Wir haben euch die wohl aktuell angesagtesten Startups Deutschland an den Roundtable der OMKB geholt. Christoph Steger aus dem Think11 Management Board spricht mit Lena Jüngst von air up, Johannes Kliesch von SNOCKS und Andy Weinzierl von SUSHI Bikes über ihre Marketing Erfolgsgeheimnisse – drei Unternehmen, die an ganz unterschiedlichen Punkten ihrer Entwicklung, aber teilweise dennoch vor identischen Herausforderungen stehen, Leidenschaft für ihr Business mitbringen und hands-on unterwegs sind.
Das Video des gesamten Roundtables in voller Länge gibt es hier. Freu dich auf 50 Minuten spannende Einblicke aus der Q&A Session.
Video mit Andy Weinzierl, Lena Jüngst und Johannes Kliesch
Von der Praktikantin zur Chefin
Lena Jüngst ist seit 2019 Co-Founder des Unternehmens air up. Seit 2020 ist sie in der offiziellen Berufsbezeichnung als Chief Evangelist unterwegs. Lena ist bei air up für das Produktdesign, die Verpackung und die Werbekampagnen verantwortlich. Seit 2017 ist sie aktiv als Co-Founder für das Unternehmen ten-ace, der vorherige Name des Unternehmens air up. Lena ist der kreative Geist und die Ideengeberin im Gründer Team. Sie hat gemeinsam mit ihrem Co-Founder Tim Jäger die Idee zu air up entwickelt, auf die sie während ihrer Bachelorarbeit zum Thema „Neuroscience Meets Design“ kam.
Mario Rose: Lena, du hast weitere Gründerpersönlichkeiten mit an Bord, wie unter anderem Fabian Schlang, Jannis Koppitz oder Simon Nueesch, die bei euch für das notwendige Business und das betriebswirtschaftliche Know How sorgen. Startschuss für euer Unternehmen war Ende 2017 mit einem EXIST-Gründerstipendium. Im Jahr 2019 habt ihr die richtige Rakete gezündet, als ihr Frank Thelen und Ralf Dümmel als Investoren für das Thema air up begeistern konntet. Und das ganz ohne die Höhle der Löwen – das möchte ich nochmal explizit erwähnen.
Podcast mit Andy Weinzierl, Lena Jüngst und Johannes Kliesch
Ihr habt 2020 eine Zwischenfinanzierung erhalten und 2021 kam das Unternehmen PepsiCo als neuer Investor mit einer 18 Millionen Finanzierungsrunde dazu. Ihr habt euch vorgenommen, 2021 in vielen neuen Ländern zu starten. Wer air up nicht kennt: Christoph hat eine Flasche mit dabei. Air up verkauft ein eigenes System an Flaschen mit sogenannten Duft Pods, die Geschmack abgeben. Im Vergleich zu anderen Getränken kann so beispielsweise ein hoher Verbrauch an Plastikflaschen reduziert oder Tonnen von Zucker eingespart werden. Man kann sich gesünder ernähren, spart jedoch nicht an Geschmack.
Lena, schön, dass du dabei bist. Herzlich Willkommen bei uns am Roundtable hier auf der OMKB.
Lena Jüngst: Herzlichen Dank. Schön, so eingeführt zu werden.
Christoph Steger: Danke dir vielmals Mario.
800.000+ Flaschen und 11+ Mio. Duft Pods – air up gibt Gas
Christoph Steger: Lena, um einmal die Relevanz von air up zu beleuchten: Ich habe so eine schöne Flasche dabei, denn ich bin in der Tat ein air up Kunde. Wie viele von diesen Starter Sets sind denn bisweilen über den Tisch gegangen? Kannst du eine Zahl nennen?
Lena Jüngst: Sehr schön. Wir haben vor kurzem noch einmal akkumuliert. Wir sind insgesamt auf über 800.000 Flaschen gekommen.
Christoph Steger: 800.000 Flaschen. Wow, das ist eine beachtliche Zahl. Und von den Pods, hast du da auch eine Zahl für uns? Also für alle in der Audience: Man setzt die Pods auf die Flasche und das ist die Magic dahinter.
Lena Jüngst: Genau die Pods aromatisieren auf 5 Liter Wasser. Sie sind also sehr effizient und keine One Way Pods. Davon haben wir bisher über 11 Millionen verkauft.
Christoph Steger: Wow. Eine beachtliche Zahl und ein super Einstieg. Lena, seid ihr von der aktuellen Corona Krise an irgendwelchen Ecken und Enden ein Stück weit betroffen?
