Er ist ein Mann klarer Worte und mit klaren Ideen. Als Managing Director Northern & Central Europe bei WeWork, das als führender Anbieter flexibler Spaces und Offices bekannt wurde, verantwortet er seit 2020 die regionale Umsetzung der neuen globalen Strategie der Plattform.
Nikolay Kolev weist eine beeindruckende Erfolgsbilanz auf, sowohl in der Umsetzung zukunftsgerichteter Strategien als auch in den Bereichen digitale Transformation und Ventures.
Video mit Nikolay Kolev, WeWork
Das Geschäftsmodell von WeWork besteht vor allem aus der Vermietung physischer Büros. Doch die Corona-Pandemie zwingt viele Menschen inzwischen ins Homeoffice. Arbeitsstrukturen ändern sich. Wie geht WeWork mit dieser schlagartigen Veränderung um?
Im OMKB-Talk redet Niki mit OMKB Host Schahab Hosseiny über seinen Wechsel zu WeWork, die Herausforderungen seiner Arbeit und die Zukunft der Arbeit.
Podcast mit Nikolay Kolev, WeWork
Der Wechsel zu WeWork. Warum?
Schahab Hosseiny: Herzlich willkommen zum OMKB-Video/Podcast, lieber Nikolay. Ich habe mir im Vorfeld die Freigabe geben lassen, Dich auch Niki nennen zu dürfen. Es ist mir ein Privileg, Dich heute im Interview bei uns zu erleben. Du bist Managing Director Northern and Central Europe at WeWork.
WeWork ist mit Sicherheit eines der polarisierendsten Unternehmen der letzten Jahre und global einer der führenden Anbieter flexibler Spaces und Offices. Niki, magst du Dich unseren Zuhörern und Zuschauern mit eigenen Worten vielleicht einmal kurz vorstellen?
Nikolay Kolev: Sehr gerne. Vielen Dank, dass Ihr mich dabei habt. Freue mich sehr. Du hast es schon richtig gesagt, Nikolay oder Niki Kolev. Ich bin 40 Jahre alt und habe zwei Kinder, neun und sechs. Mein Lebenslauf ist wahrscheinlich eher, wenn man nach dem roten Faden sucht, stets die transformative Herausforderung gewesen.
Ob das in der Digitalisierung, in der Skalierung von kleinen und großen Unternehmen, in der Transformation bei der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle oder eben auch jetzt, beim Managen des WeWork-Turnarounds in einem der größten Industriebereiche ist – Real Estate und Commercial Real Estate.
Schahab Hosseiny: Okay, sehr schön. Du bist seit 2020 bei WeWork. Vorher warst Du mehrere Jahre bei Deloitte Digital und hast dort, wie Du gerade gesagt hast, Unternehmen auf der digitalen Transformationsreise begleiten dürfen. In welcher Phase bist Du 2020 zu WeWork gestoßen?
2019 war ja ein sehr bewegendes Jahr für WeWork. Wir haben die IPO gesehen, die leider sehr öffentlichkeitswirksam gescheitert ist. Die Organisation hat dann in Summe einiges an Mitarbeitern gehen lassen müssen. Das Ganze wurde reduziert und vor allem auch die Führung wurde erneuert. Das heißt, du bist wirklich in einer ganz, ganz starken Change-Phase zu diesem Unternehmen gestoßen.
Mich würde natürlich interessieren, was einerseits Deine Motivation war, in dieser sehr schwierigen Phase zu einem Unternehmen wie WeWork zu gehen? Und wo steht die Organisation jetzt, mit einem gewissen zeitlichen Abstand, heute?
Nikolay Kolev: Wie Du richtig sagst, bin ich im Januar 2020 mit dem Wechsel der Führung eingestiegen, um den Turnaround zu managen. Also unmittelbar, als das die Aufgabe war. Was war die Motivation? Das bin ich natürlich mehrmals gefragt worden, sowohl in solchen Gesprächen, aber auch ganz privat.
Ich glaube einfach stark an Comeback Stories. Ich glaube stark an Turnarounds. Ich glaube stark an Catchup Games. Ich habe das als eine große Herausforderung – auch für mich persönlich – empfunden, diese Reise nicht nur mitzumachen, sondern auch mit anzutreiben. Denn ich glaube, die Grundidee des Geschäfts von Flexible Work ist eine absolute Disruption, wie eben schon gesagt, für einen der größten Industriezweige, den es gibt.
