Seit über 10 Jahren ist Lisa Steinhauer mittlerweile für BMW tätig. In dieser Zeit hat die Marketing Managerin verschiedene Positionen durchlaufen und kennt sich als Spezialistin für Online-Communities und Kommunikation mit den Themen Transformation und Digitalisierung bestens aus. Sie ist unter anderem auch Mitglied bei Mission Female, einer weiblichen Management Beratung und einem Netzwerk unter dem Motto “Stronger Together”.
Mario Rose, Host des OMKB-Talks, unterhielt sich mit ihr über den Auftritt von BMW auf TikTok, den Unterschied zwischen den verschiedenen Märkten und spannende Hollywood Kooperationen.
Podcast mit Lisa Steinhauer, BMW Group
So sieht das Tagesgeschäft bei BMW aus
Mario Rose: Liebe Lisa, schön, dass Du heute mit dabei bist und gleich in den Talk mit mir einsteigen wirst. Von wo bist du uns heute zugeschaltet, sag mal?
Lisa Steinhauer: Hi Mario und Hi an alle, die live dabei sind! Ich sitze heute im Homeoffice in München. Denn wir machen aktuell noch zwei Tage Homeoffice und drei Tage Office, je nachdem wie die Situation ist.
Mario Rose: Okay. Lisa, Du sagst selber auf LinkedIn über Deine Position bei BMW, dass eine Deiner Aufgaben “Driving change and asking questions” ist. Was meinst Du damit konkret? Was sind Deine Aufgaben im Tagesgeschäft bei BMW?
Lisa Steinhauer: Tagesgeschäft wäre wahrscheinlich viel zu kleinteilig. Ich nehme diesen Slogan immer ganz gerne, weil es eben um das Ganze, das Große geht. In der Steuerung meiner ca. 37 Märkte, die ich betreue, geht es darum: Was ist unser Ziel? Gerade im Marketing und für die Kampagne? Und was haben wir erreicht? Um dann, danach, zu fragen: Warum haben wir das erreicht? Und wie können wir es verbessern?
Das sind immer die Fragen, die ich stelle. Ich bin schon seit mehr als zwölf Jahren für die Marke zuständig und habe angefangen, Facebook-Seiten und Fanpages aufzubauen. Und das tue ich im Prinzip immer noch. Für Facebook muss ich immer noch kämpfen, und zwar für die Tatsache, dass das einfach immer noch ein bekanntes Medium ist, dass das Internet kein Trend ist und tatsächlich bleibt. Also Transformation, Sales Themen, aber auch digitale Kommunikation pushe ich immer, jeden Tag.
Mario Rose: Okay, wow! Du hast gerade gesagt, dass du für 37 Länder verantwortlich bist. Du musst jetzt nicht alle 37 aufzählen, aber kannst Du uns einmal berichten, welche Märkte unter Dein Verantwortungsgebiet fallen?
“Man sieht super krasse Unterschiede zwischen einem europäisch geprägten Markt und den kleineren Inseln.”
Lisa Steinhauer: Ja, in der aktuellen Situation oder Position kümmern wir uns um die Importeursregionen, die sind bei BMW geclustert. Einer meiner größten Märkte in diesem Regions-Setup ist zum Beispiel die Türkei, aber auch Israel gehört dazu und auch ein paar kleine Inseln, auf denen man ganz gerne den Sommerurlaub verbringen würde. Guadeloupe und Martinique zum Beispiel.
Da sieht man, dass man super krasse Unterschiede von einem sehr europäisch geprägten Markt oder andere Kulturen zu ganz, ganz, ganz kleinen Märkten und Inseln hat. Sehr spannend!
Mario Rose: Okay, das glaube ich. Lass uns da gerne in diesen Themenkomplex einmal einsteigen. Stichwort Internationalisierung Eurer digitalen Marketingaktivitäten. Wie kann ich mir das vorstellen, wenn Ihr im globalen Campaigning unterwegs seid und neue Automodelle, die E-Serie oder ähnliches, pushen möchtet? Wie funktioniert so ein Roll-out Eurer Kampagnen auf regionaler Ebene, gerade wenn ich in andere Märkte schaue?
Du hast gerade zum Beispiel Israel und die Türkei erwähnt, die wahrscheinlich im Hinblick auf ihre Creation-Tonalität komplett unterschiedlich sein dürften. Wie funktioniert sowas tatsächlich? Kannst Du uns da einen Einblick geben, wie hoch die Komplexität ist, wie tief Ihr gegebenenfalls auch in die einzelnen Märkte hineingehen müsst, damit Eure Motive auch sauber adaptiert sind und funktionieren?
