. Die gehören irgendwie dazu.“ Wenn du das verlierst, dann wirst du auch austauschbar, und dann geht natürlich auch die Kunden- und Brand-Loyalty nach unten.
Mario Rose: Das heißt, wir bleiben für das Besondere, für das Emotionale und auch das gern Streitbare in irgendeiner Form verantwortlich. Das ist das, was differenziert, und das, was letztendlich von KI ja Gott sei Dank bisweilen nicht abgebildet werden kann.
Jan Schoenmakers: Wir bleiben auch bei der Verantwortung verantwortlich.
Mario Rose: Ja, das auch!
Jan Schoenmakers: Also ich meine, das ist ja auch ein Punkt.
Mario Rose: Absolut.
Jan Schoenmakers: Recht, Compliance – irgendjemand muss immer seine Rübe hinhalten. Und das wird schon allein aufgrund unseres Rechtssystems immer ein Mensch sein. Was dann echt ein Punkt auch ist, der sehr stark für Explainable AI spricht, und für einen Menschen in der Pipeline, weil wenn ich als CMO irgendwo im Zweifel vor dem Aufsichtsrat, vor dem Vorstand, vor dem TÜV, vor dem Gericht da meinen Kopf für hinhalten muss, dann will ich aber auch wissen, was die Algorithmen da machen, sicherstellen, dass das in meinem Sinn ist, und sicherstellen, dass ich überhaupt nachvollziehen kann, was die tun. Und das ist ein Riesenthema zum Beispiel bei den ganzen US-Plattform-Lösungen: Das sind alles Black Boxes. Also warum jetzt eine Open-AI-Lösung das tut, was sie da tut, wird mir keiner sagen, nicht mal die Entwickler. Du musst ja nicht Entwickler sein, es kann ja jeder durch ein bisschen Prompting etwas entwickeln für den ChatGPT oder GPT Marketplace. Nicht mal die, die da irgendeine Lösung entwickeln und verkaufen, wissen ja eigentlich, warum die funktioniert. Wenn die jetzt irgendwie nicht funktioniert und du hast ein Produkthaftungsthema – in der Position möchte ich nicht sein. Und das wird aus meiner Sicht ein Riesenthema werden. Je mehr wir automatisieren, je mehr wir da den Menschen rausnehmen, und andersherum sagen, der Mensch soll gerade für Verantwortung, Strategie, Authentizität und so weiter stehen, desto mehr werden wir auch darauf achten müssen, dass wir der KI beibringen, Rechenschaft abzulegen. Zu sagen: Warum mache ich das denn jetzt eigentlich?
Mario Rose: Schauen wir mal auf die unternehmenspraktischen Anwendungen von KI und die Investitionsbereitschaft insbesondere auch von Unternehmen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Also wir beide wahrscheinlich eher Vertreter, die sagen: Natürlich solltet ihr in dem Bereich euch Leitlinien verschreiben und überlegen, wie und in welcher Form ihr strukturiert das Thema mit in Angriff nehmen könnt. Aber es gehört natürlich auch zum Teil der Unternehmer- und Unternehmenswahrheit mit dazu, dass viele Companies ganz unterschiedlichen Ursprungs und unterschiedlichem Fokus mit schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen konfrontiert werden, auch im Jahr 2024. Wir erwarten weiter ein Krisenjahr, muss man sagen. Das nächste Krisenjahr gegebenenfalls auch, zumindest mit Blick auf die deutsche wirtschaftliche Entwicklung und auch die internationalen Themen, mit denen wir natürlich zu tun haben, die ihr alle kennt. Wenn du so draufschaust auch auf die schwierige wirtschaftliche Lage aktuell und auch die Perspektive nach vorne, warum sollten sich Unternehmen dennoch dafür entscheiden, in KI zu investieren? Und: Braucht es denn – weil es ist ja eine Frage, die ich mir in der Situation sicherlich besonders stelle. Was sind die Faktoren, die dafür sorgen, dass sich so eine Investition auch möglichst schnell auszahlen kann? Weil das ist ja auch enorm wichtig, wenn ich heute investieren möchte und sage: „Ja, vielleicht bringt mir das in zwei oder drei Jahre eine Effizienzverbesserung um 3 % in irgendeinem bestimmten Bereich.“ Was sagst du den Leuten, die sagen „Boah, fällt mir schwer, da jetzt Geld in die Hand zu nehmen“?