Ich glaube einfach fest daran, dass der alte Spruch “Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps” nicht gilt, sondern es sogar völlig in Ordnung, wenn nicht sogar gewollt, ist, in einem positiven Umfeld zu arbeiten. In einer Umgebung zu sein, die einen nicht nur gut fühlen lässt, sondern die Produktivität und Kreativität fördert. Und ich glaube nicht, dass es einigen wenigen vorenthalten sein kann. Es sollte möglichst der großen und breiten Masse der Arbeitnehmer nutzen.
Schahab Hosseiny möchte wissen, ob die Mission WeWorks tatsächlich sei, ein angenehmes, wertschöpfendes Umfeld für jeden Mitarbeiter weltweit verfügbar zu machen. Nikolay Kolev bejaht das ganz klar und verdeutlicht die steigende Wichtigkeit des eigenen Konzepts für große Firmen, aber auch für die breite Masse. Er erklärt seine Motivation, die zum Wechsel von Deloitte führte und spricht über die Anstrengungen und Herausforderungen des Turnarounds bei WeWork, gerade auch im Angesicht der plötzlich aufgetretenen Pandemie.
Vom Sinn, jeden Tag ins Büro zu kommen
Schahab Hosseiny: Bin ich total bei Dir. Die Glaskugel hat niemand gehabt. Die Pandemie kam wirklich ungeplant für jeden und jedes Unternehmen. Und die Grenzerfahrungen, von denen Du sprichst, sind mit Sicherheit nicht nur für Euch sehr, sehr prägend gewesen.
Niki, bei Deloitte Digital hast Du ja auch für die digitale Transformation verantwortlich gezeichnet. Transformation beginnt bekanntlich im Kopf. Und egal, ob es jetzt digitale Transformation oder in der nächsten Ausbaustufe das Programmatische ist. Jetzt bist du ja zu einem Zeitpunkt in die Organisation gekommen, in der Change und Transformation dann wirklich aktiv umgesetzt und gelebt wurden.
Was waren die Aspekte, die Ihr Euch – Du und Dein Team – im Rahmen dieser Transformation nochmal ganz detailliert angeschaut habt, und die Ihr recht zügig angegangen seid?
Nikolay Kolev: Zum einen war es extrem wichtig, als Leadership Team – allen voran mit Sandeep als CEO und Marcelo Claure als Chairman – einen gemeinsamen Management- und Finanzplan zu entwickeln, als gemeinsamen Nordstern zum Managen dieses Turnarounds. Damit alle wussten “Das ist unser Ziel und das ist unsere Marschrichtung”.
Das ist auch das, was ich mit analytischer Klarheit meinte, die man in einer solchen Situation braucht. Es gibt auf Englisch dieses Sprichwort “Don’t rush to make a mistake”. Auf der einen Seite bist du in einer Situation, in der eigentlich keine Sekunde mehr da ist, um neu zu überlegen, um links oder rechts zu drehen. Um sich die Sache – und das ist extrem wichtig – analytisch, mit einem klaren Kopf anzuschauen und zu fragen: Wie macht man das?
Und auf der anderen Seite kommt ein nicht minder wichtiger Aspekt hinzu, nämlich die menschliche Seite. Also wie geht man mit dieser Situation um? Wie auch im Übrigen gerade durch die Pandemie. Wie geht es unseren Mitarbeitern? Wie funktioniert das Arbeiten von zuhause aus? Was können wir für unsere Community in dieser Zeit tun?
Das sind alles Themen, die kann man sich gut im Gespräch überlegen. Aber wenn man sie selbst umsetzen muss, dann ist es einfach eine ganz andere Sache. Und wenn man selbst die Sorge und Fürsorge für die eigene Community hat, egal ob das die Member oder die Mitarbeiter sind, dann sind das einfach Sachen, die man extrem gut durchdenken muss. Die kann man auch gerne dann erproben, mit A/B Tests, und dann auch wieder ändern, wenn sie nicht funktionieren. Aber das waren so die wichtigsten Aspekte, die uns umgetrieben haben.
Schahab Hosseiny: Du hast den menschlichen Faktor jetzt nochmal in den Vordergrund geschoben und hast gerade auch erwähnt, dass Ihr Euch – bei der Größe des Unternehmens auch total nachvollziehbar – intensiv über den Umgang mit Euren Mitarbeitern in dieser Pandemiephase Gedanken gemacht habt.