Lisa Steinhauer: Ja, sehr gute Frage, Mario. Und da gibt es auch keine richtige Antwort dafür. Wir bei BMW sagen, wir haben ungefähr 70 Prozent globalen Content. Das heißt, wir sind nun mal eine globale Marke, die überall dieselben Themen treibt.
Auch jetzt mit dem Thema Electrification. Da ist es uns super wichtig – auch wenn jetzt nicht jeder Markt den größten Electrification Share erwartet oder auch noch nicht diese Modelle so ambitioniert verkauft – dass wir einfach als Marke dafür einstehen, dass uns ein Zukunftsweg wichtig ist.
Das fängt bei Electrification an, aber auch bei großen Innovationsthemen für Connectivity oder eben auch autonomes Fahren. Die werden wir also so circa 70 Prozent in die Kommunikation aufnehmen und dann haben wir circa 30 Prozent, die der Markt einfach durch lokale Motive selber entscheidet. Wo man eben sagt, wir brauchen einmal Wüste vs. Berge, wir brauchen einfach auch andere Styles und natürlich auch andere Feiertage, die lokal gefeiert werden.
Und dafür müssen wir Content kreieren. Und dann haben wir natürlich auch noch das Thema: Was ist aktuell vertriebstechnisch im Markt wichtig? Wir verkaufen nicht überall einen iX3 oder X7. Manchmal ist es auch einfach der Einser oder der Dreier, und da ist eben wichtig, die richtige Balance zu finden. Und wir gehen aktuell in die ungefähre Share von 70 global und 30 lokal.
Digital Marketing Roundtable mit Lisa Steinhauer – Video
Der Marketing-Mix von BMW
Mario Rose: Okay, wenn wir von dem Thema Creation dann einmal zur Aussteuerung Eurer Kampagnen kommen, so kann ich mir vorstellen, dass Ihr grundsätzlich sicherlich auch die üblichen Media Channels bewegt, die auch aus dem DACH Media-Mix bekannt sind.
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass in den unterschiedlichen Zielregionen die beispielsweise die Durchdringung von Facebook in einem Land extrem hoch sein wird, in einem anderen Land gegebenenfalls ganz andere Communities eine Rolle spielen.
Öffnet Ihr Euch da gemäß der Größe der einzelnen Zielmärkte dann tatsächlich auch für einzelne Länder innerhalb regionaler sozialer Netzwerke? Oder ist es schon so, dass Ihr Euch da letztendlich auf die Social Networks beschränkt, die einen globaleren Charakter haben?
Lisa Steinhauer: Ja, also, wir überprüfen es immer wieder, um zu sehen, ob wir wirklich da noch richtig unterwegs sind. Wir sehen aber, dass wir eher einen nachgelagerten Trend haben, jetzt in meiner Region, gegenüber Amerika oder Europa. Bei uns ist immer noch Facebook sehr stark.
Wir fangen jetzt auch an, zum Beispiel mit TikTok erste Berührungsaustausche zu haben. Darüber hinaus sehen wir auch manche Märkte, da mache ich auch einen ganz klassischen Out-of-Home-Beitrag. Da ist nichts mit digital, da kennt sich jeder. Da braucht es einfach nur ein Billboard.
Mario Rose: Lisa, zu TikTok: Ist das etwas, was Du persönlich im Rahmen von BMW nach vorne bringst und wofür Du eintrittst? Ich meine, Euch in der Co-Creation mit einem der größten TikToker – zumindest auf dem deutschen Markt- gesehen zu haben, mit Younes Zarou.
Bist Du diejenige, die dann dort steht und sagt “Mensch, Leute, zehn Millionen Unique User in Deutschland, wir müssen jetzt aktiv werden, auch international”. Oder wie wird so eine Entscheidung bei BMW getroffen, zu sagen, okay, wir trauen uns, let’s go?
Lisa Steinhauer: Ja, das war jetzt das zentrale Team. Da habe ich auch mal vor einiger Zeit gesessen. Das ist ein ganz tolles, junges Team, die immer schauen, was so die globalen Trends sind, wo man auch einfach mal ein bisschen mutiger sein muss. Die ähnliche Diskussion führe ich jetzt zum Beispiel mit der Türkei. Ich würde ganz gerne, dass die Türkei hier in lokale Influencer geht, in Kooperationen, auch vielleicht auf dem israelischen Kanal oder so was.
“Ich scheitere bis jetzt noch am Top-Management mit der Umsetzung von TikTok.”
Denn da haben wir schon vor ungefähr zwei Jahren gesehen, dass wir wahnsinnige Wachstumsraten hatten. Aber bis jetzt habt Ihr noch keinen Content gesehen, weil ich bis jetzt noch am Topmanagement scheitere, die nicht daran glauben, dass wir TikTok umsetzen müssen.