Jan Schoenmakers: Genau jetzt sollte man erst recht, mit Hirn, Geld in KI investieren, weil es gerade in der Krise kurzfristig gut helfen kann, wenn man es mit Sinn und Verstand einsetzt. Weil, wie wir es jetzt heute schon ein paar Mal davon hatten: Was sind die eigentlichen Superkräfte von einer Automatisierung mit KI? – Deine Geschwindigkeit steigt, deine Präzision steigt, deine Effizienz steigt. All das, was Unternehmen in der Krise brauchen. Wenn sich der Markt sehr schnell ändert und du kannst schneller reagieren, weil du bessere Prognosen hast, sparst du dir sehr teure Fehlallokationen. Wenn du effizienter bist in deinen Prozessen, mit dem eingesetzten Media-Budget zum Beispiel mehr ROI rausholst, dann machst du unmittelbar mit dem gleichen Budget mehr Umsatz. Oder denselben Umsatz mit weniger Budget. Und die Präzision ist eben auch echt noch mal ein Thema. Wenn das Budget knapper wird, dann kannst du dir weniger Fehler leisten. Wenn du vorher sicherstellst, du bellst nicht den falschen Baum an, und du lernst auch schneller aus Fehlern automatisch, dann bist du nicht nur schneller und effizienter insgesamt unterwegs, sondern du hast auch einfach eine steilere Lernkurve und kriegst damit deine Kostenstruktur besser. Und das sind genau die Themen, die man in der Krise noch mehr braucht, als unter positiven Umständen, wo es sich gerade große Unternehmen auch eher mal leisten, ein bisschen Budget auch mal zum Fenster rauszuschmeißen. Das heißt aber auch, man muss mit ganz konkreten Vorstellungen und Aufgaben an KI rangehen. Zu sagen, wir machen irgendwas mit KI, ist genauso dämlich, ehrlich gesagt, wie in den Zehnerjahren oder auch den Nullerjahren.
Mario Rose: Wir bilden eine Arbeitsgruppe und wir schauen, was passiert.
Jan Schoenmakers: Ja. Wir machen irgendwas mit Social Media. Oder in den späten Neunzigern: Wir machen irgendwas mit Internet. Grade, wenn die Lage nicht mehr so komfortabel ist, muss man sich wirklich überlegen: Welche Probleme treiben uns gerade um, die was zu tun haben oder die wir lösen könnten mit besseren Prognosen, mehr Präzision, mehr Effizienz? Und die sich rauszunehmen und zu sagen: Wie können wir KI einsetzen, um hier zu helfen, hier zu automatisieren? Und da präzise ranzugehen, da kriegt man wirklich in kurzer Zeit, oft binnen weniger Monate, einen guten ROI drauf. Und da muss man auch nicht zwangsläufig erst mal jahrelange gigantische Projekte für machen, weil man schnell (Mario Rose: Nicht mehr.) und präzise rangehen kann. Eben gerade dadurch. Es ist alles Mikroservice, es ist modularisiert, Frameworks – wir müssen nicht mehr alles von Null an entwickeln. Es setzt aber halt wirklich voraus, dass das Unternehmen aus dieser Stage „Wir machen irgendwas mit KI, damit wir dem Aufsichtsrat sagen können, wir machen irgendwas mit KI“ an den Punkt kommen, wo sie sagen: „Wir haben ein konkretes Problem. Kann man das mit KI lösen? Ja? Nein? Wenn ja, welche Art von KI brauchen wir dafür?“ Und das ist natürlich was, wo auch die KI-Anbieter gefragt sind, da ehrlich zu sein, zu sagen: „Was können wir? Was können wir nicht?“, und wo auch Agenturen und Beratungen sich fit machen müssen, um ihren Kunden die richtigen Empfehlungen zu geben.