Es gibt ein schönes Sprichwort, dass da lautet “Wer Leistung will, muss Sinn stiften”. Was ist der Sinn für Dich und auch für Dein Team, für jedes einzelne Mitglied Eurer WeWork-Family, morgens anzutreten und dieses Unternehmen auch weiterhin nach vorne zu entwickeln?
Nikolay Kolev: Eine sehr gute Frage. Die Frage nach dem Sinn, dieses englische Purpose, ist eine, die in der heutigen Zeit mindestens genauso häufig kommt wie die Frage nach der Digitalisierung oder nach der Transformation. Also es ist schon eine der größeren Buzz-Wolken, die es so am Himmel gibt.
Meine persönliche Überzeugung – und auch Erfahrung – ist, dass man sich Sinn nicht einfach so herbei kaufen oder herbei moderieren kann. Man kann ganz viel Marketing machen oder ganz viel Budget ausgeben, um sich einen Sinn sich herbeizureden. Wenn der nicht da ist, ist es ganz schwierig, Menschen auf eine Reise mitzunehmen.
Der Sinn, den wir bei WeWork nach wie vor sehen – und heute noch stärker als vor der Pandemie – ist: wir verbringen nun mal die meiste Zeit unseres Lebens in der Arbeit. Die meisten von uns, wenn sie nicht gerade Privatier sind oder eben gar nicht arbeiten, verbringen die meiste Lebenszeit in der Arbeit, umgeben von Themen, die sie tagtäglich beschäftigen, umgeben von Menschen, mit denen sie sich tagtäglich auseinandersetzen, mit denen sie zusammenarbeiten, usw.
Und deswegen ist es da ein ganz Einfaches, den Purpose zu sehen. Nämlich genau diese längste Zeit des Lebens, die wir miteinander verbringen, so produktiv, so positiv, so gut wie möglich zu gestalten und zu ermöglichen, dass Menschen das Beste aus sich und aus ihrer Zeit machen können. Und ich glaube, zumindest für uns als Firma und für mich ganz persönlich ist das ja ein Sinn, der keiner weiteren, großen Erklärung bedarf.
Auch das ist im Übrigen immer ganz gut für Sinn, wenn man ihn nicht minutenlang erst herbei definieren und dann aus allen möglichen Richtungen beleuchten muss, bis er klar wird.
Nikolay Kolev führt das Interview mit Schahab Hosseiny aus einem WeWork-Gebäude in München aus. Er spricht über den Wandel und die Anpassungen während der Pandemie. Dabei streift er die Herausforderungen der Digitalisierung und beleuchtet die Veränderungen, die WeWork in Bezug auf Gebäude, Räumlichkeiten und bestehende Konzepte in dieser durchgeführt hat. All-Access und On-Demand sind Thema der Unterhaltung.
The Future of Work: Hat WeWork die Lösung?
Schahab Hosseiny: Jetzt hast Du ja schon, so ein Stück weit, die Hypothese des zukünftigen Arbeitens oder der Arbeitswelt aufgezeichnet. Wenn ich Dich jetzt fragen würde, Niki, wie wird die Arbeitswelt von morgen aussehen? Und vielleicht nochmal eine kurze Differenzierung innerhalb dieser Frage, vielleicht ganz explizit auf Deutschland, Europa und global bezogen. Denn ich glaube – und das ist wiederum unsere Hypothese – dass sich da nicht Land mit Land vergleichen lässt. Wird es hier, Deines Erachtens nach, Differenzierungen geben?
Nikolay Kolev: Also, es sind ja zwei Fragen, sozusagen the question behind the question. Die eine Frage ist, wie sieht Arbeit von morgen aus? Die zweite Frage, gibt es einen Unterschied, geographisch und kulturell? Gibt es einen Unterschied zwischen Deutschland und England, Stichwort Zentraleuropa, angelsächsischer Raum? Gibt es einen Unterschied zwischen Europa, USA und dann nochmal zu Asien?
Die erste Frage, wie sieht die Future of Work aus? Da gibt es, glaube ich, mehrere Tendenzen, die man sich anschauen muss. Zum einen sehen wir, dass einfach immer mehr Menschen ihren Purpose suchen und ihre Sinnhaftigkeit in den Vordergrund stellen, sich mit Themen und Sachen beschäftigen wollen, hinter denen sie wirklich stehen.