Mario Rose: Ja, das ist mit Sicherheit immer ein Kampf. Kommen wir zu einem anderen Punkt. Ich weiß, dass Data Driven Decision Making – wow, was für ein Buzzword – im Marketing für Dich eine Herzensangelegenheit ist und natürlich auch das Thema First Party Data Collection einen extrem hohen Stellenwert für BMW haben wird.
Wenn Du uns ein bisschen berichten magst, zumindest aus den Ländern, bei denen Du auch im Lead aktiv bist: Welche Daten stehen Euch beispielsweise bei BMW, wenn Ihr auf Eure Bestandskunden Segmente schaut und ähnliches, eigentlich zur Verfügung? Und wie macht Ihr Eure Daten, die ihr sammelt, nutzbar? Beispielsweise im Customer Retention Management oder – für Dich vielleicht sogar noch spannender – im Hinblick auf neue Kundenakquise?
Lisa Steinhauer: Ich denke, wir haben eine sehr lange User Journey. Denn so ein Produkt kaufst du nicht mal kurz aus einem Gefühl heraus. Wir investieren vor allen Dingen – auch ich in meiner Rolle – in immer wieder die Frage: Wie kann ich Loyalisierung stärken? Da gibt es bestimmte KPIs, die wir uns angucken. Wir wollen eine geringe Neuakquise fahren, weil das auch meistens einfach mit vielen Kosten wieder aufwendig ist.
Was wir da in der Vergangenheit gemacht haben: Wir arbeiten mit Customer Journey Mapping, wir haben eine Strategie über den Lifecycle entwickelt – also wie viel Value gibt es den verschiedenen Kundensegmenten in ihrem Lifecycle – und haben dazu z. B. Datahouse angeschlossen, um vor allen Dingen mit dem digitalen Twin zu arbeiten. Und im besten Fall, wenn wir dann eben wieder in Conquest gehen, das passende Profil zu gewinnen und nicht einfach immer ganz oben im Funnel wieder anzufangen und auf gut Glück irgendjemanden zu konvertieren.
Spannend dabei ist natürlich auch, was alles an neuen Plattformen passiert. Zum Beispiel ist TikTok E-Commerce für uns super spannend, aber auch wir, gerade in unserer Region. Israel und Türkei sind natürlich so Märkte, da kann man mal sehr gut was Neues ausprobieren. Und wir sind sehr erfolgreich aktuell in der Türkei mit ca. 16 Prozent Share der Pure Digital Sales.
Das ist für uns wirklich super toll, zu sehen, welche Kundensegmente – meistens auch loyale Kunden – kaufen sich einfach wieder das neue Fahrzeug? Ohne Probefahrt, ohne Händlerbesuch, einfach auf einer digitalen Plattform.
BMW’s hauseigener Podcast und der Umgang mit Kundendaten
Mario Rose: Das finde ich eine erstaunlich hohe Zahl. Ist es im Benchmarking zu Deutschland ein extrem großer Unterschied? Ich muss sagen, ich kenne es so – zumindest aus dem DACH-Markt – dass eigentlich so ein Main-KPI im digitalen Marketing “Probefahrten, Probefahrten, Probefahrten” ist.
Das ist natürlich bei einer Customer Journey, die sich um 60 Prozent digital only abspielt, eine ganz andere Welt und letztendlich auch Steuerungsmöglichkeit. Deswegen noch mal zurückzukommen auf die Frage: Ist das ein ganz großer Unterschied hier zum deutschen Heimatmarkt oder seht Ihr hier ähnliches in der Entwicklung?
Lisa Steinhauer: Also, es waren 16 Prozent.
Mario Rose: Ach 16! Ich habe 60 Prozent verstanden, entschuldige bitte. Trotzdem erstaunlich viel.
Lisa Steinhauer: Ja, genau. Das war unser Ziel, das wir uns gesetzt haben. Wir müssen aber natürlich auch unterscheiden: Wir haben in den Märkten, die ich jetzt betreue, eine relativ junge oder jüngere Zielgruppe. Wir haben sehr schnell Leute, die einfach das erste Fahrzeug kaufen. Wir kommen vom Fahrrad sozusagen auf einen BMW. Da haben wir auch eher Tendenzen.
Und wir sind natürlich sogenannte Stock Markets bei uns in der Region. Das heißt, das Auto wird so gekauft, wie es da steht. Während der europäische Konsument ja doch lieber, wenn er so ein Investment tätigt, alles ganz haarklein so personalisiert und konfiguriert haben möchte.