Mario Rose: Sollten sie. Absolut. Aber du sagst ganz klar, Führungsaufgabe in den Unternehmen, da muss die Motivation herkommen, sich mit dem Thema KI auseinanderzusetzen, dort klare Strukturen zu schaffen und Herangehensweisen, damit einen effizienten Einführungsprozess starten.
Jan Schoenmakers: Ja. Und da zu sagen, wir warten, bis es uns wieder besser geht, das wäre ja in zwei Hinsichten extrem dämlich. Weil gerade, wenn es einem wirtschaftlich nicht so gut geht, dann ist es umso wichtiger, Präzision und Effizienz und Geschwindigkeit rauszuholen, weil das hilft, dass es einem schneller wieder besser geht. Und auf der anderen Seite, was man jetzt verpasst, wird in anderen Ländern – das gehört ja auch zur Wahrheit: Deutschland ist im Moment das einzige Land, das hier wirklich in einer Rezession hängt in der OECD, den meisten geht es besser –, da wird dann im Zweifel mehr investiert. Und die investieren in KI. Die investieren in bessere Prozesse. Wenn wir hier jetzt ein paar Jahre irgendwie verpimmeln, indem wir das nicht tun, weil wir unsere Wunden lecken, dann sind wir danach abgehängt.
Mario Rose: Du bist Unternehmer, Unternehmer in einem innovativen Segment. Darüber sprechen wir gerade. Und das hat auch Innovationsgeist und Lust auf Innovation hat immer etwas natürlich, ja, mit Mut zu tun, aber auch mit Strukturen, die man schaffen kann. Jetzt seid ihr noch ein recht junges Unternehmen. Natürlich nicht mehr ganz am Anfang eurer Reise, ne? Davon seid ihr weit entfernt. Und insbesondere seid ihr aber ja auch bekannt geworden durch die zahlreichen Innovationspreise, die ihr erhaltet. In Europa, DACH-Region, aber auch weltweit, habe ich gelesen, werdet ihr ausgezeichnet mittlerweile für eure Aktivitäten. Erzähl doch mal, Jan. Was ist deine persönliche Perspektive oder auch dein persönlicher Anteil daran? Wie schafft ihr das denn konkret, in dem Markt, in dem im Moment sehr viele Ressourcen allokiert werden von vielen Tech Companies, viele Ideen entstehen, wie schafft ihr das, an der Spitze der Innovation zu bleiben oder mindestens dazuzugehören?
Jan Schoenmakers: Ich denke, das sind drei Dinge. Wir haben auf der einen Seite einen ganz krassen Kunden- und Problemfokus. Auf der anderen Seite haben wir ein interdisziplinäres Team. Drittens haben wir – das klingt jetzt immer so hochgestochen, beratermäßig, aber es ist so – holokratische Strukturen. Das heißt, wir haben eine ganz andere Art, das Unternehmen zu organisieren. Sehr bottom-up, fast hierarchiefrei, mit sehr viel Freiheiten. Und das spielt zusammen und hebt uns von den großen Tech-Giganten ab. Also erstens bist du oft als kleines Unternehmen, wenn du weißt, wohin du willst, schneller als die großen Tanker. Das ist im Tech-Bereich auch nicht anders, weil die ganz andere organisationelle Trägheit mit sich rumschleppen. Auch ein Google oder IBM oder so. Das sind ja längst riesige Konzerne, mit allen Problemen, die mit riesigen Konzernen kommen. Vor allem aber werden Tech-Unternehmen normalerweise aus der Technologie geführt. Da sitzen Ingenieure, Entwickler und so weiter und überlegen sich: Was können wir für Features bauen? Geile Features. Jetzt können wir noch dies, jetzt können wir noch das. Dann wird das Produkt an den Markt gebracht. Und dann schaut man: Wie gehen die Leute damit um? Ich übertreibe ein bisschen, aber es ist tendenziell schon so. Dadurch, dass ich als Founder eben nicht aus der Tech komme, sondern aus der Anwendung und wir auch