Zum zweiten ist dieses Thema der Flexibilität und des hybriden Arbeitens durch die Pandemie auf eine gewaltige Art und Weise beschleunigt und in die Mitte der Diskussion geschoben worden. Was meine ich damit? Flexibilität und hybride Arbeitsmodelle sind nichts neues. Das ist ja nichts, was letztes Jahr im März erfunden und dann in die Sachbücher aufgenommen wurde. Wenn wir New York und London und eventuell noch Amsterdam ausnehmen, wo Flex vielleicht vor der Pandemie schon etwa 10 Prozent von Commercial Real Estate ausgemacht hat, lag der Schnitt etwa bei zwei bis fünf Prozent.
Das heißt, Co-Working und flexible Arbeitsmodelle waren also eine periphere Erscheinung. Fast Forward: Heute, ein Jahr oder etwas mehr als ein Jahr später, sehen wir einen Anstieg an flexiblem Space auf dem Markt von 30+ Prozent. Was bedeutet das? Mehrere Dinge.
Zum einen bedeutet es, dass es aus Unternehmenssicht für einen breiten Teil meiner Belegschaft nicht nur ein Thema ist, das in Frage kommt, sondern ein Angebot, das ich machen muss. Auf der Kostenseite bedeutet es die Opportunität für eine massive Kostenreduktion und für einen Shift aus Fix- und flexiblen Kosten.
Du hattest vorhin die Laufzeit der Verträge angesprochen: Die durchschnittliche Laufzeit in Deutschland im Commercial Real Estate Realität liegt bei etwa sieben Jahren. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Kein Unternehmen hat einen Planungshorizont über sieben Jahre, der Gewissheit für eine Vertragserfüllung bieten könnte. Wir befinden uns in einer Phase, in der wir immer mehr Scale sehen.
Wir hatten im letzten Jahrzehnt eine ganze Menge an – wie Pilze aus dem Boden sprießende – Start-ups. Viele von ihnen kommen in eine Reifephase, in der wir von Scale-ups reden, also zum Beispiel die Flixbusse oder die Celonis dieser Welt. Für diese Unternehmen ist Skalierbarkeit wichtig, also die Frage, wie ich möglichst schnelles Wachstum bei gleichzeitigem Kostenmanagement und einer immer notwendigen Flexibilität hinbekomme. Flex unterstützt dabei beim Internationalisieren, also dem Fuß fassen in einem neuen Markt, in einer Prime Location, ohne den ganzen Admin-Apparat. Das sind alles Riesenvorteile, die vorher einfach nicht zugänglich waren.
Der zweite Punkt ist mit Sicherheit Pandemie getrieben. Die sichere, nicht nur die flexible Zusammenarbeit. Vor der Pandemie stand oft die Frage im Raum, ob letztendlich nicht das Café um die Ecke der Wettbewerber ist. Man kennt es ja aus Berlin und aus Paris und so weiter, dass man mit dem offenen Laptop am Tisch sitzt. Ich glaube, die Diskussion ist spätestens jetzt vorbei. Stichwort Hygieneregeln. Das Thema “Sicheres Konzept” ist funktionsfähig und per se ein Asset, das während der Pandemie noch einmal so richtig nach vorne kam.
Drittens hatten wir eben das Thema Kollaboration und Kreativität. Es ist mit Sicherheit ganz nett, wenn man ein langes Wochenende in Paris oder London verbringt. Wenn man aus einem Café am Meeting teilnimmt. Aber selbst da ist es schon wegen Nebengeräuschen, usw. unangenehm. So geht man nicht durch den Tag, zumindest nicht durch den Arbeitstag.
“Wir haben noch genug Arbeit vor uns.”
Last but not least denke ich, dass das Thema Talentbindung – generationsübergreifend und nicht nur auf die junge Gruppe der Mitarbeiterschaft reduziert – ein zentrales Thema ist. Gerade innerhalb des Hybrid-Modells, in dem ich physisch oft von meinen Mitarbeitern getrennt bin, wo On- und Offboarding gerade in der Pandemie vollständig virtuell passieren mussten.