Lena Jüngst: Eigentlich nicht. Man kann es nicht immer komplett voneinander lösen. Wir sind insgesamt sehr stark gewachsen in 2020 und das war auch so geplant. Inwiefern Corona darauf einen Einfluss hatte, weiß ich nicht hundertprozentig. Ich glaube aber, wir hatten ein recht gutes Produkt für diese Zeit, weil die Leute im Home Office gemerkt haben, dass sie viel öfter an den Kühlschrank gehen.
Dadurch ist einem aufgefallen, dass man sich auch gesünder ernähren kann. Man kann jetzt auch mal zuhause kochen oder man verzichtet auf die Erfrischungsgetränke. Deshalb habe ich das Gefühl, dass wir ganz gut durch die Krise gekommen sind. Wir hatten das Glück, dass wir schon davor einen Strategiewechsel vollzogen haben. Wir haben unseren Fokus auf unseren Webshop und unsere Online Sales Channels gerichtet und das war natürlich ein glücklicher Zufall.
Christoph Steger: Ihr seid auch in Drogerien gelistet, das ist auch weiterhin so. Diese sind nicht geschlossen, zumindest überwiegend nicht.
Lena Jüngst: Ja, das war schon ein Vorteil. Zu Weihnachten beispielsweise. Wenn man sein Weihnachtsgeschenk nicht rechtzeitig bestellt hatte, sind manche Leute zu Rossmann gelaufen und haben geschaut, was es noch in der Preis Range gibt. Ich glaube, auch da hatten wir einen ganz guten Preis für ein Geschenk. In der Zeit haben wir auch recht gut verkauft.
Christoph Steger: Super schön, dass ihr trotz Corona so Gas geben konntet.
Was macht ein Chief Evangelist?
Christoph Steger: Lena, wir hatten das Thema stationärer Handel schon. Das war etwas, womit ihr gut beschleunigen konntet. Ihr selbst kommt eher aus dem Produktbereich. Mario hat es schon gesagt, dass ihr in der Bachelorarbeit auf das Thema gestoßen seit. Das heißt, ihr habt nicht von Anfang an auf Social Ads Kampagnen gesetzt. Ist das so? Oder seid ihr auch in euren Kampagnen am tüfteln, ähnlich wie SNOCKS? Wie war euer Weg in Richtung Digital Marketing Kanäle, diese zu entdecken, ausprobieren und onzuboarden?
Lena Jüngst: Ja, wir sind ein recht großes Gründerteam und nicht alle kamen aus dem Produktbereich. Fabi kam aus der Lebensmittelbranche und Tim und ich aus dem klassischen Hardware Bereich. Simon und Jannis haben beide BWL studiert. Simon hat sich dann dem Thema Sales und Marketing gewidmet.
Uns war von Anfang an klar, wenn wir ein Produkt vermarkten wollen, dann müssen wir auch an Ads denken. Wir waren am Anfang alle sehr operativ unterwegs, mittlerweile sind wir viel strategischer. Das heißt, ich mache kein Packaging und Produktdesign mehr, sondern bin im Bereich Brandbuilding unterwegs. Ich mache mir Gedanken, was die Stories dahinter sind.
Wie wollen wir uns als Marke positionieren und wen wollen wir ansprechen? Simon ist eher in Zahlen involviert und überlegt sich, was aus der Sales Perspektive viel Sinn macht. Wir waren von Anfang an recht breit gestreut. Wir haben breit gefächerte Kanäle ausprobiert, weil wir uns nicht von einem Kanal abhängig machen wollen.
Grundsätzlich nutzen wir auch nicht nur einen bestimmten Kanal für einen klassischen AIDA Funnel, also nicht nur für Awareness oder Performance. Wir spielen unterschiedliche Stories und wir nutzen sie für Awareness und Performance und das funktioniert ganz gut.
Christoph Steger: Okay. Bildet ihr die Disziplin bei euch Inhouse ab? Die Gründerkollegen haben auch BWL und Marketing dabei. Macht ihr das bis heute Inhouse oder auch einige Disziplinen extern?
Lena Jüngst: Nein, wir haben es von Anfang an Inhouse gehabt. Das war schon schwer, muss ich ehrlich sagen. Wir hatten alle keinen Performance Marketing Background. Es war auch ein bisschen schwer, die richtigen Leute zu finden, denn die gibt es nicht wie Sand am Meer.
Uns war es wichtig, dass wir uns sehr schnell etablieren können. Seit dem Rebranding haben wir super schnell A und B getestet und das war sehr wertvoll für uns. Wir wollten die Kontrolle über die Learnings und die Daten haben. Damit wir auch 100 Prozent dieser Learnings in unseren weiteren Strategien implementieren können.