etliche andere Marketing-, Vertriebs-, Business-Modelling-Experten bei uns haben, kommen wir immer vom Problem des Kunden. Wir laufen durch die Gegend und sagen: Wo sind Probleme, ganz konkrete Entscheidungsprobleme, die wir im Unternehmen lösen können in der Marktbearbeitung und die kein anderer gut löst? Und um das Problem rum entwickeln wir unsere Produkte und unsere Technologie. Das heißt, als Tech-Unternehmen sehen wir Technologie trotzdem immer nur als Mittel zum Zweck, als dienstbaren Geist, und sind damit sehr spitz auf Problemlösung aus. Und das ist was, das kommt in der Tech-Branche oft zu kurz. Da hast du Tools, die sehen geil aus, die haben lauter Features, die sehen auch richtig cool aus, aber die benutzt du nie. Die Features, die du gerne hättest, sind nicht drin, weil keiner rechtzeitig mit dem User geredet hat. Das klingt so banal, aber es macht echt was aus. Und dabei hilft es halt auch, dass wir sehr interdisziplinär sind. Wir haben wirklich die Geoinformationsleute, wir haben die Business-Modeller, wir haben die Full-Stack-Entwickler, wir haben die Marketingexperten, die Vertriebler, Wirtschaftswissenschaftler. Und wir sitzen wirklich alle zusammen gleichberechtigt um einen Tisch. Das ist nicht so „Oh, halt’s Maul! Du bist kein Entwickler, du darfst dazu nichts sagen.“ Oder beim Entwickler: „Nee, warum willst du mir jetzt ins Marketing reinreden? Du bist doch Entwickler.“ Und wenn verschiedene Perspektiven zusammenkommen auf ein klares gemeinsames Ziel, dann kriegst du einfach aus solchen diversen Teams häufiger auch bessere, kreativere Problemlösungen, wenn du die Leute machen lässt. Und das ist halt der dritte Punkt. Jeder bei uns darf arbeiten, wann er will, wie er will, mit welchem Gear, das er will, in seinem eigenen Rhythmus, ob zu Hause, Büro, wie auch immer, solange das Ziel klar ist und solange das, was du versprichst, auch eingehalten wird. Wenn du sagst: „Das nehme ich mir und das mache ich bis Donnerstag“, dann solltest du es aber bitte bis Donnerstag machen. Aber du kannst dich selber steuern, die Teams können sich selber organisieren. Und wenn du was Geiles machst, stehst du damit auch vor dem Kunden. Selbst wenn du am Ende vielleicht nur der Praktikant bist oder irgendwie gerade frisch aus der Uni raus. Und das sind auch so Dinge, die sind jetzt ja eigentlich nicht Tech-spezifisch oder die könnte man nicht in keinem anderen Unternehmen machen, die haben wir auch nicht erfunden, aber viele Unternehmen leben das so nicht. Und wenn du das aber so lebst, gerade in der Kombination mit starker Problemorientierung, ist völlig klar, welches Problem wir lösen wollen und im interdisziplinären Team, dann greift das richtig schön ineinander.
Mario Rose: Okay. Ja, vielen Dank für den Einblick bei euch, Jan. Jetzt biegen wir so langsam auf die Zielgerade ein unseres heutigen Podcasts, aber ich möchte das Thema künstliche Intelligenz nicht ganz verlassen, ohne dass wir uns einmal um das Thema Regulierung angesprochen haben, uns kurz darüber unterhalten haben. Gerade wurde der European AI Act beschlossen. Man kann es ja so weit sagen. Die erste KI-Regulierung der Welt. Zumindest die EU ist da ja in dem Bereich sehr fortschrittlich. Je nachdem. Ich bin auf deine Perspektive gespannt. Was sagst du? Ist das ein USP made in Europa? Oder ist das eher ein Thema, wo du das Gefühl hast, das geht eigentlich an der Wahrheit und dem Entwicklungsgedanken von KI vorbei? Wie ist deine Perspektive da?