Wie schaffe ich es, wenn ich mich in diesem Hybridmodell bewege, meine Corporate DNA, meine Corporate Culture möglichst mitzugeben? Und zwar in einem Umfeld, in dem auch meine Mitarbeiter es als ein Asset, als ein Benefit empfinden, in einer solchen Räumlichkeit zentral mit einer möglichst reduzierten Mobilität arbeiten zu können?
Wenn ich Berlin jetzt als Beispiel nehme, da gibt es so viele Tech Companies und so viele Menschen, die in der Innenstadt von Berlin leben wollen und es extrem wertschätzen, wenn sie einfach zu Fuß zu unserem Office laufen können. Selbstverständlich kannst Du auch außerhalb wohnen und 60 Minuten oder zum Teil zwei Stunden – so wie wir es in London sehen – one way commuten. Aber dann sind vier Stunden Lebens- und Arbeitszeit und auch Freizeit weg.
Um Deine letzte Frage bezüglich der geographischen Unterscheidung zu beantworten: Arbeit war in den USA und in Asien auch schon vor der Pandemie signifikant flexibler und mobiler als in Zentraleuropa. Wenn wir England ein Stück weit mit in den angelsächsischen Raum nehmen, dann verändert sich das jetzt mit Sicherheit. Wir sehen natürlich ein höheres Maß an Mobilität, Flexibilität, und auf der anderen Seite, wie schon anfänglich gesagt, das Thema hybrides Arbeiten als neuen, globalen Standard
Dieses hybride Modell ist jetzt also nichts, was rein deutsch oder englisch oder amerikanisch ist. Und das ist auch etwas, was vor allem Großkonzerne für sich reflektieren müssen. Die Fragestellung ist ja für ein Dax-Unternehmen oder einen großen Mittelständler bei 90.000, 200.000, 300.000 Mitarbeiter auf der Welt nicht, was ich im Headquarter mache. Sondern wie ich einen Standard setzen kann. Wie kann ich ein Angebot machen, das auf der ganzen Welt konsistent ist?
Schahab Hosseiny: Das verstehe ich.
Nikolay Kolev: Und das ist für uns ein Match. Ein Match deswegen, weil wir mit über 770 Standorten auf der ganzen Welt in über 150 Städten weltweit ein konsistentes Angebot machen können. Egal ob in Singapur, in Australien, in New York, Paris, London oder Berlin und München, Warschau, Moskau und so weiter. Diese Konsistenz zu haben und zu sagen: Das ist der neue Standard!
Die Frage nach dem geografischen Demand von Flex Space wird behandelt, genauso wie die Rekalibrierung des WeWork-Managements, die Rolle des Unternehmens als Leader im Bereich Commercial Real Estate und der Wahrscheinlichkeit, den Erfolg von 2020 zu wiederholen. WeWork will 2021 profitabel arbeiten und auf Nachfrage von Schahab Hosseiny erklärt Nikolay Kolev, wie das geplant sei. Dabei beleuchtet er auch die Themen Konkurrenz, Wettbewerber und Partnerschaften mit großen Unternehmen.
Konkurrenz und Virtual Reality
Schahab Hosseiny: Ok, jetzt hast Du ja schon mal eine kleine Differenzierung stattfinden lassen. Ich will das Airbnb-Geschäftsmodell gar nicht mit Eurem vergleichen, denn Airbnb ist ein reiner, pure Plattformbetreiber, nicht wie WeWork. Aber macht euch Airbnb “Sorgen”?
Kurze Anekdote: Ein Verwandter von mir betreibt in Norddeutschland diverse Räumlichkeiten, die er bei Airbnb auch entsprechend vermietet. 80 Prozent der Bookings sind tatsächlich B2B orientiert, mit Laufzeiten zwischen ein bis sechs Monaten. Jetzt hast Du ja gerade schon angesprochen, für große Unternehmen und Enterprises sind auch gewisse Standards relevant. Verlässlichkeit, Planungssicherheit, das kann Airbnb so in der Form, Stand heute, noch nicht abbilden.
Meine Frage zielt vielmehr darauf ab, ob ihr auch gedanklich in eine Diversifikationsstrategie geht und stärker auch zum Plattformbetreiber werden möchtet? Wie sieht es mit Franchise aus?