Christoph Steger: Super. Lass uns mal einen Sprung zum Influencer Marketing machen.
Influencer Marketing – ein Channel, der Millionen umsetzen kann
Christoph Steger: Lena, im Influencer Marketing seid ihr sehr aktiv. Wenn ich den Hashtag air up bei Instagram eingebe, sehe ich sehr viele Influencer. Die sind mir erstmal gar nicht so bekannt, aber das ist Wahnsinn. Es gibt mittlerweile eine breite Palette von Accounts, von denen ich – vielleicht in meiner Bubble – noch nie etwas gehört habe.
Auf jeden Fall seid ihr sehr umtriebig. Auch auf YouTube gibt es sehr viele Unboxing und Testing-Videos. Von außen betrachtet ist das eure Paradedisziplin, weil euer Produkt sehr prädestiniert für Influencer Marketing ist. Wie wichtig ist die Disziplin aktuell für euch im gesamten Marketing Mix?
Lena Jüngst: Ich glaube, vor allem am Anfang ist es sehr wichtig, wenn man in den Markt eintritt. Besonders, da wir ein erklärungsbedürftiges Produkt haben. Es gibt sowas in dieser Art noch nicht. Wenn man Ads schaltet und nicht immer die Möglichkeit hat das Produkt zu erklären, dann sieht man erstmal nur eine Trinkflasche und vielleicht noch die Pods. Vielleicht denken die Leute, da wird etwas reingemischt. Man muss schon ein bisschen dazu erzählen, damit die Kunden das Potenzial des Produktes verstehen. Deshalb haben wir es von Anfang an gemacht.
Auch das Thema Vertrauen wird oft unterschätzt. Wir sind jetzt nach Frankreich, Niederlande und Belgien gegangen. Am Anfang stellten wir da schon fest, dass die Leute etwas skeptisch sind. In Deutschland waren wir PR technisch sehr aktiv. Das haben wir in Frankreich zum Beispiel gar nicht gemacht. Das hatten wir auch nicht auf dem Schirm. Man will dort wissen, wer oder was dahinter steckt und mit Influencern zusammenzuarbeiten hilft auf jeden Fall um Vertrauen aufzubauen.
Christoph Steger: Okay. Ich habe einen Influencer Gutschein abgegriffen. Ihr könnt dann also auch ein bisschen was tracken. Im Vergleich zu anderen Marketing Kanälen: Kannst du vielleicht ein Insight geben wie wichtig das Influencer Marketing ist?
Lena Jüngst: Ja, es ist immer ein bisschen unterschiedlich. Unsere Kanäle sind ziemlich ausgeglichen. Ich würde sagen, am Anfang ist Influencer Marketing wichtiger. Langfristig gesehen sind unsere Kanäle eher ausgeglichen.
Christoph Steger: Die Skepsis, die du gerade angesprochen hast kann ich auch bestätigen. Als ich die Flasche das erste Mal in der Hand hatte, dachte ich auch, “Okay, erstmal testen”. Ich war dann auch positiv überrascht, aber die Skepsis ist erst einmal da. Es erschließt sich einem nicht direkt, auch wenn es herleitbar ist. Aber wie gesagt, ich habe die Flasche in der täglichen Nutzung. Euer Produkt funktioniert also sehr gut und ich bin froh, dass ich es habe.
Lena Jüngst: Sehr gut.
Experiment TikTok – Es kommt auf die Zielgruppe an
Lena, ich habe mir euer TikTok Game angeschaut. Bisher ist es so, dass ihr eure sehr coolen Spots teilt. Es sieht aber so aus, als ob ihr euch noch nicht sehr stark um den Kanal bemüht. Ihr pusht zum Beispiel auch 16:9 Videos. Bleibt das so? Oder ist 2021 das Jahr, indem air up mit TikTok durchstartet?
Lena Jüngst: Es ist noch nicht ganz klar. Wir haben jetzt auch mit vielen Influencern auf TikTok zusammengearbeitet. Das war auch sehr erfolgreich. Wir haben festgestellt, dass die Reichweite deutlich höher ist. Aber die Conversion ist noch nicht da, weil die Zielgruppe jünger ist. Das ist ein sehr banaler Grund und das vergisst man schnell.
Die Leute, die auf TikTok unterwegs sind, haben im Normalfall noch keine eigene Kreditkarte. Ähnlich wie bei Johannes, haben wir leider noch nicht die Kapazität um dem Kanal wirklich zu 100 Prozent gerecht zu werden. Dann müssen wir sehr aktiv werden und viele eigene Videos produzieren. Dazu müssen wir als Team noch wachsen. Es kann sein, dass es Mitte des Jahres 2021 anders aussieht. Ich bin sehr gespannt. Ich meine, wir haben eine sehr junge Zielgruppe. Deshalb würde es gut passen.