Jan Schoenmakers: Ich finde es persönlich grundsätzlich super positiv. Natürlich auch aus meiner Perspektive als Geschäftsführer von einem Unternehmen, das analytische KI macht, das Explainable AI macht, weil uns das einen Riesenrückenwind gibt. Als ich hab da natürlich auch / Ich habe was davon, deswegen muss ich es ja gut finden. Aber wenn ich versuche, davon ein Stück zurückzutreten und zu sagen, ich tue mal so, als wäre ich nicht Geschäftsführer von Hase & Igel, würde ich es trotzdem gut finden, weil der AI Act ein ganz wichtiges Thema angeht, nämlich: Welche Daten werden eigentlich genutzt, um KI zu entwickeln? Wem gehören die? Und andersrum Mario Rose: Was muss KI an Rechenschaftspflicht bieten können, damit es nicht unser Wirtschaftssystem sprengt und nicht unser Rechtssystem sprengt? Und das sind Themen, wenn wir die nicht regeln, werden sie uns irgendwann um die Ohren fliegen. Und da kann man eigentlich auch, als KI-Nutzer eh nicht, aber auch als KI-Anbieter kein Interesse dran haben, weil dann heißt es irgendwann: „Boah, Scheiße, KI, das haben wir alles mal probiert. Das war ein totaler Mist. Dann standen wir nur noch vor Gericht. Wir haben in die Technik investiert, dann hat die nicht mehr funktioniert und keiner wusste, warum die nicht funktioniert.“
Mario Rose: Gewisse Sorge, die man ja hier gehört hat, im letzten Jahr.
Jan Schoenmakers: „Dann mussten wir alles wieder abschalten, konnten die Kosten nur noch abschreiben.“ Das will ja auch keiner. Insofern zu sagen, wir packen das ordentlich an, wir stellen uns auf ordentliche Beine, auf welchen Daten wir das eigentlich trainieren, was davon wie transparent sein muss, und wie man es auch nachhalten muss, wenn mal irgendwas schiefläuft, kann eigentlich nur in jedermanns Interesse sein. Und da sehe ich echt eine Chance für Europa. Weil das, was ist, was die Amerikaner und die Chinesen und die Koreaner so nicht auf dem Schirm haben: Das ist alles Blackbox. Das sind geile Lösungen, die herkommen, aber es sind immer Black Boxes. Selbst die Anbieter selbst wissen nicht: Warum tut das System das, was es tut? Und wenn irgendwas schiefgeht, weißt du oft nicht, weshalb eigentlich. Das kann schnell zu uncoolen Ergebnissen führen, es hat aber natürlich auch andersherum auch seine Stärken. In diesem Game sind aber die Amerikaner, die Chinesen, teilweise auch die Koreaner so weit vorne, ich bin überzeugt davon, egal wie viel Geld wir in irgendwelche nationalen Champions wie Aleph Alpha oder so investieren, wir werden hier nie OpenAI in seinem eigenen Game schlagen, wir werden nie die bessere Black-Box-Plattform-KI machen in Europa. Dafür sind wir zu abgehängt. Wir können aber in diesem Bereich KI, auf die du dich verlassen kannst, die dir erklärt, warum sie das tut, was sie tut, die überprüfbar ist, da können wir eine Nische besetzen, die international so noch keiner wirklich besetzt hat. Und das ist ja auch das, was wir von Hase & Igel aus von Anfang an gemacht haben. Wo wir gesagt haben, wir wollen, dass es explainable ist, wir wollen, dass es rechenschaftspflichtig ist und nachvollziehbar. Und das ist was, das wird man auch in Amerika und China brauchen, wenn es wirklich drauf ankommt. Wenn ich jetzt sage, ich investiere hier hundert Millionen Euro und muss das vor irgendwelchen Gremien rechtfertigen. Oder ich habe irgendein Produkt, wo ich in der Produkthaftung bin und das vielleicht noch TÜV-zertifiziert werden muss, dann wird – da bin ich überzeugt von – künftig die Anforderung sein, die KI muss explainable sein. Ich muss die Datengrundlage offenlegen können oder auditieren lassen können von jemand neutralem Dritten. Ich muss, wenn es gut läuft, aber auch, wenn es schlecht läuft, erklären können: Warum hat das System diese Empfehlung gegeben? Und wenn wir sagen, das ist die Domäne von Europa, dann haben wir für uns wirklich ein Stück von dem KI-Kuchen geclaimt, mit einer rechtlichen Rahmenbedingung und dann auch einer Förderlandschaft, die das auch ermöglicht.