Nikolay Kolev: Sehen wir Airbnb als Wettbewerber? Nein, wir sehen Unternehmen wie Airbnb als potenziellen Partner. Wir schließen im Moment eine ganze Reihe an Partnerschaften. Wir haben eine Partnerschaft mit Uber. Wir haben eine Partnerschaft mit American Express und weiteren Unternehmen. Das heißt, wir wollen auch künftig sehr stark das Thema der Partnerschaften vorantreiben.
Franchise ist für uns absolut ein Thema, und zwar einfach, weil wir glauben, dass es ab einer bestimmten Größe – die wir ja auch haben – ein völlig valides und gutes Wachstumstool ist. Natürlich müssen wir dabei sicherstellen, dass unsere Brand und unser Offering an die Community vom Franchisenehmer auch so reflektiert und gelebt wird.
Du hattest es mich vorhin – entschuldige den kurzen Exkurs – nach dem Geheimrezept bei dem Turnaround gefragt. Ich glaube, wie gesagt, beim Handwerk gibt es keine Secret Source. Wo wir aber unsere Secret Source sehen, ist in der Community. Wir haben ein einmaliges Community Konzept und deswegen ist das für uns das Herzstück und extrem wichtig für uns, gerade beim Thema Franchise.
Wir haben unser LatAm-Geschäft zum Franchise gegeben. Unser Israel-Geschäft ist ein Franchise. Also wir werden auch weiter diesen Pfad verfolgen. Aber wichtig dabei für uns ist wirklich, dass das Thema der Community, das Thema der WeWork DNA auch wirklich beim Franchise-Nehmer auch so akzeptiert ist.
Sehen wir uns in der Zukunft weiterhin in unserem Kerngeschäft oder wollen wir aus unserem Kerngeschäft raus? Core oder Non-Core? Wir wollen uns weiterentwickeln und wir werden uns weiterzuentwickeln. Das Produkt-Offering, All-Access und On-Demand sind ja schon, wenn Du willst, ein erster Schritt hin zu anderen Membership-Modellen, zu einer Flexibilität in unserem eigenen Flex Offering.
Das heißt also, diese Frage ist ganz klar mit Ja zu beantworten und da wird auch mehr kommen. Was mit Nein zu beantworten ist, ist die Frage nach Core/Non-Core. Also wir werden weiterhin das Kerngeschäft als unser Hauptgeschäft betreiben und werden uns nicht ablenken lassen. Wie gesagt, wir reden von der größten Industrie der Welt, von Real Estate. Wir haben noch genug Arbeit vor uns.
Schahab Hosseiny: Habe ich verstanden, Niki. Du hast gerade Core versus Non-Core angesprochen. Wie stehst du persönlich zu Themenkomplexen wie Virtual Reality? Kann ich perspektivisch mein Arbeitsumfeld mit der Virtual-Reality-Brille von Oculus Facebook emulieren und tatsächlich von zu Hause aus arbeiten, wenn ich dann die entsprechende Geräuschkulisse habe? Wie stehst du dazu?
Und vielleicht auch als ergänzende Frage dazu: Wenn man sich euer M&A-Geschäft anschaut, haben wir in der Vergangenheit immer mal wieder Akquisitionen gesehen. In jüngster Vergangenheit, würde ich sagen, sehen wir eher Verkäufe. Diversifiziert Ihr auch in diese Umfelder, also sagt, wir wollen jetzt erstmal bis auf weiteres unser Core-Geschäft wirklich nochmal nach vorne beschleunigen?
Nikolay Kolev: Ich werde vielleicht mit der zweiten Frage anfangen, weil die, glaube ich, schneller abzuhandeln geht. Wir werden uns nach vorne hin alle Optionen offen halten. Wir hatten eine große Pipeline an Gebäuden, die wir inmitten der Pandemie auch ausgebaut und live genommen haben. Wir haben immer noch eine große Pipeline. Das heißt, wir wachsen auch weiter in Gebäuden.
Deswegen geht das organische Wachstum definitiv weiter. Das ist ja, denke ich, schon ein Ausrufezeichen. Ein Wachstum mitten in der Pandemie. Natürlich hatten wir zahlreiche Exits, aber wir haben trotzdem weiterhin Wachstum nachweisen können. Deswegen geht es organisch weiter. Beim anorganischen Wachstum werden wir uns die Dinge angucken. Wir sagen nicht, dass das unser vorgeschriebener Weg ist. Aber wir sagen auch nicht, dass wir das nicht machen werden.