Mario Rose: Gut, vielen Dank nochmal für die Richtigstellung der 16 Prozent. Nichtsdestotrotz finde ich, gerade auch im Hinblick auf die Investment Höhe, die ja nun nach wie vor mit einem Neuwagen einhergeht, das einen sehr relevanten Wert.
Lisa, Sounddesign, gerade auch im Bereich Automobil, ist natürlich ein ganz wichtiges Thema. Auch die Markentonalität als Audio kenntlich zu zeichnen. Man kennt alle Jingles der großen deutschen Automobilhersteller oder Telekom, oder, oder… Wenn Du an das Thema Audio und Podcast denkst, wie siehst Du das in Deinen Zielmärkten? Und wie reagiert BMW auf diese Nutzungs-Verschiebung in Richtung On-Demand Audio Content?
Lisa Steinhauer: Das ist ein Thema, das Kollegen in der Zentrale letztes Jahr bzw. vor zwei Jahren schon sehr erfolgreich gestartet haben. Wir haben einen eigenen Podcast, wir haben eine Voice, wir haben ja auch einen Voice-Assistent im Car. Da ging ganz viel Research, Diskussionen und Energie rein. Wir fokussieren uns auch darauf, mit unseren Electric Vehicles tatsächlich neue Sounds zu schaffen. Denn es gibt ja auch Länder, in denen das Elektrofahrzeug zu leise ist und einen gewissen Sound immer noch kreieren muss.
Da gibt es auch tolle Kooperationen mit Hollywood, die wir da angehen. In meinen Märkten, muss ich jetzt sagen, sponsern wir ganz oft Podcasts. Da sehen wir, dass wir eine tolle neue Zielgruppe erreichen. Gerade jetzt auch in der Pandemie ist das ein Thema gewesen, wo wir gesagt haben, da können wir uns neu platzieren.
Wir regen aber jetzt in meinen Märkten eher Diskussionen an. Also da geht es um die Zukunft des Fahrzeuges, Zukunft der Städte und die sponsern wir jetzt lokal. Denn das große Thema Audio, das muss man wirklich als eine Voice, als eine Stimme, aus der Zentrale sprechen. Das ist keine lokale Adaption.
Mario Rose: Lisa, gibt es im Bereich Data-Management, Umgang mit Kundendaten und den bevorstehenden Änderungen zum Beispiel im Bereich Cookies bei Euch – wie in anderen Firmen – eine Task Forces und bist Du da mittendrin? Ist das ein Central Marketing Thema von BMW, oder darfst du als Data Driven Marketeer bei Euch auch dort mitmischen?
Lisa Steinhauer: Ja, tatsächlich sind wir mit der Türkei, ein kleines Pilot-Land, immer für die Sachen, die die Zentrale ganz gerne probieren möchte, mit die erste Wahl. Wir haben da nämlich ähnliche GDPR-Regelungen wie in Europa. Aktuell leider etwas verschärft, denn es dürfen keine Daten das Land verlassen.
Dann kommt es auch immer noch auf die Serverstruktur an und wer sich die angucken darf. Aber wir sind da eigentlich mit einer DMP sehr glücklich und würden da auch ganz gerne jetzt erst mal anhand von Bidding auf First-Party-IDs mit den digitalen Twins einen Piloten starten.
“Wir sind mit einer DMP eigentlich ganz glücklich und würden anhand von Bidding auf First-Party-IDs mit den digitalen Twins starten. ”
Das wäre so aktuell unser Weg. Wir haben aber global natürlich auch Google als Partner und hoffen einfach, dass wir da auf die Reise mitgenommen werden und etwas frühzeitiger wissen, wie es dann geht. Das muss man dann eben schauen. Aktuell habe ich persönlich das Gefühl, dass sich der Schock etwas gelegt hat und die Menschen jetzt erstmal wieder so der Dinge harren, die da kommen. Gefühlt war im April so ein „Jetzt geht die Welt unter“-Modus und jetzt warten wir erst mal wieder.
Mario Rose: Sicherlich auch bedingt dadurch, dass sich zeitliche Ankündigungen, beispielsweise von Google, dann auch über mehrere Quartale wieder verschoben haben. Das gibt uns allen offensichtlich etwas mehr Zeit, um an diesem komplexen Thema zu arbeiten.
Liebe Lisa, wir sind am Ende unseres Talks angekommen. Vielen Dank für die spannenden Insights. Ich fand unseren Talk sehr, sehr kurzweilig und freue mich, dass Du heute mit dabei gewesen bist, hier bei der OMKB.
Lisa Steinhauer: Dankeschön.
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