Mario Rose: Okay. Also du sagst, ganz simplifiziert, ein guter, kluger Schachzug, der auch gut zu uns passt, zur EU passt, aber auch zum deutschen Markt passt, aber auch zu euren Herangehensweisen passt.
Jan Schoenmakers: Er ist natürlich wie immer, alles, was die EU macht und was wir in Deutschland machen, zu bürokratisch.
Mario Rose: Das mit Sicherheit.
Jan Schoenmakers: Das viele Hussle, das es mit sich bringt für die Unternehmen, auch unnötig viele Kosten. Und das ist ärgerlich, das wird hoffentlich noch etwas rundgeschliffen und dann auch im Betrieb verbessert. Das Gleiche hatten wir ja bei der DSGVO oder GDPR. Da gab es ja auch eine gewisse Lernkurve. Trotzdem, auch da haben im Vorhinein viele gesagt „Weltuntergang“, im Nachhinein sagt man: „Es ist eigentlich gut, dass wir die haben.“
Mario Rose: Ja. Ja, jetzt sind wir fast am Ende unseres Podcasts angekommen, aber ich möchte dir oder auch euch, liebe OMKB-Community noch die Möglichkeit geben. Jan, du hast hier einige Marketingprofis vor dem Bildschirm sitzen. Vertriebsprofis. Geschäftsführer. Aber hauptsächlich natürlich Menschen, die sich mit Marketingthemen auseinandersetzen. Zum Schluss des Podcasts heute: Dein Tipp im Umgang mit KI, generativ wie analytisch, für unsere Marketingexperten, die dir, die uns jetzt zugehört haben, die letzten sechzig Minuten. Was wäre dein Schluss-Statement für die Leute? Wie würdest du heute Marketingstrategien mithilfe von KI verbessern?
Jan Schoenmakers: Marketingstrategien auf jeden Fall mit analytischer KI, indem ich analytische KI als Navigationssystem nutze. Nicht, um zu sagen, da ist kein Mensch mehr in der Pipeline. Ich will meine schlauesten Leute, die sich eine Strategie überlegen. Aber analytische KI ist ein Navigationssystem, das dir hilft dabei, ans Ziel zu kommen auf dem effizientesten Weg. Wenn du dann über Strategie rausdenkst, kannst du generative KI natürlich gut nutzen, mit dem richtigen Briefing oder Prompt, um dir in der Erstellung von Werbemitteln Zeit zu sparen und Ideen zu holen. Und RPA nach hinten, um eben in so was wie Realtime Bidding, Programmatic et cetera, aber auch dynamische Webseiten, dynamische Shops, die Sachen noch mal effizienter, intelligenter auszuspielen. Das sind so die drei Arten, die ich im Moment sehe. Anfangen tut das aber für mich wirklich mit genau dem Thema Strategie: Was wollen wir überhaupt erreichen? Und wie wissen wir, wann wir das erreicht haben? Denn nur damit kann ich die Prozesse dahinter, Werbemittelerstellung oder Media-Ausspielung et cetera vernünftig steuern und vernünftig bewerten. Als Unternehmer oder Marketer sollte ich deswegen wirklich meinen klassischen Prozess behalten und eben auf KI übersetzen – Strategie, Kreation, Media-Auswertung – und mir bewusst sein, da brauche ich unterschiedliche KI-Systeme für, die sinnvoll zusammenspielen müssen.
Mario Rose: Fantastisches Schlusswort, wie ich finde. Lieber Jan, ganz herzlichen Dank, dass du heute hier unser Gast gewesen bist in unserem, wie ich finde, ganz coolen, brandneuen Studio der OMKB. Mir hat es echt viel Spaß gemacht. Ich habe wieder einiges gelernt und fand es, ja, total spannend, innovativ, dir auch zuzuhören heute. Ich hoffe, euch hat es auch gefallen und ihr konntet einen Mehrwert ziehen aus unserem Talk und Podcast. Ich gehe ganz fest davon aus. Ganz herzlichen Dank in deine Richtung. Schön, dass du heute unser Gast gewesen bist.
Jan Schoenmakers: Danke für die Einladung und danke euch fürs Zuschauen und Zuhören.