Alles, was zu Core passt, werden wir – organisch/anorganisch – in Betracht ziehen. Und die von Dir angesprochenen Abverkäufe würde ich unter der Überschrift “Turnaround” sehen. Wir haben uns einfach von Geschäften und Beteiligungen getrennt, die mit unserem Geschäft nichts zu tun hatten.
Zur Virtual-Reality und überhaupt der Technologie-Einbindung im Arbeitsumfeld: Ich glaube an die holographische Konferenz Technologie, die ich vorhin ansprach und die wir mittlerweile über in 100 Standorten rund um die Welt nutzen. Wir kooperieren dabei mit ARHT Media. Das ist ja letztlich auch von uns der Versuch und der Nachweis, dass Virtual-Reality ins Büro kommt, respektive das Büro zu einem in die virtuelle Realität kommt.
Wie ist unser Erfahrungswert damit? Wir haben das in unserem eigenen WeWork global all-hands erst vor ein paar Wochen verwendet, als Marcelo sich hat zuschalten lassen. Es sah auf dem Bildschirm extrem gut aus, auch für die Leute im Publikum. Also was ist der Versuch dabei?
Der Versuch ist doch ganz klar, Technologie dazu zu nutzen, diese Nähe und diese Interaktion realer, greifbarer und interaktiver zu machen. Alles, was dazu nutzt, was die entsprechende User Experience und die entsprechende Kostenbasis hat, um diese User Experience finanziell bedienen zu können, wird sich, denke ich, über kurz oder lang am Markt etablieren.
Wird jedes Meeting so stattfinden? In den nächsten Monaten mit Sicherheit nicht! Werden zunehmend Meetings unter Nutzung dieser Technologie stattfinden? Warum nicht? Also warum könnten wir jetzt diese Videoaufnahme nicht irgendwann nebeneinander sitzend oder gegenüber sitzend auf Hologramm-Technologie basierend machen. Das ist für den Zuschauer und Zuhörer im Zweifel auch eine bessere Experience. Das ist vielleicht jetzt eine sehr, sehr persönliche oder sehr deutsche Sicht. Alles was Nutzen bringt, alles was Experience verbessert, das ist gut.
Proptech ist das Thema. In diesem Zusammenhang spricht Nikolay Kolev über die digitale Transformation und die eigene Offenheit für jegliche technologische Neuerungen, die das eigene Geschäft oder die Experience der WeWork-Member besser machen könne. Er lädt Schahab Hosseiny zu WeWork ein und betont noch einmal, dass der eigene Erfolg vom Erfolg der Member abhänge. Die Menschen, die zu WeWork kommen, sollen ihre Arbeit besser machen können als vorher. Das sei auch der Fall und das stimme ihn optimistisch.
WeWork und die Unicorns
Schahab Hosseiny: Vielleicht eine letzte kurze Frage, da Du das Thema gerade noch aufwirfst: Ist in den WeWork-Räumlichkeiten mal ein Unicorn entstanden? Wäre Dir da eins bekannt?
Nikolay Kolev: Das ist wirklich eine sehr spannende Frage. Ich habe mit unserem Labs-Team, mit dem wir eigentlich den größten Accelerator weltweit bei uns haben, gesprochen. Zusammen mit WeWork Labs ist vor der Pandemie, glaube ich, jedes achte Startup in USA aus einem WeWork entstanden, was schon mal eine unglaubliche Zahl ist.
Nicht entstanden, aber am Anfang bei uns sind Unternehmen wie Klarna, Coinbase, Vivid Money. Es gibt ganz, ganz viele tolle Unicorns, die bei uns sind. Aber auch richtig tradierte Großunternehmen wie meine alte Firma gehören dazu. Deloitte hat mit uns zum Beispiel die gesamte Zentrale in Manchester aufgegeben. Und jetzt ist WeWork Deloitte-HQ in Manchester. Also dieser Mix ist eigentlich genau das, was der Zaubertrank für unsere Community ist.
Schahab Hosseiny: Klar, was sich auch gegenseitig definitiv befruchtet. Klasse, tolle Erfolgsgeschichten. Euren Membern weiterhin viel Erfolg, denn darauf basiert ja auch Euer Erfolg. Vielen Dank, Niki, und bis bald.
Nikolay Kolev: Dankeschön!
FAQ zu Nikolay Kolev von WeWork
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