Christoph Steger: Das hätte ich nämlich auch gedacht. Euer Instagram Game macht optisch schon einiges her. Klar, es ist ein anderer Kanal und darauf muss man sich einstellen. Ich glaube, dass es wahrscheinlich gut passen könnte. Vielleicht beleuchten wir es später noch einmal, wenn ihr aktiver geworden seid. Jetzt nochmal die obligatorische Frage: Schaltet ihr Ads? Habt ihr damit schon Versuche unternommen?
Lena Jüngst: Ja, testweise. Aber auch nicht so aktiv. Wahrscheinlich hätten wir es besser machen müssen, um bessere Learnings rauszuziehen. Wir haben ein Budget eingerichtet, das uns erlaubt neue Kanäle auszuprobieren, ohne, dass direkt Top Ergebnisse dahinter stehen müssen. TikTok ist eher ein Experiment oder Spaß-Kanal.
Mehr Vorteile durch Smart Capital
Christoph Steger: Ich möchte euch zur letzten Finanzierungsrunde beglückwünschen. Das ist wirklich ein toller Weg, den ihr bis hierhin gemacht habt. Durch die Finanzierungsrunde habt ihr wirklich namhafte Investoren mit dabei. Pepsi kennt natürlich jeder, auch wenn in Deutschland mehr Coca Cola getrunken wird. Aber das ist schon eine sehr starke Brand.
Auch Five Seasons haben bei euch mit investiert. Die haben unter anderem schon bei Just Spices mit investiert. Meine Frage an der Stelle: Bringen sich diese neuen Investoren in Form von Smart Capital ein? Das heisst, es wird ein Netzwerk und eine Expertise an der Stelle zur Verfügung gestellt? Wie sieht das aus?
Lena Jüngst: Ja, 100 Prozent. Das ist uns auch immer extrem wichtig. Wir möchten nicht nur Geld einsammeln, sondern auch mit den Leuten zusammenzuarbeiten, die uns mit ihrer Expertise und ihrem Netzwerk helfen. Pepsi ist da natürlich ein Urgestein in der Getränkeindustrie. Ich glaube, mehr Erfahrung in dem Bereich hat kaum ein Unternehmen gesammelt. Das hat total Sinn gemacht. Übrigens, die Deutschen trinken zwar nicht so viel Pepsi, aber der Standard-Deutsche hat den Sodastream zuhause und das ist mittlerweile auch Pepsi.
Christoph Steger: Ja, absolut. Gerade Frank Thelen ist jemand, der in seinen “Höhle der Löwen”-Pitches auch immer wieder die Vorteile von Smart Kapital hervorgehoben hat. Wo waren für euch die großen Vorteile in der Zusammenarbeit mit Ralf, Frank und anderen Teams? Man sieht ja durch “Die Höhle der Löwen” sehr viel und kennt auch viele Erfolgsstories. Was waren für euch die größten Vorteile am Ende des Tages?
Lena Jüngst: Man muss dazu sagen, als Frank und Ralf gekommen sind, waren wir noch recht grün hinter den Ohren. Wir sind frisch aus dem Studium in die Gründung reingestolpert. Frank und sein Team haben uns dann extrem unter die Arme gegriffen und am Anfang vor allem operativ viel geholfen. Auch, was das ganze Thema Unternehmensaufbau betrifft. Sie haben uns Input zur Produktentwicklung und zum Marketingaufbau gegeben. Als Produktdesignerin finde ich es sehr imposant.
Ralf und sein Team haben bisher 4.000 Produkte gelauncht. Ich finde es total verrückt. Dementsprechend hoch ist die Erfahrung, wie man so ein Hardware Produkt produzieren lässt. Das hat uns sehr geholfen. Wenn du in Deutschland einmal versuchst eine Firma oder eine Fabrik dafür zu finden, kommst du nicht weit, wenn du Spritzwerk oder Spritzguss googelst. Mittlerweile ist die Zusammenarbeit aber ganz anders. Jetzt sind wir viel strategischer geworden.
Christoph Steger: Ihr seid ja auch Experten geworden. Also, weit mehr als das zu Beginn sicherlich der Fall war.
Wir sind jetzt leider schon am Schluss. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht und war sehr kurzweilig. Ich hoffe, die Audience hatte auch ihre Freude an diesem Talk. Ich bedanke mich vielmals bei dir. Ein schönes Wochenende. Ciao ciao.
Lena Jüngst: Danke dir. Servus.
FAQ zum Startup Roundtable
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